Präambel RL 2008/62/EG
DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,
gestützt auf die Richtlinie 66/401/EWG des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Futterpflanzensaatgut(1), insbesondere auf Artikel 22a Absatz 1 Buchstabe b,
gestützt auf die Richtlinie 66/402/EWG des Rates vom 14. Juni 1966 über den Verkehr mit Getreidesaatgut(2), insbesondere auf Artikel 22a Absatz 1 Buchstabe b,
gestützt auf die Richtlinie 2002/53/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten(3), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 6, Artikel 20 Absatz 2 und Artikel 21,
gestützt auf die Richtlinie 2002/54/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Betarübensaatgut(4), insbesondere auf Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe b,
gestützt auf die Richtlinie 2002/56/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Pflanzkartoffeln(5), insbesondere auf Artikel 10 Absatz 1 und Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b,
gestützt auf die Richtlinie 2002/57/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Saatgut von Öl- und Faserpflanzen(6), insbesondere auf Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b,
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Die Fragen der Biodiversität und der Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, wie verschiedene Entwicklungen auf internationaler und auf Gemeinschaftsebene zeigen. Als Beispiele seien genannt: der Beschluss 93/626/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über den Abschluss des Übereinkommens über die biologische Vielfalt(7), der Beschluss 2004/869/EG des Rates vom 24. Februar 2004 über den Abschluss des Internationalen Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im Namen der Europäischen Gemeinschaft(8), die Verordnung (EG) Nr. 870/2004 des Rates vom 24. April 2004 über ein Gemeinschaftsprogramm zur Erhaltung, Charakterisierung, Sammlung und Nutzung genetischer Ressourcen in der Landwirtschaft und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1467/94(9) und die Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)(10). Im Rahmen der Gemeinschaftsvorschriften über das Inverkehrbringen von Saatgut landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Richtlinien 66/401/EWG, 66/402/EWG, 2002/53/EG, 2002/54/EG, 2002/56/EG und 2002/57/EG) sollten besondere Bedingungen festgelegt werden, um diesen Fragen Rechnung zu tragen.
- (2)
- Im Hinblick auf die In-situ-Erhaltung und nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen sollten Landsorten und andere Sorten, die an natürliche örtliche und regionale Gegebenheiten angepasst und von genetischer Erosion bedroht sind ( „Erhaltungssorten” ), angebaut und in den Verkehr gebracht werden, selbst wenn sie nicht die allgemeinen Anforderungen für die Zulassung von Sorten und das Inverkehrbringen von Saatgut bzw. Pflanzkartoffeln erfüllen. Um dieses Ziel zu verwirklichen, ist es notwendig, Ausnahmeregelungen für die Zulassung von Erhaltungssorten zur Aufnahme in die nationalen Sortenkataloge für landwirtschaftliche Pflanzenarten sowie zur Erzeugung und für das Inverkehrbringen von Saatgut bzw. Pflanzkartoffeln dieser Sorten vorzusehen.
- (3)
- Diese Ausnahmen sollten sich auf die grundlegenden Anforderungen für die Zulassung einer Sorte und die formalen Anforderungen gemäß der Richtlinie 2003/90/EG der Kommission vom 6. Oktober 2003 mit Durchführungsbestimmungen zu Artikel 7 der Richtlinie 2002/53/EG des Rates hinsichtlich der Merkmale, auf welche sich die Prüfungen mindestens zu erstrecken haben, und der Mindestanforderungen für die Prüfung bestimmter Sorten landwirtschaftlicher Pflanzenarten(11) beziehen.
- (4)
- Den Mitgliedstaaten sollte es insbesondere erlaubt sein, eigene Vorschriften in Bezug auf Unterscheidbarkeit, Beständigkeit und Homogenität zu erlassen. Diese Vorschriften sollten sich — hinsichtlich der Unterscheidbarkeit und Beständigkeit — mindestens auf die Merkmale stützen, die in dem vom Antragsteller in Verbindung mit dem Antrag auf die Zulassung von Sorten gemäß den Anhängen I und II der Richtlinie 2003/90/EG auszufüllenden technischen Fragebogen enthalten sind. Bei der Feststellung der Homogenität anhand von „Abweichern” (Off-Types) sollten sich die Vorschriften auf festgelegte Normen stützen.
- (5)
- Es sollten formale Anforderungen vorgesehen werden, nach denen eine Sorte ohne amtliche Prüfung zugelassen werden kann. Zudem ist es notwendig, hinsichtlich der Bezeichnung gewisse Abweichungen von den Anforderungen der Richtlinie 2002/53/EG und der Verordnung (EG) Nr. 930/2000 der Kommission vom 4. Mai 2000 mit Durchführungsbestimmungen über die Eignung von Sortenbezeichnungen für landwirtschaftliche Pflanzenarten und für Gemüsearten(12) vorzusehen.
- (6)
- Was die Erzeugung und das Inverkehrbringen von Saatgut und Pflanzkartoffeln von Erhaltungssorten anbelangt, so sollte eine Abweichung in Bezug auf die amtliche Zertifizierung vorgesehen werden.
- (7)
- Um zu gewährleisten, dass das Inverkehrbringen von Saatgut und Pflanzkartoffeln von Erhaltungssorten im Kontext der Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen erfolgt, sollten Beschränkungen vorgesehen werden, insbesondere in Bezug auf die Ursprungsregion. Um zur In-situ-Erhaltung und nachhaltigen Nutzung dieser Sorten beizutragen, sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, zusätzliche Regionen zuzulassen, in denen höhere Mengen von Saatgut, als zur Erhaltung der betreffenden Sorte in der Ursprungsregion erforderlich, in den Verkehr gebracht werden dürfen, sofern diese zusätzlichen Regionen hinsichtlich der natürlichen und naturnahen Lebensräume vergleichbar sind. Um die Verbindung zur Ursprungsregion aufrechtzuerhalten, sollte dies nicht gelten, wenn ein Mitgliedstaat zusätzliche Erzeugerregionen zugelassen hat.
- (8)
- Für jede Erhaltungssorte innerhalb einer Pflanzenart sollten Höchstmengen für das Inverkehrbringen festgelegt werden sowie eine Gesamtmenge für alle Erhaltungssorten der betreffenden Art zusammengenommen. Um sicherzustellen, dass diese Mengen eingehalten werden, sollten die Mitgliedstaaten die Erzeuger dazu verpflichten, die Mengen der Erhaltungssorten, die sie erzeugen wollen, zu melden, und Mengenzuweisungen an die Erzeuger vornehmen.
- (9)
- Die Rückverfolgbarkeit von Saatgut und Pflanzkartoffeln sollte durch geeignete Verschließungs- und Etikettierungsanforderungen sichergestellt werden.
- (10)
- Um für die ordnungsgemäße Anwendung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Vorschriften zu sorgen, sollten Feldbestände überwacht, Saatgut geprüft und amtliche Nachkontrollen durchgeführt werden. Die Mengen des in den Verkehr gebrachten Saatguts von Erhaltungssorten sollten von den Lieferanten an die Mitgliedstaaten und von den Mitgliedstaaten an die Kommission gemeldet werden.
- (11)
- Nach drei Jahren sollte die Kommission prüfen, ob die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere die Bestimmungen über Mengenbeschränkungen, wirksam sind.
- (12)
- Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für das landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstliche Saat- und Pflanzgutwesen —
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. 125 vom 11.7.1966, S. 2298/66. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2007/72/EG der Kommission (ABl. L 329 vom 14.12.2007, S. 37).
- (2)
ABl. 125 vom 11.7.1966, S. 2309/66. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/55/EG der Kommission (ABl. L 159 vom 13.6.2006, S. 13).
- (3)
ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1829/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 268 vom 18.10.2003, S. 1).
- (4)
ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 12. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/117/EG (ABl. L 14 vom 18.1.2005, S. 18).
- (5)
ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 60. Richtlinie zuletzt geändert durch die Entscheidung 2005/908/EG der Kommission (ABl. L 329 vom 16.12.2005, S. 37).
- (6)
ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 74. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/117/EG.
- (7)
ABl. L 309 vom 13.12.1993, S. 1.
- (8)
ABl. L 378 vom 23.12.2004, S. 1.
- (9)
ABl. L 162 vom 30.4.2004, S. 18.
- (10)
ABl. L 277 vom 21.10.2005, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 146/2008 (ABl. L 46 vom 21.2.2008, S. 1).
- (11)
ABl. L 254 vom 8.10.2003, S. 7. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 2007/48/EG (ABl. L 195 vom 27.7.2007, S. 29).
- (12)
ABl. L 108 vom 5.5.2000, S. 3. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 920/2007 (ABl. L 201 vom 2.8.2007, S. 3).
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