Artikel 12 RL 2011/36/EU

Schutz der Opfer von Menschenhandel bei Strafermittlungen und Strafverfahren

(1) Die in diesem Artikel genannten Schutzmaßnahmen gelten zusätzlich zu den in der Richtlinie 2012/29/EU festgelegten Rechten.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer von Menschenhandel unverzüglich Zugang zu Rechtsberatung sowie — gemäß der Stellung von Opfern in der betreffenden Rechtsordnung — zu rechtlicher Vertretung, auch zum Zweck der Geltendmachung einer Entschädigung, haben. Rechtsberatung und rechtliche Vertretung sind unentgeltlich, wenn das Opfer nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Opfer von Menschenhandel auf der Grundlage einer individuellen Risikoabschätzung angemessen geschützt werden, unter anderem indem sie gegebenenfalls und im Einklang mit den nationalen Rechts und Verfahrensvorschriften Zugang zu Zeugenschutzprogrammen oder vergleichbaren Maßnahmen erhalten.

(4) Unbeschadet der Verteidigungsrechte stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass Opfer von Menschenhandel entsprechend einer von den zuständigen Behörden vorgenommenen Einschätzung ihrer persönlichen Umstände eine besondere Behandlung zur Verhinderung sekundärer Viktimisierung erhalten, wobei im Einklang mit den durch das nationale Recht, richterliches Ermessen, Gepflogenheiten oder Leitlinien festgelegten Grundlagen Folgendes so weit wie möglich zu vermeiden ist:

a)
nicht erforderliche Wiederholungen von Vernehmungen während der Ermittlungen, der Strafverfolgung und des Gerichtsverfahrens;
b)
Sichtkontakt zwischen Opfer und Beschuldigten, auch während der Beweisaufnahme, zum Beispiel bei Gesprächen und kontradiktorischen Befragungen, durch geeignete Mittel, einschließlich Kommunikationstechnologie;
c)
Zeugenaussagen in öffentlichen Gerichtsverhandlungen und
d)
nicht erforderliche Fragen zum Privatleben.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.