Artikel 21 RL 2021/1883/EU

Langfristige Mobilität

(1) Nach zwölf Monaten rechtmäßigem Aufenthalt im ersten Mitgliedstaat als Inhaber einer Blauen Karte EU ist der betreffende Drittstaatsangehörige berechtigt, mit der Blauen Karte EU und einem gültigen Reisedokument gemäß den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen zum Zweck der Ausübung einer hoch qualifizierten Beschäftigung in einen zweiten Mitgliedstaat einzureisen, sich dort aufzuhalten und zu arbeiten.

(2) Wenn der Inhaber einer Blauen Karte EU, die von einem Mitgliedstaat ausgestellt wurde, der den Schengen-Besitzstand nicht uneingeschränkt anwendet, zum Zweck der langfristigen Mobilität eine Binnengrenze zu einem zweiten Mitgliedstaat überschreitet, an der die Grenzkontrollen noch nicht aufgehoben wurden, kann der zweite Mitgliedstaat, der den Schengen-Besitzstand uneingeschränkt anwendet, vom Inhaber der Blauen Karte EU die Vorlage der gültigen, vom ersten Mitgliedstaat ausgestellten Blauen Karte EU und eines Arbeitsvertrags oder eines verbindlichen Arbeitsplatzangebots für eine hoch qualifizierte Beschäftigung für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten in diesem zweiten Mitgliedstaat verlangen

(3) So bald wie möglich, spätestens jedoch einen Monat nach Einreise des Inhabers der Blauen Karte EU in das Hoheitsgebiet des zweiten Mitgliedstaats, ist bei den zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats eine Blaue Karte EU zu beantragen. Diesem Antrag sind sämtliche Unterlagen beizufügen, die belegen, dass die in Absatz 4 genannten Bedingungen für den zweiten Mitgliedstaat erfüllt sind. Die Mitgliedstaaten legen fest, ob Anträge vom Drittstaatsangehörigen oder vom Arbeitgeber zu stellen sind. Alternativ dazu können die Mitgliedstaaten zulassen, dass Anträge von dem einen oder dem anderen gestellt werden.

Dem Inhaber der Blauen Karte EU wird spätestens 30 Tage nach dem Tag der Einreichung des vollständigen Antrags gestattet, im zweiten Mitgliedstaat eine Arbeit aufzunehmen.

Der Antrag kann an die zuständigen Behörden des zweiten Mitgliedstaats gerichtet werden, während sich der Inhaber der Blauen Karte EU noch im Hoheitsgebiet des ersten Mitgliedstaats aufhält.

(4) Für die Zwecke der Antragstellung gemäß Absatz 3 legt der Antragsteller Folgendes vor:

a)
die gültige vom ersten Mitgliedstaat ausgestellte Blaue Karte EU,
b)
einen gültigen Arbeitsvertrag oder, nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts, ein verbindliches Arbeitsplatzangebot für eine hoch qualifizierte Beschäftigung für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten im zweiten Mitgliedstaat,
c)
im Falle reglementierter Berufe die Nachweise dafür, dass die nach innerstaatlichem Recht für Unionsbürger geltenden Voraussetzungen für die Ausübung des reglementierten Berufs, der Gegenstand des Arbeitsvertrags oder des verbindlichen Arbeitsplatzangebots ist, erfüllt sind,
d)
ein nach einzelstaatlichem Recht gültiges Reisedokument und
e)
einen Nachweis für die Erreichung der vom zweiten Mitgliedstaat gemäß Artikel 5 Absatz 3 oder gegebenenfalls Artikel 5 Absätze 4 oder 5 festgelegten Gehaltsschwelle.

Im Falle des Unterabsatzes 1 Buchstabe c genießt der Inhaber einer Blauen Karte EU zum Zweck der Beantragung einer Blauen Karte EU in dem zweiten Mitgliedstaat gemäß dem geltenden Unionsrecht und innerstaatlichen Recht bei der Anerkennung beruflicher Qualifikationen die gleiche Behandlung wie Unionsbürger.

Im Falle nicht reglementierter Berufe kann, wenn der erste Mitgliedstaat eine Blaue Karte EU aufgrund höherer beruflicher Fähigkeiten für einen in Anhang I nicht aufgeführten Beruf ausgestellt hat, vom Antragsteller die Vorlage der Nachweise über die höheren beruflichen Qualifikationen für die auszuübende Beschäftigung nach Recht des zweiten Mitgliedstaats verlangt werden.

(5) Der betreffende Mitgliedstaat kann vom Antragsteller für die Zwecke der Antragstellung gemäß Absatz 3 Folgendes verlangen:

a)
im Falle nicht reglementierter Berufe, wenn der Inhaber einer Blauen Karte EU im ersten Mitgliedstaat weniger als zwei Jahre gearbeitet hat, die Vorlage der Nachweise über die höheren beruflichen Qualifikationen für die auszuübende Beschäftigung nach innerstaatlichem Recht,
b)
einen Nachweis, dass er für die Zeiten, in denen er keinen Versicherungsschutz oder keinen Anspruch auf die mit einem Arbeitsvertrag einhergehenden Leistungen hat, eine Krankenversicherung abgeschlossen oder, sofern nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen, beantragt hat, die sich auf alle Risiken erstreckt, die normalerweise in dem betreffenden Mitgliedstaat für die eigenen Staatsangehörigen abgedeckt sind.

(6) Der zweite Mitgliedstaat lehnt einen Antrag auf eine Blaue Karte EU ab, wenn

a)
Absatz 4 nicht eingehalten wird,
b)
die vorgelegten Dokumente in betrügerischer Weise erworben oder gefälscht oder manipuliert wurden,
c)
die betreffende Beschäftigung nicht den Bedingungen nach geltendem Recht, in Tarifverträgen oder nach Gepflogenheiten gemäß Artikel 5 Absatz 2 entspricht oder
d)
der Inhaber der Blauen Karte EU eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit darstellt.

(7) Bei Antragsverfahren für Zwecke der langfristigen Mobilität gelten die Verfahrensgarantien des Artikels 11 Absätze 2 und 3 entsprechend. Unbeschadet des Absatzes 4 des vorliegenden Artikels werden bei jeder Entscheidung, einen Antrag auf langfristige Mobilität abzulehnen, die konkreten Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten.

(8) Der zweite Mitgliedstaat kann einen Antrag auf Erteilung einer Blauen Karte EU aufgrund einer Prüfung nach Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a nur ablehnen, wenn er derartige Prüfungen durchführt, wenn er selbst der erste Mitgliedstaat ist.

(9) Der zweite Mitgliedstaat trifft eine der beiden folgenden Entscheidungen über einen Antrag auf Erteilung einer Blauen Karte EU,

a)
wenn die Bedingungen des vorliegenden Artikels für die Mobilität erfüllt sind, eine Blaue Karte EU auszustellen und dem Drittstaatsangehörigen zu gestatten, sich zur Ausübung einer hoch qualifizierten Beschäftigung in seinem Hoheitsgebiet aufzuhalten, oder
b)
wenn die Bedingungen des vorliegenden Artikels für die Mobilität nicht erfüllt sind, den Antrag abzulehnen und den Antragsteller und seinen Familienangehörigen gemäß den Verfahren des innerstaatlichen Rechts zu verpflichten, sein Hoheitsgebiet zu verlassen.

Abweichend von Artikel 11 Absatz 1 teilt der zweite Mitgliedstaat seine Entscheidung dem Antragsteller und dem ersten Mitgliedstaat möglichst bald, spätestens jedoch 30 Tage nach dem Tag der Einreichung des vollständigen Antrags schriftlich mit.

In ordnungsgemäß begründeten, mit der Komplexität des Antrags zusammenhängenden Ausnahmefällen kann ein Mitgliedstaat die in Unterabsatz 2 genannte Frist um 30 Tage verlängern. Er setzt den Antragsteller spätestens 30 Tage nach dem Tag der Einreichung des vollständigen Antrags von der Verlängerung in Kenntnis.

In seiner Mitteilung an den ersten Mitgliedstaat präzisiert der zweite Mitgliedstaat alle in Absatz 6 Buchstaben b und d genannten Gründe aus denen der Antrag abgelehnt wurde.

(10) Wenn die vom ersten Mitgliedstaat ausgestellte Blaue Karte EU während des Antragsverfahrensabläuft, kann der zweite Mitgliedstaat einen nationalen befristeten Aufenthaltstitel oder eine gleichwertige Genehmigung ausstellen, die es dem Antragsteller erlaubt, sich so lange weiter rechtmäßig in seinem Hoheitsgebiet aufzuhalten, bis die zuständigen Behörden den Antrag beschieden haben.

(11) Machen ein Inhaber einer Blauen Karte EU und gegebenenfalls seine Familienangehörigen zum zweiten Mal von der Möglichkeit Gebrauch, nach Maßgabe des vorliegenden Artikels und des Artikels 22 in einen anderen Mitgliedstaat zu ziehen, so gilt ab diesem Zeitpunkt der Mitgliedstaat, den die betroffene Person verlassen möchte, als der „erste Mitgliedstaat” und der Mitgliedstaat, für den sie einen Aufenthaltstitel beantragt, als der „zweite Mitgliedstaat” . Unbeschadet des Absatzes 1 des vorliegenden Artikels kann ein Inhaber einer Blauen Karte EU nach sechs Monaten rechtmäßigen Aufenthalts im ersten Mitgliedstaat als Inhaber einer Blauen Karte EU ein zweites Mal in einen anderen Mitgliedstaat umziehen.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.