Artikel 6 RL 2011/99/EU

Erlass einer Europäischen Schutzanordnung

(1) Eine Europäische Schutzanordnung kann erlassen werden, wenn die geschützte Person beschließt, ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen, oder ihren Wohnsitz bereits in einem anderen Mitgliedstaat hat oder wenn die geschützte Person beschließt, sich in einem anderen Mitgliedstaat aufzuhalten oder sich bereits in einem anderen Mitgliedstaat aufhält. Bei der Entscheidung über den Erlass einer Europäischen Schutzanordnung berücksichtigt die zuständige Behörde des anordnenden Staats unter anderem die Länge des Zeitraums oder der Zeiträume, in dem beziehungsweise in denen sich die geschützte Person im vollstreckenden Staat aufzuhalten beabsichtigt, sowie auch, inwieweit Schutz benötigt wird.

(2) Eine Justizbehörde oder eine entsprechende Behörde des anordnenden Staats kann eine Europäische Schutzanordnung nur auf Antrag der geschützten Person erlassen und nur, nachdem sie geprüft hat, dass die Schutzmaßnahme alle Anforderungen nach Artikel 5 erfüllt.

(3) Die geschützte Person kann einen Antrag auf Erlass einer Europäischen Schutzanordnung entweder bei der zuständigen Behörde des anordnenden Staats oder bei der zuständigen Behörde des vollstreckenden Staats stellen. Wird ein solcher Antrag im vollstreckenden Staat gestellt, so übermittelt die zuständige Behörde dieses Staates den Antrag so rasch wie möglich der zuständigen Behörde des Anordnungsstaats.

(4) Vor dem Erlass einer Europäischen Schutzanordnung steht der gefährdenden Person ein Anspruch auf rechtliches Gehör sowie ein Recht zur Anfechtung der Schutzmaßnahme zu, sofern ihr diese Rechte nicht bereits in dem zum Erlass der Schutzmaßnahme führenden Verfahren gewährt worden sind.

(5) Ordnet eine zuständige Behörde eine Schutzmaßnahme an, welche ein/eine oder mehrere der in Artikel 5 genannten Verbote oder Beschränkungen enthält, unterrichtet sie die geschützte Person auf geeignete Weise im Einklang mit den Verfahren nach ihrem nationalen Recht über die Möglichkeit, eine Europäische Schutzanordnung für den Fall zu beantragen, dass diese Person sich in einen anderen Mitgliedstaat begeben möchte, und über die grundlegenden Voraussetzungen eines solchen Antrags. Die Behörde empfiehlt der geschützten Person, einen Antrag zu stellen, bevor sie das Hoheitsgebiet des anordnenden Staats verlässt.

(6) Hat die geschützte Person einen Vormund oder einen Vertreter, so kann der Vormund oder der Vertreter den Antrag nach Absatz 2 und Absatz 3 im Namen der geschützten Person stellen.

(7) Wird der Antrag auf Erlass einer Europäischen Schutzanordnung abgewiesen, so belehrt die zuständige Behörde des anordnenden Staats die geschützte Person über die nach ihrem nationalen Recht gegen diese Entscheidung zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe.

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