Präambel RL 2009/145/EG

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Richtlinie 2002/55/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über den Verkehr mit Gemüsesaatgut(1), insbesondere auf Artikel 4 Absatz 4, Artikel 44 Absatz 2 und Artikel 48 Absatz 1 Buchstabe b,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Aspekte Biodiversität und Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, wie verschiedene Entwicklungen auf internationaler und auf Gemeinschaftsebene zeigen. Als Beispiele seien genannt: der Beschluss 93/626/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über den Abschluss des Übereinkommens über die biologische Vielfalt(2), der Beschluss 2004/869/EG des Rates vom 24. Februar 2004 über den Abschluss des Internationalen Vertrags über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft im Namen der Europäischen Gemeinschaft(3), die Verordnung (EG) Nr. 870/2004 des Rates vom 24. April 2004 über ein Gemeinschaftsprogramm zur Erhaltung, Charakterisierung, Sammlung und Nutzung genetischer Ressourcen in der Landwirtschaft und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1467/94(4) und die Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)(5). Im Rahmen der Richtlinie 2002/55/EG sollten besondere Bedingungen festgelegt werden, um diesen Fragen hinsichtlich des Verkehrs mit Gemüsesaatgut Rechnung zu tragen.
(2)
Zur Gewährleistung der In-situ-Erhaltung und der nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen sollten Landsorten und andere Sorten, die traditionell an besonderen Orten und in besonderen Regionen angebaut werden und von genetischer Erosion bedroht sind (Erhaltungssorten), angebaut und in Verkehr gebracht werden, selbst wenn sie nicht die allgemeinen Anforderungen an die Zulassung von Sorten und das Inverkehrbringen von Saatgut erfüllen. Neben dem allgemeinen Ziel des Schutzes pflanzengenetischer Ressourcen liegt das besondere Interesse an der Erhaltung dieser Sorten in der Tatsache, dass sie an besondere örtliche Bedingungen hervorragend angepasst sind.
(3)
Im Hinblick auf die nachhaltige Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen sollten Sorten, die an sich ohne Wert für den Anbau zu kommerziellen Zwecken sind, aber für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtet werden (für den Anbau zu kommerziellen Zwecken gezüchtete Sorten), angebaut und in Verkehr gebracht werden, selbst wenn sie nicht die allgemeinen Anforderungen an die Zulassung von Sorten und das Inverkehrbringen von Saatgut erfüllen. Neben dem allgemeinen Ziel des Schutzes pflanzengenetischer Ressourcen liegt das besondere Interesse an der Erhaltung dieser Sorten in der Tatsache, dass sie für den Anbau unter besonderen klimatischen, pedologischen oder agrotechnischen Bedingungen (z. B. Pflege von Hand, Mehrfachernte) geeignet sind.
(4)
Zur Erhaltung von Erhaltungssorten und für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchteten Sorten ist es notwendig, Ausnahmeregelungen für die Zulassung dieser Sorten sowie für die Erzeugung und das Inverkehrbringen von Saatgut dieser Sorten vorzusehen.
(5)
Diese Ausnahmen sollten sich auf die grundlegenden Anforderungen für die Zulassung einer Sorte und die formalen Anforderungen gemäß der Richtlinie 2003/91/EG der Kommission vom 6. Oktober 2003 mit Durchführungsbestimmungen zu Artikel 7 der Richtlinie 2002/55/EG des Rates hinsichtlich der Merkmale, auf welche sich die Prüfungen mindestens zu erstrecken haben, und der Mindestanforderungen für die Prüfung bestimmter Sorten landwirtschaftlicher Pflanzenarten(6) beziehen.
(6)
Den Mitgliedstaaten sollte es insbesondere erlaubt sein, eigene Vorschriften in Bezug auf Unterscheidbarkeit, Beständigkeit und Homogenität zu erlassen. Diese Vorschriften sollten sich — hinsichtlich der Unterscheidbarkeit und Beständigkeit — mindestens auf die Merkmale stützen, die in dem vom Antragsteller in Verbindung mit dem Antrag auf die Zulassung der Sorte gemäß den Anhängen I und II der Richtlinie 2003/91/EG auszufüllenden technischen Fragebogen enthalten sind. Bei der Feststellung der Homogenität anhand von „Abweichern” (Off-Types) sollten sich die Vorschriften auf festgelegte Normen stützen.
(7)
Es sollten formale Anforderungen festgelegt werden, unter denen eine Erhaltungssorte oder eine für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtete Sorte ohne amtliche Prüfung zugelassen werden kann. Zudem ist es notwendig, hinsichtlich der Bezeichnung dieser Sorten gewisse Abweichungen von den Anforderungen der Richtlinie 2002/55/EG und der Verordnung (EG) Nr. 637/2009 der Kommission vom 22. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen über die Eignung von Sortenbezeichnungen für landwirtschaftliche Pflanzenarten und für Gemüsearten(7) vorzusehen.
(8)
Für Erhaltungssorten sollten Beschränkungen für die Erzeugung und das Inverkehrbringen von Saatgut vorgesehen werden, insbesondere hinsichtlich der Ursprungsregion, damit sichergestellt ist, dass das Inverkehrbringen von Saatgut im Zusammenhang mit In-situ-Erhaltung und der nachhaltigen Nutzung pflanzengenetischer Ressourcen erfolgt. In diesem Zusammenhang sollten die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, zusätzliche Regionen zuzulassen, in denen höhere Mengen von Saatgut als zur Erhaltung der betreffenden Sorte in der Ursprungsregion erforderlich in Verkehr gebracht werden dürfen, sofern diese zusätzlichen Regionen hinsichtlich der natürlichen und naturnahen Lebensräume vergleichbar sind. Um die Verbindung zur Ursprungsregion aufrechtzuerhalten, sollte dies nicht gelten, wenn ein Mitgliedstaat zusätzliche Erzeugungsregionen zugelassen hat.
(9)
Für das Inverkehrbringen der einzelnen Erhaltungssorten und für den Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtete Sorten sollten mengenmäßige Beschränkungen festgelegt werden.
(10)
Im Fall der Erhaltungssorten sollten die von jeder Sorte in Verkehr gebrachten Saatgutmengen die Menge nicht überschreiten, die zur Erzeugung von Gemüse der betroffenen Sorte auf einer entsprechend der Bedeutung des Anbaus der betreffenden Sorte festgelegten begrenzten Fläche erforderlich ist. Um sicherzustellen, dass diese Mengen eingehalten werden, sollten die Mitgliedstaaten die Erzeuger dazu verpflichten, die Mengen der Erhaltungssorten, die sie erzeugen wollen, zu melden, und den Erzeugern gegebenenfalls Mengen zuweisen.
(11)
Im Fall von zum Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchteten Sorten sollte die Menge durch die Vorschrift beschränkt werden, dass Saatgut in kleinen Packungen in Verkehr zu bringen ist, sodass die relativ hohen Kosten des in kleinen Packungen verkauften Saatguts eine mengenmäßige Beschränkung bewirken.
(12)
Bei Erhaltungssorten und zum Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchteten Sorten sollte die Rückverfolgbarkeit durch entsprechende Verschluss- und Kennzeichnungsanforderungen sichergestellt werden.
(13)
Damit gewährleistet ist, dass diese Richtlinie ordnungsgemäß angewandt wird, sollten Saatgutbestände von Erhaltungssorten und zum Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchtete Sorten spezifische Bedingungen hinsichtlich der Zertifizierung und Kontrolle von Saatgut erfüllen. Das Saatgut sollte amtlich nachkontrolliert werden. Alle Stufen der Erzeugung und des Inverkehrbringens sollten amtlich überwacht werden. Die Mengen des in den Verkehr gebrachten Saatguts von Erhaltungssorten sollten von den Lieferanten an die Mitgliedstaaten und von den Mitgliedstaaten an die Kommission gemeldet werden.
(14)
Nach drei Jahren sollte die Kommission prüfen, ob die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere die Bestimmungen über mengenmäßige Beschränkungen für das Inverkehrbringen von Saatgut von Erhaltungssorten und zum Anbau unter besonderen Bedingungen gezüchteten Sorten, wirksam sind.
(15)
Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ständigen Ausschusses für das landwirtschaftliche, gartenbauliche und forstliche Saat- und Pflanzgutwesen —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 193 vom 20.7.2002, S. 33.

(2)

ABl. L 309 vom 13.12.1993, S. 1.

(3)

ABl. L 378 vom 23.12.2004, S. 1.

(4)

ABl. L 162 vom 30.4.2004, S. 18.

(5)

ABl. L 277 vom 21.10.2005, S. 1.

(6)

ABl. L 254 vom 8.10.2003, S. 11.

(7)

ABl. L 191 vom 23.7.2009, S. 10.

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