Artikel 9 RL 2009/45/EG

Zusätzliche Sicherheitsanforderungen, gleichwertiger Ersatz, Befreiungen und Schutzmaßnahmen

(1) Ist ein Mitgliedstaat oder eine Gruppe von Mitgliedstaaten der Ansicht, dass die geltenden Sicherheitsanforderungen in bestimmten, durch besondere örtliche Umstände bedingten Situationen erhöht werden sollten, und ist die Notwendigkeit dafür erwiesen, so kann dieser Mitgliedstaat bzw. diese Gruppe von Mitgliedstaaten nach dem Verfahren des Absatzes 4 Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheitsanforderungen treffen.

(2) Ein Mitgliedstaat kann nach dem Verfahren des Absatzes 4 Regelungen erlassen, die für bestimmte besondere Anforderungen dieser Richtlinie einen gleichwertigen Ersatz gestatten, sofern dieser Ersatz mindestens ebenso wirksam ist wie diese Anforderungen.

(3) Sofern der Sicherheitsstandard nicht gesenkt und das Verfahren nach Absatz 4 eingehalten wird, kann ein Mitgliedstaat Regelungen erlassen, um Schiffe auf Inlandfahrten, die in diesem Staat einschließlich seiner Archipelgewässer, in denen nicht die Verhältnisse der offenen See herrschen, unter bestimmten Fahrbedingungen — wie etwa Beschränkung auf Fahrten bei geringer signifikanter Wellenhöhe, auf einen bestimmten Zeitraum im Jahr, auf Fahrten bei Tageslicht oder bei annehmbaren Witterungs- und Wetterverhältnissen oder auf Fahrten von begrenzter Dauer oder auf Fahrten, bei denen Rettungsdienste in der Nähe zur Verfügung stehen — durchgeführt werden, von bestimmten spezifischen Anforderungen dieser Richtlinie zu befreien.

(4) Macht ein Mitgliedstaat von den Rechten gemäß Absatz 1, 2 oder 3 Gebrauch, so gelten die Unterabsätze 2 bis 7 des vorliegenden Absatzes.

Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die geplanten Regelungen und fügt dieser Unterrichtung genügend Einzelheiten zur Bestätigung, dass der Sicherheitsstandard in ausreichender Weise aufrechterhalten bleibt, bei.

Erlässt die Kommission innerhalb von sechs Monaten nach der Unterrichtung Durchführungsrechtsakte, mit denen sie entscheidet, dass die geplanten Regelungen nicht gerechtfertigt sind, so ist der betreffende Mitgliedstaat gehalten, die geplanten Regelungen zu ändern oder nicht zu erlassen. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 11 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Die erlassenen Regelungen werden in den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften niedergelegt und der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten mitgeteilt.

Diese Regelungen sind auf alle Fahrgastschiffe derselben Klasse bzw. Fahrzeuge anzuwenden, die unter den gleichen besonderen Bedingungen eingesetzt sind, und zwar ohne Diskriminierung aufgrund ihrer Flagge oder der Staatsangehörigkeit oder des Niederlassungsorts ihres Reeders.

Die in Absatz 3 genannten Regelungen gelten nur so lange, wie das Schiff oder Fahrzeug unter den aufgeführten Bedingungen eingesetzt wird.

Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission über die in den Unterabsätzen 2 und 4 genannten Regelungen mittels einer von der Kommission für diesen Zweck eingerichteten und betriebenen Datenbank, zu der die Kommission und die Mitgliedstaaten Zugang erhalten. Die Kommission stellt die erlassenen Regelungen auf einer öffentlich zugänglichen Website bereit.

(5) Besteht bei einem Fahrgastschiff oder -fahrzeug nach Auffassung des Mitgliedstaats, in dem es Inlandfahrten unternimmt, eine ernste Gefahr für Leben, Sachgüter oder Umwelt, obwohl es den Bestimmungen dieser Richtlinie entspricht, so kann der Mitgliedstaat seine zeitweilige Stilllegung oder zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen vorschreiben, bis diese Gefahr ausgeräumt ist.

In diesem Fall findet das folgende Verfahren Anwendung:

a)
der Mitgliedstaat setzt die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten unverzüglich von seiner Entscheidung in Kenntnis und begründet sie hinreichend;
b)
die Kommission prüft, ob die zeitweilige Stilllegung bzw. die zusätzlichen Maßnahmen aufgrund einer ernsten Gefährdung der Sicherheit und der Umwelt gerechtfertigt sind;
c)
die Kommission erlässt Durchführungsrechtsakte, mit denen sie entscheidet, ob die Entscheidung des Mitgliedstaats, die zeitweilige Stilllegung des Schiffs oder Fahrzeugs bzw. die zusätzlichen Maßnahmen vorzuschreiben, wegen einer ernsten Gefährdung von Leben, Sachgut oder Umwelt gerechtfertigt ist; und, wenn das nicht der Fall ist, mit denen sie entscheidet, dass der betreffende Mitgliedstaat zur Rücknahme der zeitweiligen Stilllegung bzw. der Maßnahmen verpflichtet ist. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 11 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

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