Artikel 4 RL 2012/18/EU

Beurteilung der Gefahren schwerer Unfälle in Bezug auf einen bestimmten gefährlichen Stoff

(1) Die Kommission beurteilt gegebenenfalls oder in jedem Fall auf der Grundlage einer Mitteilung eines Mitgliedstaats gemäß Absatz 2, ob es in der Praxis unmöglich ist, dass ein bestimmter gefährlicher Stoff, der unter Anhang I Teil 1 fällt oder in Anhang I Teil 2 aufgeführt ist, eine Freisetzung von Substanzen oder von Energie verursacht, die unter normalen wie auch unter vernünftigerweise vorhersehbaren anomalen Bedingungen zu einem schweren Unfall führen könnte. Diese Beurteilung berücksichtigt die in Absatz 3 genannten Informationen und stützt sich auf eines oder mehrere der folgenden Merkmale:

a)
die physikalische Form des gefährlichen Stoffes unter normalen Verarbeitungs- oder Handhabungsbedingungen oder bei einem unbeabsichtigten Austreten aus der Umschließung;
b)
die inhärenten Eigenschaften des gefährlichen Stoffes, insbesondere im Zusammenhang mit dispersivem Verhalten im Falle eines schweren Unfalls, etwa die Molekülmasse und den Sättigungsdampfdruck;
c)
die Höchstkonzentration der Stoffe bei Gemischen.

Für Zwecke des Unterabsatzes 1 sollten gegebenenfalls auch die Umschließung und die generische Verpackung des gefährlichen Stoffes berücksichtigt werden, vor allem auch, wenn sie durch eigene Rechtsvorschriften der Union geregelt werden.

(2) Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass ein gefährlicher Stoff keine Gefahr eines schweren Unfalls gemäß Absatz 1 birgt, so teilt er dies der Kommission mit und übermittelt dabei auch die unterstützende Begründung einschließlich der in Absatz 3 genannten Informationen.

(3) Für die Zwecke der Absätze 1 und 2 umfassen die für die Beurteilung der Eigenschaften des gefährlichen Stoffes, die eine gesundheitliche Gefahr, eine physikalische Gefahr und eine Gefahr für die Umwelt darstellen, erforderlichen Informationen:

a)
ein umfassendes Verzeichnis der Eigenschaften, die erforderlich sind, um das Potenzial des gefährlichen Stoffes, physikalische, gesundheitliche oder ökologische Schäden zu verursachen, zu beurteilen;
b)
physikalische und chemische Eigenschaften (beispielsweise Molekülmasse, Sättigungsdampfdruck, inhärente Toxizität, Siedepunkt, Reaktivität, Viskosität, Löslichkeit und sonstige relevante Eigenschaften);
c)
Eigenschaften, die eine gesundheitliche und physikalische Gefahr darstellen (beispielsweise Reaktivität, Entflammbarkeit, Toxizität zusammen mit zusätzlichen Faktoren wie der Art des Angriffs auf den Körper, das Verhältnis zwischen Verletzung und tödlichem Verlauf und langfristige Auswirkungen sowie sonstige relevante Eigenschaften);
d)
Eigenschaften, die eine Gefahr für die Umwelt darstellen (beispielsweise Ökotoxizität, Persistenz, Bioakkumulation, Potenzial für weiträumigen Transport in der Umwelt sowie sonstige relevante Eigenschaften);
e)
soweit vorhanden, die Einstufung des Stoffes oder Gemisches durch die Union;
f)
Angaben zu stoffspezifischen Betriebsbedingungen (beispielsweise Temperatur, Druck und sonstige relevante Bedingungen), unter denen der gefährliche Stoff gelagert wird, verwendet wird und/oder im Falle vorhersehbarer außergewöhnlicher Betriebssituationen oder im Falle eines Unfalls wie etwa einem Brand vorhanden sein kann.

(4) Im Anschluss an die Beurteilung gemäß Absatz 1 legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat gegebenenfalls einen Vorschlag für einen Gesetzgebungsakt vor, um den betreffenden gefährlichen Stoff vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszuschließen.

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