Artikel 35 RL 2014/24/EU

Elektronische Auktionen

(1) Die öffentlichen Auftraggeber können auf elektronische Auktionen zurückgreifen, bei denen neue, nach unten korrigierte Preise und/oder neue, auf bestimmte Komponenten der Angebote abstellende Werte vorgelegt werden.

Zu diesem Zweck gestalten die öffentlichen Auftraggeber die elektronische Auktion als ein iteratives elektronisches Verfahren, das nach einer vollständigen ersten Bewertung der Angebote eingesetzt wird, denen anhand automatischer Bewertungsmethoden eine Rangfolge zugewiesen wird.

Bestimmte öffentliche Dienstleistungsaufträge und bestimmte öffentliche Bauaufträge, die intellektuelle Leistungen, z. B. die Gestaltung von Bauwerken, zum Inhalt haben, die nicht mithilfe automatischer Bewertungsmethoden eingestuft werden können, sind nicht Gegenstand elektronischer Auktionen.

(2) Bei der Anwendung des offenen oder nichtoffenen Verfahrens oder des Verhandlungsverfahrens können die öffentlichen Auftraggeber beschließen, dass der Vergabe eines öffentlichen Auftrags eine elektronische Auktion vorausgeht, sofern der Inhalt der Auftragsunterlagen, insbesondere die technischen Spezifikationen, hinreichend präzise beschrieben werden kann.

Eine elektronische Auktion kann unter den gleichen Bedingungen bei einem erneuten Aufruf zum Wettbewerb zwischen den Parteien einer Rahmenvereinbarung nach Artikel 33 Absatz 4 Buchstabe b oder c und beim Aufruf zum Wettbewerb hinsichtlich der im Rahmen des in Artikel 34 genannten dynamischen Beschaffungssystems zu vergebenden Aufträge durchgeführt werden.

(3) Die elektronische Auktion beruht auf einem der nachfolgend genannten Angebotselemente:

a)
allein auf dem Preis, wenn das Angebot ausschließlich aufgrund des Preises den Zuschlag erhält;
b)
auf dem Preis und/oder auf den neuen Werten der in den Auftragsunterlagen genannten Angebotskomponenten, wenn das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis oder mittels eines Kosten-Wirksamkeits-Ansatzes das Angebot mit den geringsten Kosten den Zuschlag für den Auftrag erhält.

(4) Öffentliche Auftraggeber, die eine elektronische Auktion durchzuführen beabsichtigen, weisen in der Auftragsbekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung darauf hin. Die Auftragsunterlagen müssen zumindest die in Anhang VI vorgesehenen Angaben enthalten.

(5) Vor der Durchführung einer elektronischen Auktion nehmen die öffentlichen Auftraggeber anhand des beziehungsweise der Zuschlagskriterien und der dafür festgelegten Gewichtung eine erste vollständige Bewertung der Angebote vor.

Ein Angebot gilt als zulässig, wenn es von einem Bieter eingereicht wurde, der nicht nach Artikel 57 ausgeschlossen wurde und der die Eignungskriterien erfüllt, und dessen Angebot in Übereinstimmung mit den technischen Spezifikationen eingereicht wurde, ohne nicht ordnungsgemäß, unannehmbar oder ungeeignet zu sein.

Insbesondere Angebote, die nicht den Auftragsunterlagen entsprechen, die nicht fristgerecht eingegangen sind, die nachweislich auf kollusiven Absprachen oder Korruption beruhen oder die nach Einschätzung des öffentlichen Auftraggebers ungewöhnlich niedrig sind, werden als nicht ordnungsgemäß angesehen. Insbesondere Angebote von Bietern, die nicht über die erforderlichen Qualifikationen verfügen, und Angebote, deren Preis das vor Einleitung des Vergabeverfahrens festgelegte und schriftlich dokumentierte Budget des öffentlichen Auftraggebers übersteigt, werden als unannehmbar angesehen.

Ein Angebot gilt als ungeeignet, wenn es irrelevant für den Auftrag ist, das heißt ohne wesentliche Abänderung den in den Auftragsunterlagen genannten Bedürfnissen und Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers offensichtlich nicht entsprechen kann. Ein Teilnahmeantrag gilt als ungeeignet, wenn der Wirtschaftsteilnehmer gemäß Artikel 57 ausgeschlossen wird oder ausgeschlossen werden kann, oder wenn er die vom öffentlichen Auftraggeber gemäß Artikel 58 genannten Eignungskriterien nicht erfüllt.

Alle Bieter, die zulässige Angebote unterbreitet haben, werden gleichzeitig auf elektronischem Wege zur Teilnahme an der elektronischen Auktion aufgefordert, wobei ab dem genannten Tag und Zeitpunkt die Verbindungen gemäß der in der Aufforderung genannten Anweisungen zu nutzen sind. Die elektronische Auktion kann mehrere aufeinander folgende Phasen umfassen. Sie darf frühestens zwei Arbeitstage nach der Versendung der Aufforderungen beginnen.

(6) Der Aufforderung wird das Ergebnis einer vollständigen Bewertung des betreffenden Angebots, die entsprechend der Gewichtung nach Artikel 67 Absatz 5 Unterabsatz 1 durchgeführt wurde, beigefügt.

In der Aufforderung ist ebenfalls die mathematische Formel vermerkt, nach der bei der elektronischen Auktion die automatische Neureihung entsprechend den vorgelegten neuen Preisen und/oder den neuen Werten vorgenommen wird. Sofern nicht das wirtschaftlich günstigste Angebot allein aufgrund des Preises ermittelt wird, geht aus dieser Formel auch die Gewichtung aller Kriterien für die Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebots hervor, so wie sie in der Bekanntmachung, die als Aufruf zum Wettbewerb dient, oder in anderen Auftragsunterlagen angegeben ist. Zu diesem Zweck sind etwaige Margen durch einen im Voraus festgelegten Wert auszudrücken.

Sind Varianten zulässig, so wird für jede einzelne Variante eine gesonderte Formel angegeben.

(7) Die öffentlichen Auftraggeber übermitteln allen Bietern im Laufe einer jeden Phase der elektronischen Auktion unverzüglich zumindest die Informationen, die erforderlich sind, damit den Bietern jederzeit ihr jeweiliger Rang bekannt ist. Sie können, sofern dies zuvor mitgeteilt wurde, weitere Informationen zu sonstigen übermittelten Preisen oder Werten übermitteln. Sie können ebenfalls jederzeit die Zahl der Teilnehmer in dieser Auktionsphase bekanntgeben. Sie dürfen jedoch keinesfalls während der Phasen der elektronischen Auktion die Identität der Bieter offenlegen.

(8) Die öffentlichen Auftraggeber schließen die elektronische Auktion nach einer oder mehreren der folgenden Vorgehensweisen ab:

a)
zum zuvor angegebenen Tag und Zeitpunkt;
b)
wenn sie keine neuen Preise oder neuen Werte mehr erhalten, die die Anforderungen für die Mindestunterschiede erfüllen, sofern sie zuvor den Zeitpunkt genannt haben, der nach Eingang der letzten Einreichung vergangen sein muss, bevor sie die elektronische Auktion abschließen, oder
c)
wenn die zuvor angegebene Zahl von Auktionsphasen erreicht ist.

Wenn die öffentlichen Auftraggeber beabsichtigen, die elektronische Auktion gemäß Buchstabe c des Unterabsatzes 1 — gegebenenfalls kombiniert mit dem Verfahren nach dessen Buchstabe b — abzuschließen, wird in der Aufforderung zur Teilnahme an der Auktion der Zeitplan für jede Auktionsphase angegeben.

(9) Nach Abschluss der elektronischen Auktion vergibt der öffentliche Auftraggeber den Auftrag gemäß Artikel 67 entsprechend den Ergebnissen der elektronischen Auktion.

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