Präambel RL 2008/122/EG

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 95,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Seit dem Erlass der Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien(3) hat sich der Markt für Teilzeitnutzungsrechte weiterentwickelt und neue ähnliche Urlaubsprodukte sind auf den Markt gebracht worden. Diese neuen Urlaubsprodukte sowie bestimmte mit Teilzeitnutzungsrechten zusammenhängende Geschäfte, wie Wiederverkaufsverträge und Tauschverträge, werden von der Richtlinie 94/47/EG nicht erfasst. Ferner hat sich bei der Anwendung der Richtlinie 94/47/EG gezeigt, dass einige ihrer Bestimmungen aktualisiert oder klarer formuliert werden müssen, um zu verhindern, dass Produkte entwickelt werden, mit denen diese Richtlinie umgangen werden soll.
(2)
Die bestehenden Regelungslücken verursachen beträchtliche Wettbewerbsverzerrungen und ernsthafte Probleme für die Verbraucher und verhindern so das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts. Die Richtlinie 94/47/EG sollte daher durch eine neue zeitgemäße Richtlinie ersetzt werden. Da der Fremdenverkehr in den Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten eine immer größere Rolle spielt, sollten ein stärkeres Wachstum und eine größere Produktivität des Sektors der Teilzeitnutzungsrechte und der langfristigen Urlaubsprodukte gefördert werden, indem bestimmte gemeinsame Regeln angenommen werden.
(3)
Um die Rechtssicherheit zu verbessern und die Vorteile des Binnenmarkts für Verbraucher und Unternehmen voll zum Tragen zu bringen, ist es erforderlich, die einschlägigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten weiter aneinander anzugleichen. Daher sollten bestimmte Aspekte der Vermarktung, des Verkaufs und des Wiederverkaufs von Teilzeitnutzungsrechten und langfristigen Urlaubsprodukten sowie der Tausch von Rechten, die sich aus Teilzeitnutzungsverträgen ergeben, in vollem Umfang harmonisiert werden. Die Mitgliedstaaten sollten keine von dieser Richtlinie abweichenden nationalen Bestimmungen beibehalten oder erlassen dürfen. In Bereichen, in denen keine harmonisierten Bestimmungen bestehen, sollte es den Mitgliedstaaten weiterhin freistehen, nationale Bestimmungen im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht beizubehalten oder einzuführen. Die Mitgliedstaaten sollten daher z. B. Bestimmungen beibehalten oder einführen dürfen, welche die Auswirkungen der Wahrnehmung des Widerrufsrechts in Rechtsbeziehungen betreffen, die nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst sind, oder nach denen zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden, der ein Teilzeitnutzungsrecht oder ein langfristiges Urlaubsprodukt anbietet, keine Verpflichtung eingegangen werden kann und keine Zahlung erfolgen kann, solange der Verbraucher keinen Kreditvertrag zur Finanzierung des Erwerbs dieser Leistungen unterzeichnet hat.
(4)
Diese Richtlinie sollte die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts die Bestimmungen dieser Richtlinie auch auf Bereiche anzuwenden, die nicht in deren Geltungsbereich fallen. Die Mitgliedstaaten könnten daher nationale Bestimmungen entsprechend den Bestimmungen dieser Richtlinie oder einigen ihrer Bestimmungen für Geschäfte beibehalten oder einführen, die nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst sind.
(5)
Die verschiedenen Verträge, die von dieser Richtlinie erfasst werden, sollten eindeutig und in einer Weise definiert werden, die eine Umgehung der Bestimmungen der Richtlinie ausschließt.
(6)
Für die Zwecke dieser Richtlinie sollten Teilzeitnutzungsverträge nicht so verstanden werden, dass Mehrfachreservierungen von Unterkünften, einschließlich Hotelzimmern, umfasst sind, sofern Mehrfachreservierungen nicht zu Rechten und Pflichten führen, die über die Rechte und Pflichten hinausgehen, die sich aus Einzelreservierungen ergeben. Auch sollten Teilzeitnutzungsverträge nicht so verstanden werden, dass gewöhnliche Mietverträge umfasst sind, da letztere sich auf einen einzelnen ununterbrochenen Nutzungszeitraum beziehen und nicht auf mehrere Zeiträume.
(7)
Für die Zwecke dieser Richtlinie sollten Verträge über langfristige Urlaubsprodukte nicht so verstanden werden, dass herkömmliche Treuesysteme, bei denen Nachlässe auf künftige Aufenthalte in den Häusern einer Hotelkette gewährt werden, erfasst werden, da die Mitgliedschaft in einem solchen System nicht gegen Entgelt erworben wird oder der Verbraucher mit der Entrichtung von Entgelt nicht in erster Linie das Recht auf Preisnachlässe oder sonstige Vergünstigungen in Bezug auf eine Unterkunft erwirbt.
(8)
Diese Richtlinie sollte die Bestimmungen der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen(4) unberührt lassen.
(9)
Mit der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken)(5) werden irreführende, aggressive oder sonstige unlautere Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern untersagt. Aufgrund der Art der Produkte und der Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit Teilzeitnutzungsrechten, langfristigen Urlaubsprodukten, Wiederverkauf und Tausch empfiehlt es sich, detailliertere und spezifischere Bestimmungen über Informationsanforderungen und Verkaufsveranstaltungen anzunehmen. Der Geschäftszweck von Einladungen zu Verkaufsveranstaltungen sollte Verbrauchern deutlich gemacht werden. Die Bestimmungen betreffend die vorvertraglichen Informationen und den Vertrag sollten klarer formuliert und aktualisiert werden. Damit Verbraucher die Möglichkeit haben, sich vor Vertragsabschluss mit den Informationen vertraut zu machen, sollten die Informationen durch Mittel bereitgestellt werden, die ihnen zu diesem Zeitpunkt leicht zugänglich sind.
(10)
Verbraucher sollten das Recht haben zu verlangen, dass ihnen vorvertragliche Informationen und der Vertrag in einer Sprache ihrer Wahl, die ihnen geläufig ist, zur Verfügung gestellt werden, wobei Gewerbetreibende dies nicht ablehnen sollten. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten vorschreiben können, dass Verbrauchern weitere Sprachfassungen des Vertrags auszuhändigen sind, damit die Erfüllung und die Rechtsdurchsetzung des Vertrags erleichtert werden.
(11)
Damit Verbraucher die Gelegenheit erhalten, ihre Rechte und Pflichten aus dem Vertrag in vollem Umfang zu verstehen, sollte ihnen eine Frist eingeräumt werden, innerhalb derer sie den Vertrag ohne Angabe von Gründen und ohne jegliche Kosten widerrufen können. Derzeit variiert diese Frist in den verschiedenen Mitgliedstaaten, und die Erfahrung hat gezeigt, dass die in der Richtlinie 94/47/EG vorgeschriebene Frist nicht ausreicht. Die Frist sollte daher verlängert werden, damit ein hohes Verbraucherschutzniveau und größere Klarheit für Verbraucher und Gewerbetreibende erreicht werden. Die Länge der Frist sowie die Modalitäten und Auswirkungen der Ausübung des Widerrufsrechts sollten harmonisiert werden.
(12)
Verbraucher sollten über wirksame Rechtsbehelfe für den Fall verfügen, dass Gewerbetreibende die Bestimmungen über die vorvertraglichen Informationen oder den Vertrag nicht einhalten, insbesondere jene, denen zufolge der Vertrag alle erforderlichen Informationen enthalten muss und dem Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eine Kopie des Vertrags auszuhändigen ist. Neben den Rechtsbehelfen nach nationalem Recht sollten Verbraucher eine erweiterte Widerrufsfrist in Anspruch nehmen können, wenn die Informationen von Gewerbetreibenden nicht zur Verfügung gestellt wurden. Die Wahrnehmung des Widerrufsrechts sollte während dieser erweiterten Frist unabhängig davon, welche Dienste Verbraucher möglicherweise in Anspruch genommen haben, nicht mit Kosten verbunden sein. Der Ablauf der Widerrufsfrist lässt die Möglichkeit der Verbraucher unberührt, nach Maßgabe der nationalen Rechtsvorschriften Rechtsbehelfe wegen der Nichtbeachtung der Informationsvorschriften in Anspruch zu nehmen.
(13)
Die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine(6) sollte für die Berechnung der in der vorliegenden Richtlinie vorgesehenen Fristen gelten.
(14)
Das Gewerbetreibende und sonstige Dritte treffende Verbot, vor Ablauf der Widerrufsfrist Anzahlungen zu fordern oder anzunehmen, sollte klarer formuliert werden, um den Verbraucherschutz zu verbessern. Bei Wiederverkaufsverträgen sollte das Anzahlungsverbot bis zu dem Zeitpunkt gelten, an dem der Verkauf tatsächlich stattgefunden hat oder der Wiederverkaufsvertrag beendet wird; den Mitgliedstaaten sollte es aber weiterhin freistehen, die Möglichkeit und die Modalitäten für endgültige Zahlungen an Vermittler in dem Fall, dass der Wiederverkaufsvertrag beendet wird, zu regeln.
(15)
Bei Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte könnte für den Preis, der im Rahmen eines Ratenzahlungsplans zu entrichten ist, die Möglichkeit berücksichtigt werden, dass nach dem ersten Jahr noch offene Beträge angepasst werden können, damit sichergestellt wird, dass der echte Wert solcher Ratenzahlungen beibehalten wird, beispielsweise um der Inflation Rechnung zu tragen.
(16)
Wenn ein Verbraucher einen Vertrag widerruft, bei dem der Preis ganz oder teilweise durch einen Kredit finanziert wird, der ihm vom Gewerbetreibenden oder von einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen diesem Dritten und dem Gewerbetreibenden gewährt wird, sollte die Kreditvereinbarung für den Verbraucher kostenfrei beendet werden. Gleiches sollte für Verträge über sonstige damit verbundene Leistungen des Gewerbetreibenden oder eines Dritten aufgrund einer Vereinbarung zwischen diesem Dritten und dem Gewerbetreibenden gelten.
(17)
Verbrauchern sollte der mit dieser Richtlinie gewährte Schutz nicht vorenthalten werden, wenn auf den Vertrag das Recht eines Mitgliedstaats anzuwenden ist. Das auf einen Vertrag anzuwendende Recht sollte gemäß den gemeinschaftlichen Regeln im Bereich des internationalen Privatrechts, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I)(7), bestimmt werden. Nach dieser Verordnung kann das Recht eines Drittlands insbesondere dann anwendbar sein, wenn Verbraucher während eines Urlaubs in einem anderen Land als ihrem Wohnsitzland gezielt von Gewerbetreibenden angesprochen werden. Da solche Geschäftspraktiken in dem von dieser Richtlinie erfassten Bereich üblich sind und die Verträge erhebliche Geldbeträge umfassen, sollte eine zusätzliche Garantie in bestimmten spezifischen Fällen geboten werden, insbesondere wenn die Gerichte eines Mitgliedstaats für den Vertrag zuständig sind, um sicherzustellen, dass dem Verbraucher der durch diese Richtlinie gewährte Schutz nicht vorenthalten wird. Dieses Konzept spiegelt die besonderen Bedürfnisse des Verbraucherschutzes wider, die sich aus der komplexen Art, der Langfristigkeit und der finanziellen Bedeutung der Verträge, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen, ergeben.
(18)
Es sollte nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(8) bestimmt werden, welche Gerichte in Verfahren, die von dieser Richtlinie erfasste Angelegenheiten betreffen, zuständig sind.
(19)
Um sicherzustellen, dass der Verbrauchern nach Maßgabe dieser Richtlinie gewährte Schutz vor allem in Bezug auf die Erfüllung der Informationsanforderungen durch Gewerbetreibende sowohl im vorvertraglichen Stadium als auch im Vertragsverhältnis umfassend wirksam ist, ist es notwendig, dass die Mitgliedstaaten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen für Verstöße gegen diese Richtlinie vorsehen.
(20)
Es ist notwendig, zu gewährleisten, dass Personen oder Einrichtungen, die nach nationalem Recht ein berechtigtes Interesse an der Sache geltend machen können, bei Verstößen gegen diese Richtlinie vor Gericht klagen können.
(21)
Es ist notwendig, in den Mitgliedstaaten angemessene und wirksame Rechtsbehelfsverfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Gewerbetreibenden zu entwickeln. Für diesen Zweck sollten die Mitgliedstaaten die Schaffung öffentlicher oder privater außergerichtlicher Schiedsstellen fördern.
(22)
Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Verbraucher hinreichend über die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie informiert werden; zudem sollten sie die Gewerbetreibenden und Urheber von Kodizes dazu anhalten, Verbraucher über ihre einschlägigen Verhaltenskodizes zu informieren. Mit dem Ziel, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen, könnten Verbraucherverbände informiert und an der Ausarbeitung von Verhaltenskodizes beteiligt werden.
(23)
Da die Ziele dieser Richtlinie auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Beseitigung der Handelshemmnisse und die Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Verbraucherschutzniveaus erforderliche Maß hinaus.
(24)
Die Richtlinie achtet die Grundrechte und Grundsätze, die insbesondere mit der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.
(25)
Nach Nummer 34 der Interinstitutionellen Vereinbarung über bessere Rechtsetzung(9) sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, für ihre eigenen Zwecke und im Interesse der Gemeinschaft eigene Tabellen aufzustellen, aus denen im Rahmen des Möglichen die Entsprechungen zwischen dieser Richtlinie und den Umsetzungsmaßnahmen zu entnehmen sind, und diese zu veröffentlichen —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 44 vom 16.2.2008, S. 27.

(2)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 22. Oktober 2008 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 18. Dezember 2008.

(3)

ABl. L 280 vom 29.10.1994, S. 83.

(4)

ABl. L 158 vom 23.6.1990, S. 59.

(5)

ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22.

(6)

ABl. L 124 vom 8.6.1971, S. 1.

(7)

ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6.

(8)

ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1.

(9)

ABl. C 321 vom 31.12.2003, S. 1.

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