Artikel 29b BilanzRL (RL 2013/34/EU)
Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
(1) Die Kommission erlässt delegierte Rechtsakte nach Artikel 49 zur Ergänzung dieser Richtlinie, um Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung festzulegen. In diesen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird festgelegt, über welche Informationen Unternehmen im Einklang mit den Artikeln 19a und 29a Bericht erstatten müssen, und gegebenenfalls, in welcher Struktur diese Informationen vorzulegen sind.
In den in Unterabsatz 1 des vorliegenden Absatzes genannten delegierten Rechtsakten legt die Kommission bis zum 30. Juni 2023 fest, über welche Informationen Unternehmen im Einklang mit Artikel 19a Absätze 1 und 2 und gegebenenfalls Artikel 29a Absätze 1 und 2 Bericht erstatten müssen, was zumindest die Informationen umfasst, die Finanzmarktteilnehmer, die den Offenlegungspflichten der Verordnung (EU) 2019/2088 unterliegen, benötigen, um diesen Verpflichtungen nachzukommen.
In den in Unterabsatz 1 genannten delegierten Rechtsakten legt die Kommission bis zum 30. Juni 2026 Folgendes fest:
- i)
- ergänzende Informationen, über die Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte und die unter Artikel 19a Absatz 2 aufgeführten Bereiche der Berichterstattung erforderlichenfalls Bericht zu erstatten haben;
- ii)
- Informationen, über die Unternehmen Bericht zu statten haben, die für den Sektor, in dem sie tätig sind, spezifisch sind.
Die Kommission ist bestrebt, delegierte Rechtsakte anzunehmen, die acht der in Unterabsatz 3 Ziffer ii genannten Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung enthalten, sobald sie jeweils verfügbar sind.
Die Berichterstattungsanforderungen, die in den in Unterabsatz 1 genannten delegierten Rechtsakten festgelegt sind, treten frühestens vier Monate nach ihrem Erlass durch die Kommission in Kraft.
Beim Erlass delegierter Rechtsakte zur Festlegung der nach Unterabsatz 3 Ziffer ii erforderlichen Informationen achtet die Kommission besonders auf das Ausmaß der Risiken und Auswirkungen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten für jeden Sektor, wobei sie der Tatsache Rechnung trägt, dass die Risiken und Auswirkungen für einige Sektoren höher sind als für andere.
Die Kommission überprüft mindestens alle drei Jahre nach deren Geltungsbeginn die gemäß diesem Artikel erlassenen delegierten Rechtsakte unter Berücksichtigung der fachlichen Stellungnahme der Europäischen Beratungsgruppe für Rechnungslegung (European Financial Reporting Advisory Group – EFRAG) und ändert diese delegierten Rechtsakte, falls dies nötig ist, um relevanten Entwicklungen, einschließlich Entwicklungen im Zusammenhang mit internationalen Standards, Rechnung zu tragen.
Die Kommission konsultiert mindestens einmal jährlich das Europäische Parlament und konsultiert die in Artikel 24 der Verordnung (EU) 2020/852 genannte Sachverständigengruppe der Mitgliedstaaten für nachhaltiges Finanzwesen und den in Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 genannten Regelungsausschuss für Rechnungslegung gemeinsam zum Arbeitsprogramm der EFRAG im Hinblick auf die Entwicklung von Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung.
(2) Durch die Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird die Qualität der Informationen sichergestellt, über die Bericht erstattet wird, indem darin vorgeschrieben wird, dass die Informationen verständlich, relevant, überprüfbar und vergleichbar sein und in wahrheitsgetreuer Weise dargestellt werden müssen. Die Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für Unternehmen vermeiden, unter anderem dadurch, dass die Arbeit globaler Standardsetzungsinitiativen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß Absatz 5 Buchstabe a im größtmöglichen Umfang berücksichtigt wird.
In den Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung werden unter Berücksichtigung des jeweiligen Gegenstands des Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung
- a)
-
die Informationen präzisiert, die Unternehmen zu folgenden Umweltfaktoren offenlegen müssen:
- i)
- Klimaschutz, auch in Bezug auf Scope-1-, Scope-2- und gegebenenfalls Scope-3-Treibhausgasemissionen;
- ii)
- Anpassung an den Klimawandel;
- iii)
- Wasser- und Meeresressourcen;
- iv)
- Ressourcennutzung und die Kreislaufwirtschaft;
- v)
- Verschmutzung;
- vi)
- Biodiversität und Ökosysteme;
- b)
-
die Informationen präzisiert, die Unternehmen zu folgenden Sozial- und Menschenrechtsfaktoren offenlegen müssen:
- i)
- Gleichbehandlung und Chancengleichheit für alle, einschließlich Geschlechtergerechtigkeit und gleichem Lohn bei gleichwertiger Arbeit, Ausbildung und Kompetenzentwicklung, Beschäftigung und Inklusion von Menschen mit Behinderungen, Maßnahmen gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz sowie Vielfalt;
- ii)
- Arbeitsbedingungen, einschließlich sicherer Beschäftigung, Arbeitszeit, angemessene Löhne, sozialer Dialog, Vereinigungsfreiheit, Existenz von Betriebsräten, Tarifverhandlungen, einschließlich des Anteils der Arbeitnehmer, für die Tarifverträge gelten, Informations-, Anhörungs- und Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer, Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie Gesundheit und Sicherheit;
- iii)
- Achtung der Menschenrechte, Grundfreiheiten, demokratischen Grundsätze und Standards, die in der Internationalen Charta der Menschenrechte und anderen grundlegenden Menschenrechtsübereinkommen der Vereinten Nationen, einschließlich des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen und der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker, sowie in der Erklärung der Internationalen Arbeitsorganisation über grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und den grundlegenden Übereinkommen der IAO, der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der europäischen Sozialcharta und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union festgelegt sind;
- c)
-
die Informationen präzisiert, die Unternehmen zu folgenden Governance-Faktoren offenlegen müssen:
- i)
- die Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Unternehmens im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsaspekten und ihre Zusammensetzung sowie ihr Fachwissen und ihre Fähigkeiten zur Wahrnehmung dieser Rolle oder ihr Zugang zu solchem Fachwissen und solchen Fähigkeiten;
- ii)
- die Hauptmerkmale der internen Kontroll- und Risikomanagementsysteme des Unternehmens in Bezug auf den Prozess der Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Beschlussfassung;
- iii)
- Unternehmensethik und Unternehmenskultur, einschließlich der Bekämpfung von Korruption und Bestechung, des Schutzes von Hinweisgebern und des Tierwohls;
- iv)
- Tätigkeiten und Verpflichtungen des Unternehmens im Zusammenhang mit der Ausübung seines politischen Einflusses, einschließlich seiner Lobbytätigkeiten;
- v)
- die Pflege und die Qualität der Beziehungen zu Kunden, Lieferanten und Gemeinschaften, die von den Tätigkeiten des Unternehmens betroffen sind, einschließlich Zahlungspraktiken, insbesondere in Bezug auf verspätete Zahlungen an kleine und mittlere Unternehmen.
(3) In den Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung werden die zukunfts- und vergangenheitsbezogenen, qualitativen und quantitativen Informationen, über die die Unternehmen gegebenenfalls Bericht zu erstatten haben, spezifiziert.
(4) In den Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung wird berücksichtigt, dass es für Unternehmen nicht immer problemlos möglich ist, Informationen bei Akteuren entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette einzuholen, insbesondere bei Akteuren, die nicht den Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß Artikel 19a oder 29a unterliegen, und bei Lieferanten aus Schwellenländern und aufstrebenden Märkten. In den Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung werden Angaben zu Wertschöpfungsketten vorgegeben, die den Kapazitäten und Merkmalen von Unternehmen in Wertschöpfungsketten sowie dem Umfang und der Komplexität ihrer Tätigkeiten, insbesondere von Unternehmen, die nicht den Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung nach Artikel 19a oder 29a unterliegen, angemessen sind und entsprechen. In den Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung werden keine Angaben festgelegt, die Unternehmen verpflichten würden, Informationen von kleinen und mittleren Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette einzuholen, die über die Informationen hinausgehen, die gemäß den Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung für kleine und mittlere Unternehmen gemäß Artikel 29c anzugeben sind.
Unterabsatz 1 gilt unbeschadet der Anforderungen der Union an Unternehmen, einen Due-Diligence-Prozess durchzuführen.
(5) Beim Erlass delegierter Rechtsakte gemäß Absatz 1 berücksichtigt die Kommission im größtmöglichen Umfang
- a)
- die Arbeit globaler Standardsetzungsinitiativen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung und bestehende Standards und Rahmen für die Naturkapitalbilanzierung und die Bilanzierung von Treibhausgasen, verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln, soziale Verantwortung der Unternehmen und nachhaltige Entwicklung;
- b)
- die Informationen, die Finanzmarktteilnehmer benötigen, um ihren Offenlegungspflichten gemäß der Verordnung (EU) 2019/2088 und gemäß den nach der genannten Verordnung erlassenen delegierten Rechtsakten nachzukommen;
- c)
- die Kriterien, Indikatoren und Methoden, die in den gemäß der Verordnung (EU) 2020/852 erlassenen delegierten Rechtsakten festgelegt sind, einschließlich der gemäß Artikel 10 Absatz 3, Artikel 11 Absatz 3, Artikel 12 Absatz 2, Artikel 13 Absatz 2, Artikel 14 Absatz 2 und Artikel 15 Absatz 2 der genannten Verordnung festgelegten technischen Bewertungskriterien und der Berichterstattungsanforderungen, die in dem gemäß Artikel 8 der genannten Verordnung erlassenen delegierten Rechtsakt festgelegt sind;
- d)
- die Offenlegungspflichten für Referenzwert-Administratoren in der Referenzwert-Erklärung und in der Referenzwert-Methodik sowie die Mindestanforderungen für die Konzipierung von EU-Referenzwerten für den klimabedingten Wandel und Paris-abgestimmten EU-Referenzwerten gemäß den Delegierten Verordnungen (EU) 2020/1816(1), (EU) 2020/1817(2) und (EU) 2020/1818(3) der Kommission;
- e)
- die Offenlegungen, die in den gemäß Artikel 434a der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 erlassenen Durchführungsrechtsakten festgelegt sind;
- f)
- die Empfehlung 2013/179/EU der Kommission(4);
- g)
- die Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(5);
- h)
- die Verordnung (EU) 2021/1119;
- i)
- die Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates(6);
- j)
- die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates(7).
Fußnote(n):
- (1)
Delegierte Verordnung (EU) 2020/1816 der Kommission vom 17. Juli 2020 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Erläuterung in der Referenzwert-Erklärung, wie Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren in den einzelnen Referenzwerten, die zur Verfügung gestellt und veröffentlicht werden, berücksichtigt werden (ABl. L 406 vom 3.12.2020, S. 1).
- (2)
Delegierte Verordnung (EU) 2020/1817 der Kommission vom 17. Juli 2020 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich des Mindestinhalts der Erläuterung, wie Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren in der Referenzwert-Methodik berücksichtigt werden (ABl. L 406 vom 3.12.2020, S. 12).
- (3)
Delegierte Verordnung (EU) 2020/1818 der Kommission vom 17. Juli 2020 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Mindeststandards für EU-Referenzwerte für den klimabedingten Wandel und für Paris-abgestimmte EU-Referenzwerte (ABl. L 406 vom 3.12.2020, S. 17).
- (4)
Empfehlung 2013/179/EU der Kommission vom 9. April 2013 für die Anwendung gemeinsamer Methoden zur Messung und Offenlegung der Umweltleistung von Produkten und Organisationen (ABl. L 124 vom 4.5.2013, S. 1).
- (5)
Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L 275 vom 25.10.2003, S. 32).
- (6)
Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über die freiwillige Teilnahme von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 761/2001 sowie der Beschlüsse der Kommission 2001/681/EG und 2006/193/EG (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 1).
- (7)
Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17).
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