ANHANG III RL 2016/797/EU

GRUNDLEGENDE ANFORDERUNGEN

1.
Allgemeine Anforderungen

1.1.
Sicherheit

1.1.1. Die Planung, der Bau oder die Herstellung, die Instandhaltung und die Überwachung der sicherheitsrelevanten Bauteile, insbesondere derjenigen, die am Zugverkehr beteiligt sind, müssen die Sicherheit auch unter bestimmten Grenzbedingungen auf dem für das Netz festgelegten Niveau halten.

1.1.2. Die Kennwerte für das Rad-Schiene-System müssen die Kriterien der Laufstabilität erfüllen, damit bei der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine sichere Fahrt gewährleistet ist. Die Kennwerte für die Bremsausrüstung müssen gewährleisten, dass bei zulässiger Höchstgeschwindigkeit ein Anhalten innerhalb des festgelegten Bremswegs möglich ist.

1.1.3. Die verwendeten Bauteile müssen während ihrer gesamten Nutzungsdauer den spezifizierten gewöhnlichen oder Grenzbeanspruchungen standhalten. Durch geeignete Mittel ist sicherzustellen, dass sich die Sicherheitsauswirkungen eines unvorhergesehenen Versagens in Grenzen halten.

1.1.4. Die Auslegung der ortsfesten Einrichtungen und der Fahrzeuge und die Auswahl der Werkstoffe müssen das Entstehen, die Ausbreitung und die Auswirkungen von Feuer und Rauch im Fall eines Brandes in Grenzen halten.

1.1.5. Die für die Betätigung durch die Fahrgäste vorgesehenen Einrichtungen müssen so konzipiert sein, dass weder das sichere Funktionieren der Einrichtungen noch die Gesundheit und Sicherheit der Benutzer beeinträchtigt werden, wenn sie in einer voraussehbaren Weise betätigt werden, auch wenn diese den angebrachten Hinweisen nicht entspricht.

1.2.
Zuverlässigkeit und Betriebsbereitschaft

Die Planung, Durchführung und Häufigkeit der Überwachung und Instandhaltung der festen und beweglichen Teile, die am Zugverkehr beteiligt sind, müssen deren Funktionsfähigkeit unter den vorgegebenen Bedingungen gewährleisten.

1.3.
Gesundheit

1.3.1. Werkstoffe, die aufgrund ihrer Verwendungsweise die Gesundheit von Personen, die Zugang zu ihnen haben, gefährden können, dürfen in Zügen und Infrastruktureinrichtungen nicht verwendet werden.

1.3.2. Die Auswahl, die Verarbeitung und die Verwendung dieser Werkstoffe müssen so erfolgen, dass eine gesundheitsschädliche oder -gefährdende Rauch- und Gasentwicklung insbesondere im Fall eines Brandes in Grenzen gehalten wird.

1.4.
Umweltschutz

1.4.1. Die Umweltauswirkungen des Baus und Betriebs des Eisenbahnsystems sind bei der Planung dieses Systems entsprechend geltendem Unionsrecht zu berücksichtigen.

1.4.2. In Zügen und Infrastruktureinrichtungen verwendete Werkstoffe müssen eine umweltschädliche oder -gefährdende Rauch- und Gasentwicklung, insbesondere im Fall eines Brandes, verhindern.

1.4.3. Fahrzeuge und Energieversorgungsanlagen sind so auszulegen und zu bauen, dass sie mit Anlagen, Einrichtungen und öffentlichen oder privaten Netzen, bei denen Interferenzen möglich sind, elektromagnetisch verträglich sind.

1.4.4. Konzeption und Betrieb des Eisenbahnsystems dürfen nicht zu einer Überschreitung der zulässigen Grenzwerte der vom System ausgehenden Lärmemissionen an folgenden Orten führen:

in den in der Nähe einer Eisenbahninfrastruktur gelegenen Gebieten im Sinne des Artikels 3 Nummer 3 der Richtlinie 2012/34/EU und

im Führerstand.

1.4.5. Der Betrieb des Eisenbahnsystems darf in normalem Instandhaltungszustand für die in der Nähe des Fahrwegs gelegenen Einrichtungen und Bereiche keine unzulässigen Bodenschwingungen verursachen.

1.5.
Technische Kompatibilität

Die technischen Merkmale der Infrastrukturen und ortsfesten Einrichtungen müssen untereinander und mit denen der Züge, die im Eisenbahnsystem verkehren sollen, kompatibel sein. Diese Anforderung erstreckt sich auch auf die sichere Integration des Teilsystems Fahrzeuge in die Infrastruktur. Erweist sich die Einhaltung dieser Merkmale auf bestimmten Teilen des Netzes als schwierig, so können Zwischenlösungen, die eine künftige Kompatibilität gewährleisten, eingeführt werden.

1.6.
Zugänglichkeit

1.6.1. Die Teilsysteme „Infrastruktur” und „Fahrzeuge” müssen für Personen mit eingeschränkter Mobilität und behinderte Menschen mithilfe von Barrierevermeidung und Barrierenabbau sowie anderen geeigneten Maßnahmen zugänglich sein, um ihnen einen gleichberechtigten Zugang zu gewährleisten. Dies erstreckt sich auf Planung, Bau, Erneuerung, Aufrüstung, Instandhaltung und Betrieb der einschlägigen Teile von Teilsystemen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind.

1.6.2. Die Teilsysteme „Betriebsführung” und „Telematikanwendungen für den Personenverkehr” müssen die Funktionen aufweisen, die erforderlich sind, um Personen mit eingeschränkter Mobilität und behinderten Menschen mithilfe von Barrierevermeidung und Barrierenabbau sowie anderen geeigneten Maßnahmen einen gleichberechtigten Zugang zu ermöglichen.

2.
Besondere Anforderungen an die einzelnen Teilsysteme

2.1.
Infrastruktur

2.1.1.
Sicherheit

Es müssen angemessene Vorkehrungen getroffen werden, um den Zugang zu den Anlagen oder deren unbefugtes Betreten zu verhindern. Es müssen Vorkehrungen getroffen werden, um die Gefahren für Personen, insbesondere bei der Durchfahrt der Züge in Bahnhöfen, in Grenzen zu halten. Infrastruktureinrichtungen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, müssen so konstruiert und gebaut werden, dass die Risiken für die Sicherheit von Personen (Stabilität, Brand, Zugang, Fluchtwege, Bahnsteige usw.) in Grenzen gehalten werden. Zur Berücksichtigung der besonderen sicherheitstechnischen Bedingungen bei langen Tunneln und Viadukten sind geeignete Vorkehrungen zu treffen.

2.1.2.
Zugänglichkeit

Ein für die Öffentlichkeit zugängliches Teilsystem „Infrastruktur” muss im Einklang mit Nummer 1.6 für Personen mit eingeschränkter Mobilität und behinderte Menschen zugänglich sein.

2.2.
Energie

2.2.1.
Sicherheit

Der Betrieb der Energieversorgungsanlagen darf die Sicherheit von Zügen und Personen (Fahrgäste, Betriebspersonal, Anlieger und Dritte) nicht gefährden.

2.2.2.
Umweltschutz

Der Betrieb der Energieversorgungsanlagen (elektrisch oder thermisch) darf keine über die festgelegten Grenzwerte hinausgehenden Umweltbelastungen verursachen.

2.2.3.
Technische Kompatibilität

Die Energieversorgungssysteme (elektrisch oder thermisch) müssen

den Zügen die Erreichung der festgelegten Leistungswerte gestatten,

im Fall der Energieversorgungssysteme mit den Stromabnahmeeinrichtungen der Züge kompatibel sein.

2.3.
Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung

2.3.1.
Sicherheit

Die Anlagen und Verfahren der Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung müssen einen Zugverkehr entsprechend den Sicherheitsvorgaben für das Netz ermöglichen. Die Zugsteuerungs-/Zugsicherungs- und Signalgebungssysteme müssen weiterhin den sicheren Verkehr von Zügen ermöglichen, deren Weiterfahrt unter vorgegebenen Einschränkungen gestattet ist.

2.3.2.
Technische Kompatibilität

Alle neuen Infrastruktureinrichtungen und alle neuen Fahrzeuge, die nach der Festlegung kompatibler Zugsteuerungs-/Zugsicherungs- und Signalgebungssysteme gebaut oder entwickelt werden, müssen sich für die Verwendung dieser Systeme eignen. Die in den Führerständen der Züge eingebauten Einrichtungen für die Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung müssen unter den vorgegebenen Bedingungen einen flüssigen Betrieb des Eisenbahnsystems gewährleisten.

2.4.
Fahrzeuge

2.4.1.
Sicherheit

Die Bauart der Fahrzeuge und der Übergänge zwischen den Fahrzeugen muss so konzipiert sein, dass die Fahrgast- und Führerstandräume bei Zusammenstößen oder Entgleisungen geschützt sind. Die elektrischen Anlagen dürfen die Betriebssicherheit der Zugsteuerungs-/Zugsicherungs- und Signalanlagen nicht beeinträchtigen. Die Bremsverfahren und -kräfte müssen mit der Auslegung des Oberbaus, der Kunstbauten und der Signalanlagen vereinbar sein. Es müssen Vorkehrungen für den Zugang zu den unter Spannung stehenden Bauteilen getroffen werden, um eine Gefährdung von Personen zu vermeiden. Bei Gefahr müssen Vorrichtungen den Fahrgästen die Möglichkeit bieten, den Triebfahrzeugführer zu unterrichten, und es dem Zugbegleitpersonal ermöglichen, sich mit den Fahrgästen in Verbindung zu setzen. Die Sicherheit der Fahrgäste beim Ein-und Aussteigen in die Züge bzw. aus den Zügen muss gewährleistet sein. Die Schließ- und Öffnungsvorrichtung der Einstiegstüren muss die Sicherheit der Fahrgäste gewährleisten. Es müssen Notausstiege vorhanden und ausgeschildert sein. Zur Berücksichtigung der besonderen sicherheitstechnischen Bedingungen in langen Tunneln sind geeignete Vorkehrungen zu treffen. Eine Notbeleuchtung mit ausreichender Beleuchtungsstärke und Autonomie ist an Bord der Züge zwingend vorgeschrieben. Die Züge müssen mit einer Lautsprecheranlage ausgestattet sein, damit das Zugbegleitpersonal Mitteilungen an die Reisenden durchgeben kann. Den Fahrgästen sind die für sie geltenden Regelungen sowohl in den Bahnhöfen als auch in den Zügen in leicht verständlicher Weise und umfassend mitzuteilen.

2.4.2.
Zuverlässigkeit und Betriebsbereitschaft

Die Bauweise der wichtigsten Einrichtungen, Laufwerk, Traktionseinrichtungen und Bremsanlagen sowie Zugsteuerung und Zugsicherung müssen unter vorgegebenen Einschränkungen eine Weiterfahrt des Zuges ermöglichen, ohne dass die in Betrieb verbleibenden Einrichtungen dadurch beeinträchtigt werden.

2.4.3.
Technische Kompatibilität

Die elektrische Ausrüstung muss mit dem Betrieb der Zugsteuerungs-/Zugsicherungs- und Signalanlagen kompatibel sein. Bei elektrischem Antrieb müssen die Stromabnahmeeinrichtungen den Zugverkehr mit den Stromsystemen des Eisenbahnsystems ermöglichen. Die Fahrzeuge müssen aufgrund ihrer Merkmale auf allen Strecken verkehren können, auf denen ihr Einsatz vorgesehen ist; die jeweiligen Klimabedingungen sind hierbei zu berücksichtigen.

2.4.4.
Kontrolle

Die Züge sind mit einem Fahrtenschreiber auszustatten. Die Daten, die mit diesem Gerät aufgezeichnet werden, und die Verarbeitung der Daten müssen harmonisiert werden.

2.4.5.
Zugänglichkeit

Ein für die Öffentlichkeit zugängliches Teilsystem „Fahrzeuge” muss im Einklang mit Nummer 1.6 für Personen mit eingeschränkter Mobilität und behinderte Menschen zugänglich sein.

2.5.
Instandhaltung

2.5.1.
Gesundheit und Sicherheit

Die technischen Anlagen und Arbeitsverfahren in den Instandhaltungswerken müssen den sicheren Betrieb des betreffenden Teilsystems gewährleisten, und sie dürfen keine Gefahr für Gesundheit und Sicherheit darstellen.

2.5.2.
Umweltschutz

Die von technischen Anlagen und Arbeitsverfahren in den Instandhaltungswerken ausgehenden Umweltbelastungen dürfen die zulässigen Werte nicht überschreiten.

2.5.3.
Technische Kompatibilität

In den Instandhaltungsanlagen für Fahrzeuge müssen die Sicherheits-, Hygiene- und Komfortarbeiten an allen Fahrzeugen, für die sie ausgelegt wurden, durchgeführt werden können.

2.6.
Betriebsführung und Verkehrssteuerung

2.6.1.
Sicherheit

Die Angleichung der Betriebsvorschriften der Netze und die Qualifikation der Triebfahrzeugführer und des Zugbegleitpersonals und des Personals der Prüfstellen müssen einen sicheren Betrieb gewährleisten, wobei die unterschiedlichen Anforderungen für den grenzüberschreitenden Verkehr und den Inlandsverkehr zu berücksichtigen sind. Die Art und Häufigkeit der Instandhaltungsarbeiten, die Ausbildung und Qualifikation des Instandhaltungspersonals und des Personals der Prüfstellen sowie das Qualitätssicherungssystem in den Prüfstellen und Instandhaltungswerken der betreffenden Betreiber müssen ein hohes Sicherheitsniveau gewährleisten.

2.6.2.
Zuverlässigkeit und Betriebsbereitschaft

Die Art und Häufigkeit der Instandhaltungsarbeiten, die Ausbildung und Qualifikation des Instandhaltungspersonals und des Personals der Prüfstellen sowie das von den betreffenden Betreibern eingerichtete Qualitätssicherungssystem in den Prüfstellen und Instandhaltungswerken müssen ein hohes Niveau an Zuverlässigkeit und Betriebsbereitschaft gewährleisten.

2.6.3.
Technische Kompatibilität

Die Angleichung der Betriebsvorschriften der Netze und die Qualifikation der Triebfahrzeugführer, des Zugbegleitpersonals und des Personals der Betriebsleitstellen müssen einen effizienten Betrieb des Eisenbahnsystems gewährleisten, wobei die unterschiedlichen Anforderungen für den grenzüberschreitenden Verkehr und den Inlandsverkehr zu berücksichtigen sind.

2.6.4.
Zugänglichkeit

Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Betriebsvorschriften die Funktionen vorsehen, die erforderlich sind, um die Zugänglichkeit für Personen mit eingeschränkter Mobilität und behinderte Menschen zu gewährleisten.

2.7.
Telematikanwendungen für den Personen- und Güterverkehr

2.7.1.
Technische Kompatibilität

Die grundlegenden Anforderungen für den Bereich der Telematikanwendungen gewährleisten eine Mindestqualität der Dienstleistung für die Reisenden und die Güterverkehrskunden, insbesondere hinsichtlich der technischen Kompatibilität. Bei diesen Anwendungen ist sicherzustellen,

dass die Datenbanken, die Software und die Datenübertragungsprotokolle so erstellt werden, dass ein möglichst vielfältiger Datenaustausch zwischen verschiedenen Anwendungen und zwischen verschiedenen Betreibern gewährleistet ist, wobei vertrauliche Geschäftsdaten hiervon ausgeschlossen sind,

dass die Benutzer einen leichten Zugriff zu den Informationen haben.

2.7.2.
Zuverlässigkeit und Betriebsbereitschaft

Die Methoden der Nutzung, Verwaltung, Aktualisierung und Pflege dieser Datenbanken, Software und Datenübertragungsprotokolle müssen die Effizienz der Systeme und die Leistungsqualität gewährleisten.

2.7.3.
Gesundheit

Die Benutzerschnittstellen dieser Systeme müssen den Mindestregeln für Ergonomie und Gesundheitsschutz entsprechen.

2.7.4.
Sicherheit

Im Hinblick auf die Speicherung oder Übertragung sicherheitsrelevanter Daten ist für angemessene Integrität und Zuverlässigkeit zu sorgen.

2.7.5.
Zugänglichkeit

Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die Teilsysteme „Telematikanwendungen für den Personenverkehr” die Funktionen aufweisen, die erforderlich sind, um die Zugänglichkeit für Personen mit eingeschränkter Mobilität und behinderte Menschen zu gewährleisten.

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