Präambel RL 2017/2110/EU

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 100 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Rechtsvorschriften der Union über ein System verbindlicher Überprüfungen im Hinblick auf den sicheren Betrieb von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen im Linienverkehr stammen aus dem Jahr 1999. Es ist nunmehr notwendig, diese Rechtsvorschriften zu aktualisieren, um den Fortschritten bei der Umsetzung des Hafenstaatkontrollsystems gemäß der Richtlinie 2009/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) sowie den Erfahrungen mit der Anwendung der am 26. Januar 1982 in Paris unterzeichneten Pariser Vereinbarung über die Hafenstaatkontrolle Rechnung zu tragen.
(2)
Die Eignungsprüfung im Rahmen des Programms zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) ergibt, dass der Rechtsrahmen der Union für die Sicherheit von Fahrgastschiffen zu einem einheitlichen Sicherheitsniveau für Fahrgastschiffe in der Union geführt hat. Sie ergibt außerdem, dass, als Folge der Entwicklung der Fahrgastsicherheitsbestimmungen der Union im Laufe der Zeit als Reaktion auf unterschiedliche Erfordernisse und Gegebenheiten, ein gewisses Maß an Überschneidung und Redundanz besteht, das gestrafft und vereinfacht werden kann und sollte, um den Verwaltungsaufwand der Schiffseigner zu verringern und die seitens der Seeschifffahrtsbehörden der Mitgliedstaaten erforderlichen Anstrengungen zu rationalisieren.
(3)
Die meisten Mitgliedstaaten kombinieren bereits nach Möglichkeit verbindliche Überprüfungen im Hinblick auf den sicheren Betrieb von Ro-Ro-Fahrgastschiffen mit anderen Arten von Besichtigungen und Überprüfungen, nämlich Flaggenstaat-Besichtigungen und Hafenstaatkontrollen. Um den Überprüfungsaufwand weiter zu verringern und den Zeitraum, in dem das Schiff oder das Fahrzeug wirtschaftlich genutzt werden kann, zu maximieren und gleichzeitig weiterhin hohe Sicherheitsstandards zu gewährleisten, sollten Schiffe, die der Hafenstaatkontrolle unterliegen, in den Geltungsbereich der Richtlinie 2009/16/EG übertragen werden. Der Geltungsbereich der vorliegenden Richtlinie sollte auf Ro-Ro-Fahrgastschiffe und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge im Linienverkehr zwischen Häfen innerhalb eines Mitgliedstaats oder zwischen einem Hafen eines Mitgliedstaats und einem Hafen in einem Drittland beschränkt werden, wenn die Flagge des Schiffs mit der des betreffenden Mitgliedstaats übereinstimmt. Was Ro-Ro-Fahrgastschiffe und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge im Linienverkehr zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat betrifft, sollte die Richtlinie 2009/16/EG gelten, wenn die Flagge nicht mit der des betreffenden Mitgliedstaats übereinstimmt.
(4)
Der Begriff „Aufnahmestaat” wurde durch die Richtlinie 1999/35/EG des Rates(4) eingeführt, um die Zusammenarbeit mit Drittländern vor der Erweiterung der Union im Jahr 2004 zu erleichtern. Dieser Begriff ist nicht mehr relevant und sollte daher gestrichen werden.
(5)
Gemäß der Richtlinie 1999/35/EG mussten die Aufnahmestaaten innerhalb jedes Zwölfmonatszeitraums eine gezielte Besichtigung und eine Besichtigung während eines Linienverkehrsdienstes durchführen. Eigentlich sollte durch diese Vorschrift gewährleistet werden, dass zwischen diesen beiden Besichtigungen ein ausreichender zeitlicher Abstand besteht, doch stellte sich bei der REFIT-Prüfung heraus, dass dies nicht immer der Fall ist. Um das System der Überprüfungen zu konkretisieren und einen einheitlichen Rahmen für die Überprüfungen sicherzustellen, mit dem für ein hohes Sicherheitsniveau bei gleichzeitiger Berücksichtigung der gemeinsamen Erfordernisse der Fahrgastdienstleistungen gesorgt wird, sollte klargestellt werden, dass die beiden jährlichen Überprüfungen regelmäßig, in Abständen von ca. sechs Monaten, stattzufinden haben. Wenn sich das Schiff in Betrieb befindet, sollte der Abstand zwischen diesen aufeinanderfolgenden Überprüfungen mindestens vier und höchstens acht Monate betragen.
(6)
In der Richtlinie 1999/35/EG wird anstatt „Überprüfungen” der Ausdruck „Besichtigungen” verwendet. Diese Bezeichnung ist in internationalen Übereinkommen gebräuchlich und bezeichnet darin die Verpflichtung der Flaggenstaaten, die Übereinstimmung der Schiffe mit den internationalen Normen zu überwachen und gegebenenfalls Zeugnisse auszustellen oder zu verlängern. Allerdings kann das besondere Überprüfungssystem für Ro-Ro-Fahrgastschiffe und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge im Linienverkehr nicht mit einer Besichtigung gleichgesetzt werden, und die entsprechenden Überprüfungsformulare stellen keine Seetüchtigkeitszeugnisse dar und können nicht als solche angesehen werden. Deshalb sollte der Begriff „Besichtigung” durch „Überprüfung” ersetzt werden, wenn es sich um spezifische Besichtigungen nach der geltenden Richtlinie 1999/35/EG handelt.
(7)
In Anbetracht des besonderen Risikoprofils von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen sollte ihre regelmäßige Überprüfung als Priorität betrachtet werden. Alle Überprüfungen von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen, die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2009/16/EG fallen, sollten in die Gesamtzahl der von jedem Mitgliedstaat durchgeführten jährlichen Überprüfungen eingerechnet werden.
(8)
Kosten im Zusammenhang mit Überprüfungen, die zu einem Auslaufverbot führen, sollten von dem Unternehmen getragen werden.
(9)
Um den Entwicklungen auf internationaler Ebene und den gesammelten Erfahrungen Rechnung zu tragen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte zu erlassen, um für die Zweck dieser Richtlinie Änderungen an internationalen Übereinkommen, soweit erforderlich, nicht anzuwenden und um technische Anforderungen zu aktualisieren. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung(5) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
(10)
Die Richtlinie 2009/16/EG sollte geändert werden, um sicherzustellen, dass Ro-Ro-Fahrgastschiffe und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge weiterhin in demselben Umfang und mit derselben Häufigkeit überprüft werden. Besondere Bestimmungen in Bezug auf Überprüfungen und Kontrollen von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen im Linienverkehr, die für die Hafenstaatkontrolle in Frage kommen, sollten deshalb in die Richtlinie 2009/16/EG eingeführt werden.
(11)
Bei Überprüfungen gemäß der Richtlinie 2009/16/EG sollten alle erdenklichen Bemühungen unternommen werden, damit das Schiff nicht in unangemessener Weise fest- oder aufgehalten wird.
(12)
Es ist wichtig, dass den Arbeits- und Lebensbedingungen der Besatzung an Bord sowie der Ausbildung und den Qualifikationen ihrer Mitglieder Rechnung getragen wird, da Gesundheit, Sicherheit und soziale Aspekte eng miteinander verknüpft sind.
(13)
Unter Berücksichtigung der Dauer eines vollständigen planmäßigen Kontrollzyklus der Europäischen Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs sollte die Kommission die Durchführung dieser Richtlinie spätestens sieben Jahre nach der Frist zur Umsetzung dieser Richtlinie bewerten und dem Europäischen Parlament und dem Rat darüber Bericht erstatten. Die Mitgliedstaaten sollten mit der Kommission zusammenarbeiten, um alle für diese Bewertung erforderlichen Informationen zusammenzutragen.
(14)
Um den Binnenmitgliedstaaten keinen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand aufzuerlegen, sollten diese Mitgliedstaaten im Rahmen einer Geringfügigkeitsregel von dieser Richtlinie abweichen können, was bedeutet, dass diese Mitgliedstaaten nicht zur Umsetzung dieser Richtlinie verpflichtet sind, solange sie bestimmte Kriterien erfüllen.
(15)
Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Gewährleistung eines sicheren Betriebs von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen im Linienverkehr, von den Mitgliedstaaten angesichts des Binnenmarktbezugs der Fahrgastbeförderung im Seeverkehr und des grenzüberschreitenden Charakters desBetriebs dieser Schiffe und Fahrzeuge in der Union und auf internationaler Ebene nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, indem ein einheitliches Sicherheitsniveau festgelegt und eine Verzerrung des Wettbewerbs vermieden wird, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(16)
Im Interesse der rechtlichen Klarheit und Einheitlichkeit sowie angesichts der Anzahl der betreffenden Änderungen sollten die Richtlinie 1999/35/EG aufgehoben und die Richtlinie 2009/16/EG entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 34 vom 2.2.2017, S. 176.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2017 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 23. Oktober 2017.

(3)

Richtlinie 2009/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über die Hafenstaatkontrolle (ABl. L 131 vom 28.5.2009, S. 57).

(4)

Richtlinie 1999/35/EG des Rates vom 29. April 1999 über ein System verbindlicher Überprüfungen im Hinblick auf den sicheren Betrieb von Ro-Ro-Fahrgastschiffen und Fahrgast-Hochgeschwindigkeitsfahrzeugen im Linienverkehr (ABl. L 138 vom 1.6.1999, S. 1).

(5)

ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

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