ANHANG IV RL 2016/797/EU

EG-PRÜFVERFAHREN FÜR TEILSYSTEME

1.
ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE

„EG-Prüfung” ist ein Verfahren, das der Antragsteller im Sinne des Artikels 15 durchführt, um nachzuweisen, dass die Anforderungen des einschlägigen Unionsrechts und aller einschlägigen nationalen Regelungen an ein Teilsystem erfüllt sind und das Teilsystem genehmigt und in Betrieb genommen werden kann.

2.
VON EINER BENANNTEN STELLE AUSGESTELLTE PRÜFBESCHEINIGUNG

2.1.
Einleitung

Für den Zweck dieser Richtlinie ist die Prüfung unter Bezugnahme auf die TSI das Verfahren, bei dem eine benannte Stelle prüft und bescheinigt, dass das Teilsystem den einschlägigen technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) entspricht. Hiervon unberührt bleiben die Pflichten des Antragstellers zur Einhaltung der anderen anwendbaren Rechtsakte der Union, auch möglicherweise in den anderen Regelungen vorgesehener Überprüfungen durch die Bewertungsstellen.

2.2.
Zwischenprüfbescheinigung (ISV)

2.2.1
Grundsätze

Auf Antrag des Antragstellers können die Überprüfungen für bestimmte Teile eines Teilsystems durchgeführt oder auf bestimmte Stufen des Prüfverfahrens beschränkt werden. In solchen Fällen können die Ergebnisse der Überprüfung in einer „Zwischenprüfbescheinigung” (ISV) dokumentiert werden, die die vom Antragsteller gewählte benannte Stelle ausstellt. In der Zwischenprüfbescheinigung müssen die TSI aufgeführt sein, deren Einhaltung beurteilt worden ist.

2.2.2
Teile des Teilsystems

Der Antragsteller kann eine Zwischenprüfbescheinigung für jeden Teil, in den er das Teilsystem unterteilt, beantragen. Jeder Teil ist auf jeder der in Nummer 2.2.3 genannten Stufen zu prüfen.

2.2.3
Stufen des Prüfverfahrens

Das Teilsystem oder bestimmte Teile des Teilsystems werden auf jeder der folgenden Stufen geprüft:
a)
Gesamtkonzeption;
b)
Herstellung: Bau, insbesondere einschließlich Tiefbauarbeiten, Fertigung, Montage der Komponenten und Abstimmung des gesamten Teilsystems;
c)
Abnahmeprüfung.
Der Antragsteller kann eine Zwischenprüfbescheinigung für die Konzeptionsphase (einschließlich der Typprüfungen) und für die Herstellungsphase für das gesamte Teilsystem oder für jeden Teil, in den er das Teilsystem unterteilt, beantragen (siehe Nummer 2.2.2).

2.3.
Prüfbescheinigung

2.3.1. Die benannten Stellen, die mit der Prüfung beauftragt sind, bewerten die Konzeption, Herstellung und Abnahme des Teilsystems und stellen die Prüfbescheinigung für den Antragsteller aus, der seinerseits die EG-Prüferklärung abgibt. In der Prüfbescheinigung müssen die TSI aufgeführt sein, deren Einhaltung beurteilt worden ist. Wurde ein Teilsystem nicht im Hinblick auf die Einhaltung aller einschlägigen TSI bewertet (z. B. bei Ausnahmen, Teilanwendung von TSI für Aufrüstung oder Erneuerung, Übergangszeiträumen in einer TSI oder Sonderfällen), ist in der Prüfbescheinigung genau anzugeben, in Bezug auf welche TSI oder Teile davon die Einhaltung von der benannten Stelle im Zuge des Prüfverfahrens nicht geprüft worden ist.

2.3.2. Sind bereits Zwischenprüfbescheinigungen ausgestellt worden, werden diese von der benannten Stelle, die mit der Prüfung des Teilsystems beauftragt ist, berücksichtigt; die Stelle prüft vor Ausstellung ihrer Prüfbescheinigung
a)
die ordnungsgemäße Erfüllung der einschlägigen Anforderungen der TSI durch die Zwischenprüfbescheinigungen,
b)
alle Aspekte, die von den Zwischenprüfbescheinigungen nicht abgedeckt sind, und
c)
die Abnahme des gesamten Teilsystems.

2.3.3. Im Fall einer Änderung eines Teilsystems, für das bereits eine Prüfbescheinigung vorliegt, führt die benannte Stelle nur diejenigen Prüfungen und Versuche durch, die zweckdienlich und erforderlich sind, d. h., die Bewertung bezieht sich nur auf die veränderten Teile des Teilsystems und deren Schnittstellen zu den unveränderten Teilen des Teilsystems.

2.3.4 Jede benannte Stelle, die an der Überprüfung eines Teilsystems beteiligt ist, legt für ihre Tätigkeiten ein Dossier gemäß Artikel 15 Absatz 4 an.

2.4.
Der EG-Prüferklärung beigefügtes technisches Dossier

Das der EG-Prüferklärung beigefügte technische Dossier wird vom Antragsteller zusammengestellt und muss folgende Unterlagen enthalten:
a)
technische Merkmale der Auslegung einschließlich der mit der Ausführung übereinstimmenden Gesamt- und Teilpläne, Pläne der elektrischen und hydraulischen Einrichtungen, Pläne der Steuerstromkreise, Beschreibung der Datenverarbeitungs- und Automatiksysteme in der zur Dokumentation der durchgeführten Konformitätsprüfung erforderlichen Ausführlichkeit sowie Betriebs- und Wartungsanleitungen usw. für das betreffende Teilsystem;
b)
ein Verzeichnis der in das Teilsystem eingebauten Interoperabilitätskomponenten gemäß Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe d;
c)
die in Artikel 15 Absatz 4 genannten Dossiers, die von jeder der an der Überprüfung eines Teilsystems beteiligten benannten Stelle angelegt wurden, mit folgenden Unterlagen:

Kopien der EG-Prüferklärungen und gegebenenfalls der EG-Gebrauchstauglichkeitserklärungen, die für die in Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe d genannten Interoperabilitätskomponenten ausgestellt wurden, gegebenenfalls zusammen mit den entsprechenden Berechnungsunterlagen und einer Ausfertigung der Berichte über die Versuche und Prüfungen, die aufgrund der gemeinsamen technischen Spezifikationen von den benannten Stellen durchgeführt wurden;

eventuell vorhandene Zwischenprüfbescheinigungen, die der Prüfbescheinigung beigefügt sind, einschließlich des Ergebnisses der Überprüfung ihrer Gültigkeit durch die benannte Stelle;

die Prüfbescheinigung mit den entsprechenden Berechnungsunterlagen, unterzeichnet von der benannten Stelle, die mit der Prüfung beauftragt ist, die bestätigt, dass das Teilsystem den Anforderungen der einschlägigen TSI entspricht, gegebenenfalls unter Angabe der während der Durchführung der Arbeiten geäußerten Vorbehalte, die nicht ausgeräumt werden konnten; der Prüfbescheinigung sind auch die von derselben benannten Stelle im Rahmen ihres Auftrags erstellten Besuchs- und Prüfberichte gemäß den Nummern 2.5.2 und 2.5.3 beizufügen;

d)
Prüfbescheinigungen, die gemäß anderer Rechtsakte der Union ausgestellt wurden;
e)
ist eine Prüfung der sicheren Integration gemäß Artikel 18 Absatz 4 Buchstabe c und Artikel 21 Absatz 3 Buchstabe c erforderlich, so muss das betreffende technische Dossier den/die Bewertungsbericht(e) über die CSM für die Risikobewertung gemäß Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(1) enthalten.

2.5.
Beaufsichtigung durch die benannten Stellen

2.5.1. Der benannten Stelle, die mit der Prüfung der Herstellung beauftragt ist, ist ständig Zutritt zu den Baustellen, den Fertigungsstätten, den Lagerplätzen und gegebenenfalls zu den Vorfertigungsstätten, zu den Versuchsanlagen sowie generell zu allen Orten zu gewähren, deren Überprüfung sie im Rahmen ihres Auftrags für notwendig erachtet. Die benannte Stelle muss vom Antragsteller alle zweckdienlichen Unterlagen erhalten, insbesondere die Konstruktionszeichnungen und die technischen Unterlagen zum Teilsystem.

2.5.2. Die benannte Stelle, die mit der Prüfung der Ausführung beauftragt ist, nimmt in regelmäßigen Zeitabständen Nachprüfungen ( „Audits” ) vor, um sich von der Einhaltung der einschlägigen TSI zu überzeugen. Sie erstellt bei dieser Gelegenheit einen Prüfbericht für die mit der Ausführung Beauftragten. Ihre Hinzuziehung kann in bestimmten Bauphasen erforderlich sein.

2.5.3. Darüber hinaus ist die benannte Stelle berechtigt, die Baustelle und die Fertigungsstätten unangemeldet zu besuchen. Bei dieser Gelegenheit kann die benannte Stelle vollständige oder Teilbereiche betreffende Nachprüfungen durchführen. Sie erstellt einen Besichtigungsbericht und liefert den für die Ausführung verantwortlichen Fachleuten gegebenenfalls einen Nachprüfungsbericht.

2.5.4. Die benannte Stelle muss in der Lage sein, ein Teilsystem zu überwachen, in das eine Interoperabilitätskomponente eingebaut wird, um ihre Gebrauchstauglichkeit in der eisenbahntechnischen Umgebung, in der sie benutzt werden soll, zu bewerten, wenn dies nach der einschlägigen TSI erforderlich ist.

2.6.
Hinterlegung

Eine Kopie des der EG-Prüferklärung beigefügten technischen Dossiers wird vom Antragsteller während der gesamten Lebensdauer des Teilsystems aufbewahrt. Das Dossier wird anderen Mitgliedstaaten oder der Agentur auf Verlangen übermittelt. Die Dokumentation zu einem Antrag auf Erteilung einer Inbetriebnahmegenehmigung muss bei der Behörde eingereicht werden, bei der die Genehmigung angestrebt wird. Die nationale Sicherheitsbehörde oder die Agentur kann verlangen, dass Teile der mit dem Genehmigungsantrag eingereichten Unterlagen in ihre eigene Sprache übersetzt werden.

2.7.
Veröffentlichung

Jede benannte Stelle veröffentlicht regelmäßig die einschlägigen Informationen über
a)
eingegangene Prüfungs- und Zwischenprüfungsanträge,
b)
Anträge auf Konformitäts- und Gebrauchstauglichkeitsbewertung für die Verwendung von Interoperabilitätskomponenten,
c)
die ausgestellten oder verweigerten Zwischenprüfbescheinigungen,
d)
ausgestellte und verweigerte Prüfbescheinigungen und EG-Gebrauchstauglichkeitsbescheinigungen,
e)
ausgestellte oder verweigerte Prüfbescheinigungen.

2.8.
Sprache

Die Unterlagen und der Schriftwechsel im Zusammenhang mit dem EG-Prüfverfahren werden in einer Unionsamtssprache des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller ansässig ist, oder in einer von diesem akzeptierten Amtssprache der Union abgefasst.

3.
VON EINER BESTIMMTEN STELLE AUSGESTELLTE PRÜFBESCHEINIGUNG

3.1.
Einleitung

Falls nationale Vorschriften Anwendung finden, muss das Prüfverfahren ein Verfahren umfassen, bei dem für jeden Mitgliedstaat, in dem das Teilsystem genehmigt und in Betrieb genommen werden soll, die gemäß Artikel 15 Absatz 8 bestimmte Stelle (im Folgenden „bestimmte Stelle” ), prüft und bescheinigt, dass das Teilsystem den gemäß Artikel 14 notifizierten nationalen Vorschriften entspricht.

3.2.
Prüfbescheinigung

Die bestimmte Stelle stellt die Prüfbescheinigung für den Antragsteller aus. Die Bescheinigung enthält eine genaue Angabe der nationalen Vorschrift(en), deren Konformität von der bestimmten Stelle im Zuge des Prüfverfahrens bewertet wurde. Beziehen sich nationale Vorschriften auf die Teilsysteme, aus denen ein Fahrzeug besteht, so gliedert die bestimmte Stelle die Bescheinigung in zwei Teile: einen Teil mit den Angaben über die nationalen Vorschriften, die sich strikt auf die technische Kompatibilität zwischen dem Fahrzeug und dem betreffenden Netz beziehen, und den anderen Teil für alle sonstigen nationalen Vorschriften.

3.3.
Dossier

Das von der bestimmten Stelle angelegte und der Prüfbescheinigung im Fall nationaler Vorschriften beigefügte Dossier wird in das in Nummer 2.4 genannte, der EG-Prüferklärung beigefügte technische Dossier aufgenommen und enthält die technischen Daten für die Bewertung der Konformität des Teilsystems mit den nationalen Vorschriften.

3.4.
Sprache

Die Unterlagen und der Schriftwechsel im Zusammenhang mit dem EG-Prüfverfahren werden in einer Unionsamtssprache des Mitgliedstaats, in dem der Antragsteller ansässig ist, oder in einer von diesem akzeptierten Amtssprache der Union abgefasst.

4.
PRÜFVERFAHREN FÜR TEILE VON TEILSYSTEMEN NACH ARTIKEL 15 ABSATZ 7

Falls eine Prüfbescheinigung für bestimmte Teile eines Teilsystems auszustellen ist, gelten hierfür die Vorschriften dieses Anhangs für diese Teile entsprechend.

Fußnote(n):

(1)

Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Eisenbahnsicherheit in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 95/18/EG des Rates über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen und der Richtlinie 2001/14/EG über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn, die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur und die Sicherheitsbescheinigung ( „Richtlinie über die Eisenbahnsicherheit” ) (ABl. L 164 vom 30.4.2004, S. 44).

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.