Artikel 101 RL 2009/65/EG

(1) Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten arbeiten zusammen, wann immer dies zur Wahrnehmung der in dieser Richtlinie festgelegten Aufgaben oder der ihnen durch diese Richtlinie oder durch nationale Rechtsvorschriften übertragenen Befugnisse erforderlich ist.

Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen administrativen und organisatorischen Maßnahmen, um die Zusammenarbeit gemäß diesem Absatz zu erleichtern.

Die zuständigen Behörden machen für die Zwecke der Zusammenarbeit von ihren Befugnissen Gebrauch, auch wenn die Verhaltensweise, die Gegenstand der Ermittlung ist, keinen Verstoß gegen eine in ihrem Mitgliedstaat geltende Vorschrift darstellt.

(2) Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten übermitteln einander unverzüglich die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Rahmen dieser Richtlinie erforderlichen Informationen.

(2a) Die zuständigen Behörden arbeiten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 für die Zwecke dieser Richtlinie mit der ESMA zusammen.

Die zuständigen Behörden stellen der ESMA gemäß Artikel 35 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 unverzüglich alle für die Ausführung ihrer Aufgaben erforderlichen Informationen zur Verfügung.

(3) Hat eine zuständige Behörde eines Mitgliedstaats begründeten Anlass zu der Vermutung, dass Rechtsträger, die nicht der Aufsicht dieser zuständigen Behörde unterliegen, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats gegen die Bestimmungen dieser Richtlinie verstoßen oder verstoßen haben, so teilt sie dies den zuständigen Behörden des anderen Mitgliedstaats so genau wie möglich mit. Die Behörden, die diese Informationen empfangen, ergreifen geeignete Maßnahmen, unterrichten die zuständige Behörde, von der sie die Anzeige erhalten haben, über den Ausgang dieser Maßnahmen und soweit wie möglich über wesentliche zwischenzeitlich eingetretene Entwicklungen. Die Befugnisse der zuständigen Behörde, die die Information übermittelt hat, werden durch diesen Absatz nicht berührt.

(4) Die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats können bei der Ausübung der ihnen durch diese Richtlinie übertragenen Befugnisse die zuständigen Behörden eines anderen Mitgliedstaats um Zusammenarbeit bei Überwachungstätigkeiten oder einer Überprüfung vor Ort oder einer Ermittlung im Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaats ersuchen. Erhält eine zuständige Behörde ein Ersuchen um eine Überprüfung vor Ort oder eine Ermittlung, so

a)
nimmt sie die Überprüfung oder Ermittlung selbst vor,
b)
gestattet sie der ersuchenden Behörde die Durchführung der Überprüfung oder Ermittlung oder
c)
gestattet sie Wirtschaftsprüfern oder Sachverständigen die Durchführung der Überprüfung oder Ermittlung.

(5) Erfolgt die Überprüfung oder Ermittlung auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats, so kann die zuständige Behörde des ersuchenden Mitgliedstaats beantragen, dass ihre eigenen Beamten die Beamten, die die Überprüfung oder Ermittlung durchführen, begleiten. Die Überprüfung oder Ermittlung unterliegt jedoch der Gesamtkontrolle des Mitgliedstaats, auf dessen Hoheitsgebiet sie stattfindet.

Erfolgt die Überprüfung oder Ermittlung auf dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch die zuständige Behörde eines anderen Mitgliedstaats, so kann die zuständige Behörde des Mitgliedstaats, auf dessen Hoheitsgebiet die Überprüfung oder Ermittlung stattfindet, verlangen, dass ihre eigenen Beamten die Beamten, die die Überprüfung oder Ermittlung durchführen, begleiten.

(6) Die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem die Überprüfung oder Ermittlung erfolgt, können ein Ersuchen um einen Informationsaustausch gemäß Absatz 2 oder um Zusammenarbeit bei einer Ermittlung oder einer Überprüfung vor Ort gemäß Absatz 4 nur ablehnen, wenn

a)
die Ermittlung, die Überprüfung vor Ort oder der Informationsaustausch die Souveränität, die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung dieses Mitgliedstaats beeinträchtigen könnte,
b)
gegen dieselben Personen und aufgrund derselben Handlungen bereits ein Verfahren vor einem Gericht dieses Mitgliedstaats anhängig ist,
c)
gegen die betreffenden Personen aufgrund derselben Handlungen bereits ein rechtskräftiges Urteil in diesem Mitgliedstaat ergangen ist.

(7) Die zuständigen Behörden unterrichten die ersuchenden zuständigen Behörden über jede nach Absatz 6 getroffene Entscheidung. In dieser Benachrichtigung sind die Gründe für die Entscheidung anzugeben.

(8) Die zuständigen Behörden können die ESMA mit Fällen befassen, in denen ein Ersuchen

a)
um Informationsaustausch gemäß Artikel 109 zurückgewiesen wurde oder innerhalb einer angemessenen Frist zu keiner Reaktion geführt hat;
b)
um eine Überprüfung oder eine Ermittlung vor Ort gemäß Artikel 110 zurückgewiesen wurde oder innerhalb einer angemessenen Frist zu keiner Reaktion geführt hat oder
c)
um die Zulassung von Beamten zur Begleitung der Beamten der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaats zurückgewiesen wurde oder innerhalb einer angemessenen Frist zu keiner Reaktion geführt hat.

Unbeschadet des Artikels 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) kann die ESMA in diesen in Absatz 1 genannten Fällen gemäß den ihr nach Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 übertragenen Befugnissen tätig werden, ohne dass hiervon die Möglichkeiten berührt werden, die in Absatz 6 dieses Artikels hinsichtlich der Ablehnung eines Ersuchens um Informationen oder um Ermittlung oder in Artikel 17 der genannten Verordnung hinsichtlich der Handlungsfähigkeit der ESMA in diesen Fällen vorgesehen sind.

(9) Um einheitliche Bedingungen für die Anwendung dieses Artikels zu gewährleisten, kann die ESMA Entwürfe technischer Durchführungsstandards entwickeln, um gemeinsame Verfahren für die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden bei Überprüfungen vor Ort oder Ermittlungen nach den Absätzen 4 und 5 festzulegen.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Durchführungsstandards gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.

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