Artikel 11 RL 2012/34/EU

Einschränkung des Zugangsrechts und des Rechts, Fahrgäste aufzunehmen und abzusetzen

(1) Die Mitgliedstaaten können das in Artikel 10 Absatz 2 festgelegte Recht auf Zugang zu Personenverkehrsdiensten zwischen einem Abfahrts- und einem Bestimmungsort einschränken, wenn dieselbe Strecke oder eine Alternativstrecke Gegenstand eines oder mehrerer öffentlicher Dienstleistungsaufträge ist, sofern die Ausübung dieses Rechts das wirtschaftliche Gleichgewicht des bzw. der betreffenden öffentlichen Dienstleistungsauftrags bzw. Dienstleistungsaufträge gefährden würde.

(2) Die Frage, ob das wirtschaftliche Gleichgewicht eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags gefährdet würde, wird von der bzw. den in Artikel 55 genannten Regulierungsstelle(n) anhand einer objektiven wirtschaftlichen Analyse auf der Grundlage vorab festgelegter Kriterien beurteilt. Die Beurteilung erfolgt, nachdem einer oder mehrere der nachstehend aufgeführten Beteiligten innerhalb eines Monats nach Eingang der Informationen über den geplanten Personenverkehrsdienst gemäß Artikel 38 Absatz 4 einen entsprechenden Antrag gestellt hat bzw. haben:

a)
die zuständige(n) Behörde(n), die den öffentlichen Dienstleistungsauftrag erteilt hat/haben;
b)
andere betroffene zuständige Behörden, die zur Einschränkung des Zugangsrechts nach Maßgabe dieses Artikels befugt sind;
c)
der Infrastrukturbetreiber;
d)
das den öffentlichen Dienstleistungsauftrag erfüllende Eisenbahnunternehmen.

Die zuständigen Behörden und die den öffentlichen Dienstleistungsauftrag erfüllenden Eisenbahnunternehmen stellen der/den zuständigen Regulierungsstelle(n) die Informationen zur Verfügung, die diese nach vernünftigem Ermessen für die Entscheidungsfindung benötigt/benötigen. Die Regulierungsstelle prüft die von diesen Parteien zur Verfügung gestellten Informationen, fordert gegebenenfalls von allen Betroffenen entsprechende Informationen an und leitet innerhalb eines Monats ab Eingang des Antrags Gespräche mit allen Betroffenen ein. Die Regulierungsstelle hört gegebenenfalls alle Betroffenen an und unterrichtet diese von ihrer mit einer Begründung versehenen Entscheidung innerhalb einer vorher festgelegten angemessenen Frist, auf jeden Fall jedoch spätestens sechs Wochen nach Eingang aller entscheidungserheblichen Informationen.

(3) Die Regulierungsstelle teilt die Gründe für ihre Entscheidung mit und gibt an, unter welchen Bedingungen einer der folgenden Betroffenen innerhalb eines Monats nach der Notifizierung eine erneute Prüfung der Entscheidung verlangen kann:

a)
die jeweils zuständige(n) Behörde(n);
b)
der Infrastrukturbetreiber;
c)
das den öffentlichen Dienstleistungsauftrag erfüllende Eisenbahnunternehmen;
d)
das den Zugang beantragende Eisenbahnunternehmen.

Entscheidet die Regulierungsstelle, dass das wirtschaftliche Gleichgewicht eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags durch den geplanten Personenverkehrsdienst gemäß Artikel 38 Absatz 4 gefährdet würde, so weist sie auf mögliche Änderungen des Verkehrsdienstes hin, die gewährleisten würden, dass die Bedingungen für die Gewährung des Zugangsrechts nach Artikel 10 Absatz 2 erfüllt werden.

(4) Gestützt auf die Erfahrungen der Regulierungsstellen, der zuständigen Behörden und der Eisenbahnunternehmen und auf die Arbeiten des in Artikel 57 Absatz 1 genannten Netzwerks erlässt die Kommission bis zum 16. Dezember 2016 Maßnahmen mit den Einzelheiten des Verfahrens und den Kriterien für die Anwendung der Absätze 1, 2 und 3. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 62 Absatz 3 genannten Prüfverfahren erlassen.

Gestützt auf die Erfahrungen der Regulierungsstellen, der zuständigen Behörden und der Eisenbahnunternehmen und auf die Arbeiten des in Artikel 57 Absatz 1 genannten Netzwerks erlässt die Kommission bis zum 16. Dezember 2018 Durchführungsrechtsakte mit den Einzelheiten des Verfahrens und den Kriterien für die Anwendung der Absätze 1, 2 und 3 in Bezug auf inländische Personenverkehrsdienste. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 62 Absatz 3 genannten Prüfverfahren erlassen.

(5) Die Mitgliedstaaten können auch das Recht auf Zugang zur Eisenbahninfrastruktur zum Zwecke der Erbringung inländischer Personenverkehrsdienste zwischen einem Abfahrtsort und einem Bestimmungsort innerhalb ein und desselben Mitgliedstaats einschränken, wenn

a)
im Rahmen eines vor dem 16. Juni 2015 vergebenen öffentlichen Dienstleistungsauftrags ausschließliche Rechte für die Beförderung von Fahrgästen zwischen diesen Bahnhöfen eingeräumt wurden oder
b)
ein zusätzliches Recht bzw. eine zusätzliche Genehmigung zur Erbringung gewerblicher Personenverkehrsdienste zwischen diesen Bahnhöfen im Wettbewerb mit einem anderen Betreiber bis zum 25. Dezember 2018 auf der Grundlage eines fairen wettbewerblichen Ausschreibungsverfahren erteilt wurde.

und die Betreiber der Dienste keine Ausgleichsleistung für die Erbringung dieser Dienste erhalten.

Solch eine Einschränkung darf während der ursprünglichen Laufzeit des Vertrags bzw. der Genehmigung oder bis zum 25. Dezember 2026 angewendet werden, je nachdem, welcher Zeitraum kürzer ist.

(6) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die in den Absätzen 1, 2, 3 und 5 genannten Entscheidungen der richterlichen Überprüfung unterliegen.

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