Artikel 79 RL 2018/1972/EU

Verfahren für Verpflichtungszusagen

(1) Unternehmen, die als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht eingestuft wurden, können der nationalen Regulierungsbehörde Verpflichtungszusagen bezüglich der für ihre Netze geltenden Zugangsbedingungen oder Bedingungen für Ko-Investitionen oder beides anbieten, die sich unter anderem auf Folgendes beziehen:

a)
Kooperationsvereinbarungen in Bezug auf die Bewertung geeigneter und angemessener Verpflichtungen gemäß Artikel 68;
b)
Ko-Investitionen in Netze mit sehr hoher Kapazität gemäß Artikel 76 oder
c)
den effektiven und nichtdiskriminierenden Zugang für Dritte gemäß Artikel 78 sowohl während des Umsetzungszeitraums einer freiwilligen Trennung durch ein vertikal integriertes Unternehmen als auch nach Vollzug der vorgeschlagenen Form der Trennung.

Das Angebot für Verpflichtungszusagen muss so ausführlich gehalten sein, u. a. in Bezug auf die Zeitplanung und den Umfang ihrer Umsetzung und auf ihre Dauer, dass die nationale Regulierungsbehörde ihre Bewertung gemäß Absatz 2 dieses Artikels durchführen kann. Verpflichtungszusagen dieser Art können über die in Artikel 67 Absatz 5 festgelegten Zeiträume für die Durchführung von Marktanalysen hinausgehen.

(2) Zur Bewertung der von einem Unternehmen gemäß Absatz 1 dieses Artikels angebotenen Verpflichtungszusagen nimmt die nationale Regulierungsbehörde, außer wenn eine derartige Verpflichtungszusage eine oder mehrere relevante Bedingungen oder Kriterien offensichtlich nicht erfüllt, eine Marktprüfung insbesondere im Hinblick auf die angebotenen Bedingungen vor, indem sie eine öffentliche Konsultation der interessierten Kreise, insbesondere Dritten, die unmittelbar betroffen sind, durchführt. Mögliche Ko-Investoren oder Zugangsnachfrager können sich dazu äußern, ob die angebotenen Verpflichtungszusagen die Bedingungen gemäß — soweit anwendbar — den Artikeln 68, 76 oder 78 erfüllen, und Änderungen vorschlagen.

Was die im vorliegenden Artikel angebotenen Verpflichtungszusagen anbelangt, so achtet die nationale Regulierungsbehörde bei der Bewertung der Verpflichtungen gemäß Artikel 68 Absatz 4 insbesondere auf

a)
den Nachweis des fairen und angemessenen Charakters der angebotenen Verpflichtungszusagen,
b)
die Offenheit der Verpflichtungszusagen gegenüber allen Marktteilnehmern,
c)
die rechtzeitige Verfügbarkeit des Zugangs unter fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen, auch zu Netzen mit sehr hoher Kapazität, im Vorfeld der Einführung entsprechender Endnutzerdienste und
d)
die allgemeine Angemessenheit der angebotenen Verpflichtungszusagen, um einen nachhaltigen Wettbewerb auf nachgelagerten Märkten zu ermöglichen und den kooperativen Aufbau und die Nutzung von Netzen mit sehr hoher Kapazität im Interesse der Endnutzer zu erleichtern.

Unter Berücksichtigung aller in der Konsultation geäußerten Ansichten und des Umfangs, in dem diese Ansichten für verschiedene Interessenträger repräsentativ sind, teilt die nationale Regulierungsbehörde dem Unternehmen, das als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht eingestuft wurde, ihre vorläufigen Feststellungen hinsichtlich der Frage mit, ob die angebotenen Verpflichtungszusagen den in diesem Artikel und — soweit anwendbar — den Artikeln 68, 76 oder 78 festgelegten Zielen, Kriterien und Verfahren genügen und unter welchen Bedingungen sie in Erwägung ziehen kann, die Verpflichtungszusagen für bindend zu erklären. Das Unternehmen kann sein ursprüngliches Angebot ändern, um den vorläufigen Feststellungen der nationalen Regulierungsbehörde Rechnung zu tragen und die in diesem Artikel und — soweit anwendbar — den Artikeln 68, 76 oder 78 festgelegten Kriterien zu erfüllen.

(3) Unbeschadet des Artikels 76 Absatz 2 Unterabsatz 1 kann die nationale Regulierungsbehörde beschließen, die Verpflichtungszusagen ganz oder teilweise für bindend zu erklären.

Abweichend von Artikel 67 Absatz 5 kann die nationale Regulierungsbehörde einige oder alle Verpflichtungszusagen für einen bestimmten Zeitraum, der dem gesamten Zeitraum, in dem sie angeboten werden, entsprechen kann, für bindend erklären; im Falle von gemäß Artikel 76 Absatz 2 Unterabsatz 1 für bindend erklärten Verpflichtungszusagen für Ko-Investitionen erklärt sie diese für einen Zeitraum von mindestens sieben Jahren für bindend.

Vorbehaltlich des Artikels 76 lässt der vorliegende Artikel die Anwendung des Marktanalyseverfahrens gemäß Artikel 67 und die Auferlegung von Verpflichtungen gemäß Artikel 68 unberührt.

Wenn die nationale Regulierungsbehörde die Verpflichtungszusagen gemäß dem vorliegenden Artikel für bindend erklärt, prüft sie gemäß Artikel 68 die Auswirkungen dieser Entscheidung auf die Marktentwicklung und die Angemessenheit der Verpflichtung, die sie gemäß jenem Artikel oder den Artikeln 69 bis 74 auferlegt hat oder, wenn keine Verpflichtungszusagen abgegeben wurden, aufzuerlegen beabsichtigt hätte. Wenn die nationale Regulierungsbehörde den Entwurf der Maßnahme nach Artikel 68 gemäß Artikel 32 meldet, fügt sie dem gemeldeten Maßnahmenentwurf die Verpflichtungsentscheidung bei.

(4) Die nationale Regulierungsbehörde beobachtet, überwacht und gewährleistet die Einhaltung der von ihr gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels für bindend erklärten Verpflichtungszusagen in gleicher Weise, wie sie die Einhaltung der gemäß Artikel 68 auferlegten Verpflichtungen beobachtet, überwacht und gewährleistet, und zieht eine Verlängerung des Zeitraums in Betracht, für den sie für bindend erklärt wurden, nachdem die ursprüngliche Laufzeit endet. Gelangt die nationale Regulierungsbehörde zu dem Schluss, dass ein Unternehmen die Verpflichtungszusagen, die gemäß Absatz 3 des vorliegenden Artikels für bindend erklärt wurden, nicht eingehalten hat, so kann sie gegen dieses Unternehmen nach Artikel 29 Sanktionen verhängen. Unbeschadet des Verfahrens zur Gewährleistung der Einhaltung spezieller Verpflichtungen nach Artikel 30 kann die nationale Regulierungsbehörde die gemäß Artikel 68 Absatz 6 auferlegten Verpflichtungen einer Neubewertung unterziehen.

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