Artikel 32 RL 2012/34/EU

Ausnahmen von den Entgeltgrundsätzen

(1) Um eine volle Deckung der dem Infrastrukturbetreiber entstehenden Kosten zu erhalten, kann ein Mitgliedstaat, sofern der Markt dies tragen kann, Aufschläge auf der Grundlage effizienter, transparenter und nichtdiskriminierender Grundsätze erheben, wobei die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit der Segmente des Eisenbahnmarktes zu gewährleisten ist. Die Entgeltregelung muss dem von den Eisenbahnunternehmen erzielten Produktivitätszuwachs Rechnung tragen.

Die Höhe der Entgelte darf jedoch nicht die Nutzung der Fahrwege durch Marktsegmente ausschließen, die mindestens die Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, sowie eine Rendite, die der Markt tragen kann, erbringen können.

Bevor die Mitgliedstaaten solche Aufschläge genehmigen, stellen sie sicher, dass die Infrastrukturbetreiber prüfen, inwieweit die Aufschläge für bestimmte Marktsegmente relevant sind; dabei ziehen sie mindestens die in Anhang VI Nummer 1 genannten Verkehrsdienst-Paare in Betracht und wählen die zutreffenden aus. Die Liste der von den Infrastrukturbetreibern festgelegten Marktsegmente umfasst mindestens die drei folgenden Segmente: Güterverkehrsdienste, Personenverkehrsdienste im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags und andere Personenverkehrsdienste.

Die Infrastrukturbetreiber können Marktsegmente je nach Art der Güter- oder Personenbeförderung weiter untergliedern.

Marktsegmente, in denen Eisenbahnunternehmen gegenwärtig nicht tätig sind, in denen sie aber möglicherweise während der Laufzeit der Entgeltregelung Leistungen erbringen, werden ebenfalls festgelegt. Die Infrastrukturbetreiber nehmen in die Entgeltregelung für diese Marktsegmente keine Aufschläge auf.

Die Liste der Marktsegmente wird in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen veröffentlicht und mindestens alle fünf Jahre überprüft. Die Regulierungsstelle nach Artikel 55 überwacht diese Liste gemäß Artikel 56.

(2) Für den Güterverkehr aus und nach Drittländern auf einem Netz, dessen Spurweite sich vom Haupteisenbahnnetz der Union unterscheidet, können die Infrastrukturbetreiber höhere Entgelte festsetzen, um eine volle Deckung der entstehenden Kosten zu erhalten.

(3) Im Falle von künftigen spezifischen Investitionsvorhaben, oder von spezifischen Investitionsvorhaben, die nach 1988 abgeschlossen wurden, darf der Infrastrukturbetreiber auf der Grundlage der langfristigen Kosten dieser Vorhaben höhere Entgelte festlegen oder beibehalten, wenn die Vorhaben eine Steigerung der Effizienz oder der Kostenwirksamkeit oder beides bewirken und sonst nicht durchgeführt werden könnten oder durchgeführt worden wären. Eine solche Entgeltregelung kann auch Vereinbarungen zur Aufteilung des mit neuen Investitionen verbundenen Risikos einschließen.

(4) Die Wegeentgelte für die Nutzung der in der Verordnung (EU) 2016/919 der Kommission(1) angegebenen Eisenbahnkorridore können differenziert werden, um Anreize dafür zu geben, dass Züge mit einer Version des ETCS ausgerüstet werden, die mit der durch die Entscheidung 2008/386/EG der Kommission(2) gebilligten Version und Folgeversionen kompatibel ist. Eine solche Differenzierung darf nicht dazu führen, dass die Erlöse des Infrastrukturbetreibers insgesamt steigen.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, dass diese Differenzierung der Wegeentgelte nicht für in der Verordnung (EU) 2016/919 angegebene Schienenstrecken gilt, auf denen nur Züge verkehren dürfen, die mit ETCS ausgerüstet sind.

Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Differenzierung auf Schienenstrecken auszuweiten, die nicht in der Verordnung (EU) 2016/919 angegeben sind.

(5) Zur Vermeidung von Diskriminierung stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die durchschnittlichen Entgelte und die grenzkostenbasierten Entgelte eines bestimmten Infrastrukturbetreibers für gleichartige Nutzungen seiner Fahrwege vergleichbar sind und dass für vergleichbare Verkehrsdienste in ein und demselben Marktsegment dieselben Entgelte erhoben werden. Der Infrastrukturbetreiber hat in den Schienennetz-Nutzungsbedingungen darzulegen, dass die Entgeltregelung diesen Anforderungen entspricht, soweit dies ohne Offenlegung vertraulicher Geschäftsdaten möglich ist.

(6) Beabsichtigt ein Infrastrukturbetreiber, die wesentlichen Bestandteile der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Entgeltregelung zu ändern, veröffentlicht er diese mindestens drei Monate vor Ablauf der in Artikel 27 Absatz 4 genannten Frist für die Veröffentlichung der Schienennetz-Nutzungsbedingungen.

Fußnote(n):

(1)

Verordnung (EU) 2016/919 der Kommission vom 27. Mai 2016 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität der Teilsysteme „Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung” des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union (ABl. L 158 vom 15.6.2016, S. 1).

(2)

Entscheidung 2008/386/EG der Kommission vom 23. April 2008 zur Änderung von Anhang A der Entscheidung 2006/679/EG über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems und von Anhang A der Entscheidung 2006/860/EG über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems (ABl. L 136 vom 24.5.2008, S. 11).

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.