Präambel RL 2013/38/EU

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 100 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat am 23. Februar 2006 das Seearbeitsübereinkommen von 2006 (MLC 2006) angenommen, um ein einziges, in sich schlüssiges Instrument zu schaffen, das so weit wie möglich alle aktuellen Normen der bestehenden internationalen Seearbeitsübereinkommen und -empfehlungen sowie die grundlegenden, in anderen internationalen Arbeitsübereinkommen enthaltenen Prinzipien umfasst.
(2)
Mit der Entscheidung 2007/431/EG des Rates(3) wurden die Mitgliedstaaten ermächtigt, MLC 2006 im Interesse der Europäischen Gemeinschaft zu ratifizieren. Die Mitgliedstaaten sollten dies daher so bald wie möglich tun.
(3)
Die Mitgliedstaaten sollten sich bei der Durchführung der Hafenstaatkontrolle gemäß der Richtlinie 2009/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Hafenstaatkontrolle(4) nach Kräften bemühen, in Bezug auf Sachverhalte, die von Bestimmungen von Übereinkommen erfasst werden, die sie noch nicht ratifiziert haben und in denen vorgesehen ist, dass jedes Schiff, das sich im Hafen eines anderen Vertragsstaates/einer anderen Vertragspartei befindet, der Kontrolle durch einen ordnungsgemäß ermächtigten Beauftragten unterliegt, die in diesen Übereinkommen vorgesehenen Verfahren und Praktiken einzuhalten, und sie sollten daher von Berichterstattungen im Zusammenhang mit der Hafenstaatkontrolle an die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) und/oder die ILO absehen. Mitgliedstaaten, die ein von der Richtlinie 2009/16/EG erfasstes internationales Übereinkommen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht ratifiziert haben, sollten sich nach Kräften bemühen, an Bord ihrer Schiffe für gleichartige Bedingungen im Einklang mit den Anforderungen dieses Übereinkommens zu sorgen.
(4)
Um sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten sowohl bei der Durchführung der Flaggenstaat- wie auch der Hafenstaatkontrolle einen harmonisierten Ansatz zur wirksamen Durchsetzung internationaler Normen verfolgen, und um Reibungen zwischen internationalem Recht und Unionsrecht zu vermeiden, sollten die Mitgliedstaaten anstreben, die Übereinkommen zu dem Zeitpunkt zu ratifizieren, zu dem sie in Kraft treten, oder zumindest diejenigen Teile davon, die in die Zuständigkeit der Union fallen.
(5)
MLC 2006 legt Arbeitsnormen im Seeverkehr fest, die für alle Seeleute gelten, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und der Flagge der Schiffe, auf denen sie arbeiten.
(6)
Für die Zwecke der Richtlinie 2009/16/EG ist es vorzugswürdig, die Begriffe „Seeleute” und „Besatzung” nicht zu definieren, sondern von Fall zu Fall so auszulegen, wie sie in den einschlägigen internationalen Übereinkommen jeweils definiert oder ausgelegt werden. Insbesondere für Sachverhalte, die sich auf die Durchsetzung von MLC 2006 beziehen, sollte der Begriff „Besatzung” so verstanden werden, dass er sich auf den Begriff „Seeleute” gemäß der Definition von MLC 2006 bezieht.
(7)
Für sämtliche von dieser Richtlinie erfassten Sachverhalte, die sich — auch in Bezug auf Schiffe, für die der Internationale Code für die Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs nicht gilt — auf die Durchsetzung von MLC 2006 beziehen, sollten Bezugnahmen in der Richtlinie 2009/16/EG auf „Unternehmen” als Bezugnahmen auf „Reeder” , wie in der einschlägigen Bestimmung von MLC 2006 definiert, verstanden werden, da die letztgenannte Definition für die speziellen Anforderungen von MLC 2006 besser geeignet ist.
(8)
Ein wesentlicher Teil der Normen von MLC 2006 wurde durch die Richtlinie 2009/13/EG des Rates vom 16. Februar 2009 zur Durchführung der Vereinbarung zwischen dem Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (ECSA) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) über das Seearbeitsübereinkommen 2006(5) und die Richtlinie 1999/63/EG des Rates vom 21. Juni 1999 zu der vom Verband der Reeder in der Europäischen Gemeinschaft (European Community Shipowners‘ Association ECSA) und dem Verband der Verkehrsgewerkschaften in der Europäischen Union (Federation of Transport Workers‘ Unions in the European Union FST) getroffenen Vereinbarung über die Regelung der Arbeitszeit von Seeleuten(6) in das Unionsrecht aufgenommen. Diejenigen Normen von MLC 2006, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/13/EG oder der Richtlinie 1999/63/EG fallen, sind von den Mitgliedstaaten diesen Richtlinien entsprechend umzusetzen.
(9)
Grundsätzlich sollten die Maßnahmen, die zur Durchführung dieser Richtlinie angenommen werden, den Mitgliedstaaten unter keinen Umständen einen Grund dafür liefern, das in den geltenden Sozialvorschriften der Union festgelegte allgemeine Schutzniveau für Seeleute auf Schiffen, die die Flagge eines Mitgliedstaats führen, zu senken.
(10)
In MLC 2006 sind Bestimmungen zur Durchsetzung vorgesehen, in denen die Verantwortlichkeiten der Staaten definiert sind, die Kontrollpflichten des Hafenstaates wahrnehmen. Zur Gewährleistung der Sicherheit und Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen sollte es den Mitgliedstaaten gestattet sein, auf allen Schiffen, die ihre Häfen oder Ankerplätze anlaufen, die Einhaltung der Bestimmungen von MLC 2006 zu überprüfen, unabhängig von dem Staat, dessen Flagge sie führen.
(11)
Die Hafenstaatkontrolle ist in der Richtlinie 2009/16/EG, geregelt; in jener Richtlinie sollte MLC 2006 zusammen mit den Übereinkommen aufgeführt werden, deren Umsetzung von den Behörden der Mitgliedstaaten in ihren Häfen überprüft wird.
(12)
Bei der Durchführung der Hafenstaatkontrolle gemäß der Richtlinie 2009/16/EG sollten die Mitgliedstaaten den Bestimmungen von MLC 2006 Rechnung tragen, wonach das Seearbeitszeugnis und die Seearbeits-Konformitätserklärung als Anscheinsbeweis für die Übereinstimmung mit den Anforderungen von MLC 2006 anzuerkennen sind.
(13)
Das Unionsrecht sollte außerdem den in MLC 2006 festgelegten Verfahren zur Beilegung von Beschwerden an Land in Bezug auf die in MLC 2006 geregelten Inhalte Rechnung tragen.
(14)
Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der Richtlinie 2009/16/EG sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Die Kommission sollte befugt sein, Durchführungsrechtsakte hinsichtlich der Einführung einer Methodik zur Prüfung allgemeiner Risikoparameter insbesondere bezüglich der Flaggenstaat-Kriterien und der Kriterien für die Leistung des Unternehmens, hinsichtlich der Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für den Umfang der erweiterten Überprüfung von Schiffen einschließlich der zu erfassenden Risikobereiche, hinsichtlich der einheitlichen Anwendung der Verfahren für die Kontrolle und Sicherheitskontrolle von Schiffen, hinsichtlich der Festlegung eines harmonisierten elektronischen Formats zur Meldung von Beschwerden im Zusammenhang mit MLC 2006, zur Annahme von harmonisierten Verfahren für die Meldung offensichtlicher Auffälligkeiten durch Lotsen und Hafenbehörden oder -stellen und für die Meldung der von den Mitgliedstaaten getroffenen Folgemaßnahmen sowie hinsichtlich der Festlegung der Einzelheiten der Veröffentlichung von Informationen über Unternehmen mit niedriger und sehr niedriger Leistung, der Kriterien für die Aggregierung der relevanten Daten und der Häufigkeit von Aktualisierungen zu erlassen. Dies ist ein hoch technisches Vorgehen, das entsprechend den in der genannten Richtlinie festgelegten Grundsätzen und Kriterien erfolgen muss. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren(7), ausgeübt werden.
(15)
Durchführungsrechtsakte im Zusammenhang mit der Methodik zur Prüfung allgemeiner Risikoparameter, insbesondere hinsichtlich der Flaggenstaat-Kriterien und der Kriterien für die Leistung des Unternehmens, mit den Berichten von Lotsen und Hafenbehörden oder -stellen, einschließlich harmonisierter Verfahren für die Meldung offensichtlicher Auffälligkeiten durch Lotsen und Hafenbehörden oder -stellen und für die Meldung der von den Mitgliedstaaten getroffenen Folgemaßnahmen, sowie der Einzelheiten der Veröffentlichung von Informationen über Unternehmen mit geringer oder sehr geringer Leistung sollten von der Kommission nicht erlassen werden, wenn der in dieser Richtlinie genannte Ausschuss zu dem von der Kommission vorgelegten Entwurf des entsprechenden Durchführungsrechtsakts keine Stellungnahme abgibt.
(16)
Beim Erlass von Durchführungsbestimmungen sollte die Kommission insbesondere dem Fachwissen und der Erfahrung Rechnung tragen, die durch das Überprüfungssystem in der Union gewonnen wurden, und sie sollte sich auf das Fachwissen der am 26. Januar 1982 in Paris unterzeichneten Pariser Vereinbarung über die Hafenstaatkontrolle (im Folgenden „Pariser Vereinbarung” ) in ihrer jeweils geltenden Fassung stützen.
(17)
Die Durchführungsbestimmungen, einschließlich der Bezugnahmen auf die Anweisungen ( „instructions” ) und Leitlinien ( „guidelines” ) der Pariser Vereinbarung, sollten die Besichtiger oder zuständigen Behörden in ihrer fachlichen Beurteilung und die in der Richtlinie 2009/16/EG vorgesehene Flexibilität nicht beeinträchtigen.
(18)
Die in der Richtlinie 2009/16/EG genannte Überprüfungsdatenbank sollte entsprechend den durch die vorliegende Richtlinie eingeführten Änderungen oder den im Rahmen der Pariser Vereinbarung angenommenen Änderungen angepasst und weiterentwickelt werden.
(19)
Mit der Pariser Vereinbarung soll durch ein harmonisiertes System von Hafenstaatkontrollen, das eine koordinierte Überprüfung von Schiffen umfasst, die Häfen in der unter die Pariser Vereinbarung fallenden Region, einschließlich der Häfen der Mitgliedstaaten, anlaufen, der Betrieb von Schiffen unterbunden werden, die die Bestimmungen nicht erfüllen. Durch diese Überprüfungen soll verifiziert werden, ob die Schiffe die internationalen Normen der Schiffssicherheit, der Gefahrenabwehr sowie des Umweltschutzes erfüllen und ob Besatzungsmitglieder im Einklang mit den geltenden internationalen Übereinkommen angemessene Lebens- und Arbeitsbedingungen haben. Bei der Durchführung von Überprüfungen und bei Bezugnahmen auf die Anweisungen und Leitlinien der Pariser Vereinbarung sollte berücksichtigt werden, dass diese Anweisungen und Leitlinien ausgearbeitet und angenommen wurden, um für Kohärenz zu sorgen und Leitvorgaben für die Überprüfungen im Hinblick darauf zu erteilen, eine größtmögliche Annäherung zu erleichtern.
(20)
Die Überprüfung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Seeleute an Bord sowie ihrer Ausbildung und Befähigung, um zu verifizieren, dass diese den Anforderungen von MLC 2006 entsprechen, setzt voraus, dass die Besichtiger über das hierzu erforderliche Ausbildungsniveau verfügen. Die Europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs und die Mitgliedstaaten sollten sich für die Ausbildung von Besichtigern für die Zwecke der Prüfung der Einhaltung von MLC 2006 einsetzen.
(21)
Damit die Kommission die einschlägigen Verfahren zügig aktualisieren und so zur Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen in der Schifffahrtsbranche beitragen kann, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte in Bezug auf Änderungen des Anhangs VI der Richtlinie 2009/16/EG, der die Liste der im Rahmen der Pariser Vereinbarung verabschiedeten Anweisungen enthält, zu erlassen, damit die Verfahren im Gebiet der Mitgliedstaaten anwendbar und durchsetzbar sind, den auf internationaler Ebene vereinbarten Verfahren entsprechen und mit den einschlägigen Übereinkommen im Einklang stehen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt. Bei der Vorbereitung und Ausarbeitung delegierter Rechtsakte sollte die Kommission gewährleisten, dass die einschlägigen Dokumente dem Europäischen Parlament und dem Rat gleichzeitig, rechtzeitig und auf angemessene Weise übermittelt werden.
(22)
Da die Ziele dieser Richtlinie auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Unionsebene zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(23)
Die Richtlinie 2009/16/EG sollte deshalb entsprechend geändert werden.
(24)
MLC 2006 tritt nach seinem Artikel VIII 12 Monate nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem die Ratifizierung von mindestens dreißig Mitgliedern der ILO eingetragen worden ist, die zusammen über eine Bruttoraumzahl von mindestens dreiunddreißig Prozent der Welthandelsflotte verfügen. Diese Voraussetzung wurde am 20. August 2012 erfüllt, sodass MLC 2006 am 20. August 2013 in Kraft tritt.
(25)
Diese Richtlinie sollte zum gleichen Zeitpunkt in Kraft treten wie MLC 2006 —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 299 vom 4.10.2012, S. 153.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 2. Juli 2013 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 22. Juli 2013.

(3)

ABl. L 161 vom 22.6.2007, S. 63.

(4)

ABl. L 131 vom 28.5.2009, S. 57.

(5)

ABl. L 124 vom 20.5.2009, S. 30.

(6)

ABl. L 167 vom 2.7.1999, S. 33.

(7)

ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13.

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