Präambel RL 2021/2118/EU

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (Kfz-Haftpflichtversicherung) ist für die europäischen Bürger — sowohl für die Versicherungsnehmer als auch für etwaige durch Verkehrsunfälle Geschädigte — von besonderer Bedeutung. Sie ist auch für die Versicherungsunternehmen von erheblichem Interesse, da ein wichtiges Segment des Schadenversicherungsmarkts in der Union auf die Kfz-Haftpflichtversicherung entfällt. Die Kfz-Haftpflichtversicherung wirkt sich auch erheblich auf den freien Personen-, Waren- und Kraftfahrzeugverkehr und somit auch auf den Binnenmarkt aus. Die Stärkung und Konsolidierung des Binnenmarktes für Kfz-Haftpflichtversicherungen sollte daher ein Hauptziel der Unionsmaßnahmen im Finanzdienstleistungsbereich sein.
(2)
2017 hat die Kommission die Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates(3) einer Bewertung unterzogen und dabei u. a. deren Wirksamkeit und die Kohärenz mit anderen Politikbereichen der Union geprüft. Die Bewertung ergab, dass die Richtlinie 2009/103/EG insgesamt gut funktioniert und in den meisten Aspekten nicht geändert werden muss. Es wurden jedoch vier Bereiche ermittelt, in denen gezielte Änderungen angebracht wären: Das das betrifft die Entschädigung von Unfallgeschädigten bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens, die obligatorischen Mindestdeckungssummen, Versicherungskontrollen von Fahrzeugen durch die Mitgliedstaaten und die Verwendung der Bescheinigungen des Schadenverlaufs des Versicherungsnehmers durch ein neues Versicherungsunternehmen. Neben diesen vier Bereichen wurden auch versandte Fahrzeuge, Unfälle mit Anhängern, die von einem Fahrzeug gezogen werden, unabhängige Instrumente für den Vergleich der Preise von Kfz-Haftpflichtversicherungen, Auskunftsstellen und Informationen für Geschädigte als Bereiche ermittelt, in denen gezielte Änderungen angebracht wären. Außerdem sollte die Richtlinie 2009/103/EG präzisiert werden, indem der Begriff „Opfer” , der in jener Richtlinie als Synonym für „Geschädigter” verwendet wird, im Wege geeigneter Änderungen durch den Begriff „Geschädigter” ersetzt wird. Diese Änderungen zielen ausschließlich darauf ab, die in der Richtlinie verwendete Terminologie zu harmonisieren, und stellen keine inhaltliche Änderung dar.
(3)
Seit dem Inkrafttreten der Richtlinie 2009/103/EG sind viele neue Arten von Kraftfahrzeugen auf den Markt gekommen. Einige von ihnen werden durch einen rein elektrischen Motor, einige durch Nebenausrüstung angetrieben. Solche Fahrzeuge sollten bei der Begriffsbestimmung des Begriffs „Fahrzeug” berücksichtigt werden. Diese Begriffsbestimmung sollte sich auf die allgemeinen Merkmale dieser Fahrzeuge, insbesondere ihre bauartbedingten Höchstgeschwindigkeiten und Nettogewichte, stützen und vorsehen, dass nur Fahrzeuge erfasst werden, die ausschließlich maschinell angetrieben werden. Die Begriffsbestimmung sollte unabhängig von der Anzahl der Räder des Fahrzeugs gelten. Rollstühle, die für den Gebrauch durch Menschen mit körperlichen Behinderungen bestimmt sind, sollten nicht unter die Begriffsbestimmung fallen.
(4)
Leichte Elektrofahrzeuge, die nicht unter die Bestimmung des Begriffs „Fahrzeug” fallen, sollten vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/103/EG ausgenommen werden. Die Mitgliedstaaten sollten jedoch durch die Richtlinie nicht daran gehindert werden, nach ihrem nationalen Recht unter von ihnen festzulegenden Bedingungen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen für alle an Land verwendeten motorisierten Geräte vorzuschreiben, die nicht unter die Begriffsbestimmung der Richtlinie für „Fahrzeug” fallen und für die diese Richtlinie folglich keine solche Versicherung vorschreibt. Die Mitgliedstaaten sollten durch die Richtlinie auch nicht daran gehindert werden, in ihren nationalen Rechtsvorschriften vorzusehen, dass Unfallgeschädigte, die durch ein anderes motorisiertes Gerät verursacht wurden, Zugang zur Entschädigungsstelle des Mitgliedstaats gemäß Kapitel 4 erhalten. Die Mitgliedstaaten sollten auch beschließen können, dass in Fällen, in denen in ihrem Hoheitsgebiet ansässige Personen bei einem Unfall geschädigt werden, der durch eins solches anderes motorisiertes Gerät in einem anderen Mitgliedstaat verursacht wurde, in dem keine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für dieses motorisierten Geräte erforderlich ist, diese Personen Zugang zu der Entschädigungsstelle gemäß Kapitel 4 in dem Mitgliedstaat haben, in dem sie ihren Wohnsitz haben. Die Entschädigungsstellen der Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, eine einvernehmliche Vereinbarung darüber zu treffen, wie sie in einer solchen Situation zusammenarbeiten.
(5)
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in jüngeren Entscheidungen, insbesondere in den Rechtssachen Vnuk(4), Rodrigues de Andrade(5) und Torreiro(6), die Bedeutung des Begriffs „Verwendung eines Fahrzeugs” klargestellt. Der Gerichtshof hat dabei insbesondere klargestellt, dass Kraftfahrzeuge, unabhängig von den Merkmalen des Fahrzeugs, in der Regel zum Einsatz als Beförderungsmittel bestimmt sind und dass die Verwendung eines solchen Fahrzeugs jede Verwendung umfasst, die seiner normalen Funktion als Beförderungsmittel entspricht, unabhängig davon, auf welchem Gelände das Kraftfahrzeug verwendet wird und ob es sich in Bewegung befindet oder nicht. Die Richtlinie 2009/103/EG findet keine Anwendung, wenn die normale Funktion eines solchen Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Unfalls in einer anderen Verwendung als der als Beförderungsmittel besteht. Das könnte der Fall sein, wenn das Fahrzeug nicht im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 dieser Richtlinie verwendet wird, da seine normale Funktion beispielsweise in der Verwendung als industrielle oder landwirtschaftliche Energiequelle besteht. Im Interesse der Rechtssicherheit sollte die Rechtsprechung in der Richtlinie 2009/103/EG durch Aufnahme einer Definition des Begriffs „Verwendung eines Fahrzeugs” ihren Niederschlag finden.
(6)
Einige Kraftfahrzeuge sind eher klein, weshalb die Gefahr, dass sie erhebliche Personen- und Sachschäden verursachen, geringer ist. Es wäre unverhältnismäßig und nicht zukunftsorientiert, sie in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2009/103/EG aufzunehmen. Ihre Aufnahme stünde auch der Einführung neuerer Fahrzeuge wie Elektrofahrrädern, die nicht ausschließlich mit mechanischer Leistung angetrieben werden, im Wege und würde Innovationen hemmen. Außerdem liegen keine ausreichenden Nachweise dafür vor, dass diese kleinen Fahrzeuge in gleichem Umfang Unfälle mit Geschädigten verursachen könnten wie andere Fahrzeuge wie Pkw oder Lastkraftwagen. Gemäß den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit sollten die Anforderungen auf Unionsebene daher nur für Fahrzeuge gelten, die in der Richtlinie 2009/103/EG als solche definiert sind.
(7)
Grundsätzlich sollte eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung Unfälle in allen Gebieten der Mitgliedstaaten abdecken. In einigen Mitgliedstaaten gelten jedoch Vorschriften für Fahrzeuge, die ausschließlich in bestimmten Gebieten mit begrenztem Zugang eingesetzt werden. Diese Mitgliedstaaten sollten begrenzte Ausnahmen von Artikel 3 der Richtlinie 2009/103/EG für Gebiete mit Zugangsbeschränkung, die Unbefugten nicht zugänglich sind, wie z. B. standortspezifische Gebiete und Bereiche mit Ausrüstung in Häfen und Flughäfen, festlegen können. Ein Mitgliedstaat, der solche Ausnahmen beschließt, sollte auch geeignete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass für Personen- oder Sachschäden, die durch ein solches Fahrzeug verursacht werden, eine Entschädigung geleistet wird.
(8)
Ein Mitgliedstaat sollte auch die Möglichkeit haben, eine obligatorische Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für solche Fahrzeuge nicht vorzuschreiben, die nicht gemäß seinem nationalen Recht zur Verwendung auf öffentlichen Straßen zugelassen wurden. Dieser Mitgliedstaat sollte jedoch geeignete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass für durch solche Fahrzeuge verursachte Personen- oder Sachschäden eine Entschädigung gezahlt wird, es sei denn, der Mitgliedstaat beschließt auch, von Artikel 10 der Richtlinie 2009/103/EG in Bezug auf die Entschädigung für Schäden abzuweichen, die durch solche Fahrzeuge in Gebieten verursacht wurden, die aufgrund einer rechtlichen oder physischen Beschränkung des Zugangs zu diesen Gebieten gemäß den nationalen Rechtsvorschriften für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Eine solche Abweichung von Artikel 10 sollte für Fahrzeuge gelten, für die ein Mitgliedstaat beschlossen hat, von der Versicherungspflicht abzuweichen, weil diese Fahrzeuge gemäß seinem nationalen Recht nicht für die Verwendung auf öffentlichen Straßen zugelassen sind, selbst wenn für die Versicherungspflicht für diese Fahrzeuge auch eine andere Ausnahmeregelung gemäß Artikel 5 der Richtlinie 2009/103/EG Anwendung finden könnte.
(9)
In einigen Mitgliedstaaten gibt es Bestimmungen über die Verwendung von Fahrzeugen als Mittel zur vorsätzlichen Verursachung von Personen- oder Sachschäden. Soweit einschlägig, sollte es den Mitgliedstaaten bei den schwersten Straftaten gestattet sein, ihre Rechtspraxis fortzusetzen, solche Schäden von der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung auszuschließen oder den Betrag der Versicherungsentschädigung, der den Geschädigten gezahlt wird, von den Personen, die für diesen Schaden verantwortlich sind, zurückzufordern. Damit der durch die Richtlinie 2009/103/EG gewährte Schutz nicht verringert wird, sollte eine solche Rechtspraxis jedoch nur zulässig sein, wenn ein Mitgliedstaat sicherstellt, dass die Geschädigten in solchen Fällen für diesen Schaden in einer Weise entschädigt werden, die der Entschädigung, die sie gemäß der Richtlinie 2009/103/EG erhalten würden, möglichst nahekommt. Sofern der Mitgliedstaat keine alternativen Entschädigungsmechanismen oder -garantien vorgesehen hat, durch die sichergestellt wird, dass die Geschädigten für einen solchen Schaden in einer Art und Weise entschädigt werden, die der Entschädigung, die sie gemäß der Richtlinie 2009/103/EG erhalten würden, möglichst nahekommt, sollte ein solcher Schaden gemäß der genannten Richtlinie abgedeckt werden.
(10)
Die Mitgliedstaaten sollten die Richtlinie 2009/103/EG nicht auf die Verwendung von Fahrzeugen bei Motorsportveranstaltungen und -aktivitäten, einschließlich Rennen und Wettbewerben, sowie bei Trainings, Tests und Demonstrationen, einschließlich solcher für Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit oder Geschicklichkeit, anwenden, die nach ihrem nationalen Recht zulässig sind. Solche ausgenommenen Aktivitäten sollten in einem abgegrenzten Gebiet mit Zugangsbeschränkungen so durchgeführt werden, dass sichergestellt ist, dass der normale Verkehr, die Öffentlichkeit und alle mit der Aktivität nicht verbundenen Parteien die befahrene Strecke nicht tatsächlich oder potenziell gleichzeitig nutzen können. Zu diesen Aktivitäten gehören in der Regel solche, die auf ausgewiesenen Motorsportstrecken oder -routen und in deren unmittelbarer Umgebung, wie in Sicherheitsbereichen, Bereichen für Boxenstopps und Werkstätten, stattfinden, in denen die Unfallgefahr im Vergleich zu normalen Straßen viel höher ist und die von Unbefugten nicht betreten werden sollten.
(11)
Eine solche Ausnahme für Motorsportveranstaltungen und -aktivitäten sollte nur gelten, wenn der Mitgliedstaat sicherstellt, dass der Organisator der Veranstaltung oder Aktivität oder eine andere Partei eine alternative Versicherung oder Garantie abgeschlossen hat, die den Schaden für Dritte, einschließlich Zuschauern und anderen Umstehenden, aber nicht notwendigerweise den Schaden für die teilnehmenden Fahrer und ihre Fahrzeuge abdeckt. Sofern die Organisatoren oder andere Parteien als Bedingung für diese Ausnahme keine alternative Versicherung oder Garantie abgeschlossen haben, sollte der Schaden — gegebenenfalls mit Ausnahme von Schäden an den teilnehmenden Fahrern und ihren Fahrzeugen — gemäß der Richtlinie 2009/103/EG abgedeckt werden.
(12)
Um den durch die Richtlinie 2009/103/EG gewährten Schutz nicht zu verringern, sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass bei den Motorsportveranstaltungen und -aktivitäten, die gemäß ihren nationalen Rechtsvorschriften zulässig sind und für diese Ausnahme infrage kommen, die Geschädigten in einer Weise entschädigt werden, die der Entschädigung, die sie gemäß der Richtlinie 2009/103/EG erhalten würden, möglichst nahekommt.
(13)
Während sie hergestellt und befördert werden, haben Fahrzeuge keine Beförderungsfunktionen und gelten nicht als verwendet im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG. Es sollte jedoch eine Betriebshaftpflichtversicherung zur Deckung der Schäden, die diese Fahrzeuge verursachen könnten, geben, soweit ein Mitgliedstaat beschließt, dass die Pflicht zum Abschluss einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für solche Fahrzeuge gemäß Artikel 28 Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG keine Anwendung findet.
(14)
Derzeit ist in den nationalen Rechtsvorschriften vieler Mitgliedstaaten die Versicherungspflicht mit der Verwendung eines Fahrzeugs im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG verknüpft. In diesen Mitgliedstaaten ist die Verwendung eines Fahrzeugs nur zulässig, wenn das Fahrzeug zugelassen ist. Die Rechtsvorschriften dieser Mitgliedstaaten sehen vor, dass das Fahrzeug während seiner aktiven Zulassung und Verwendung im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2009/103/EG durch eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung abgedeckt sein muss. Dementsprechend schreiben diese Mitgliedstaaten keine Versicherung für Fahrzeuge vor, die dauerhaft oder vorübergehend nicht zugelassen sind, etwa weil sie sich in einem Museum befinden, weil sie restauriert werden oder weil sie aus einem anderen Grund, wie etwa einer saisonalen Verwendung, über einen längeren Zeitraum nicht verwendet werden. Diese Mitgliedstaaten müssen geeignete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass für alle Personen- oder Sachschäden, die in ihrem Hoheitsgebiet und im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten durch Fahrzeuge im Sinne der Richtlinie 2009/103/EG verursacht werden, die im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 jener Richtlinie verwendet werden, eine Entschädigung gemäß der in jener Richtlinie vorgesehenen Entschädigung geleistet wird.
(15)
Derzeit entscheiden sich einige Mitgliedstaaten, in denen die Haftpflichtversicherungspflicht bei der Verwendung eines Kraftfahrzeugs nicht an die Zulassung des Fahrzeugs geknüpft ist, dafür, keine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für Fahrzeuge vorzuschreiben, die nach ihrem nationalen Recht offiziell aus dem Verkehr gezogen wurden. Beispiele für ein solches offizielles Aus-dem-Verkehr-Ziehen sind die Übermittlung einer Meldung an die zuständige Behörde oder andere benannte Stellen, die die Aufgaben der zuständigen Behörde wahrnehmen, oder das Ergreifen anderer überprüfbarer physischer Maßnahmen. Diese Mitgliedstaaten müssen geeignete Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass für alle Schäden, die in ihrem Hoheitsgebiet und im Hoheitsgebiet anderer Mitgliedstaaten durch solche Fahrzeuge verursacht werden, eine Entschädigung gemäß der in der Richtlinie 2009/103/EG vorgesehenen Entschädigung geleistet wird.
(16)
Derzeit verzichten die Mitgliedstaaten bei Fahrzeugen, die ihren gewöhnlichen Standort im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats haben, und bei Fahrzeugen, die ihren gewöhnlichen Standort im Gebiet eines Drittlandes haben und aus dem Gebiet eines anderen Mitgliedstaats in ihr Gebiet einreisen, auf eine Versicherungskontrolle. Neue technische Entwicklungen wie die Technologie zur automatischen Nummernschilderkennung ermöglichen Versicherungskontrollen von Fahrzeugen, ohne diese anzuhalten und somit ohne Beeinträchtigung des freien Personenverkehrs. Daher ist es angemessen, solche Kontrollen der Kraftfahrzeugversicherung zuzulassen, sofern sie nichtdiskriminierend, notwendig und verhältnismäßig sind, im Rahmen eines allgemeinen Kontrollsystems im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats durchgeführt werden, die auch bei Fahrzeugen mit Standort im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, der die Kontrollen durchführt, vorgenommen wird, und kein Anhalten des Fahrzeugs erfordern.
(17)
Mitgliedstaaten, die sich für die Einführung eines Systems entscheiden, bei dem personenbezogene Daten verarbeitet werden, die anschließend mit anderen Mitgliedstaaten ausgetauscht werden können, z. B. bei der Nummernschilderkennung gewonnene Daten, müssen in ihrem Recht die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Bekämpfung des Fahrens ohne Versicherungsschutz zulassen, gleichzeitig aber geeignete Maßnahmen zum Schutz der Rechte und Freiheiten sowie der berechtigten Interessen der betroffenen Personen treffen. Für die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Bekämpfung des Fahrens ohne Versicherungsschutz gelten die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates(7). Die Mitgliedstaaten sollten in ihren Rechtsvorschriften insbesondere den genauen Zweck nennen, auf die einschlägige Rechtsgrundlage verweisen, die einschlägigen Sicherheitsanforderungen einhalten, die Grundsätze der Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und Zweckbegrenzung befolgen und eine verhältnismäßige Speicherfrist für die Daten festlegen. Darüber hinaus sollten in allen Datenverarbeitungssystemen, die im Rahmen der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten entwickelt und verwendet werden, der Grundsatz des Schutzes personenbezogener Daten in der technischen Auslegung und der Grundsatz des Schutzes personenbezogener Daten durch datenschutzfreundliche Voreinstellungen gewährleistet sein.
(18)
Nach diesen Grundsätzen sollten die Mitgliedstaaten die personenbezogenen Daten, die ausschließlich zum Zweck der Überprüfung des Versicherungsschutzes verarbeitet wurden, nicht länger speichern, als es für die Überprüfung, ob für ein Fahrzeug ein gültiger Versicherungsschutz vorliegt, erforderlich ist. Wird festgestellt, dass ein Fahrzeug versichert ist, sollten alle mit dieser Überprüfung verbundenen Daten gelöscht werden. Ist ein Überprüfungssystem nicht in der Lage, festzustellen, ob ein Fahrzeug versichert ist, sollten diese Daten nur für einen begrenzten Zeitraum aufbewahrt werden, der die Anzahl von Tagen nicht überschreitet, die für die Feststellung, ob der Versicherungsschutz besteht, erforderlich ist. In Fällen, in denen festgestellt wurde, dass für ein Fahrzeug kein gültiger Versicherungsschutz vorliegt, ist es angebracht, das Speichern dieser Daten bis zum Abschluss etwaiger Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren und bis zum Vorliegen eines gültigen Versicherungsschutzes vorzuschreiben.
(19)
In der Richtlinie 2009/103/EG sind derzeit unterschiedliche Stichtage für die regelmäßige Neuberechnung der Mindestdeckungssummen in verschiedenen Mitgliedstaaten festgelegt, was dazu führt, dass die Mindestdeckungssummen nicht in allen Mitgliedstaaten gleich sind. Um in der gesamten Union den gleichen Mindestschutz für Geschädigte zu gewährleisten, sollten diese Mindestbeträge harmonisiert werden, und es sollten eine einheitliche Überprüfungsklausel mit dem von Eurostat veröffentlichten harmonisierten Verbraucherpreisindex als Richtwert sowie Verfahrensregeln für eine solche Überprüfung, in denen ein einheitlicher Zeitrahmen festgelegt wird, eingeführt werden.
(20)
Ein wirksamer und effizienter Schutz der durch Verkehrsunfälle Geschädigten muss gewährleisten, dass diese Geschädigten in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat Ansprüche auf Entschädigung geltend machen können und innerhalb einer angemessenen Frist eine Antwort erhalten. Er muss auch gewährleisten, dass den Geschädigten, wenn ihre Ansprüche begründet sind, die ihnen zustehenden Beträge für entstandene Personen- oder Sachschäden stets gezahlt werden, egal, ob das Versicherungsunternehmen des Unfallverursachers zahlungsfähig ist oder nicht. Die Mitgliedstaaten sollten daher eine Stelle einrichten oder zulassen, die Geschädigten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet haben, eine erste Entschädigung leisten, und die sich diese Entschädigung später von der Stelle erstatten lassen kann, die im Herkunftsmitgliedstaat des zahlungsunfähigen Versicherungsunternehmens, das die Police des Fahrzeugs der haftpflichtigen Partei ausgestellt hat, für denselben Zweck eingerichtet oder zugelassen wurde. Hat ein Mitgliedstaat eine bestehende Kompensationsregelung, so sollte dieser Mitgliedstaat die Möglichkeit haben, diese weiterzuführen.
(21)
Ein Versicherungsunternehmen kann auf unterschiedliche Weise insolvent werden, z. B., weil es für zahlungsunfähig erklärt wurde, weil es seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, nachdem es auf seine Zulassung in seinem Herkunftsmitgliedstaat verzichtet hat, oder weil es Gegenstand einer Außerkraftsetzungsmaßnahme oder einer Entscheidung war, mit der seine Tätigkeit untersagt wurde. Wird eine Anordnung über die Einleitung eines Insolvenz- oder Liquidationsverfahrens erlassen oder ein entsprechender Beschluss gefasst, so sollte diese Anordnung oder dieser Beschluss veröffentlicht werden. Die Stelle, die im Herkunftsmitgliedstaat des Versicherungsunternehmens zur Entschädigung von Geschädigten im Falle der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens eingerichtet wurde oder befugt ist, sollte die entsprechenden Stellen in allen anderen Mitgliedstaaten über diese Anordnung oder diesen Beschluss unterrichten.
(22)
Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Stelle, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Geschädigte seinen Wohnsitz hat, zur Entschädigung von Geschädigten im Falle der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens eingerichtet wurde oder befugt ist, in allen Phasen des Verfahrens befugt ist, Informationen anzufordern, die anderen maßgeblichen Stellen, Behörden und Interessenträgern in der Union zu unterrichten, von ihnen unterrichtet zu werden und mit diesen zusammenzuarbeiten. Diese Informationen sollten ausreichen, damit der Empfänger zumindest ein allgemeines Verständnis der Lage erhält. Diese Informationen sind wichtig, um sicherzustellen, dass die Stelle, die einen Geschädigten entschädigt, vor der Zahlung der Entschädigung eigenständig oder gemeinsam mit allen Beteiligten gemäß den nationalen Rechtsvorschriften feststellen kann, ob das Versicherungsunternehmen die Forderung des Antragstellers bereits erfüllt hat. Die bei dieser Stelle geltend gemachte Forderung kann sogar zur weiteren Prüfung oder zur Entscheidung an das Versicherungsunternehmen weitergeleitet werden, wenn das nationale Verfahrensrecht es erfordert. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass die Stelle detailliertere Informationen über bestimmte Ansprüche anfordert und erhält.
(23)
Das Erstattungssystem sollte das anwendbare Recht zur Regelung der Deckungssummen für Geschädigte unberührt lassen. Für alle Schadensfälle sollten dieselben Grundsätze gelten, unabhängig davon, ob das Versicherungsunternehmen zahlungsfähig oder zahlungsunfähig ist. Die Stelle des Herkunftsmitgliedstaats des Versicherungsunternehmens, das die Police des Haftpflichtigen ausgestellt hat, sollte die Zahlung innerhalb einer angemessenen Frist an die Stelle des Mitgliedstaats leisten, in dessen Gebiet der Geschädigte seinen Wohnsitz hat, nachdem der Stelle des Herkunftsmitgliedstaats des Versicherungsunternehmens ein Anspruch auf Erstattung einer Zahlung übermittelt wurde, die die Stelle des Wohnsitzmitgliedstaats des Geschädigten an den Geschädigten geleistet hat.
(24)
Je nach den verschiedenen Phasen der Bearbeitung von Schadensfällen, den an die Geschädigten erfolgen Zahlungen und den Erstattungsverfahren bei verschiedenen Stellen kann es zu offenen Verbindlichkeiten zwischen Stellen kommen, die zur Entschädigung von Geschädigten im Falle der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens eingerichtet wurden oder befugt sind. Die Forderung sollte von der Stelle, die die Entschädigung zunächst gezahlt hat, auf die Stelle des anderen Mitgliedstaats übergehen, wenn die Erstattung zwischen den Stellen voranschreitet. Daher sollten die Ansprüche des Geschädigten gegen den Unfallverursacher oder sein Versicherungsunternehmen auf eine Stelle übergehen, soweit diese Stelle Entschädigung für den erlittenen Personen- oder Sachschaden geleistet hat und selbst noch nicht entschädigt wurde. Die Ansprüche des Geschädigten gegen den Versicherungsnehmer oder einen anderen Versicherten, der den Unfall verursacht hat, sollten jedoch nicht auf diese Stelle übergehen, sofern die Haftung des Versicherungsnehmers oder anderen Versicherten nach dem anwendbaren nationalen Recht durch das insolvente Versicherungsunternehmen abgedeckt wäre. Jeder Mitgliedstaat sollte verpflichtet sein, einen von einem anderen Mitgliedstaat vorgesehenen Forderungsübergang anzuerkennen.
(25)
Um einen effizienten und wirksamen Schutz der Geschädigten im Falle der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens sicherzustellen, müssen die Mitgliedstaaten geeignete Vorkehrungen treffen, damit die zur Entschädigung der Geschädigten erforderlichen Mittel bei Fälligkeit der Entschädigungszahlungen zur Verfügung stehen. Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip sollten diese Vorkehrungen von den Herkunftsmitgliedstaaten auf nationaler Ebene beschlossen werden. Sie sollten jedoch mit dem Unionsrecht und insbesondere mit solchen Grundsätzen wie lex specialis und lex posterior vereinbar sein. Damit Versicherer nicht ungerechtfertigt und unverhältnismäßig belastet werden, sollten etwaige Finanzbeiträge, die ein Mitgliedstaat von Versicherungsunternehmen verlangt, nur von den von diesem Mitgliedstaat zugelassenen Versicherungsunternehmen erhoben werden. Das sollte unbeschadet der Finanzierung anderer Aufgaben gelten, die der Stelle übertragen werden könnten, die zur Entschädigung von Geschädigten im Falle der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens eingerichtet oder befugt wurde.
(26)
Um sicherzustellen, dass die Anforderungen dieser Richtlinie im Zusammenhang mit der Entschädigung von Geschädigten im Falle der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens wirksam umgesetzt werden, sollten die mit dieser Aufgabe betrauten Stellen sich bemühen, eine Vereinbarung über ihre Aufgaben und Pflichten sowie über die Erstattungsverfahren zu schließen. Wurde innerhalb von 24 Monaten nach Inkrafttreten dieser Richtlinie keine entsprechende Einigung erzielt, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte gemäß Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) zu erlassen, in denen die verfahrenstechnischen Aufgaben und Pflichten dieser Stellen im Zusammenhang mit der Erstattung festgelegt werden.
(27)
Im Falle der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens sollten Geschädigte ihren Anspruch auf Entschädigung bei einer Stelle in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat geltend machen können, auch wenn sie durch Unfälle geschädigt wurden, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Wohnsitzmitgliedstaat ereignet haben. Die Mitgliedstaaten sollten die Aufgabe der Entschädigung solcher Geschädigten einer neuen Stelle oder einer bereits bestehenden Stelle, einschließlich der gemäß Artikel 24 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichteten oder befugten Entschädigungsstelle, zuweisen können. die Mitgliedstaaten sollten auch die Aufgabe der Entschädigung — im Falle der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens — von Geschädigten, die durch Unfälle in ihrem Wohnsitzmitgliedstaat geschädigt wurden, und von Personen, die durch Unfälle in anderen Mitgliedstaaten als ihrem Wohnsitzmitgliedstaat geschädigt wurden, einer einzigen Stelle zuweisen können. Bei Personen, die in anderen Mitgliedstaaten als ihrem Wohnsitzmitgliedstaat geschädigt wurden, ist es auch wichtig, den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit mit den gemäß Artikel 24 der Richtlinie 2009/103/EG eingerichteten oder befugten/zugelassenen Entschädigungsstellen in allen Mitgliedstaaten und mit Schadenregulierungsbeauftragten sicherzustellen.
(28)
Die Mitgliedstaaten können mehr als eine Entschädigungsstelle gemäß der Richtlinie 2009/103/EG einrichten oder zulassen, was es den Geschädigten möglicherweise erschweren könnte, die Stelle zu ermitteln, bei der sie ihre Ansprüche geltend machen müssen. Mitgliedstaaten, die mehr als eine Entschädigungsstelle einrichten oder zulassen, sollten daher sicherstellen, dass Geschädigte in einer solchen Weise Zugang zu wesentlichen Informationen über die verschiedenen Wege der Beantragung einer Entschädigung haben, dass es für sie leicht ersichtlich ist, an welche Stelle sie sich wenden sollten.
(29)
Im Falle eines versandten Fahrzeugs sollte die für die Haftpflichtversicherung verantwortliche Person die Wahl haben, ob sie eine Versicherung in dem Mitgliedstaat, in dem das Fahrzeug zugelassen ist, oder, innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen ab dem Tag der Annahme der Lieferung durch den Käufer, in dem Bestimmungsmitgliedstaat abschließen will, auch wenn das Fahrzeug nicht offiziell im Bestimmungsmitgliedstaat zugelassen wurde. Die Auskunftsstelle des Mitgliedstaats, in dem das Fahrzeug zugelassen ist, die Auskunftsstelle des Bestimmungsmitgliedstaats — sofern davon abweichend — sowie die Auskunftsstellen aller anderen relevanten Mitgliedstaaten, wie des Mitgliedstaats, auf dessen Hoheitsgebiet sich ein Unfall ereignet hat oder in dem ein Geschädigter seinen Wohnsitz hat, sollten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die notwendigen Informationen über das versandte Fahrzeug, die ihnen gemäß Artikel 23 der Richtlinie 2009/103/EG vorliegen, zur Verfügung stehen.
(30)
Bei Unfällen mit Anhängern, für die eine von der Haftpflichtversicherung des Zugfahrzeugs getrennte Haftpflichtversicherung abgeschlossen wurde, sollte der Geschädigte, sofern das nationale Recht es vorsieht, den Anspruch gegen den Versicherer des Anhängers geltend machen können. Der Geschädigte sollte auf Antrag beim Versicherer des Anhängers Informationen über die Identität des Versicherers des Zugfahrzeugs oder — wenn der Versicherer des Anhängers den Versicherer des Zugfahrzeugs nicht identifizieren kann, obwohl er angemessene Anstrengungen unternommen hat — Informationen über den in Artikel 10 der Richtlinie 2009/103/EG vorgesehenen Entschädigungsmechanismus erhalten können.
(31)
Um die Anerkennung des Schadenverlaufs beim Abschluss einer neuen Versicherungspolice zu erleichtern, sollte es möglich sein, die Bescheinigungen des früheren Schadenverlaufs von Versicherungsnehmern, die neue Versicherungsverträge mit Versicherungsunternehmen abschließen wollen, leicht zu authentifizieren. Um die Überprüfung und Authentifizierung von Bescheinigungen des Schadenverlaufs zu vereinfachen, ist es wichtig, dass Inhalt und Format solcher Bescheinigungen des Schadenverlaufs in allen Mitgliedstaaten gleich sind. Ferner sollten Versicherungsunternehmen, die bei der Festsetzung der Prämien von Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen Bescheinigungen des Schadenverlaufs berücksichtigen, nicht aufgrund der Staatsangehörigkeit oder allein aufgrund des vorherigen Wohnsitzstaats des Versicherungsnehmers diskriminieren. Zudem sollten Versicherungsunternehmen Bescheinigungen des Schadenverlaufs aus anderen Mitgliedstaaten genauso behandeln wie Bescheinigungen des Schadenverlaufs aus dem Inland und etwaige Preisnachlässe, die für einen ansonsten identischen inländischen Kunden gelten würden, sowie Preisnachlässe, die in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats vorgeschrieben sind, wie etwa Bonus-Malus-Rabatte, auch bei Kunden aus einem anderen Mitgliedstaat zur Anwendung bringen. Den Mitgliedstaaten sollte es weiterhin freigestellt sein, innerstaatliche Rechtsvorschriften über Bonus-Malus-Systeme anzunehmen, da solche Systeme einzelstaatlicher Natur sind und keine grenzübergreifende Dimension aufweisen; Entscheidungen über diese Systeme sollten daher gemäß dem Subsidiaritätsprinzip weiterhin Sache der Mitgliedstaaten sein. Damit die Mitgliedstaaten prüfen können, ob und wie Versicherungsunternehmen Bescheinigungen des Schadenverlaufs verwenden, sollten die Versicherungsunternehmen einen allgemeinen Überblick über ihre Politik für die Verwendung solcher Bescheinigungen bei der Berechnung der Prämien offenlegen. Unbeschadet der Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) sind Versicherungsunternehmen nicht verpflichtet, sensible Geschäftsinformationen, wie z. B. Einzelheiten der Tarifvorschriften, zu veröffentlichen.
(32)
Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Umsetzung der Richtlinie 2009/103/EG sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse zu Form und Inhalt der Bescheinigungen des Schadenverlaufs übertragen werden. Diese Durchführungsbefugnisse sollten gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates(9) ausgeübt werden.
(33)
Die Mitgliedstaaten sollten die Wahl haben, Instrumente zu zertifizieren, die es Verbrauchern ermöglichen, Preise, Tarife und Versicherungsschutz zwischen Anbietern von Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen, die die Bedingungen der Richtlinie 2009/103/EG erfüllen, zu vergleichen. Bei ordnungsgemäßer Zertifizierung könnten solche Instrumente als „unabhängige Preisvergleichsinstrumente für Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen” bezeichnet werden. Die Mitgliedstaaten sollten auch in der Lage sein, von einer Behörde betriebene öffentliche Preisvergleichsinstrumente einzurichten.
(34)
Um sicherzustellen, dass Ansprüche reibungslos abgewickelt werden, wenn nach nationalem Recht ein Unfallbericht erforderlich ist, welches das Recht des Geschädigten auf Erhalt einer Kopie des Unfallberichts von den zuständigen Behörden gewährt, ist es wichtig, dass der Geschädigte zeitnah auf diesen Bericht zugreifen kann.
(35)
Um sicherzustellen, dass die Mindestdeckungssummen von Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungen nicht mit der Zeit an Wert verlieren, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte gemäß Artikel 290 AEUV zu erlassen, um diese Mindestdeckungssummen an die sich wandelnde wirtschaftliche Realität anzupassen.
(36)
Beim Erlass delegierter Rechtsakte nach dieser Richtlinie ist es von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen in Einklang stehen, die in der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung(10) niedergelegt wurden. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
(37)
Die Kommission sollte im Rahmen der Bewertung der Funktionsweise der Richtlinie 2009/103/EG deren Anwendung überwachen und dabei die Zahl der Geschädigten, die Höhe der Forderungen, die aufgrund von Zahlungsverzögerungen nach grenzüberschreitenden Insolvenzfällen ausstehen, die Höhe der Mindestdeckungssummen in den Mitgliedstaaten, die Höhe der Ansprüche aufgrund Fahrens ohne Versicherungsschutz im grenzüberschreitenden Verkehr und die Zahl der Beschwerden im Zusammenhang mit Bescheinigungen des Schadenverlaufs berücksichtigen.
(38)
Darüber hinaus sollte die Kommission einen Bericht erstellen, in dem die Funktionsweise der Entschädigungsstellen, die eingerichtet oder genehmigt wurden, um die Geschädigten im Fall der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens zu entschädigen, die Zusammenarbeit zwischen ihnen und ihre Finanzierung bewertet werden. Diesem Bericht sollte gegebenenfalls ein Legislativvorschlag beigefügt werden.
(39)
Um sicherzustellen, dass die Richtlinie 2009/103/EG ihren Zweck, nämlich den Schutz potenzieller Geschädigter von Unfällen mit Kraftfahrzeugen, weiterhin erfüllt, sollte die Kommission diese Richtlinie auch im Lichte der technologischen Entwicklungen, einschließlich des verstärkten Einsatzes autonomer und halbautonomer Fahrzeuge, überwachen und überprüfen. Außerdem sollte sie untersuchen, wie Versicherungsunternehmen Systeme nutzen, in denen die Prämien durch die Bescheinigungen des Schadenverlaufs der Versicherungsnehmer beeinflusst werden. Darüber hinaus sollte die Kommission die Wirksamkeit der für grenzüberschreitende Versicherungskontrollen verwendeten Informationssysteme zum Informationsaustausch bewerten.
(40)
Da die Ziele dieser Richtlinie, insbesondere die Gewährleistung des gleichen Mindestschutzes der Verkehrsunfallgeschädigten in der gesamten Union und ihres Schutzes im Falle der Insolvenz von Versicherungsunternehmen sowie die Gewährleistung der Gleichbehandlung von Bescheinigungen des Schadenverlaufs durch Versicherer bei potenziellen Versicherungsnehmern, die Binnengrenzen der Union überschreiten, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern wegen ihrer Wirkung auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Unionverankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(41)
Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung der Mitgliedstaaten und der Kommission vom 28. September 2011 zu erläuternden Dokumenten(11) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen ein oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. Für diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.
(42)
Die Richtlinie 2009/103/EG sollte daher entsprechend geändert werden —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 440 vom 6.12.2018, S. 85.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 21. Oktober 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 9. November 2021.

(3)

Richtlinie 2009/103/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht (ABl. L 263 vom 7.10.2009, S. 11).

(4)

Urteil des Gerichtshofs vom 4. Dezember 2014, Vnuk, C-162/13, ECLI:EU:C:2014:2146.

(5)

Urteil des Gerichtshofs vom 28. November 2017, Rodrigues de Andrade, C-514/16, ECLI:EU:C:2017:908.

(6)

Urteil des Gerichtshofs vom 20. Dezember 2017, Torreiro, C-334/16, ECLI:EU:C:2017:1007.

(7)

Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(8)

Richtlinie (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung (ABl. L 157 vom 15.6.2016, S. 1).

(9)

Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).

(10)

ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(11)

ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.

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