Artikel 20 RL 2016/97/EU

Beratung sowie Standards für den Vertrieb ohne Beratung

(1) Vor Abschluss eines Versicherungsvertrags ermittelt der Versicherungsvertreiber anhand der vom Kunden stammenden Angaben dessen Wünsche und Bedürfnisse und erteilt dem Kunden objektive Informationen über das Versicherungsprodukt in einer verständlichen Form, damit der Kunde eine wohlinformierte Entscheidung treffen kann.

Jeder angebotene Vertrag muss den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden hinsichtlich der Versicherung entsprechen.

Erfolgt vor Abschluss eines spezifischen Vertrags eine Beratung, richtet der Versicherungsvertreiber eine persönliche Empfehlung an den Kunden, in der erläutert wird, warum ein bestimmtes Produkt den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden am besten entspricht.

(2) Die Angaben gemäß Absatz 1 sind der Komplexität des angebotenen Versicherungsprodukts und der Kundenkategorie anzupassen.

(3) Teilt ein Versicherungsvermittler dem Kunden mit, dass er auf der Grundlage einer ausgewogenen und persönlichen Untersuchung berät, so stützt er seinen Rat auf eine Untersuchung einer hinreichenden Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen, sodass er gemäß fachlichen Kriterien eine persönliche Empfehlung dahingehend abgeben kann, welcher Versicherungsvertrag geeignet wäre, die Bedürfnisse des Kunden zu erfüllen.

(4) Unbeschadet der Artikel 183 und 184 der Richtlinie 2009/138/EG erteilt der Versicherungsvertreiber vor Vertragsabschluss — unabhängig davon, ob eine Beratung erfolgt, und unabhängig davon, ob das Versicherungsprodukt Teil eines Pakets gemäß Artikel 24 dieser Richtlinie ist — dem Kunden in verständlicher Form die relevanten Informationen über das Versicherungsprodukt, um diesem eine wohlinformierte Entscheidung zu ermöglichen, wobei die Komplexität des Versicherungsprodukts und die Art des Kunden zu berücksichtigen sind.

(5) Beim Vertrieb von Nichtlebensversicherungsprodukten, wie sie in Anhang I der Richtlinie 2009/138/EG aufgeführt sind, wird die in Absatz 4 des vorliegenden Artikels genannte Information mittels eines standardisierten Informationsblatts zu Versicherungsprodukten auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger erteilt.

(6) Das in Absatz 5 genannte Informationsblatt zu Versicherungsprodukten wird von demjenigen erstellt, der das Nichtlebensversicherungsprodukt konzipiert.

(7) Das Informationsblatt zu Versicherungsprodukten muss

a)
ein kurz gehaltenes eigenständiges Dokument sein;
b)
auf eine Art und Weise präsentiert und aufgemacht sein, die klar und leicht lesbar ist, wobei Buchstaben in gut leserlicher Größe zu verwenden sind;
c)
auch als Schwarz-Weiß-Ausdruck oder -Fotokopie nicht weniger gut lesbar sein, wenn sie ursprünglich farbig gestaltet war;
d)
in den Amtssprachen oder in einer der Amtssprachen, die in dem Teil des Mitgliedstaats, in dem das Versicherungsprodukt angeboten wird, oder in einer anderen Sprache, auf die sich der Kunde und der Vertreiber geeinigt haben, verfasst sein;
e)
präzise sein und darf nicht irreführend sein;
f)
die Überschrift „Informationsblatt zu Versicherungsprodukten” oben auf der ersten Seite aufweisen;
g)
eine Erklärung enthalten, dass die vollständigen vorvertraglichen und vertraglichen Informationen über das Produkt in anderen Dokumenten erteilt werden.

Die Mitgliedstaaten können bestimmen, dass das Informationsblatt zu Versicherungsprodukten zusammen mit Informationen zur Verfügung zu stellen ist, die gemäß anderen einschlägigen Gesetzgebungsakten der Union oder anderem einschlägigen nationalen Recht erforderlich sind, sofern alle Anforderungen des Unterabsatzes 1 erfüllt sind.

(8) Das Informationsblatt zu Versicherungsprodukten enthält folgende Angaben:

a)
Angaben zur Art der Versicherung;
b)
eine Zusammenfassung der Versicherungsdeckung, einschließlich der versicherten Hauptrisiken, der Versicherungssumme und gegebenenfalls des geografischen Geltungsbereichs und einer Zusammenfassung der ausgeschlossenen Risiken;
c)
Prämienzahlungsweise und Prämienzahlungsdauer;
d)
die wichtigsten Ausschlüsse, bei denen Ansprüche ausgeschlossen sind;
e)
Verpflichtungen zu Vertragsbeginn;
f)
Verpflichtungen während der Laufzeit des Vertrags;
g)
Verpflichtungen bei der Erhebung eines Anspruchs;
h)
die Laufzeit des Vertrags, einschließlich Anfangs- und Enddatum;
i)
Einzelheiten der Vertragsbeendigung.

(9) Die EIOPA erarbeitet nach Anhörung der nationalen Behörden und nach entsprechenden Verbrauchertests Entwürfe technischer Durchführungsstandards zur Festlegung eines standardisierten Formats für die Präsentation des Informationsblatts zu Versicherungsprodukten unter Angabe der Einzelheiten der Präsentation der Angaben nach Absatz 8.

Die EIOPA legt der Kommission diese Entwürfe technischer Durchführungsstandards bis zum 23. Februar 2017 vor.

Der Kommission wird die Befugnis übertragen, die in Unterabsatz 1 dieses Absatzes genannten technischen Durchführungsstandards nach Artikel 15 der Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 zu erlassen.

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