Artikel 26 RL 2023/1791/EU

Wärme- und Kälteversorgung

(1) Um den effizienteren Verbrauch von Primärenergie zu gewährleisten und den Anteil der in das Netz eingespeisten erneuerbaren Energien an der Wärme- und Kälteversorgung zu steigern, muss ein effizientes Fernwärme- und Fernkältesystem folgende Kriterien erfüllen:

a)
bis zum 31. Dezember 2027: ein System, das mindestens zu 50 % erneuerbare Energien, zu 50 % Abwärme, zu 75 % KWK-Wärme oder zu 50 % eine Kombination dieser Energie- bzw. Wärmeformen nutzt;
b)
ab dem 1. Januar 2028: ein System, das mindestens zu 50 % erneuerbare Energien, zu 50 % Abwärme, zu 50 % erneuerbare Energien und Abwärme, zu 80 % Wärme aus hocheffizienter KWK oder eine Kombination dieser in das Netz eingespeisten Energie- bzw. Wärmeformen nutzt, wobei der Anteil erneuerbarer Energien mindestens 5 % und der Gesamtanteil der erneuerbaren Energien, der Abwärme oder der Wärme aus hocheffizienter KWK mindestens 50 % beträgt;
c)
ab dem 1. Januar 2035: ein System, das mindestens zu 50 % erneuerbare Energien, zu 50 % Abwärme oder zu 50 % erneuerbare Energien und Abwärme nutzt, oder ein System, bei dem der Gesamtanteil erneuerbarer Energien, der Abwärme oder der Wärme aus hocheffizienter KWK mindestens 80 % und zusätzlich der Gesamtanteil erneuerbarer Energien oder der Abwärme mindestens 35 % beträgt;
d)
ab dem 1. Januar 2040: ein System, das mindestens zu 75 % erneuerbare Energien, zu 75 % Abwärme oder zu 75 % erneuerbare Energien und Abwärme nutzt, oder ein System, das mindestens zu 95 % erneuerbare Energien, Abwärme und Wärme aus hocheffizienter KWK nutzt und bei dem zusätzlich der Gesamtanteil erneuerbarer Energien oder der Abwärme mindestens 35 % beträgt;
e)
ab dem 1. Januar 2045: ein System, das mindestens zu 75 % erneuerbare Energien, zu 75 % Abwärme oder zu 75 % erneuerbare Energien und Abwärme nutzt;
f)
ab dem 1. Januar 2050: ein System, das nur erneuerbare Energien, nur Abwärme oder nur eine Kombination von erneuerbaren Energien und Abwärme nutzt.

(2) Die Mitgliedstaaten können alternativ zu den in Absatz 1 dieses Artikels genannten Kriterien auch Nachhaltigkeitskriterien wählen, die auf der Menge der Treibhausgasemissionen aus dem Fernwärme- und -kältesystem pro an die Kunden gelieferter Wärme- oder Kälteeinheit beruhen, wobei Maßnahmen zu berücksichtigen sind, die zur Erfüllung der Verpflichtung gemäß Artikel 24 Absatz 4 der Richtlinie (EU) 2018/2001 durchgeführt werden. Im Hinblick auf die Wahl dieser Kriterien dürfen bei einem effizienten Fernwärme- und Fernkältesystem seine maximalen Treibhausgasemissionen pro an die Kunden gelieferter Wärme- oder Kälteeinheit die folgenden Mengen nicht überschreiten:

a)
bis zum 31. Dezember 2025: 200 g/kWh;
b)
ab dem 1. Januar 2026: 150 g/kWh;
c)
ab dem 1. Januar 2035: 100 g/kWh;
d)
ab dem 1. Januar 2045: 50 g/kWh;
e)
ab dem 1. Januar 2050: 0 g/kWh.

(3) Die Mitgliedstaaten können sich dafür entscheiden, die Kriterien für Treibhausgasemissionen pro Wärme- oder Kälteeinheit in einem bestimmten Zeitraum gemäß Absatz 2 Buchstaben a bis e dieses Artikels anzuwenden. Wenn sie sich dafür entscheiden, teilen sie dies der Kommission bis zum 11. Januar 2024 für den in Absatz 2 Buchstabe a des vorliegenden Artikels genannten Zeitraum und mindestens sechs Monate vor Beginn der in Absatz 2 Buchstaben b bis e des vorliegenden Artikels genannten Zeiträume mit. Diese Mitteilung umfasst die Maßnahmen, die sie getroffen haben, um die Verpflichtung gemäß Artikel 24 Absatz 4 der Richtlinie (EU) 2018/2001 zu erfüllen, wenn sie nicht bereits in der letzten Aktualisierung ihres nationalen Energie- und Klimaplans mitgeteilt wurden.

(4) Damit ein Fernwärme- und Fernkältesystem als effizient eingestuft wird, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass das Fernwärme- und Fernkältesystem bei seinem Bau oder bei der erheblichen Modernisierung seiner Versorgungseinheiten die Kriterien des Absatzes 1 oder 2 erfüllt, die zu dem Zeitpunkt gelten, zu dem es in Betrieb geht oder nach der Modernisierung wieder in Betrieb genommen wird. Darüber hinaus stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass beim Bau eines Fernwärme- und -kältesystems oder bei der erheblichen Modernisierung seiner Versorgungseinheiten

a)
in bestehenden Wärmequellen die Nutzung anderer fossiler Brennstoffe als Erdgas gegenüber dem Jahresverbrauch, der über die vorangegangenen drei Kalenderjahre des vollen Betriebs vor der Modernisierung gemittelt wurde, nicht zunimmt und
b)
in allen neuen Wärmequellen in diesem System außer Erdgas keine fossilen Brennstoffe genutzt werden, wenn es bis 2030 gebaut oder erheblich modernisiert wird.

(5) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ab dem 1. Januar 2025 und danach alle fünf Jahre die Betreiber aller bestehenden Fernwärme- und Fernkältesysteme mit einer Gesamtwärme- oder -kälteabgabe von mehr als 5 MW, die die Kriterien gemäß Absatz 1 Buchstaben b bis e nicht erfüllen, einen Plan zur Gewährleistung eines effizienteren Verbrauchs von Primärenergie, zur Reduzierung von Verteilungsverlusten und zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien bei der Wärme- und Kälteversorgung erstellen. Der Plan enthält Maßnahmen zur Erfüllung der in Absatz 1 Buchstaben b bis e genannten Kriterien und muss von der zuständigen Behörde genehmigt werden.

(6) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Rechenzentren mit einem nominalen Gesamtenergieinput von mehr als 1 MW die Abwärme oder andere Anwendungen für die Wärmerückgewinnung nutzen, es sei denn, die jeweiligen Rechenzentren können nachweisen, dass dies im Einklang mit der in Absatz 7 genannten Bewertung technisch oder wirtschaftlich nicht durchführbar ist.

(7) Um zu bewerten, ob eine Steigerung der Energieeffizienz der Wärme- und Kälteversorgung wirtschaftlich durchführbar ist, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass auf Anlagenebene eine Kosten-Nutzen-Analyse im Einklang mit Anhang XI durchgeführt wird, wenn die folgenden Anlagen neu geplant oder erheblich modernisiert werden:

a)
eine thermische Stromerzeugungsanlage mit einem durchschnittlichen jährlichen Gesamtenergieinput von mehr als 10 MW; zu bewerten sind die Kosten und der Nutzen von Vorkehrungen für den Betrieb der Anlage als hocheffiziente KWK-Anlage;
b)
eine Industrieanlage mit einem durchschnittlichen jährlichen Gesamtenergieinput von mehr als 8 MW; zu bewerten ist die Nutzung der Abwärme am Standort und außerhalb des Standorts;
c)
eine Versorgungseinrichtung mit einem durchschnittlichen jährlichen Gesamtenergieinput von mehr als 7 MW, z. B. eine Abwasserbehandlungsanlage oder eine LNG-Anlage; zu bewerten ist die Nutzung der Abwärme am Standort und außerhalb des Standorts;
d)
ein Rechenzentrum mit einem nominalen Gesamtenergieinput von mehr als 1 MW; zu bewerten sind die Kosten-Nutzen-Analysen – wozu auch die technische Durchführbarkeit, die Kosteneffizienz und die Auswirkungen auf die Energieeffizienz und den lokalen Wärmebedarf, einschließlich saisonaler Schwankungen, gehören – in Bezug auf die Verwendung der Abwärme zur Deckung eines wirtschaftlich vertretbaren Bedarfs sowie den Anschluss dieser Anlage an ein Fernwärmenetz oder an ein effizientes/auf erneuerbarer Energie beruhendes Fernkältesystem oder an andere Anwendungen für die Wärmerückgewinnung.

Bei der in Unterabsatz 1 Buchstabe d genannten Analyse sind Kühlsystemlösungen zu berücksichtigen, die es ermöglichen, die Abwärme bei Nutztemperatur mit minimalem zusätzlichem Energieinput abzuscheiden oder zu speichern.

Die Mitgliedstaaten streben an, Hemmnisse für die Nutzung von Abwärme zu beseitigen und die Nutzung von Abwärme zu unterstützen, wenn die Anlagen neu geplant oder modernisiert werden.

Der Einbau von Ausrüstungen für die Abscheidung des von einer Verbrennungsanlage erzeugten CO2 im Hinblick auf seine geologische Speicherung gemäß der Richtlinie 2009/31/EG gilt für die Zwecke der Buchstaben b und c dieses Absatzes nicht als Modernisierung.

Die Mitgliedstaaten verlangen, dass die Kosten-Nutzen-Analyse in Zusammenarbeit mit den für den Betrieb der Anlage zuständigen Unternehmen durchgeführt wird.

(8) Die Mitgliedstaaten können folgende Anlagen von der Anwendung des Absatzes 7 freistellen:

a)
Spitzenlast- und Reserve-Stromerzeugungsanlagen, die im gleitenden Durchschnitt über einen Zeitraum von fünf Jahren unter 1500 Betriebsstunden jährlich in Betrieb sein sollen; Grundlage hierfür ist ein von dem betreffenden Mitgliedstaat eingerichtetes Verifizierungsverfahren, mit dem sichergestellt wird, dass das Freistellungskriterium erfüllt ist;
b)
Anlagen, die in der Nähe einer nach der Richtlinie 2009/31/EG genehmigten geologischen Speicherstätte angesiedelt werden müssen;
c)
Rechenzentren, deren Abwärme in einem Fernwärmenetz oder direkt zur Raumheizung, zur Trinkwarmwasserbereitung oder zu anderen Zwecken in dem Gebäude oder der Gebäudegruppe oder den Einrichtungen, in dem bzw. der bzw. denen sich die Rechenzentren befinden, genutzt wird oder genutzt werden soll.

Die Mitgliedstaaten können außerdem Schwellenwerte für die verfügbare Nutzabwärme, für die Wärmenachfrage oder für die Entfernungen zwischen den Industrieanlagen und den Fernwärmenetzen festlegen, um einzelne Anlagen von der Anwendung des Absatzes 7 Buchstaben c und d freizustellen.

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die nach diesem Absatz gewährten Freistellungen mit.

(9) Die Mitgliedstaaten beschließen Genehmigungskriterien gemäß Artikel 8 der Richtlinie (EU) 2019/944 oder gleichwertige Erlaubniskriterien,

a)
um den Ergebnissen der umfassenden Bewertung gemäß Artikel 25 Absatz 1 Rechnung zu tragen,
b)
um sicherzustellen, dass die in Absatz 7 festgelegten Anforderungen erfüllt sind,
c)
um den Ergebnissen der Kosten-Nutzen-Analyse gemäß Absatz 7 des vorliegenden Artikels Rechnung zu tragen.

(10) Die Mitgliedstaaten können einzelne Anlagen mittels der in Absatz 9 genannten Genehmigungskriterien oder gleichwertigen Erlaubniskriterien von der Anforderung freistellen, Optionen anzuwenden, deren Nutzen die Kosten überwiegt, wenn es aufgrund von Rechtsvorschriften, Eigentumsverhältnissen oder der Finanzlage zwingende Gründe hierfür gibt. In diesen Fällen legen die betreffenden Mitgliedstaaten der Kommission einen begründeten Beschluss innerhalb von drei Monaten nach Erlass dieses Beschlusses vor. Die Kommission kann zu dem Beschluss innerhalb von drei Monaten nach seinem Eingang eine Stellungnahme abgeben.

(11) Die Absätze 7, 8, 9 und 10 gelten für Anlagen, die unter die Richtlinie 2010/75/EU fallen, unbeschadet der in der genannten Richtlinie festgelegten Anforderungen.

(12) Die Mitgliedstaaten sammeln Informationen über die gemäß Absatz 7 Buchstaben a bis d durchgeführten Kosten-Nutzen-Analysen. Diese Informationen sollten mindestens Daten über die verfügbaren Wärmemengen und Wärmeparameter, die Anzahl der jährlich geplanten Betriebsstunden und die geografische Lage der Standorte enthalten. Diese Daten werden unter gebührender Berücksichtigung ihrer potenziellen Sensibilität veröffentlicht.

(13) Auf der Grundlage der in Anhang III Buchstabe d genannten harmonisierten Wirkungsgrad-Referenzwerte sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die Herkunft von Strom aus hocheffizienter KWK nach von den einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten objektiven, transparenten und nichtdiskriminierenden Kriterien nachgewiesen werden kann. Sie stellen sicher, dass dieser Herkunftsnachweis die in Anhang XII festgelegten Anforderungen erfüllt und mindestens die in diesem Anhang genannten Informationen enthält. Die Mitgliedstaaten erkennen die von ihnen ausgestellten Herkunftsnachweise gegenseitig ausschließlich als Nachweis der in diesem Absatz genannten Informationen an. Jede Verweigerung einer entsprechenden Anerkennung eines Herkunftsnachweises, insbesondere aus Gründen der Betrugsbekämpfung, muss sich auf objektive, transparente und nichtdiskriminierende Kriterien stützen. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Verweigerung mit und erläutern die Gründe hierfür. Wird die Anerkennung eines Herkunftsnachweises verweigert, so kann die Kommission einen Beschluss erlassen, um die verweigernde Partei insbesondere aufgrund objektiver, transparenter und nichtdiskriminierender Kriterien zur Anerkennung zu verpflichten.

(14) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jede verfügbare Förderung der KWK davon abhängig gemacht wird, dass der erzeugte Strom aus hocheffizienter KWK stammt und die Abwärme wirksam zur Erreichung von Primärenergieeinsparungen genutzt wird. Die staatliche Förderung der KWK sowie der Fernwärmeerzeugung und -netze unterliegt gegebenenfalls den Vorschriften für staatliche Beihilfen.

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