Artikel 71 MiFID2 (RL 2014/65/EU)

Öffentliche Bekanntmachung von Entscheidungen

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die zuständigen Behörden jede Entscheidung, mit der eine verwaltungsrechtliche Sanktion oder Maßnahme bei einem Verstoß gegen die Verordnung (EU) Nr. 600/2014 oder die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften verhängt wird, unverzüglich nach Unterrichtung der Person, gegen die die Sanktion verhängt wurde, über diese Entscheidung auf ihrer offiziellen Website öffentlich bekanntmachen. Diese Bekanntmachung muss zumindest Informationen zu Art und Charakter des Verstoßes und zu den verantwortlichen Personen enthalten. Diese Verpflichtung gilt nicht für Entscheidungen, mit denen Maßnahmen mit Ermittlungscharakter verfügt werden.

Ist jedoch die zuständige Behörde nach einer fallbezogenen Bewertung der Verhältnismäßigkeit der Bekanntmachung der betreffenden Daten zu der Ansicht gelangt, dass die Bekanntmachung der Identität der juristischen Personen oder der personenbezogenen Daten der natürlichen Personen unverhältnismäßig wäre, oder würde die Bekanntmachung die Stabilität der Finanzmärkte oder laufende Ermittlungen gefährden, so stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die zuständigen Behörden entweder

a)
die Entscheidung, mit der die Sanktion bzw. Maßnahme verhängt wird, erst dann bekanntmachen, wenn die Gründe für den Verzicht auf ihre Bekanntmachung nicht mehr bestehen, oder
b)
die Entscheidung, mit der die Sanktion bzw. Maßnahme verhängt wird, im Einklang mit dem nationalen Recht auf anonymer Basis bekanntmachen, wenn diese anonyme Bekanntmachung einen wirksamen Schutz der betreffenden personenbezogenen Daten gewährleistet, oder
c)
gänzlich davon absehen, die Entscheidung, mit der die Sanktion bzw. Maßnahme verhängt wird, bekanntzumachen, wenn die unter den Buchstaben a und b genannten Optionen ihrer Ansicht nach nicht ausreichen, um zu gewährleisten, dass

i)
die Stabilität der Finanzmärkte nicht gefährdet würde,
ii)
die Bekanntmachung solcher Entscheidungen über Maßnahmen, die als geringfügiger eingestuft werden, verhältnismäßig ist.

Im Falle der Entscheidung, eine Sanktion oder eine Maßnahme auf anonymer Basis bekanntzumachen, kann die Bekanntmachung der einschlägigen Daten um einen angemessenen Zeitraum aufgeschoben werden, wenn vorhersehbar ist, dass die Gründe für die anonyme Bekanntmachung innerhalb dieses Zeitraums wegfallen werden.

(2) Werden gegen die Entscheidung, eine Sanktion oder eine Maßnahme zu verhängen, bei den einschlägigen Justizbehörden oder sonstigen Behörden Rechtsmittel eingelegt, so machen die zuständigen Behörden auch diesen Sachverhalt und alle weiteren Informationen über das Ergebnis des Rechtsmittelverfahrens umgehend auf ihrer offiziellen Website bekannt. Ferner wird jede Entscheidung, mit der eine frühere Entscheidung über die Verhängung einer Sanktion bzw. einer Maßnahme für ungültig erklärt wird, ebenfalls bekanntgemacht.

(3) Die zuständigen Behörden stellen sicher, dass jede Bekanntmachung nach diesem Artikel ab ihrer Veröffentlichung für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren auf ihrer offiziellen Website zugänglich bleibt. Enthält die Bekanntmachung personenbezogene Daten, so bleiben diese nur so lange auf der offiziellen Website der zuständigen Behörde einsehbar, wie dies nach den geltenden Datenschutzbestimmungen erforderlich ist.

Die zuständigen Behörden unterrichten die ESMA über alle verwaltungsrechtlichen Sanktionen, die zwar verhängt, im Einklang mit Absatz 1 Buchstabe c aber nicht bekanntgemacht wurden, sowie über alle Rechtsmittel in Verbindung mit diesen Sanktionen und die Ergebnisse der Rechtsmittelverfahren. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die zuständigen Behörden die Informationen und das endgültige Urteil in Verbindung mit verhängten strafrechtlichen Sanktionen erhalten und an die ESMA weiterleiten. Die ESMA betreibt eine zentrale Datenbank der ihr gemeldeten Sanktionen, deren alleiniger Zweck der Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden ist. Diese Datenbank ist nur für die zuständigen Behörden zugänglich, und sie wird anhand der von den zuständigen Behörden bereitgestellten Informationen aktualisiert.

(4) Die Mitgliedstaaten übermitteln der ESMA jährlich eine Zusammenfassung von Informationen über alle gemäß Absatz 1 und 2 verhängten Sanktionen und Maßnahmen. Diese Verpflichtung gilt nicht für Maßnahmen mit Ermittlungscharakter.

Haben die Mitgliedstaaten beschlossen, im Einklang mit Artikel 70 strafrechtliche Sanktionen für Verstöße gegen die in diesem Artikel genannten Bestimmungen niederzulegen, so übermitteln ihre zuständigen Behörden der ESMA jedes Jahr anonymisierte und aggregierte Daten über alle durchgeführten strafrechtlichen Ermittlungen und verhängten strafrechtlichen Sanktionen. Die ESMA veröffentlicht die Daten zu den verhängten strafrechtlichen Sanktionen in einem Jahresbericht.

(5) Hat die zuständige Behörde eine Verwaltungsmaßnahme, eine Sanktion oder eine strafrechtliche Sanktion der Öffentlichkeit bekanntgemacht, so unterrichtet sie die ESMA gleichzeitig darüber.

(6) Wenn eine veröffentlichte strafrechtliche oder verwaltungsrechtliche Sanktion eine Wertpapierfirma, einen Marktbetreiber, ein Kreditinstitut (in Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten oder damit verbundenen Dienstleistungen) oder eine Niederlassung von Drittlandfirmen betrifft, die nach der vorliegenden Richtlinie zugelassen sind, oder ein gemäß der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 zugelassenes APA oder ARM, dem eine Ausnahme nach Artikel 2 Absatz 3 jener Verordnung gewährt wurde, macht die ESMA einen Vermerk über die veröffentlichte Sanktion im entsprechenden Register.

(7) Die ESMA arbeitet Entwürfe technischer Durchführungsstandards zu den Verfahren und Formularen für die in diesem Artikel vorgesehene Informationsübermittlung aus.

Die ESMA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Durchführungsstandards bis zum 3. Januar 2016 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 genannten technischen Durchführungsstandards gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 zu erlassen.

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