Präambel RL 2015/2436/EU
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114 Absatz 1,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- Die Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) sollte in einigen Punkten geändert werden. Aus Gründen der Klarheit empfiehlt sich eine Neufassung der Richtlinie.
- (2)
- Die Richtlinie 2008/95/EG hat zentrale Bestimmungen des materiellen Markenrechts angeglichen, von denen man bei Erlass der Richtlinie annahm, dass sie den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr in der Union behindern und sich so unmittelbar auf die Funktionsweise des Binnenmarkts auswirken würden.
- (3)
- Der Markenrechtsschutz in den Mitgliedstaaten existiert neben dem auf Unionsebene bestehenden Rechtsschutz für die Marke der Europäischen Union (im Folgenden „Unionsmarke” ), der gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates(4) einheitlich und unionsweit gültig ist. Die Koexistenz und Ausgewogenheit der Markenrechtssysteme auf nationaler und Unionsebene ist fester Bestandteil der Strategie, die die Union im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes verfolgt.
- (4)
- Im Anschluss an ihre Mitteilung über eine europäische Strategie für gewerbliche Schutzrechte vom 16. Juli 2008 hat die Kommission die Markenrechtssysteme in Europa umfassend untersucht und ihre allgemeine Funktionsweise auf Unionsebene und nationaler Ebene sowie deren Verhältnis untereinander bewertet.
- (5)
- In seinen Schlussfolgerungen vom 25. Mai 2010 zur künftigen Überarbeitung des Markensystems in der Europäischen Union forderte der Rat die Kommission auf, Vorschläge für die Überarbeitung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 und der Richtlinie 2008/95/EG zu unterbreiten. Bei der Überarbeitung der Richtlinie sollte auf eine bessere Abstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 geachtet werden, was die Diskrepanzen innerhalb des Markensystems in ganz Europa verringern und gleichzeitig den Schutz nationaler Marken als attraktive Option für die Anmelder aufrechterhalten würde. In diesem Zusammenhang sollte die komplementäre Beziehung zwischen dem Markensystem der Union und den nationalen Markensystemen sichergestellt werden.
- (6)
- Die Kommission kam in ihrer Mitteilung vom 24. Mai 2011 „Ein Binnenmarkt für die Rechte des geistigen Eigentums” zu dem Schluss, dass das europäische Markensystem modernisiert und an das Zeitalter des Internets angepasst werden muss, um den steigenden Erwartungen der Nutzer an schnellere, bessere, leistungsfähigere und rationellere Eintragungsverfahren zu entsprechen, die auch besser aufeinander abgestimmt, benutzerfreundlich, technologisch auf dem neuesten Stand und öffentlich zugänglich sind.
- (7)
- Im Zuge des Konsultations- und Evaluierungsprozesses zur Vorbereitung dieser Richtlinie hat sich gezeigt, dass es trotz der bisherigen Teilharmonisierung des einzelstaatlichen Markenrechts noch Bereiche gibt, in denen eine weitere Harmonisierung positive Auswirkungen auf Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum haben könnte.
- (8)
- Im Interesse eines gut funktionierenden Binnenmarkts sowie eines einfacheren Erwerbs und Schutzes von Marken in der Union zur Förderung des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, ist es erforderlich, über die beschränkte Rechtsangleichung, die mit der Richtlinie 2008/95/EG erreicht wurde, hinauszugehen und andere Aspekte des materiellen Markenrechts zu erfassen, das für Marken gilt, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 geschützt sind.
- (9)
- Wenn die Eintragung und Verwaltung von Marken unionsweit erleichtert werden soll, muss nicht nur das materielle Recht, sondern auch das Verfahrensrecht angeglichen werden. Deshalb sollten die wichtigsten Verfahrensvorschriften im Bereich der Markeneintragung in den Mitgliedstaaten und im Markensystem der Union angeglichen werden. In Bezug auf die einzelstaatlichen Verfahren reicht es aus, allgemeine Grundsätze festzulegen, die es den Mitgliedstaaten gestatten, diese durch konkretere Regelungen auszugestalten.
- (10)
- Es muss unbedingt gewährleistet sein, dass eingetragene Marken im Recht aller Mitgliedstaaten einen einheitlichen Schutz genießen. Entsprechend dem umfassenden Schutz, der in der Union bekannten Unionsmarken gewährt wird, sollten alle eingetragenen Marken, die in einem Mitgliedstaat bekannt sind, auf einzelstaatlicher Ebene einen solchen Schutz genießen.
- (11)
- Die vorliegende Richtlinie sollte den Mitgliedstaaten das Recht belassen, die durch Benutzung erworbenen Marken weiterhin zu schützen; diese Marken sollten lediglich in ihrer Beziehung zu den durch Eintragung erworbenen Marken berücksichtigt werden.
- (12)
- Die Verwirklichung der Ziele dieser Angleichung setzt voraus, dass für den Erwerb und die Aufrechterhaltung einer eingetragenen Marke in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich gleiche Bedingungen gelten.
- (13)
- Zu diesem Zweck muss eine Beispielliste der Zeichen erstellt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, und die somit eine Marke darstellen können. Um die mit den Markeneintragungsverfahren verfolgten Ziele, nämlich Rechtssicherheit und ordnungsgemäße Verwaltung, zu erreichen, muss das Zeichen in eindeutiger, präziser, in sich abgeschlossener, leicht zugänglicher, verständlicher, dauerhafter und objektiver Weise darstellbar sein. Ein Zeichen sollte daher in jeder geeigneten Form unter Verwendung allgemein zugänglicher Technologie dargestellt werden dürfen und damit nicht notwendigerweise mit grafischen Mitteln, solange die Darstellung mit Mitteln erfolgt, die ausreichende Garantien bieten.
- (14)
- Die Eintragungshindernisse und Nichtigkeitsgründe betreffend die Marke selbst, wie fehlende Unterscheidungskraft, oder betreffend Kollisionen der Marke mit älteren Rechten sollten erschöpfend aufgeführt werden, selbst wenn einige dieser Gründe für die Mitgliedstaaten fakultativ aufgeführt sind und es diesen folglich freisteht, diese in ihren Rechtsvorschriften beizubehalten oder dort aufzunehmen.
- (15)
- Um zu gewährleisten, dass der Schutz, den geografische Angaben aufgrund des nationalen Rechts und des Unionsrechts genießen, bei der Prüfung absoluter und relativer Eintragungshindernisse in der Union einheitlich und umfassend zum Tragen kommt, sollten in diese Richtlinie dieselben Bestimmungen zu geografischen Angaben aufgenommen werden wie in der Verordnung (EG) Nr. 207/2009. Des Weiteren sollte sichergestellt werden, dass der Geltungsbereich der absoluten Hindernisse auch auf geschützte traditionelle Bezeichnungen für Weine und garantiert traditionelle Spezialitäten ausgedehnt wird.
- (16)
- Der durch die eingetragene Marke gewährte Schutz, der insbesondere die Herkunftsfunktion der Marke gewährleisten sollte, sollte im Falle der Identität zwischen der Marke und dem zugehörigen Zeichen und den Waren oder Dienstleistungen absolut sein. Der Schutz sollte sich ebenfalls auf Fälle der Ähnlichkeit von Zeichen und Marke und der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen erstrecken. Es ist unbedingt erforderlich, den Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen. Die Verwechslungsgefahr sollte die spezifische Voraussetzung für den Schutz darstellen; ob sie vorliegt, hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, der gedanklichen Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. Bestimmungen über die Art und Weise der Feststellung einer Verwechslungsgefahr, insbesondere über die diesbezügliche Beweislast, sollten Sache nationaler Verfahrensregeln sein, die von dieser Richtlinie nicht berührt werden sollten.
- (17)
- Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit und der vollen Übereinstimmung mit dem Prioritätsgrundsatz, demzufolge eine eingetragene ältere Marke Vorrang vor einer später eingetragenen Marke genießt, muss vorgesehen werden, dass die Durchsetzung von Rechten aus einer Marke die Rechte, die Markeninhaber vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Marke erworben haben, nicht beeinträchtigt. Dieses Vorgehen steht in Einklang mit Artikel 16 Absatz 1 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums vom 15. April 1994 (im Folgenden „TRIPS-Übereinkommen” ).
- (18)
- Es ist sachgerecht, als Voraussetzung für eine Markenrechtsverletzung vorzusehen, dass die rechtsverletzende Marke oder das rechtsverletzende Zeichen im Geschäftsverkehr zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen benutzt wird. Für die Benutzung eines Zeichens für andere Zwecke als die Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen sollte das einzelstaatliche Recht maßgebend sein.
- (19)
- Als Verletzung einer Marke sollte auch die Benutzung eines Zeichens als Handelsname oder ähnliche Bezeichnung gelten, solange eine solche Benutzung der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen dient.
- (20)
- Um Rechtssicherheit und volle Übereinstimmung mit spezifischen Unionsvorschriften zu gewährleisten, sollte der Markeninhaber einem Dritten die Benutzung eines Zeichens in der vergleichenden Werbung untersagen können, wenn diese vergleichende Werbung gegen die Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(5) verstößt.
- (21)
- Um den Markenschutz zu stärken und wirksamer gegen Produktpiraterie vorzugehen, und im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten gemäß dem Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO), insbesondere Artikel V des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) über die Freiheit der Durchfuhr sowie, bezüglich Generika, der auf der WTO-Ministerkonferenz in Doha am 14. November 2001 angenommenen „Erklärung über das TRIPS-Übereinkommen und die öffentliche Gesundheit” sollte der Inhaber einer Marke Dritten verbieten können, im geschäftlichen Verkehr Waren in den Mitgliedstaat, in dem die Marke eingetragen ist, zu verbringen, ohne diese in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen, wenn die Waren aus Drittstaaten stammen und ohne Zustimmung eine Marke aufweisen, die mit der für derartige Waren eingetragenen Marke identisch oder im Wesentlichen identisch ist.
- (22)
- Hierzu sollte es für Markeninhaber erlaubt sein, die Einfuhr rechtsverletzender Waren und ihre Überführung in alle zollrechtlichen Situationen, einschließlich insbesondere Durchfuhr, Umladung, Lagerung, Freizonen, vorübergehende Verwahrung, aktive Veredelung oder vorübergehende Verwendung, zu verhindern, und zwar auch dann, wenn diese Waren nicht dazu bestimmt sind, in dem betreffenden Mitgliedstaat in Verkehr gebracht zu werden. Bei der Durchführung der Zollkontrollen sollten die Zollbehörden die in der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates(6) vorgesehenen Befugnisse und Verfahren, auch auf Ersuchen der Rechteinhaber, wahrnehmen. Insbesondere sollten die Zollbehörden die einschlägigen Kontrollen anhand von Kriterien der Risikoanalyse durchführen.
- (23)
- Einerseits muss die wirksame Durchsetzung der Markenrechte gewährleistet werden, und andererseits muss vermieden werden, dass der freie Handel mit rechtmäßigen Waren behindert wird; damit dies miteinander in Einklang gebracht werden kann, sollte der Anspruch des Markeninhabers erlöschen, wenn im Zuge des Verfahrens, das vor der für eine Sachentscheidung über eine Verletzung der eingetragenen Marke zuständigen Justiz- oder sonstigen Behörde eingeleitet wurde, der Anmelder oder der Besitzer der Waren in der Lage ist nachzuweisen, dass der Inhaber der eingetragenen Marke nicht berechtigt ist, das Inverkehrbringen der Waren im Endbestimmungsland zu untersagen.
- (24)
- Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 608/2013 sieht vor, dass ein Rechteinhaber dann für Schäden gegenüber dem Besitzer der Waren haftbar gemacht werden kann, wenn unter anderem in der Folge festgestellt wird, dass die betreffenden Waren kein Recht des geistigen Eigentums verletzen.
- (25)
- Geeignete Maßnahmen sollten ergriffen werden, um eine reibungslose Durchfuhr von Generika sicherzustellen. In Bezug auf internationale Freinamen (INN) als weltweit anerkannte allgemeine Bezeichnungen für Wirkstoffe in pharmazeutischen Zubereitungen muss unbedingt den bestehenden Einschränkungen in Bezug auf die Wirkung von Markenrechten Rechnung getragen werden. Daher sollte der Inhaber einer Marke nicht berechtigt sein, einem Dritten aufgrund von Ähnlichkeiten zwischen dem INN des in dem Arzneimittel enthaltenen Wirkstoffs und der Marke zu untersagen, Waren in einen Mitgliedstaat zu verbringen, in dem die Marke eingetragen ist, ohne die Waren dort in den zollrechtlich freien Verkehr zu überführen.
- (26)
- Damit die Inhaber eingetragener Marken wirksamer gegen Nachahmungen vorgehen können, sollten sie das Anbringen einer rechtsverletzenden Marke auf Waren sowie bestimmte Vorbereitungshandlungen, die vor einem solchen Anbringen ausgeführt werden, untersagen können.
- (27)
- Die ausschließlichen Rechte aus einer Marke sollten deren Inhaber nicht zum Verbot der Benutzung von Zeichen oder Angaben durch Dritte berechtigen, die rechtmäßig und damit im Einklang mit den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel benutzt werden. Um für Handelsnamen und Marken gleiche Bedingungen zu schaffen, sollte die Benutzung von Handelsnamen, denen regelmäßig unbeschränkter Schutz vor jüngeren Marken eingeräumt wird, nur die Verwendung des Personennamens Dritter einschließen. Diese Benutzung sollte weiterhin die Verwendung von deskriptiven oder nicht unterscheidungskräftigen Zeichen oder Angaben allgemein gestatten. Auch sollte der Markeninhaber nicht berechtigt sein, die rechtmäßige und redliche Benutzung der Marke zum Zwecke der Identifizierung der Waren oder Dienstleistungen als die des Markeninhabers oder des Verweises darauf zu untersagen. Eine Benutzung einer Marke durch Dritte mit dem Ziel, die Verbraucher auf den Wiederverkauf von Originalwaren aufmerksam zu machen, die ursprünglich vom Markeninhaber selbst oder mit dessen Einverständnis in der Union verkauft wurden, sollte als rechtmäßig betrachtet werden, sofern die Benutzung gleichzeitig den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Eine Benutzung einer Marke durch Dritte zu künstlerischen Zwecken sollte als rechtmäßig betrachtet werden, sofern die Benutzung gleichzeitig den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Außerdem sollte die vorliegende Richtlinie so angewendet werden, dass den Grundrechten und Grundfreiheiten, insbesondere dem Recht auf freie Meinungsäußerung, in vollem Umfang Rechnung getragen wird.
- (28)
- Aus dem Grundsatz des freien Warenverkehrs folgt, dass der Inhaber der Marke nicht berechtigt sein sollte, einem Dritten deren Benutzung für Waren, die in der Union unter der Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind, zu untersagen, außer wenn berechtigte Gründe es rechtfertigen, dass der Inhaber sich dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt.
- (29)
- Aus Gründen der Rechtssicherheit muss vorgesehen werden — ohne in die Interessen der Inhaber älterer Marken in unangemessener Weise einzugreifen —, dass diese nicht mehr die Nichtigerklärung einer jüngeren Marke beantragen oder sich deren Benutzung widersetzen können, wenn sie deren Benutzung während einer längeren Zeit geduldet haben, es sei denn, dass die Anmeldung der jüngeren Marke bösgläubig vorgenommen worden ist.
- (30)
- Zur Gewährleistung des Rechtsschutzes und zum Schutz rechtmäßig erworbener Markenrechte ist es angemessen und notwendig, unbeschadet des Grundsatzes, wonach eine jüngere Marke vor einer älteren Marke zurücksteht, vorzusehen, dass Inhaber älterer Marken nicht das Recht haben sollten, die Ablehnung der Eintragung oder die Nichtigerklärung einer jüngeren Marke zu erwirken oder sich der Benutzung der jüngeren Marke zu widersetzen, wenn die jüngere Marke zu einem Zeitpunkt erworben wurde, als die ältere Marke für verfallen oder nichtig erklärt werden konnte, weil sie beispielsweise noch keine Unterscheidungskraft durch Benutzung erlangt hatte, oder zu einem Zeitpunkt, zu dem die ältere Marke gegenüber der jüngeren Marke nicht durchgesetzt werden konnte, weil die hierfür notwendigen Voraussetzungen wie Bekanntheit der älteren Marke nicht gegeben waren.
- (31)
- Marken erfüllen nur dann ihren Zweck, Waren oder Dienstleistungen voneinander zu unterscheiden und Verbrauchern zu sachkundigen Entscheidungen zu verhelfen, wenn sie tatsächlich im Markt benutzt werden. Das Benutzungserfordernis ist auch notwendig, um die Gesamtzahl der in der Union eingetragenen und geschützten Marken und damit die Zahl der zwischen ihnen möglichen Konflikte zu verringern. Es ist daher unbedingt zu fordern, dass eingetragene Marken tatsächlich für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen sind, benutzt werden oder, wenn sie innerhalb von fünf Jahren nach dem Tag des Abschlusses des Eintragungsverfahrens nicht dafür benutzt werden, für verfallen erklärt werden.
- (32)
- Eine eingetragene Marke sollte infolgedessen nur geschützt werden, soweit sie tatsächlich benutzt wird, mit der Folge, dass eine eingetragene ältere Marke ihren Inhaber nicht dazu berechtigen sollte, gegen die Eintragung einer jüngeren Marke Widerspruch zu erheben oder sie für nichtig erklären zu lassen, wenn der Inhaber seine Marke nicht ernsthaft benutzt. Die Mitgliedstaaten sollten außerdem vorsehen, dass eine Marke in einem Verletzungsverfahren nicht wirksam geltend gemacht werden kann, wenn im Wege der Einrede Nachweise erbracht werden, dass die Marke für verfallen erklärt werden könnte oder, wenn eine jüngere Marke Gegenstand des Verfahrens ist, zu dem Zeitpunkt, als die jüngere Marke erworben wurde, für verfallen hätte erklärt werden können.
- (33)
- Wurde für eine Unionsmarke der Zeitrang einer nationalen Marke oder einer mit Wirkung für den Mitgliedstaat international registrierten Marke in Anspruch genommen und wurde auf die den Zeitrang begründende Marke anschließend verzichtet oder ist diese anschließend erloschen, so sollte vorgesehen werden, dass die Gültigkeit der betreffenden Marke weiterhin angefochten werden kann. Eine solche Anfechtung sollte auf Situationen beschränkt werden, in denen die Marke zu dem Zeitpunkt, zu dem sie im Register gelöscht wurde, für verfallen oder für nichtig hätte erklärt werden können.
- (34)
- Aus Gründen der Kohärenz und um die gewerbliche Nutzung von Marken in der Union zu erleichtern, sollten die vermögensrechtlichen Markenvorschriften in angemessenem Umfang den bereits für die Unionsmarke geltenden Vorschriften angeglichen werden und Bestimmungen über Rechtsübertragung und Rechtsübergang, Lizenzvergabe, dingliche Rechte und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen umfassen.
- (35)
- Kollektivmarken haben sich als nützliches Werbeinstrument für Waren und Dienstleistungen mit bestimmten gemeinsamen Eigenschaften erwiesen. Es ist deshalb angemessen, auf nationale Kollektivmarken ähnliche Vorschriften wie auf Kollektivmarken der Union anzuwenden.
- (36)
- Um den Zugang zum Markenschutz zu verbessern und die Rechtssicherheit und Berechenbarkeit zu erhöhen, sollte das Verfahren für die Eintragung von Marken in den Mitgliedstaaten effizient und transparent sein und ähnlichen Regeln wie denen folgen, die für Unionsmarken gelten.
- (37)
- Um Rechtssicherheit in Bezug auf den Umfang der Markenrechte zu gewährleisten und den Zugang zum Markenschutz zu erleichtern, sollten für die Bezeichnung und Klassifizierung der Waren und Dienstleistungen, die Gegenstand einer Markenanmeldung sind, in allen Mitgliedstaaten dieselben Regeln gelten, die denen für die Unionsmarke nachgebildet sind. Damit die zuständigen Behörden und die Wirtschaftsteilnehmer den Umfang des beantragten Markenschutzes allein anhand der Anmeldung feststellen können, sollte die Bezeichnung der Waren und Dienstleistungen hinreichend klar und eindeutig sein. Werden allgemeine Ausdrücke verwendet, sollten diese so ausgelegt werden, dass sie nur Waren und Dienstleistungen einschließen, die eindeutig vom Wortsinn erfasst sind. Im Interesse der Klarheit und Rechtssicherheit sollten die Zentralbehörden der Mitgliedstaaten für den gewerblichen Rechtsschutz und das Benelux-Amt für geistiges Eigentum miteinander anstreben, eine Übersicht über ihre jeweiligen Verwaltungspraktiken in Bezug auf die Klassifizierung von Waren und Dienstleistungen zu erstellen.
- (38)
- Im Interesse eines wirksamen Markenschutzes sollten die Mitgliedstaaten ein effizientes administratives Widerspruchsverfahren zur Verfügung stellen, das zumindest dem Inhaber älterer Markenrechte und der gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften zur Ausübung der sich aus einer geschützten Ursprungsbezeichnung oder einer geografischen Angabe ergebenden Rechte berechtigten Person die Möglichkeit gibt, gegen die Eintragung einer Markenanmeldung Widerspruch zu erheben. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten, binnen der längeren Umsetzungsfrist von sieben Jahren, nach Inkrafttreten dieser Richtlinie leistungsfähige Verwaltungsverfahren für die Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit von Marken vorsehen.
- (39)
- Es ist wünschenswert, dass die Zentralbehörden der Mitgliedstaaten für den gewerblichen Rechtsschutz und das Benelux-Amt für geistiges Eigentum miteinander und mit dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum in allen Bereichen der Markeneintragung und -verwaltung zusammenarbeiten, um die Abstimmung von Verfahren und Instrumenten wie die Einrichtung und Pflege gemeinsamer oder vernetzter Datenbanken und Portale zu Abfrage- und Recherchezwecken zu fördern. Die Mitgliedstaaten sollten ferner sicherstellen, dass ihre Markenämter miteinander und mit dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum in allen anderen Tätigkeitsbereichen zusammenarbeiten, die für den Markenrechtsschutz in der Union von Belang sind.
- (40)
- Diese Richtlinie sollte nicht ausschließen, dass auf die Marken andere Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als die des Markenrechts, wie Vorschriften gegen den unlauteren Wettbewerb, über die zivilrechtliche Haftung oder den Verbraucherschutz, Anwendung finden.
- (41)
- Die Mitgliedstaaten sind durch die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (im Folgenden „Pariser Verbandsübereinkunft” ) und durch das TRIPS-Übereinkommen gebunden. Es ist erforderlich, dass sich diese Richtlinie mit der Pariser Verbandsübereinkunft und dem TRIPS-Übereinkommen in vollständiger Übereinstimmung befindet. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten, die sich aus der Pariser Verbandsübereinkunft und dem jenem Übereinkommen ergeben, sollten durch diese Richtlinie nicht berührt werden. Gegebenenfalls sollte Artikel 351 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Anwendung finden.
- (42)
- Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Förderung und Einrichtung eines gut funktionierenden Binnenmarktes und die Erleichterung der Eintragung, Verwaltung und des Schutzes von Marken in der Union zur Förderung von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
- (43)
- Die Verarbeitung personenbezogener Daten in den Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dieser Richtlinie erfolgt nach Maßgabe der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(7).
- (44)
- Der Europäische Datenschutzbeauftragte wurde gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) konsultiert und hat am 11. Juli 2013 eine Stellungnahme abgegeben.
- (45)
- Die Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht sollte nur jene Bestimmungen betreffen, die im Vergleich zu der bisherigen Richtlinie inhaltlich geändert wurden. Die Verpflichtung zur Umsetzung der inhaltlich unveränderten Bestimmungen ergibt sich aus der bisherigen Richtlinie.
- (46)
- Diese Richtlinie sollte die Verpflichtung der Mitgliedstaaten nach der Richtlinie 2008/95/EG hinsichtlich der in Anhang I Teil B jener Richtlinie genannten Frist für die Umsetzung der Richtlinie 89/104/EWG des Rates(9) in innerstaatliches Recht unberührt lassen —
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. C 327 vom 12.11.2013, S. 42.
- (2)
Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 25. Februar 2014 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Standpunkt des Rates in erster Lesung vom 10. November 2015 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht). Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 15. Dezember 2015.
- (3)
Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 299 vom 8.11.2008, S. 25).
- (4)
Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. L 78 vom 24.3.2009, S. 1).
- (5)
Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 21).
- (6)
Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2013 zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums durch die Zollbehörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates (ABl. L 181 vom 29.6.2013, S. 15).
- (7)
Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31).
- (8)
Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).
- (9)
Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 40 vom 11.2.1989, S. 1).
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