Artikel 73 RL 2018/1972/EU
Verpflichtungen in Bezug auf den Zugang zu bestimmten Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen und deren Nutzung
(1) Die nationalen Regulierungsbehörden können gemäß Artikel 68 Unternehmen dazu verpflichten, angemessenen Anträgen auf Zugang zu bestimmten Netzkomponenten und zugehörigen Einrichtungen und auf deren Nutzung stattzugeben, unter anderem wenn die nationale Regulierungsbehörde der Auffassung ist, dass die Verweigerung des Zugangs oder unangemessene Bedingungen mit ähnlicher Wirkung die Entwicklung eines nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes auf Endkundenebene behindern oder den Interessen der Endnutzer zuwiderlaufen würden.
Die nationalen Regulierungsbehörden können Unternehmen unter anderem Folgendes auferlegen:
- a)
- die Verpflichtung, Dritten den Zugang zu bestimmten physischen Netzkomponenten und den zugehörigen Einrichtungen und deren Nutzung zu gewähren, gegebenenfalls einschließlich des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss und zum Teilabschnitt;
- b)
- die Verpflichtung, Dritten Zugang zu bestimmten aktiven oder virtuellen Netzkomponenten und -diensten zu gewähren;
- c)
- die Verpflichtung, mit Unternehmen, die einen Antrag auf Zugang stellen, nach Treu und Glauben zu verhandeln;
- d)
- die Verpflichtung, den bereits gewährten Zugang zu Einrichtungen nicht nachträglich zu verweigern;
- e)
- die Verpflichtung, bestimmte Dienste für den Weitervertrieb durch Dritte zu Vorleistungsmarktbedingungen anzubieten;
- f)
- die Verpflichtung, offenen Zugang zu technischen Schnittstellen, Protokollen oder anderen Schlüsseltechnologien zu gewähren, die für die Interoperabilität von Diensten oder Diensten für virtuelle Netze unverzichtbar sind;
- g)
- die Verpflichtung, Kollokation oder andere Formen der gemeinsamen Nutzung zugehöriger Einrichtungen zu ermöglichen;
- h)
- die Verpflichtung, bestimmte für die Interoperabilität durchgehender Nutzerdienste oder für Roaming in Mobilfunknetzen notwendige Voraussetzungen zu schaffen,
- i)
- die Verpflichtung, Zugang zu Systemen für die Betriebsunterstützung oder ähnlichen Softwaresystemen zu gewähren, die zur Gewährleistung eines fairen Wettbewerbs bei der Bereitstellung von Diensten notwendig sind;
- j)
- die Verpflichtung zur Zusammenschaltung von Netzen oder Netzeinrichtungen;
- k)
- die Verpflichtung, Zugang zu zugehörigen Diensten wie einem Identitäts-, Standort- und Präsenzdienst zu gewähren.
Die nationalen Regulierungsbehörden können diese Verpflichtungen mit Bedingungen in Bezug auf Fairness, Billigkeit und Rechtzeitigkeit verknüpfen.
(2) Wenn die nationalen Regulierungsbehörden prüfen, ob die Auferlegung der nach Absatz 1 dieses Artikels in Frage kommenden besonderen Verpflichtungen angemessen ist — insbesondere wenn sie nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Frage prüfen, ob und wie derartige Verpflichtungen aufzuerlegen sind –, untersuchen sie, ob andere Formen des Zugangs zu bestimmten Vorleistungen entweder auf demselben oder einem damit verbundenen Vorleistungsmarkt ausreichen würden, um das festgestellte Problem im Hinblick auf das Interesse der Endnutzer zu beheben. In dieser Untersuchung werden auch kommerzielle Zugangsangebote, ein regulierter Zugang gemäß Artikel 61 oder ein bestehender oder geplanter regulierter Zugang zu anderen Vorleistungen gemäß dem vorliegenden Artikel einbezogen. Die nationalen Regulierungsbehörden tragen insbesondere den folgenden Faktoren Rechnung:
- a)
- der technischen und wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Nutzung oder Installation konkurrierender Einrichtungen angesichts des Tempos der Marktentwicklung, wobei die Art und der Typ der Zusammenschaltung oder des Zugangs berücksichtigt werden, einschließlich der Tragfähigkeit anderer vorgelagerter Zugangsprodukte, wie etwa des Zugangs zu Leitungsrohren;
- b)
- der zu erwartenden technische Entwicklung in Bezug auf Netzgestaltung und Netzmanagement;
- c)
- dem Erfordernis, für Technologieneutralität zu sorgen, damit die Teilnehmer ihre eigenen Netzwerke konzipieren und verwalten können;
- d)
- der Möglichkeit der Gewährung des angebotenen Zugangs angesichts der verfügbaren Kapazität;
- e)
- der Anfangsinvestition des Eigentümers der Einrichtung unter Berücksichtigung etwaiger getätigter öffentlicher Investitionen und der Investitionsrisiken, unter besonderer Berücksichtigung von Investitionen in Netze mit sehr hoher Kapazität und des damit verbundenen Risikoniveaus;
- f)
- dem Erfordernis der langfristigen Sicherung des Wettbewerbs mit besonderem Augenmerk auf einen wirtschaftlich effizienten infrastrukturbasierten Wettbewerb und innovativer– beispielsweise auf Ko-Investitionen in Netze gestützter — Geschäftsmodelle zur Förderung eines dauerhaften Wettbewerbs;
- g)
- gegebenenfalls gewerblichen Schutzrechten oder Rechten an geistigem Eigentum;
- h)
- der Bereitstellung europaweiter Dienste.
Erwägt eine nationale Regulierungsbehörde nach Maßgabe des Artikels 68 Verpflichtungen auf der Grundlage des Artikels 72 oder des vorliegenden Artikels aufzuerlegen, so prüft sie, ob die bloße Auferlegung von Verpflichtungen gemäß Artikel 72 ein verhältnismäßiges Mittel zur Förderung des Wettbewerbs und der Interessen der Endnutzer wäre.
(3) Wenn die nationalen Regulierungsbehörden im Einklang mit dem vorliegenden Artikel einem Unternehmen die Verpflichtung auferlegen, den Zugang bereitzustellen, können sie technische oder betriebliche Bedingungen festlegen, die vom Betreiber oder von den Nutzern dieses Zugangs erfüllt werden müssen, soweit dies erforderlich ist, um den normalen Betrieb des Netzes sicherzustellen. Verpflichtungen, bestimmte technische Normen oder Spezifikationen zugrunde zu legen, müssen mit den gemäß Artikel 39 festgelegten Normen und Spezifikationen übereinstimmen.
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