Präambel RL 2020/1151/EU

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 113,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Einige Bestimmungen der Richtlinie 92/83/EWG des Rates(3) sind veraltet und unklar und führen sowohl für die Steuerbehörden als auch für die Wirtschaftsbeteiligten zu unnötig aufwendigen Verwaltungsverfahren. Durch die Einhaltung dieser Verfahren entstehen den Wirtschaftsbeteiligten Kosten, die die Teilnahme kleiner und mittlerer Unternehmen am Handel mit Alkohol und alkoholischen Getränken im Binnenmarkt einschränken. Außerdem müssen Verweise auf Unionsrecht, das nicht mehr in Kraft ist, aktualisiert werden.
(2)
Um die einheitliche Anwendung der Bedingungen für die Festlegung der Verbrauchsteuer auf Bier zu gewährleisten, ist es erforderlich, die Bedingungen für die Messung von Grad Plato festzulegen. Insbesondere ist es im Hinblick auf die Messung der Grad Plato bei gesüßtem oder aromatisiertem Bier wichtig, zu präzisieren, dass die Zutaten von Bier, die nach der Gärung hinzugefügt werden, bei der Messung der Grad Plato ebenfalls zu berücksichtigen sind. Angesichts der praktischen Schwierigkeiten bei der Ermittlung und Messung des Trockenextrakts der Stammwürze des Enderzeugnisses ist diese Präzisierung notwendig und dadurch gerechtfertigt, dass ein harmonisierter Ansatz erforderlich ist, der die korrekte und einfache Anwendung dieser Vorschriften durch die betreffenden Steuerpflichtigen und die Steuerverwaltungen sowie die Wirksamkeit der Steueraufsicht in Bezug auf die Gefahren der Steuerflucht, der Steuerhinterziehung oder des Missbrauchs sicherstellen würde.
(3)
Um einen reibungslosen Übergang zu einer harmonisierten Methode für die Messung der Grad Plato von Bier sicherzustellen, sollte es zulässig sein, dass Mitgliedstaaten, die am 29. Juli 2020 nach der Gärung hinzugefügte Zutaten von Bier bei der Messung der Grad Plato nicht berücksichtigen, die derzeit angewandte Methode für einen Übergangszeitraum beibehalten.
(4)
Der Alkoholgehalt von Bier, auf das ermäßigte Steuersätze für Bier mit niedrigem Alkoholgehalt angewandt werden können, ist generell zu gering, als dass er einen konkreten Anreiz für Brauereien darstellen könnte, innovativ tätig zu werden und neue Erzeugnisse mit niedrigem Alkoholgehalt zu entwickeln. Um die Entwicklung von Bier mit niedrigem Alkoholgehalt zu fördern, sollte der Schwellenwert in Bezug auf die Steuersätze für Getränke mit niedrigem Alkoholgehalt erhöht werden.
(5)
Die Mitgliedstaaten können ermäßigte Steuersätze auf Bier und Ethylalkohol anwenden, die in geringen Mengen von kleinen unabhängigen Erzeugern hergestellt werden. Damit andere alkoholische Getränke nicht anders als Bier und Ethylalkohol behandelt werden, sollten die Mitgliedstaaten auch die Befugnis haben, ermäßigte Steuersätze auf andere alkoholische Getränke anzuwenden, die in geringen Mengen von kleinen unabhängigen Erzeugern hergestellt werden. Die Mitgliedstaaten sollten die Anwendung ermäßigter Steuersätze auf Zwischenerzeugnisse und andere gegorene Getränke begrenzen können, wobei sie verschiedene Kriterien, wie den Alkoholgehalt des Endprodukts oder die Menge und die Art der dafür verwendeten Rohstoffe, berücksichtigen.
(6)
Um die Anerkennung des Status als kleine unabhängige Erzeuger für die Zwecke der Anwendung der ermäßigten Verbrauchsteuersätze in allen Mitgliedstaaten zu erleichtern, sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse zur Erstellung der Form für eine einheitliche Bescheinigung übertragen werden, mit der der Jahresausstoß des kleinen unabhängigen Erzeugers und die Erfüllung der in der Richtlinie 92/83/EWG festgelegten Kriterien bestätigt werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) ausgeübt werden. Die Ausstellung von Bescheinigungen für kleine unabhängige Erzeuger durch den Mitgliedstaat, in dem die kleinen unabhängigen Erzeuger ansässig sind, ist zwar wünschenswert, doch sollte der Verwaltungsaufwand verringert werden, indem die Ausstellung von Bescheinigungen durch die kleinen unabhängigen Erzeuger selbst gestattet wird. Der Mitgliedstaat, in dem der kleine unabhängige Erzeuger ansässig ist, sollte verpflichtet sein, Bedingungen festzulegen, um die korrekte und einfache Anwendung dieser Bestimmungen sicherzustellen und um Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder Missbrauch zu vermeiden. Außer in hinreichend begründeten Ausnahmefällen, zum Beispiel bei Gefahr der Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder des Missbrauchs, sollten die Mitgliedstaaten ermäßigte Verbrauchsteuersätze auch auf der Grundlage von Bescheinigungen anwenden, die andere Mitgliedstaaten ausgestellt haben. Mitgliedstaaten, die für kleine Erzeuger höhere Schwellenwerte anwenden, sollten für Erzeuger aus anderen Mitgliedstaaten dieselben Schwellenwerte anwenden müssen.
(7)
Im Hinblick auf die besondere Lage des Weinsektors in der Republik Malta sollte es diesem Mitgliedstaat gestattet sein, in Verbindung mit den in der vorliegenden Richtlinie vorgesehenen Regelungen für ermäßigte Sätze auf kleine unabhängige Weinerzeuger einen höheren Schwellenwert anzuwenden.
(8)
Die Mitgliedstaaten sollten befugt sein, einen ermäßigten Steuersatz auf Ethylalkohol anzuwenden, der in Brennereien von Obstanbaubetrieben aus Obst (z. B. Äpfel, Birnen, Traubentrester und Beeren) hergestellt wird.
(9)
In der Richtlinie 92/83/EWG ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten Bier, Wein und andere gegorene Getränke, die in Heimproduktion und nicht zu kommerziellen Zwecken hergestellt werden, von der Verbrauchsteuer befreien dürfen. Für Ethylalkohol aus Obst (z. B. Äpfel, Birnen, Traubentrester und Beeren) für den privaten Verbrauch lässt die Richtlinie 92/83/EWG eine solche fakultative Steuerbefreiung jedoch nicht zu. Da einige Mitgliedstaaten eine lange Tradition solcher Erzeugnisse haben, sollte Mitgliedstaaten die Option geboten werden, ermäßigte Steuersätze oder Steuerbefreiungen für nicht zu kommerziellen Zwecken hergestellte regionale oder traditionelle Erzeugnisse aus Ethylalkohol anzuwenden. Daher sollte die Option bestehen, dass Mitgliedstaaten unter strengen Bedingungen eine begrenzte Menge an Obstbrand von der Verbrauchsteuer befreien oder ermäßigte Verbrauchsteuersätze darauf anwenden können, wenn dieser Obstbrand aus Obst (z. B. Äpfel, Birnen, Traubentrester und Beeren) hergestellt wurde, das einer Privatperson gehört und von dieser Privatperson auf einem Grundstück, für das sie zur Fruchtziehung berechtigt ist, angebaut wurde. Die Mitgliedstaaten, die solche ermäßigten Steuersätze oder Befreiungen anwenden, sollten verpflichtet sein, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um Steuerflucht, Steuerhinterziehung oder Missbrauch zu vermeiden. Zu diesen Maßnahmen sollten beispielsweise die Registrierung von Privatpersonen, die solche Getränke herstellen, die Registrierung von Brenngeräten, einschließlich ihrer Größe und ihres Standorts, die Meldung der Produktionsmenge und andere Kontrollmaßnahmen gehören, mit denen sichergestellt wird, dass die Bedingungen für die Anwendung der ermäßigten Steuersätze oder Befreiungen eingehalten werden. Diese Mitgliedstaaten sollten zudem über angemessene Vorschriften und Verfahren zur Gewährleistung der Kontrolle von Produktion und Verbrauch und der Vermeidung grenzüberschreitender Auswirkungen und des grenzüberschreitenden Verkaufs verfügen. Die Mitgliedstaaten sollten ferner Sanktionen für Verstöße gegen diese nationalen Vorschriften festlegen und gewährleisten, dass diese Sanktionen angewandt werden. Die Wahl der Sanktionen bleibt zwar den Mitgliedstaaten überlassen, doch sollten die vorgesehenen Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
(10)
Da ein Mitgliedstaat zusätzlich zu den ermäßigten Steuersätzen für Ethylalkohol, der von kleinen Brennereien von Obstanbaubetrieben hergestellt wird, keine weiteren ermäßigten Steuersätze oder Verbrauchsteuerbefreiungen für hausgemachte Getränke anwenden sollte und es in der Republik Bulgarien spezifische Traditionen und damit verbundene Regelungen für kleine Brennereien von Obstanbaubetrieben gibt, sollte für diesen Mitgliedstaat die verfügbare Option im Zusammenhang mit Obstbränden, die von kleinen Brennereien von Obstanbaubetrieben für die Haushalte der Obstanbaubetriebe destilliert werden, weiterhin anwendbar sein, sobald die Republik Bulgarien diese Option wahrgenommen hat, wobei damit alle weiteren Optionen für die Beantragung ermäßigter Steuersätze oder Befreiungen ausgeschlossen werden.
(11)
Die Verweise auf die Codes der Kombinierten Nomenklatur zur Beschreibung der alkoholischen Erzeugnisse sollten aktualisiert werden.
(12)
Die Mitgliedstaaten sollten unter bestimmten Voraussetzungen die von der Richtlinie 92/83/EWG erfassten Erzeugnisse von der harmonisierten Verbrauchsteuer befreien dürfen, wenn diese Erzeugnisse bei der Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln verwendet werden.
(13)
Die Richtlinie 92/83/EWG sollte in Bezug auf die Anwendung ermäßigter Sätze auf bestimmte Erzeugnisse, die in der Hellenischen Republik in herkömmlichen, ganz aus Kupfer bestehenden Destillierapparaten und in einfachen herkömmlichen Destillierapparaten destilliert werden, aktualisiert werden.
(14)
Um den Befolgungsaufwand für die Wirtschaftsbeteiligten zu verringern und die Rechtssicherheit zu erhöhen, sollten die Bedingungen für die Anwendung der Befreiungen für alle Arten von denaturiertem Alkohol überarbeitet werden.
(15)
Um die einheitliche Anwendung der Befreiung für vollständig denaturierten Alkohol zu gewährleisten, ist eine weitere Präzisierung der Bedingungen für die gegenseitige Anerkennung von vollständig denaturiertem Alkohol erforderlich. Die Mitgliedstaaten sollten vollständig denaturierten Alkohol, der in einem anderen Mitgliedstaat nach der von diesem anderen Mitgliedstaat genehmigten Methode vollständig denaturiert worden ist, von der Verbrauchsteuer befreien. Um die Rechtssicherheit zu erhöhen, ist außerdem eine Präzisierung der Verfahren für die Meldung von Änderungen der Denaturierungsvorschriften für vollständig denaturierten Alkohol erforderlich.
(16)
Zur Festlegung der Verfahren für die Bewertung der Vorschriften der Mitgliedstaaten für die vollständige Denaturierung von Alkohol sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse zur Genehmigung oder Ablehnung der von den Mitgliedstaaten gemeldeten Vorschriften für die vollständige Denaturierung von Alkohol übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 ausgeübt werden.
(17)
Um die einheitliche Anwendung der Befreiung für teilweise denaturierten Alkohol zu gewährleisten, ist eine Präzisierung der Bedingungen für die gegenseitige Anerkennung von teilweise denaturiertem Alkohol erforderlich; zudem ist es erforderlich, festzulegen, dass Instandhaltung und Reinigung der Produktionsanlagen Teil des Herstellungsprozesses sind und dass der für den jeweiligen Herstellungsprozess verwendete teilweise denaturierte Alkohol daher unter diese Befreiung fällt. Um der missbräuchlichen Inanspruchnahme dieser Befreiung entgegenzuwirken, ist es notwendig, weitere Bedingungen für ihre Anwendung festzulegen.
(18)
Die für das Vereinigte Königreich in Bezug auf zwei bestimmte alkoholische Getränke festgelegten Befreiungen spiegelten Regelungen wider, die in den nationalen Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs enthalten waren. Da diese innerstaatlichen Befreiungen von der harmonisierten Verbrauchsteuer im Vereinigten Königreich aufgehoben wurden, sind sie nicht länger relevant und sollten auf Unionsebene abgeschafft werden.
(19)
Da die Ziele dieser Richtlinie, nämlich die Verringerung des Befolgungsaufwands für die Wirtschaftsbeteiligten und des Verwaltungsaufwands für die Steuerbehörden, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern wegen der Wirkungen der Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(20)
Die Richtlinie 92/83/EWG sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

Stellungnahme vom 24. Oktober 2018 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)

ABl. C 62 vom 15.2.2019, S. 108.

(3)

Richtlinie 92/83/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und alkoholische Getränke (ABl. L 316 vom 31.10.1992, S. 21).

(4)

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

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