Artikel 28 RL 2012/30/EU

(1) Zeichnet, erwirbt oder besitzt eine andere Gesellschaft im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie 2009/101/EG Aktien einer Aktiengesellschaft und verfügt die Aktiengesellschaft unmittelbar oder mittelbar über die Mehrheit der Stimmrechte der erstgenannten Gesellschaft oder kann sie auf diese unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben, so wird dieser Sachverhalt so behandelt, als wenn die Aktiengesellschaft selbst die betreffenden Aktien zeichnet, erwirbt oder besitzt.

Unterabsatz 1 findet auch Anwendung, wenn die andere Gesellschaft dem Recht eines Drittlands unterliegt und eine Rechtsform besitzt, die den in Artikel 1 der Richtlinie 2009/101/EG genannten Rechtsformen vergleichbar ist.

Verfügt die Aktiengesellschaft mittelbar über die Mehrheit der Stimmrechte oder kann sie den beherrschenden Einfluss mittelbar ausüben, so können die Mitgliedstaaten von der Anwendung der Unterabsätze 1 und 2 jedoch absehen, sofern sie vorsehen, dass die mit den Aktien der Aktiengesellschaft, über die die andere Gesellschaft verfügt, verbundenen Stimmrechte ausgesetzt werden.

(2) In Ermangelung einer Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über das Konzernrecht können die Mitgliedstaaten

a)
die Fälle definieren, in denen davon ausgegangen wird, dass eine Aktiengesellschaft einen beherrschenden Einfluss auf eine andere Gesellschaft ausüben kann; macht ein Mitgliedstaat von dieser Möglichkeit Gebrauch, so muss sein Recht auf jeden Fall vorsehen, dass die Möglichkeit, beherrschenden Einfluss auszuüben, dann besteht, wenn die Aktiengesellschaft

das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans zu bestellen oder abzuberufen und wenn sie gleichzeitig Aktionär oder Gesellschafter der anderen Gesellschaft ist, oder

Aktionär oder Gesellschafter der anderen Gesellschaft ist und aufgrund einer mit anderen Aktionären oder Gesellschaftern dieser Gesellschaft getroffenen Vereinbarung allein die Mehrheit der Stimmrechte der Aktionäre oder Gesellschafter dieser Gesellschaft kontrolliert.

Die Mitgliedstaaten sind nicht dazu verpflichtet, andere als die in den vorstehenden Gedankenstrichen genannten Fälle vorzusehen;

b)
die Fälle definieren, in denen davon ausgegangen wird, dass eine Aktiengesellschaft mittelbar über die Stimmrechte verfügt oder einen beherrschenden Einfluss mittelbar ausüben kann;
c)
die Umstände präzisieren, bei denen davon ausgegangen wird, dass eine Aktiengesellschaft über die Stimmrechte verfügt.

(3) Die Mitgliedstaaten können von der Anwendung des ersten und zweiten Unterabsatzes von Absatz 1 absehen, wenn die Zeichnung, der Erwerb oder der Besitz auf Rechnung einer anderen Person als des Zeichners, Erwerbers oder Besitzers gehen und die betreffende Person weder die Aktiengesellschaft gemäß Absatz 1 noch eine andere Gesellschaft ist, an der die Aktiengesellschaft unmittelbar oder mittelbar über die Mehrheit der Stimmrechte verfügt oder auf die sie unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann.

(4) Ferner können die Mitgliedstaaten von der Anwendung des ersten und zweiten Unterabsatzes von Absatz 1 absehen, wenn die andere Gesellschaft in ihrer Eigenschaft oder im Rahmen ihrer Tätigkeit als berufsmäßiger Wertpapierhändler Aktien zeichnet, erwirbt oder besitzt, sofern sie Mitglied einer in einem Mitgliedstaat ansässigen oder tätigen Wertpapierbörse ist oder von einer für die Beaufsichtigung von berufsmäßigen Wertpapierhändlern — zu denen im Sinne dieser Richtlinie auch Kreditinstitute gehören können — zuständigen Stelle eines Mitgliedstaats zugelassen ist oder beaufsichtigt wird.

(5) Die Mitgliedstaaten sind zur Anwendung des ersten und zweiten Unterabsatzes von Absatz 1 nicht verpflichtet, wenn die andere Gesellschaft Aktien der Aktiengesellschaft aufgrund eines Erwerbs besitzt, der erfolgte, bevor das Verhältnis zwischen den beiden Gesellschaften den Kriterien des Absatzes 1 entsprach.

Die mit den betreffenden Aktien verbundenen Stimmrechte werden jedoch ausgesetzt und die Aktien werden bei der Entscheidung, ob die Bedingung gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstabe b erfüllt ist, in Betracht gezogen.

(6) Erwirbt die andere Gesellschaft Aktien einer Aktiengesellschaft, so können die Mitgliedstaaten von der Anwendung des Artikels 22 Absätze 2 und 3 sowie des Artikels 23 absehen, sofern sie Folgendes vorsehen:

a)
die Aussetzung der Stimmrechte, die mit den im Besitz der anderen Gesellschaft befindlichen Aktien der Aktiengesellschaft verbunden sind, sowie
b)
die Verpflichtung für die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans der Aktiengesellschaft, von der anderen Gesellschaft die in Artikel 22 Absätze 2 und 3 sowie Artikel 23 genannten Aktien zu dem Preis zurückzuerwerben, zu dem diese andere Gesellschaft sie erworben hatte; diese Sanktion ist lediglich in dem Falle nicht anwendbar, in dem die Mitglieder des Verwaltungs- oder Leitungsorgans nachweisen, dass die Aktiengesellschaft an der Zeichnung oder dem Erwerb der betreffenden Aktien gänzlich unbeteiligt ist.

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