Artikel 66a RL 2019/944/EU

Zugang zu erschwinglicher Energie während einer Strompreiskrise

(1) Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission mittels eines Durchführungsbeschlusses eine regionale oder unionsweite Strompreiskrise ausrufen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)
das Vorliegen sehr hoher Durchschnittspreise auf den Stromgroßhandelsmärkten, die mindestens zweieinhalbmal so hoch sind wie der Durchschnittspreis der letzten fünf Jahre und bei mindestens 180 EUR/MWh liegen und voraussichtlich mindestens sechs Monate andauern werden, bei der Berechnung des Durchschnittspreises der letzten fünf Jahre werden die Zeiträume, für die eine regionale oder unionsweite Strompreiskrise ausgerufen wurde, nicht berücksichtigt;
b)
starker Anstieg der Endkundenpreise für Strom in der Größenordnung von 70 %, der voraussichtlich mindestens drei Monate andauern wird.

(2) In dem Durchführungsbeschluss gemäß Absatz 1 ist seine Geltungsdauer festgelegt, die bis zu einem Jahr betragen kann. Dieser Zeitraum kann nach dem in Absatz 8 festgelegten Verfahren um aufeinanderfolgende Zeiträume von bis zu einem Jahr verlängert werden.

(3) Durch die Ausrufung einer regionalen oder unionsweiten Strompreiskrise gemäß Absatz 1 wird fairer Wettbewerb und fairer Handel in allen von dem Durchführungsbeschluss betroffenen Mitgliedstaaten sichergestellt, damit der Binnenmarkt nicht übermäßig verzerrt wird.

(4) Sind die Bedingungen gemäß Absatz 1 erfüllt, übermittelt die Kommission einen Vorschlag zur Ausrufung einer regionalen oder unionsweiten Strompreiskrise, der die vorgeschlagene Geltungsdauer des Durchführungsbeschlusses enthält.

(5) Der Rat kann einen nach den Absätzen 4 und 8 vorgelegten Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit abändern.

(6) Hat der Rat einen Durchführungsbeschluss gemäß Absatz 1 angenommen, so können die Mitgliedstaaten während der Geltungsdauer dieses Beschlusses befristete gezielte öffentliche Eingriffe in die Preisfestsetzung für die Stromversorgung kleiner und mittlerer Unternehmen vornehmen. Diese öffentlichen Eingriffe

a)
sind auf höchstens 70 % des Verbrauchs des Begünstigten im selben Zeitraum des Vorjahres begrenzt und müssen weiterhin einen Anreiz zur Nachfragereduzierung bieten,
b)
müssen die Bedingungen gemäß Artikel 5 Absätze 4 und 7 erfüllen,
c)
müssen, soweit relevant, die in Absatz 7 dieses Artikels festgelegten Bedingungen erfüllen,
d)
müssen so gestaltet sein, dass sie einer negativen Fragmentierung des Binnenmarktes weitestgehend entgegenwirken.

(7) Hat der Rat einen Durchführungsbeschluss gemäß Absatz 1 dieses Artikels angenommen, so können die Mitgliedstaaten während der Geltungsdauer dieses Beschlusses abweichend von Artikel 5 Absatz 7 Buchstabe c bei gezielten öffentlichen Eingriffen in die Preisfestsetzung für die Stromversorgung gemäß Artikel 5 Absatz 6 oder gemäß Absatz 6 des vorliegenden Artikels ausnahmsweise und vorübergehend einen unter den Kosten liegenden Strompreis festsetzen, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)
der für Haushalte festgesetzte Preis gilt nur für höchstens 80 % des Medianverbrauchs privater Haushalte und bietet weiterhin einen Anreiz zur Nachfragereduzierung;
b)
es wird nicht zwischen Versorgern diskriminiert;
c)
die Versorger erhalten auf transparente und nichtdiskriminierende Weise einen Ausgleich für die Lieferung von Strom unterhalb der Kosten;
d)
alle Versorger können auf derselben Grundlage die Lieferung von Strom zu einem Preis anbieten, der unter den Kosten liegt;
e)
die vorgeschlagenen Maßnahmen führen nicht zu einer Verzerrung des Elektrizitätsbinnenmarktes.

(8) Die Kommission bewertet rechtzeitig vor Ablauf der gemäß Absatz 2 festgelegten Geltungsdauer, ob die Bedingungen nach Absatz 1 weiterhin erfüllt sind. Gelangt die Kommission zu der Auffassung, dass die Bedingungen nach Absatz 1 weiterhin erfüllt sind, unterbreitet sie dem Rat einen Vorschlag zur Verlängerung der Geltungsdauer des nach Absatz 1 angenommenen Durchführungsbeschlusses. Beschließt der Rat, die Geltungsdauer zu verlängern, gelten während des Verlängerungszeitraums die Absätze 6 und 7.

Die Kommission bewertet kontinuierlich die Auswirkungen aller gemäß diesem Artikel erlassenen Maßnahmen und veröffentlicht regelmäßig die Ergebnisse ihrer Bewertung.

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