Präambel RL 2019/1160/EU

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 53 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Zu den gemeinsamen Zielen der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) und der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(4) gehört, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Organismen für gemeinsame Anlagen zu gewährleisten und Beschränkungen des freien Verkehrs für Anteile von Organismen für gemeinsame Anlagen in der Union zu beseitigen sowie gleichzeitig einen einheitlicheren Anlegerschutz sicherzustellen. Wenngleich diese Ziele weitgehend erreicht wurden, so beeinträchtigen doch nach wie vor gewisse Hindernisse die Möglichkeiten von Fondsverwaltern, die Vorteile des Binnenmarkts in vollem Umfang zu nutzen.
(2)
Die vorliegende Richtlinie wird durch die Verordnung (EU) 2019/1156 des Europäischen Parlaments und des Rates(5) ergänzt. Diese Verordnung enthält zusätzliche Vorschriften und Verfahren in Bezug auf Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (im Folgenden „OGAW” ) und Verwalter alternativer Investmentfonds (im Folgenden „AIFM” ). Zusammen sollten die genannte Verordnung und diese Richtlinie die Bedingungen für im Binnenmarkt tätige Fondsverwalter stärker koordinieren und den grenzüberschreitenden Vertrieb der von ihnen verwalteten Fonds erleichtern.
(3)
Es ist erforderlich, die Regelungslücke zu schließen und das Verfahren, anhand dessen Änderungen in Bezug auf die OGAW den zuständigen Behörden mitgeteilt werden müssen, an das in der Richtlinie 2011/61/EU festgelegte Anzeigeverfahren anzugleichen.
(4)
Die Verordnung (EU) 2019/1156 stärkt die in der Richtlinie 2009/65/EG festgelegten, für Marketing-Anzeigen geltenden Grundsätze weiter und dehnt den Anwendungsbereich dieser Grundsätze auf AIFM aus, was ein hohes Maß an Anlegerschutz – unabhängig von der Art des Anlegers – bewirkt. Die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie 2009/65/EG sind daher in Bezug auf Marketing-Anzeigen und die Zugänglichkeit zu den nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Modalitäten des Vertriebs von OGAW-Anteilen nicht mehr erforderlich und sollten gestrichen werden.
(5)
Die Bestimmungen der Richtlinie 2009/65/EG, denen zufolge OGAW Einrichtungen für die Anleger bereitstellen müssen, haben sich, wie sie in einigen Mitgliedstaaten umgesetzt wurden, als aufwendig erwiesen. Zudem werden die lokalen Einrichtungen von den Anlegern selten in der in der genannten Richtlinie vorgesehenen Art und Weise genutzt. Die bevorzugte Art des Kontakts hat sich hin zur direkten Interaktion zwischen den Anlegern und den Fondsverwaltern – entweder auf elektronischem oder auf telefonischem Wege – verlagert, wohingegen Zahlungen und die Rücknahme von Anteilen über andere Kanäle erfolgen. Die genannten lokalen Einrichtungen werden zwar derzeit für administrative Zwecke wie die grenzüberschreitende Einziehung behördlicher Gebühren genutzt, doch sollten solche Tätigkeiten anderweitig abgewickelt werden, unter anderem durch die Zusammenarbeit zuständiger Behörden. Folglich sollten Vorschriften festgelegt werden, mit denen die Anforderungen bezüglich der Bereitstellung von Einrichtungen für Kleinanleger modernisiert und präzisiert werden, und die Mitgliedstaaten sollten keine physische Präsenz vor Ort zur Bereitstellung derartiger Einrichtungen vorschreiben. In jedem Fall sollte durch diese Vorschriften sichergestellt werden, dass die Anleger Zugang zu den Informationen erhalten, auf die sie ein Recht haben.
(6)
Um eine einheitliche Behandlung von Kleinanlegern zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass die Anforderungen bezüglich der Einrichtungen auch für AIFM gelten, wenn die Mitgliedstaaten ihnen gestatten, in ihrem Hoheitsgebiet Anteile von alternativen Investmentfonds (im Folgenden: „AIF” ) an Kleinanleger zu vertreiben.
(7)
Das Fehlen eindeutiger und einheitlicher Voraussetzungen für die Einstellung des Vertriebs von Anteilen eines OGAW oder eines AIF in einem Aufnahmemitgliedstaat schafft wirtschaftliche und rechtliche Unsicherheit für Fondsverwalter. Daher sollten die Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU eindeutige Voraussetzungen festlegen, unter denen die für den Vertrieb getroffenen Vorkehrungen in Bezug auf einige oder alle der Anteile widerrufen werden können. Mit diesen Voraussetzungen sollten sowohl die Möglichkeit von Organismen für gemeinsame Anlagen bzw. ihrer Verwalter, die Vorkehrungen, die sie für den Vertrieb ihrer Anteile getroffenen haben, aufzuheben, wenn die festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind, als auch die Interessen der Anleger, die in solche Organismen investiert haben, ausgewogen berücksichtigt werden.
(8)
Die Möglichkeit, den Vertrieb eines OGAW oder eines AIF in einem bestimmten Mitgliedstaat einzustellen, sollte weder auf Kosten der Anleger gehen, noch sollten dadurch die Schutzvorkehrungen gemäß der Richtlinie 2009/65/EG oder der Richtlinie 2011/61/EU beeinträchtigt werden, insbesondere was das Recht der Anleger auf genaue Informationen zu den weiterlaufenden Aktivitäten dieser Fonds anbelangt.
(9)
Es kommt vor, dass sich ein AIFM, der herausfinden möchte, inwieweit die Anleger Interesse an einem bestimmten Anlagekonzept oder einer bestimmten Anlagestrategie haben, in verschiedenen nationalen Rechtssystemen mit einer unterschiedlichen Behandlung des Pre-Marketings konfrontiert sieht. Die Definition von Pre-Marketing und die Voraussetzungen, unter denen es erlaubt ist, sind in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen es erlaubt ist, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat sehr unterschiedlich. In anderen Mitgliedstaaten wiederum existiert der Begriff des Pre-Marketings überhaupt nicht. Um diese Abweichungen zu beseitigen, sollten eine harmonisierte Definition des Begriffs „Pre-Marketing” vorgesehen sowie die Voraussetzungen festgelegt werden, unter denen ein EU-AIFM Pre-Marketing betreiben kann.
(10)
Damit das Pre-Marketing im Rahmen der Richtlinie 2011/61/EU als solches anerkannt werden kann, sollte es an potenzielle professionelle Anleger gerichtet sein und sich auf ein Anlagekonzept oder eine Anlagestrategie beziehen, mit dem Ziel festzustellen, inwieweit dieses Interesse an einem AIF oder Teilfonds, der noch nicht registriert ist, oder der registriert ist, für den jedoch noch keine Vertriebsanzeige gemäß der genannten Richtlinie erfolgt ist, haben. Dementsprechend sollten Anleger während des Pre-Marketings keine Anteile eines AIF zeichnen können, und es sollte in diesem Stadium nicht erlaubt sein, Zeichnungsformulare oder ähnliche Dokumente als Entwurf oder in endgültiger Form an potenzielle professionelle Anleger auszugeben. Die EU-AIFM sollten sicherstellen, dass Anleger durch das Pre-Marketing keine Anteile eines AIF erwerben und dass Anleger, die im Rahmen des Pre-Marketings kontaktiert wurden, Anteile dieses AIF ausschließlich im Rahmen des gemäß der Richtlinie 2011/61/EU zugelassenen Vertriebs erwerben können.
(11)
Die EU-AIFM sollten sicherstellen, dass ihr Pre-Marketing angemessen dokumentiert wird.
(12)
Die EU-AIFM sollten durch die zur Einhaltung der Richtlinie 2011/61/EU und insbesondere der harmonisierten Vorschriften über das Pre-Marketing erforderlichen nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in keiner Weise gegenüber Nicht-EU-AIFM benachteiligt werden. Dies gilt sowohl für die derzeitige Situation, in der Nicht-EU-AIFM über keine Pass-Rechte verfügen, als auch für eine Situation, in der die in der Richtlinie 2011/61/EU enthaltenen Pass-Bestimmungen anwendbar werden.
(13)
Zur Gewährleistung der Rechtssicherheit müssen der Geltungsbeginn der nationalen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie und der Geltungsbeginn der Verordnung (EU) 2019/1156 in Bezug auf die einschlägigen Bestimmungen zu Marketing-Anzeigen und zum Pre-Marketing übereinstimmen.
(14)
Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung vom 28. September 2011 der Mitgliedstaaten und der Kommission zu erläuternden Dokumenten(6) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. Bei dieser Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 367 vom 10.10.2018, S. 50.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 16. April 2019 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 14. Juni 2019.

(3)

Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32).

(4)

Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 1).

(5)

Verordnung (EU) 2019/1156 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Vertriebs von Organismen für gemeinsame Anlagen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 345/2013, (EU) Nr. 346/2013 und (EU) Nr. 1286/2014 (siehe Seite 55 dieses Amtsblatts).

(6)

ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.

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