Artikel 31 RL 2019/1/EU

Akteneinsicht durch Parteien und Beschränkungen bei der Informationsverwendung

(1) Wenn eine nationale Wettbewerbsbehörde aufgrund von Maßnahmen im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe e, Artikel 8 oder Artikel 9 von einer natürlichen Person Informationen verlangt, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass diese Informationen nicht als Beweismittel für die Verhängung von Sanktionen gegen die betreffende natürliche Person oder enge Angehörige dieser Person verwendet werden dürfen.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Wettbewerbsbehörden, deren Bedienstete, Mitarbeiter und sonstige unter der Aufsicht dieser Behörden arbeitende Personen keine Informationen offenlegen, die auf der Grundlage der in dieser Richtlinie genannten Befugnisse erlangt wurden und unter das Berufsgeheimnis fallen, es sei denn, ihre Offenlegung ist nach dem nationalen Recht zulässig.

(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass zu Kronzeugenerklärungen oder Vergleichsausführungen nur Parteien, die Gegenstand des betreffenden Verfahrens sind, und nur für Zwecke der Ausübung ihrer Verteidigungsrechte Zugang gewährt wird.

(4) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Partei, die Einsicht in die Akten des Durchsetzungsverfahrens der nationalen Wettbewerbsbehörden erhalten hat, Informationen aus Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen nur verwenden darf, wenn dies erforderlich ist für die Ausübung ihrer Verteidigungsrechte in Verfahren vor nationalen Gerichten in Rechtssachen, die sich unmittelbar auf den Fall beziehen, in dem Akteneinsicht gewährt wurde, und diese Verfahren Folgendes betreffen:

a)
die Aufteilung einer den Kartellbeteiligten von einer nationalen Wettbewerbsbehörde gesamtschuldnerisch auferlegten Geldbuße auf die einzelnen Kartellbeteiligten oder
b)
die Überprüfung einer Entscheidung, mit der eine nationale Wettbewerbsbehörde eine Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 oder 102 AEUV oder Bestimmungen des nationalen Wettbewerbsrechts festgestellt hat.

(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass folgende Kategorien von Informationen, die von einer Partei im Laufe von Durchsetzungsverfahren vor einer nationalen Wettbewerbsbehörde erlangt wurden, von der betreffenden Partei nicht in Verfahren vor nationalen Gerichten verwendet werden, bevor die nationale Wettbewerbsbehörde ihr Durchsetzungsverfahren gegen alle von der Untersuchung betroffenen Parteien durch Erlass einer Entscheidung nach Artikel 10 oder Artikel 12 oder in anderer Weise beendet hat:

a)
Informationen, die von anderen natürlichen oder juristischen Person eigens für das Durchsetzungsverfahren der nationalen Wettbewerbsbehörde erstellt wurden,
b)
Informationen, die die nationale Wettbewerbsbehörde im Laufe ihres Durchsetzungsverfahrens erstellt und den Parteien übermittelt hat, und
c)
Vergleichsausführungen, die zurückgezogen wurden.

(6) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Kronzeugenerklärungen nur dann nach Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 zwischen nationalen Wettbewerbsbehörden ausgetauscht werden, wenn

a)
der Antragsteller dem zustimmt oder
b)
bei der nationalen Wettbewerbsbehörde, die die Kronzeugenerklärung erhalten soll, von demselben Antragsteller ebenfalls ein Antrag auf Kronzeugenbehandlung wie bei der nationalen Wettbewerbsbehörde, die die Kronzeugenerklärung übermitteln soll, eingegangen ist und dieser sich auf ein und dieselbe Zuwiderhandlung bezieht, sofern es dem Antragsteller zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kronzeugenerklärung weitergeleitet wird, nicht freisteht, die der nationalen Wettbewerbsbehörde, die die Kronzeugenerklärung erhalten hat, vorgelegten Informationen zurückzuziehen.

(7) Die Form, in der die Kronzeugenerklärungen nach Artikel 20 vorgelegt werden, berührt nicht die Anwendung der Absätze 3 bis 6 dieses Artikels.

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