Präambel RL 2021/338/EU

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 53 Absatz 1,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(1),

gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die COVID-19-Pandemie hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Menschen, die Unternehmen, die Gesundheitssysteme und die Volkswirtschaften sowie die Finanzsysteme der Mitgliedstaaten. In ihrer Stellungnahme vom 27. Mai 2020 mit dem Titel „Stunde Europas: Schäden beheben und Perspektiven für die nächste Generation eröffnen” betonte die Kommission, dass Liquidität und der Zugang zu Finanzmitteln eine anhaltende Herausforderung bleiben werden. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, die Erholung vom schweren wirtschaftlichen Schock infolge der COVID-19-Pandemie durch die Einführung begrenzter gezielter Änderungen am Unionsrecht für Finanzdienstleistungen zu fördern. Das übergeordnete Ziel dieser Änderungen sollte daher die Vermeidung von Änderungen sein, die einen höheren Verwaltungsaufwand zur Folge hätten, und die Einführung sorgfältig abgestimmter Maßnahmen, die als wirksam erachtet werden, um die wirtschaftlichen Turbulenzen abzumildern. Es sollten Änderungen vermieden werden, die den Verwaltungsaufwand für den Sektor erhöhen, und die Klärung komplexer gesetzgeberischer Fragen sollte dabei einer Lösung bei der geplanten Überarbeitung der Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(3) überlassen werden. Diese Maßnahmen bilden ein Maßnahmenpaket und werden unter dem Titel „Maßnahmenpaket für die Erholung der Kapitalmärkte” verabschiedet.
(2)
Die Richtlinie 2014/65/EU wurde 2014 als Reaktion auf die Finanzkrise der Jahre 2007 und 2008 verabschiedet. Diese Richtlinie hat das Finanzsystem der Europäischen Union in erheblichem Maße gestärkt und ein hohes Maß an Schutz für Anleger in der gesamten Union sichergestellt. Es könnten weitere Maßnahmen in Betracht gezogen werden, um die aufsichtsrechtliche Komplexität zu verringern, Befolgungskosten für Wertpapierfirmen zu senken und Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen, sofern gleichzeitig der Anlegerschutz ausreichend berücksichtigt wird.
(3)
Bei den Anforderungen bezüglich des Anlegerschutzes hat die Richtlinie 2014/65/EU ihr Ziel der Verabschiedung von Maßnahmen, die den Besonderheiten jeder Anlegergruppe, das heißt Kleinanleger, professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien, in ausreichendem Maße Rechnung tragen, nicht in vollem Umfang verwirklicht. Einige dieser Anforderungen haben den Anlegerschutz nicht immer verbessert, sondern stattdessen die reibungslose Ausführung von Anlageentscheidungen eher behindert. Daher sollten bestimmte in der Richtlinie 2014/65/EU festgelegte Anforderungen geändert werden, um eine einfache Bereitstellung von Wertpapierdienstleistungen und die Förderung von Anlagetätigkeiten zu erreichen; diese Änderungen sollten in einer ausgewogenen Weise erfolgen, bei der Anleger umfassend geschützt sind.
(4)
Die Emission von Anleihen ist für die Kapitalbeschaffung und die Überwindung der COVID-19-Krise von entscheidender Bedeutung. Produktüberwachungspflichten können zu Einschränkungen im Verkauf von Anleihen führen. Anleihen mit keinem anderen eingebetteten Derivat als einer „Make-Whole-Klausel” gelten in der Regel als sichere und einfache Produkte, die für Kleinanleger geeignet sind. Im Falle ihrer vorzeitigen Rückzahlung, schützt eine Anleihe mit keinem anderen eingebetteten Derivat als einer „Make-Whole-Klausel” Anleger vor Verlusten, indem sie sicherstellt, dass diesen Anlegern ein Betrag in Höhe des gesamten Nettogegenwartswerts der verbleibenden Kupon-Zahlungen und des Hauptbetrages der Anleihe gezahlt wird, die sie erhalten hätten, wenn die Anleihe nicht frühzeitig aufgekündigt worden wäre. Die Produktüberwachungspflichten sollten daher nicht mehr für Anleihen mit keinen anderen eingebetteten Derivaten als „Make-Whole-Klauseln” gelten. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass geeignete Gegenparteien über ausreichende Kenntnisse über Finanzinstrumente verfügen. Daher ist es gerechtfertigt, geeignete Gegenparteien von den Produktüberwachungsanforderungen auszunehmen, die für Finanzinstrumente gelten, die ausschließlich an diese vermarktet oder vertrieben werden.
(5)
Die von der durch die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates(4) eingerichteten Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) (im Folgenden „ESMA” ) gestartete Sondierung zu den Auswirkungen von Anreizen und den Pflichten zur Offenlegung von Kosten und Nebenkosten gemäß der Richtlinie 2014/65/EU und die durch die Kommission durchgeführte öffentliche Konsultation lieferten beide die Bestätigung, dass professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien keine standardisierten und obligatorischen Kosteninformationen benötigen, da sie die erforderlichen Informationen bereits während der Verhandlung mit ihrem Dienstleister erhalten. Die professionellen Kunden und geeigneten Gegenparteien zur Verfügung gestellten Informationen werden auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten und sind in vielen Fällen weitaus präziser. Dienstleistungen, die für geeignete Gegenparteien und professionelle Kunden erbracht werden, sollten daher von den Pflichten zur Offenlegung von Kosten und Nebenkosten ausgenommen werden, es sei denn, es handelt sich um Dienstleistungen in den Bereichen Anlageberatung und Portfolioverwaltung, da professionelle Kunden, die Anlageberatungs- oder Portfolioverwaltungsleistungen in Anspruch nehmen, nicht unbedingt über die erforderliche Erfahrung oder die erforderlichen Kenntnisse verfügen, um eine Ausnahme von diesen Anforderungen für diese Dienstleistungen zu rechtfertigen.
(6)
Aktuell müssen Wertpapierfirmen eine Kosten-Nutzen-Analyse bestimmter Portfolioaktivitäten durchführen, wenn sie im Rahmen einer dauerhaften Geschäftsbeziehung mit ihren Kunden die eingesetzten Finanzinstrumente umschichten. Wertpapierfirmen müssen daher die erforderlichen Informationen von ihren Kunden einholen und nachweisen können, dass die Vorteile einer derartigen Umschichtung die Kosten überwiegen. Da dieses Verfahren eine übermäßige Belastung für professionelle Kunden ist, die Instrumente umschichten, sollten die für sie erbrachten Dienstleistungen von dieser Regelung ausgenommen werden. Professionelle Kunden könnten sich dann aber für die Inanspruchnahme der Regelung entscheiden. Da Kleinanleger ein hohes Maß an Schutz benötigen, sollte diese Ausnahme auf professionellen Kunden erbrachte Dienstleistungen beschränkt sein.
(7)
Kunden, die in einer dauerhaften Geschäftsbeziehung mit einer Wertpapierfirma stehen, erhalten entweder regelmäßig oder bei Eintreten bestimmter Ereignisse obligatorische Serviceberichte. Weder Wertpapierfirmen noch ihre professionellen Kunden oder geeignete Gegenparteien halten diese Serviceberichte für nützlich. Diese Berichte haben sich insbesondere für professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien auf äußerst volatilen Märkten als wenig hilfreich herausgestellt, da sie häufig und in großer Stückzahl bereitgestellt werden. Professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien lesen diese Serviceberichte häufig nicht oder treffen schnelle Anlageentscheidungen, anstatt weiterhin eine langfristige Anlagestrategie zu verfolgen. Geeignete Gegenparteien sollten diese obligatorischen Serviceberichte deshalb nicht mehr erhalten. Professionelle Kunden sollten diese Serviceberichte ebenfalls nicht mehr erhalten, wobei ihnen jedoch die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, sich für den Erhalt dieser obligatorischen Serviceberichte zu entscheiden.
(8)
Unmittelbar nach der COVID-19-Pandemie müssen Emittenten, insbesondere Unternehmen mit geringer und mittlerer Kapitalausstattung, durch starke Kapitalmärkte unterstützt werden. Analysen zu Unternehmen mit geringer und mittlerer Kapitalausstattung sind unerlässlich, um Emittenten bei der Kontaktaufnahme mit Anlegern zu unterstützen. Diese Analysen verstärken die Sichtbarkeit von Emittenten und stellen damit ein ausreichendes Investitions- und Liquiditätsniveau sicher. Wertpapierfirmen sollten für die Bereitstellung von Analysen und für die Erbringung von Ausführungsdienstleistungen gemeinsam zahlen dürfen, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Eine der Bedingungen sollte sein, dass die Analysen zu Emittenten erstellt werden, die in den 36 Monaten vor der Bereitstellung der Analysen eine Marktkapitalisierung von 1 Mrd. EUR, ausgedrückt durch die Notierungen am Jahresende, nicht überschritten haben. Diese Bedingung zur Marktkapitalisierung sollte so zu verstehen sein, dass sie sowohl börsennotierte als auch nicht börsennotierte Unternehmen umfasst, wobei für Letztere davon ausgegangen wird, dass der Bilanzposten des Eigenkapitals die Schwelle von 1 Mrd. EUR nicht überschritten hat. Es sei auch darauf hingewiesen, dass neu börsennotierte Unternehmen und nicht börsennotierte Unternehmen, deren Gründung weniger als 36 Monaten zurückliegt, in den Anwendungsbereich fallen, sofern sie nachweisen können, dass ihre Marktkapitalisierung den Schwellenwert von 1 Mrd. EUR, ausgedrückt durch die Notierungen am Jahresende seit ihrer Notierung, oder durch Eigenkapital für die Geschäftsjahre, in denen sie nicht notiert sind oder waren, nicht überschritten hat. Um sicherzustellen, dass neu gegründete Unternehmen, die seit weniger als 12 Monaten bestehen, ebenfalls in den Genuss der Befreiung kommen können, reicht es aus, dass sie den Schwellenwert von 1 Mrd. EUR seit dem Zeitpunkt ihrer Gründung nicht überschritten haben.
(9)
Die Richtlinie 2014/65/EU hat Meldepflichten für Handelsplätze, systematische Internalisierer und andere Ausführungsplätze eingeführt, denen zufolge anzugeben ist, wie Aufträge zu den für den Kunden günstigsten Konditionen ausgeführt wurden. Die daraus resultierenden technischen Berichte enthalten große Mengen detaillierter quantitativer Informationen zum jeweiligen Handelsplatz, dem Finanzinstrument, dem Kurs, den Kosten und der Wahrscheinlichkeit der Ausführung. Sie werden nur selten gelesen, was sich anhand der sehr geringen Zugriffszahlen auf den Websites der Handelsplätze, systematischen Internalisierer und anderen Ausführungsplätze belegen lässt. Da Anleger und andere Nutzer keine aussagekräftigen Vergleiche auf der Grundlage der in ihnen enthaltenen Informationen anstellen können, sollte die Veröffentlichung dieser Berichte vorübergehend eingestellt werden.
(10)
Um die Kommunikation zwischen Wertpapierfirmen und ihren Kunden und damit den Anlageprozess selbst zu vereinfachen, sollten Anlageinformationen nicht mehr in Papierform bereitgestellt, sondern standardmäßig in elektronischer Form übermittelt werden. Kleinanleger sollten jedoch die Möglichkeit erhalten, diese Informationen auf Wunsch in Papierform zu erhalten.
(11)
Gemäß der Richtlinie 2014/65/EU können Personen, die professionell mit Warenderivaten oder Emissionszertifikaten oder Derivaten davon handeln, eine Ausnahme von dem Erfordernis des Erhalts einer Zulassung als Wertpapierfirma in Anspruch nehmen, wenn ihre Handelsaktivität eine Nebentätigkeit zu ihrem Hauptgeschäft darstellt. Personen, die die Ausnahme für Nebentätigkeiten beantragen, müssen derzeit die zuständige Behörde jährlich darüber in Kenntnis setzen, dass sie von dieser Ausnahmeregelung Gebrauch machen, und die erforderlichen Angaben für die zwei quantitativen Tests übermitteln, sodass festgestellt werden kann, ob ihre Handelsaktivität eine Nebentätigkeit zu ihrem Hauptgeschäft darstellt. Im Rahmen des ersten Tests wird der Umfang der spekulativen Handelsaktivität einer Person mit der gesamten Handelsaktivität innerhalb der Union auf Grundlage der Anlageklasse verglichen. Im zweiten Test wird der Umfang der spekulativen Handelsaktivität, einschließlich aller beinhalteten Anlageklassen, mit der gesamten Aktivitäten beim Handel mit Finanzinstrumenten dieser Person auf Gruppenebene verglichen. Für den zweiten Test besteht eine alternative Variante, bei der das für die spekulative Handelsaktivität veranschlagte Kapital mit dem auf Gruppenebene für das Hauptgeschäft tatsächlich eingesetzten Kapital verglichen wird. Um festzustellen, wann eine Tätigkeit als Nebentätigkeit gilt, sollten sich die zuständigen Behörden unter klar definierten Bedingungen auf eine Kombination von quantitativen und qualitativen Elementen stützen können. Die Kommission sollte befugt sein, die Umständen zu erläutern, unter denen nationale Behörden einen Ansatz anwenden können, der quantitative und qualitative Schwellenwertkriterien kombiniert, sowie einen delegierten Rechtsakt zu den Kriterien auszuarbeiten. Personen, einschließlich Market-Maker, für die die Ausnahmeregelung für Nebentätigkeiten infrage kommt, sind die, die für eigene Rechnung handeln oder die, die andere Anlagedienstleistungen als den Handel für eigene Rechnung mit Warenderivaten oder Emissionszertifikaten oder Derivaten davon für Kunden oder Zulieferer ihres Hauptgeschäfts erbringen. Die Ausnahme sollte in beiden Fällen auf individueller und aggregierter Basis infrage kommen, wenn es sich um eine Nebentätigkeit auf Gruppenebene handelt. Die Ausnahmeregelung für Nebentätigkeiten sollte nicht für Personen infrage kommen, die eine hochfrequente algorithmische Handelstechnik anwenden oder Teil einer Gruppe sind, deren Hauptgeschäft in der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen oder Bankgeschäften besteht oder die als Market-Maker für Warenderivate tätig sind.
(12)
Die zuständigen Behörden müssen derzeit Limits für die Größe einer Nettoposition festlegen und anwenden, die eine Person jederzeit in Warenderivaten, die an Handelsplätzen gehandelt werden, und in wirtschaftlich gleichwertige Over-The-Counter-Kontrakten (im Folgenden „EEOTC” ) halten kann. Da sich herausgestellt hat, dass sich das Positionslimit-Regime nachteilig auf die Entwicklung neuer Warenmärkte auswirkt, sollten neu entstehende Warenmärkte von dem Positionslimit-Regime ausgenommen werden. Stattdessen sollten Positionslimits nur für signifikante oder kritische Warenderivate gelten, die an Handelsplätzen gehandelt werden und für deren EEOTC-Kontrakte. Bei signifikanten oder kritischen Derivaten handelt es sich um Warenderivate mit offenen Positionen von durchschnittlich mindestens 300000 handelbaren Einheiten in einem Einjahreszeitraum. Aufgrund der entscheidenden Bedeutung landwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Bürgerinnen und Bürger gilt für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und ihre EEOTC-Kontrakte weiterhin das derzeitige Positionslimit-Regime.
(13)
Die Richtlinie 2014/65/EU sieht für finanzielle Stellen keine Ausnahmeregelung für Absicherungsgeschäfte vor. Mehrere überwiegend kommerzielle Unternehmensgruppen, die eine finanzielle Stelle für ihre Handelsaktivitäten eingerichtet haben, befanden sich in einer Situation, in der ihre finanzielle Stelle nicht den gesamten Handel für die Gruppe abwickeln konnte, da die finanzielle Stelle keinen Anspruch auf eine Ausnahme für Absicherungsgeschäfte hatte. Daher sollte eine präzise definierte Ausnahme für Absicherungsgeschäfte für finanzielle Stellen eingeführt werden. Diese Ausnahme für Absicherungsgeschäfte sollte gelten, wenn in einer überwiegend kommerziellen Unternehmensgruppe eine Person als Wertpapierfirma registriert ist und im Auftrag dieser kommerziellen Unternehmensgruppe handelt. Um die Ausnahme für Absicherungsgeschäfte auf finanzielle Stellen zu begrenzen, die im Namen von nicht finanziellen Stellen in einer überwiegend kommerziellen Unternehmensgruppe handeln, sollte die Ausnahme nur für diejenigen Positionen gelten, die von dieser finanziellen Stelle gehalten werden und die objektiv messbar die direkt mit der Geschäftstätigkeit der nichtfinanziellen Stellen der Unternehmensgruppe verbundene Risiken mindern.
(14)
Sogar bei liquiden Kontrakten ist in der Regel nur eine geringe Zahl von Marktteilnehmern als Market-Maker auf Warenmärkten tätig. Wenn diese Marktteilnehmer zur Anwendung von Positionslimits verpflichtet sind, können sie als Market-Maker nicht gleichermaßen effektiv sein. Aus diesem Grund sollte für finanzielle und nichtfinanzielle Gegenparteien eine Ausnahme von den Positionslimits für Positionen eingeführt werden, die aus Transaktionen zur Einhaltung der Verpflichtung, Liquidität bereitzustellen, resultieren.
(15)
Die Änderungen am Positionslimit-Regime sind darauf ausgelegt, die Entwicklung neuer Energieverträge zu unterstützen und zielen nicht darauf ab, die Regelung für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse zu lockern.
(16)
Durch das derzeit geltende Positionslimit-Regime wird auch den spezifischen Eigenschaften von Warenzertifikaten nicht Rechnung getragen. Warenzertifikate sind übertragbare Wertpapiere im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 44 Buchstabe c der Richtlinie 2014/65/EU. Der Markt für Warenzertifikate zeichnet sich durch eine Vielzahl verschiedener Emissionen aus, wobei jede beim Zentralverwahrer für eine bestimmte Größe registriert ist, und jede mögliche Erhöhung einem spezifischen Verfahren folgt, das von der relevanten zuständigen Behörde ordnungsgemäß genehmigt wurde. Dies steht im Gegensatz zu Warenderivatkontrakten, bei denen der Umfang der offenen Kontraktpositionen und damit der Umfang einer Position potenziell unbegrenzt ist. Zum Zeitpunkt der Emission hält der Emittent oder der mit dem Vertrieb der Emission beauftragte Intermediär 100 % der Emission, was die Frage aufwirft, ob ein Positionslimit-Regime überhaupt angewendet werden kann. Zudem werden die meisten verbrieften Derivate dann letztlich von einer großen Zahl von Kleinanlegern gehalten, wodurch nicht das gleiche Risiko des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung oder für geordnete Preis- und Abrechnungsbedingungen wie bei Warenderivatekontrakten besteht. Darüber hinaus ist der Begriff des Spot-Monats und der anderen Monate, für die gemäß Artikel 57 Absatz 3 der Richtlinie 2014/65/EU Positionslimits festgelegt werden müssen, auf Warenzertifikate nicht anwendbar. Warenzertifikate sollten deshalb von der Anwendung der Positionslimits und Meldepflichten ausgenommen werden.
(17)
Seit dem Inkrafttreten der Richtlinie 2014/65/EU konnten keine selben Warenderivatkontrakte erfasst werden. Aufgrund des Konzepts „dasselbe Warenderivat” in dieser Richtlinie wirkt sich die Berechnungsmethodologie zur Bestimmung der Positionslimits für die anderen Monate nachteilig auf den Handelsplatz mit dem weniger liquiden Markt aus, wenn Handelsplätze bei Warenderivaten mit demselben Basiswert und denselben Merkmalen in Wettbewerb zueinander stehen. Daher sollte der Verweis auf „denselben Kontrakt” in Richtlinie 2014/65/EU gestrichen werden. Die zuständigen Behörden sollten sich darüber einigen können, dass die Warenderivate, die an ihren jeweiligen Handelsplätzen gehandelt werden, auf demselben Basiswert beruhen und dieselben Merkmale haben; in diesem Fall sollte die zentrale zuständige Behörde im Sinne des Artikels 57 Absatz 6 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2014/65/EU das Positionslimit bestimmen.
(18)
An den Handelsplätzen in der Union bestehen erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Positionsmanagements. Aus diesem Grund sollten die Positionsmanagementkontrollen erforderlichenfalls gestärkt werden.
(19)
Um die weitere Entwicklung von auf Euro lautenden Warenmärkten in der Unionsicherzustellen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, in Übereinstimmung mit Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte in Bezug auf alle folgenden Punkte zu erlassen: das Verfahren, nach dem Personen eine Ausnahme für Positionen, die aus Transaktionen zur Einhaltung der Verpflichtung, Liquidität bereitzustellen, resultieren, beantragen können; das Verfahren, nach dem eine finanzielle Stelle, die Teil einer überwiegend kommerziellen Handelsgruppe ist, eine Ausnahme für Absicherungsgeschäfte im Hinblick auf Positionen beantragen können, die von dieser finanzielle Stelle gehalten werden und die objektiv messbar die direkt mit der Geschäftstätigkeit der nichtfinanziellen Stellen der überwiegend gewerblichen Handelsgruppe verbundenen Risiken mindern; die inhaltlichen Klarstellung der Positionsmanagementkontrollen sowie die Entwicklung von Kriterien, durch die festgelegt wird, wann eine Tätigkeit auf der Ebene der Unternehmensgruppe als Nebentätigkeit zur Haupttätigkeit gilt. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission bei ihrer Vorbereitungsarbeit angemessene Konsultationen, auch auf Ebene der Sachverständigen, durchführt, die mit den Grundsätzen der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung(5) in Einklang stehen. Um insbesondere für eine gleichberechtigte Beteiligung an der Vorbereitung delegierter Rechtsakte zu sorgen, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Vorbereitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
(20)
Das EU-Emissionshandelssystem (im Folgenden „EU-EHS” ) ist die Leitinitiative der Europäischen Union, mit der die Dekarbonisierung der Wirtschaft in Übereinstimmung mit dem Europäischen Grünen Deal erreicht werden soll. Der Handel mit Emissionszertifikaten und Derivaten davon unterliegt der Richtlinie 2014/65/EU und der Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates(6) und ist ein wichtiger Bestandteil des CO2-Markts der Union. Die Ausnahme für Nebentätigkeiten gemäß der Richtlinie 2014/65/EU bietet bestimmten Marktteilnehmern unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, auf Märkten für Emissionszertifikate aktiv zu werden, ohne als Wertpapierfirmen zugelassen zu sein. In Anbetracht der Bedeutung geordneter, gut regulierter und beaufsichtigter Finanzmärkte, der bedeutenden Rolle des EHS für die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele der Union und der Rolle, die ein gut funktionierender Sekundärmarkt für Emissionszertifikate für die Funktionsfähigkeit des EHS hat, ist es unabdingbar, die Ausnahme für Nebentätigkeiten so zu gestalten, dass sie zur Verwirklichung der genannten Ziele beiträgt. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Handel mit Emissionszertifikaten auf Handelsplätzen in Drittländern stattfindet. Zum Schutz der Finanzstabilität, der Marktintegrität, des Anlegerschutzes und gleicher Wettbewerbsbedingungen in der Union, zur Sicherstellung eines weiterhin transparent und robust funktionierenden EHS und im Interesse einer kosteneffizienten Reduktion von Emissionen sollte die Kommission die weitere Entwicklung des Handels mit Emissionszertifikaten und Derivaten davon innerhalb der Union und in Drittländern überwachen, die Auswirkungen der Ausnahme für Nebentätigkeiten auf das EHS bewerten und gegebenenfalls angemessene Änderungen hinsichtlich des Umfangs und der Anwendung der Ausnahme für Nebentätigkeiten vorschlagen.
(21)
Um zusätzliche Rechtsklarheit zu schaffen, unnötigen Verwaltungsaufwand für die Mitgliedstaaten zu vermeiden und einen einheitlichen Rechtsrahmen für Wertpapierfirmen sicherzustellen, die ab dem 26. Juni 2021 in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates(7) fallen, sollte die Frist für die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/878 des Europäischen Parlaments und des Rates(8) in Bezug auf die für Wertpapierfirmen geltenden Maßnahmen verschoben werden. Um eine einheitliche Anwendung des für Wertpapierfirmen geltenden in Artikel 67 der Richtlinie (EU) 2019/2034 festgelegten Rechtsrahmens sicherzustellen, sollte die Frist für die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/878 in Bezug auf Wertpapierfirmen daher bis zum 26. Juni 2021 verlängert werden
(22)
Um sicherzustellen, dass die mit den Änderungen der Richtlinien 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates(9) und (EU) 2019/878 verfolgten Ziele verwirklicht werden, und insbesondere um Behinderungen für die Mitgliedstaaten zu vermeiden, ist es sachgerecht, zu bestimmen, dass diese Änderungen ab dem 28. Dezember 2020 gelten. Obwohl eine rückwirkende Geltung der Änderungen vorgesehen ist, werden berechtigte Erwartungen der betroffenen Personen dennoch berücksichtigt, da die Änderungen nicht in die Rechte und Pflichten von Wirtschaftsbeteiligten oder Einzelpersonen eingreifen.
(23)
Die Richtlinien 2013/36/EU, 2014/65/EU und (EU) 2019/878 sollten daher entsprechend geändert werden.
(24)
Die Änderungsrichtlinie zielt darauf ab, das bereits bestehende Unionsrecht zu ergänzen, und ihr Ziel kann daher am besten auf Ebene der Union, statt durch unterschiedliche nationale Initiativen verwirklicht werden. Finanzmärkte sind von Natur aus grenzüberschreitende Märkte und entwickeln sich immer stärker in diese Richtung. Aufgrund dieser Integration wären einzelne nationale Eingriffe weit weniger effizient und würden eine Fragmentierung der Märkte und damit Aufsichtsarbitrage sowie eine Wettbewerbsverzerrung nach sich ziehen.
(25)
Da das Ziel dieser Richtlinie, nämlich die Präzisierung bestehender Unionsvorschriften zur Sicherstellung einheitlicher und geeigneter Anforderungen an Wertpapierfirmen in der gesamten Union, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr aufgrund ihres Umfangs und ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Richtlinie nicht über das für die Verwirklichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(26)
Gemäß der Gemeinsamen Politischen Erklärung vom 28. September 2011 der Mitgliedstaaten und der Kommission zu Erläuternden Dokumenten(10) haben sich die Mitgliedstaaten verpflichtet, in begründeten Fällen zusätzlich zur Mitteilung ihrer Umsetzungsmaßnahmen eines oder mehrere Dokumente zu übermitteln, in denen der Zusammenhang zwischen den Bestandteilen einer Richtlinie und den entsprechenden Teilen nationaler Umsetzungsinstrumente erläutert wird. In Bezug auf diese Richtlinie hält der Gesetzgeber die Übermittlung derartiger Dokumente für gerechtfertigt.
(27)
Angesichts der Notwendigkeit, so schnell wie möglich gezielte Maßnahmen zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Krise zu ergreifen, sollte diese Richtlinie aus Gründen der Dringlichkeit am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten —

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 10 vom 11.1.2021, S. 30.

(2)

Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 11. Februar 2021 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 15. Februar 2021.

(3)

Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349).

(4)

Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier-und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).

(5)

ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.

(6)

Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84).

(7)

Richtlinie (EU) 2019/2034 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 2002/87/EG, 2009/65/EG, 2011/61/EU, 2013/36/EU, 2014/59/EU und 2014/65/EU (ABl. L 314 vom 5.12.2019, S. 64).

(8)

Richtlinie (EU) 2019/878 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf von der Anwendung ausgenommene Unternehmen, Finanzholdinggesellschaften, gemischte Finanzholdinggesellschaften, Vergütung, Aufsichtsmaßnahmen und -befugnisse und Kapitalerhaltungsmaßnahmen (ABl. L 150 vom 7.6.2019, S. 253).

(9)

Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(10)

ABl. C 369 vom 17.12.2011, S. 14.

© Europäische Union 1998-2021

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