ANHANG II RL 71/320/EWG

Bremsprüfungen und Bremswirkungen

1
BREMSPRÜFUNGEN

1.1 Allgemeines

1.1.1 Die für die Bremsanlagen vorgeschriebene Wirkung ist auf den Bremsweg und/oder die mittlere Vollverzögerung bezogen. Die Wirkung einer Bremsanlage wird durch Messung des Bremswegs in Abhängigkeit von der Anfangsgeschwindigkeit des Fahrzeugs und/oder durch Messung der mittleren Vollverzögerung während der Prüfung bestimmt.

1.1.2 Der Bremsweg muß der vom Fahrzeug von Beginn der Betätigung der Bremsanlage bis zu seinem Stillstand zurückgelegte Weg sein; die Anfangsgeschwindigkeit v1 muß die Geschwindigkeit im Augenblick des Beginns der Betätigung der Bremsanlage sein; die Anfangsgeschwindigkeit darf nicht weniger als 98 % der für die in Frage stehende Prüfung vorgeschriebenen Geschwindigkeit betragen. Die mittlere Vollverzögerung (dm) wird nach folgender Formel als die durchschnittliche Verzögerung bezüglich des Wegs im Intervall zwischen vb und ve berechnet: Legende:
v1=
wie oben definiert
vb=
Geschwindigkeit des Fahrzeugs bei 0,8 v1 in km/h
ve=
Geschwindigkeit des Fahrzeugs bei 0,1 v1 in km/h
sb=
zwischen v1 und vb zurückgelegte Strecke in m
se=
zwischen v1 und ve zurückgelegte Strecke in m.
Geschwindigkeit und Bremsweg sollen mit Instrumenten von einer Genauigkeit von ± 1 % bei der für die Prüfung vorgeschriebenen Geschwindigkeit gemessen werden. dm kann mit anderen Verfahren als dem Messen von Geschwindigkeit und Bremsweg ermittelt werden; in diesem Fall soll die Genauigkeit von dm innerhalb von ± 3 % liegen.

1.1.3 Für die Typgenehmigung jedes Kraftfahrzeugs ist die Bremswirkung bei Prüfungen auf der Straße zu messen; diese Prüfungen sind unter folgenden Bedingungen durchzuführen:

1.1.3.1 Das Fahrzeug muß sich in dem für jeden Prüfungstyp vorgeschriebenen Belastungszustand befinden; dieser ist im Prüfprotokoll anzugeben; (Anhang IX Anlage 2).

1.1.3.2 Die Prüfung ist bei den für jeden Prüfungstyp vorgeschriebenen Geschwindigkeiten durchzuführen. Ist die durch die Bauart bestimmte Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs niedriger als die für die Prüfung vorgeschriebene, so ist die Prüfung bei der Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs durchzuführen.

1.1.3.3 Die bei den Prüfungen auf die Betätigungseinrichtung ausgeübte Kraft zur Erreichung der vorgeschriebenen Bremswirkung darf nicht größer sein als der für die Fahrzeugklasse des Prüffahrzeugs festgelegte Höchstwert.

1.1.3.4 Vorbehaltlich der Bestimmungen von 1.1.4.2 muß die Straße eine griffige Oberfläche haben.

1.1.3.5 Die Prüfungen dürfen nur stattfinden, wenn die Ergebnisse nicht vom Wind beeinflußt werden.

1.1.3.6 Bei Beginn der Prüfung müssen die Reifen kalt sein und den für die tatsächliche Belastung der ruhenden Räder vorgeschriebenen Druck haben.

1.1.3.7 Die vorgeschriebene Bremswirkung muß erzielt werden ohne Blockieren der Räder, ohne daß das Fahrzeug seine Spur verläßt und ohne ungewöhnliche Schwingungen. Ein Blockieren der Räder ist zulässig, wo dies ausdrücklich erwähnt ist.

1.1.4 Verhalten des Fahrzeugs während der Bremsung

1.1.4.1 Bei den Bremsprüfungen, insbesondere bei hoher Geschwindigkeit, ist das allgemeine Fahrzeugverhalten während der Bremsung zu beurteilen.

1.1.4.2 Das Verhalten der Fahrzeuge der Klassen M, N, O3 und O4 auf einer Straßenoberfläche mit kleinem Kraftschlußbeiwert muß den Bedingungen der Anlage dieses Anhangs entsprechen.

1.2 Prüfung Typ 0 (Normale Prüfung der Wirkung bei kalter Bremse)

1.2.1 Allgemeines

1.2.1.1 Die Bremsen müssen kalt sein; eine Bremse gilt als kalt, wenn an der Bremsscheibe oder außen an der Trommel gemessen die Temperatur weniger als 100 °C beträgt.

1.2.1.2 Die Prüfung ist unter folgenden Bedingungen durchzuführen:

1.2.1.2.1 Das Fahrzeug muß beladen sein, wobei die Verteilung der Masse auf die Achsen den Angaben des Herstellers entsprechen muß. Sind für die Achslasten mehrere Anordnungen vorgesehen, so ist die Gesamtmasse in der Weise auf die Achsen zu verteilen, daß jede Achslast der jeweils zulässigen Achslast entspricht; bei Sattelzugmaschinen darf die Last etwa in der Mitte zwischen der Position des Sattelzapfens, die aus den vorstehenden Belastungsbedingungen resultiert, und der Mittellinie der Hinterachse(n) angeordnet werden.
1.2.1.2.2 Jede Prüfung ist mit unbeladenem Fahrzeug zu wiederholen. Bei Kraftfahrzeugen darf sich auf der vorderen Sitzbank außer dem Fahrer noch eine weitere Person befinden, die für die Aufzeichnung der Prüfergebnisse verantwortlich ist. Bei Sattelzugmaschinen werden die Prüfungen im unbeladenen Zustand mit dem Zugfahrzeug allein durchgeführt, einschließlich einer Masse, die die Sattelkupplung darstellt. Das Fahrzeug muß auch eine Masse enthalten, die der des Ersatzrads entspricht, wenn ein solches zur Normalausrüstung des Fahrzeugs gehört. Bei einem Fahrzeug, das als bloße Fahrgestell-Fahrerhaus-Ausführung zur Prüfung vorgeführt wird, darf eine zusätzliche Last entsprechend der Masse des Aufbaus aufgebracht werden, wobei die vom Hersteller in Anhang XVIII angegebene Mindestmasse nicht überschritten werden darf.
1.2.1.2.3 Die für die Prüfungen sowohl bei beladenen wie unbeladenen Fahrzeugen vorgeschriebenen Grenzen für die Mindestbremswirkung sind für die einzelnen Fahrzeugklassen nachstehend angegeben. Das Fahrzeug muß die Bestimmungen sowohl hinsichtlich des vorgeschriebenen Bremsweges als auch hinsichtlich der für die in Frage kommende Fahrzeugklasse vorgeschriebenen mittleren Vollverzögerung erfüllen. Es müssen aber nicht unbedingt beide Parameter tatsächlich gemessen werden.
1.2.1.2.4 Die Fahrbahn muß horizontal sein.

1.2.2 Bremsprüfung Typ 0 mit ausgekuppeltem Motor

1.2.2.1 Die Prüfung ist bei der für die jeweilige Fahrzeugklasse angegebenen Geschwindigkeit vorzunehmen; bei den zugehörigen Werten ist eine gewisse Toleranz zulässig. Die für jede Klasse vorgeschriebene Mindestbremswirkung muß erreicht werden.

1.2.3 Bremsprüfung Typ 0 mit eingekuppeltem Motor

1.2.3.1 Unabhängig von der unter Punkt 1.2.2 vorgeschriebenen Prüfung sind zusätzliche Prüfungen mit verschiedenen Geschwindigkeiten durchzuführen, wobei die niedrigste 30 % und die höchste 80 % der Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs entsprechen muß. Es sind die tatsächlichen Höchstwerte der Bremswirkung zu ermitteln, und das Verhalten des Fahrzeugs ist im Prüfprotokoll anzugeben. Zugfahrzeuge für Sattelanhänger, bei denen mit einer Ersatzlast die Auswirkungen eines beladenen Sattelanhängers simuliert werden, dürfen nicht mit einer höheren Geschwindigkeit als 80 km/h geprüft werden.

1.2.3.2 Weitere Prüfungen werden bei eingekuppeltem Motor aus der für die betreffende Fahrzeugklasse vorgeschriebenen Geschwindigkeit durchgeführt. Für jede Fahrzeugklasse muß die vorgeschriebene Mindestbremswirkung erreicht werden. Zugfahrzeuge für Sattelanhänger, bei denen mit einer Ersatzlast die Auswirkungen eines beladenen Sattelanhängers simuliert werden, dürfen nicht mit einer höheren Geschwindigkeit als 80 km/h geprüft werden.

1.2.4 Bremsprüfung Typ 0 für Kraftfahrzeuge der Klasse O mit Druckluftbremsanlagen

1.2.4.1 Die Bremswirkung des Anhängers läßt sich entweder aus der Abbremsung des Zugfahrzeugs mit Anhänger und der gemessenen Deichselkraft oder, in bestimmten Fällen, aus der Abbremsung des Zugfahrzeugs mit Anhänger, wobei nur die Bremsen des Anhängers betätigt werden, errechnen. Die Bremsprüfung ist bei ausgekuppeltem Motor des Zugfahrzeugs durchzuführen. Wird nur der Anhänger gebremst, so gilt die mittlere Vollverzögerung als Bremswirkung, um die zusätzlich gebremste Masse zu berücksichtigen.

1.2.4.2 Mit Ausnahme der in den Punkten 1.2.4.3 und 1.2.4.4 genannten Fälle ist für die Ermittlung der Abbremsung des Anhängers die Messung der Abbremsung des Zugfahrzeugs mit Anhänger und der Deichselkraft erforderlich. Das Zugfahrzeug muß die Vorschriften der Anlage zu Punkt 1.1.4.2 des Anhangs II hinsichtlich des Verhältnisses des Quotienten und dem Druck pm erfüllen. Die Abbremsung des Anhängers wird nach folgender Formel berechnet: wobei:
zR=
Abbremsung des Anhängers
zR+M=
Abbremsung des Zugfahrzeugs mit Anhänger
D=

Deichselkraft

(Zugkraft D > 0)

(Druckkraft D < 0)

PR=
normale statische Reaktion zwischen der Straßenoberfläche und den Anhängerrädern insgesamt

1.2.4.3 Bei Anhängern mit einer durchgehenden oder halbdurchgehenden Bremsanlage, bei der sich der Druck in den Bremszylindern während des Bremsens trotz der dynamischen Achslastverlagerung nicht verändert, sowie bei Sattelanhängern darf auch nur der Anhänger abgebremst werden. Die Abbremsung des Anhängers wird nach folgender Formel berechnet: wobei:
R=
Rollwiderstand = 0,01
PM=
normale statische Reaktion zwischen der Straßenoberfläche und den Rädern der Zugfahrzeuge für Anhänger insgesamt

1.2.4.4 Wahlweise kann die Abbremsung des Anhängers auch dadurch ermittelt werden, daß lediglich der Anhänger gebremst wird. In diesem Fall ist der gleiche Druck zu verwenden, wie er während der Bremsung der Fahrzeugkombination in den Bremszylindern gemessen wird.

1.3 Bremsprüfung Typ I (Prüfung des Absinkens der Bremswirkung)

1.3.1 Mit wiederholten Bremsungen

1.3.1.1 Die Betriebsbremsanlagen aller Kraftfahrzeuge werden in der Weise geprüft, daß bei beladenem Fahrzeug eine Anzahl von aufeinanderfolgenden Bremsungen nach den in nachstehender Tabelle angegebenen Bedingungen vorgenommen wird:
FahrzeugklassePrüfbedingungen

v1

(km/h)

v2

(km/h)

Δt

(s)

n
M1

80 % vmax

≤ 120

½ v14515
M2

80 % vmax

≤ 100

½ v15515
M3

80 % vmax

≤ 60

½ v16020
N1

80 % vmax

≤ 120

½ v15515
N2

80 % vmax

≤ 60

½ v16020
N3

80 % vmax

≤ 60

½ v16020
wobei die Zeichen bedeuten:
v1=
siehe Punkt 1.1.2
v2=
Geschwindigkeit am Ende der Bremsung
vmax=
Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs
n=
Anzahl der Bremsungen
δt=
Dauer eines Bremszyklus (Zeitraum zwischen dem Beginn einer Bremsung und dem Beginn der nächsten Bremsung)

1.3.1.2 Lassen die Eigenschaften des Fahrzeugs die Einhaltung der für δt vorgeschriebenen Dauer nicht zu, so kann diese erhöht werden; auf jeden Fall müssen außer der zur Bremsung und Beschleunigung des Fahrzeugs erforderlichen Zeit 10 Sekunden für jeden Bremszyklus zur Stabilisierung der Geschwindigkeit v1 verfügbar sein.

1.3.1.3 Bei diesen Prüfungen muß die auf die Betätigungseinrichtung ausgeübte Kraft so bemessen sein, daß bei der ersten Bremsung eine mittlere Vollverzögerung von 3 m/s2 erreicht wird. Diese Kraft muß während aller nachfolgenden Bremsungen gleich groß sein.

1.3.1.4 Während der Bremsungen bleibt der Motor eingekuppelt und das Getriebe im höchsten Gang (Schnellgang, „overdrive” usw. ausgenommen).

1.3.1.5 Bei der Wiederbeschleunigung nach erfolgter Bremsung muß das Getriebe so geschaltet werden, daß die Geschwindigkeit v1 in möglichst kurzer Zeit erreicht wird (höchste mit dem Motor und dem Getriebe erreichbare Beschleunigung).

1.3.2 Mit andauernder Bremsung

1.3.2.1 Die Betriebsbremsanlage von Anhängern der Klassen O2 und O3 muß so geprüft werden, daß die Energieaufnahme der Bremsen bei beladenem Fahrzeug jener entspricht, die in der gleichen Zeit bei diesem Fahrzeug erfolgt, wenn es mit einer konstanten Geschwindigkeit von 40 km/h ein Gefälle von 7 % und einer Länge von 1,7 km befährt.

1.3.2.2 Die Prüfung kann auch auf ebener Fahrbahn durchgeführt werden, wobei der Anhänger von einem Kraftfahrzeug gezogen wird. Während der Prüfung muß die auf die Betätigungseinrichtung ausgeübte Kraft so bemessen werden, daß ein konstanter Widerstand des Anhängers aufrechterhalten wird (7 % der stationären Achshöchstlast des Anhängers). Reicht die Zugkraft des Zugfahrzeugs nicht aus, so kann die Prüfung mit einer kleineren Geschwindigkeit auf einer entsprechend längeren Strecke wie folgt durchgeführt werden:

Geschwindigkeit

(in km/h)

Strecke

(in m)

401700
301950
202500
153100

1.3.3 Bremswirkung mit heißen Bremsen

1.3.3.1 Am Schluß der Bremsprüfung Typ I (Prüfung nach Punkt 1.3.1 oder 1.3.2 dieses Anhangs) wird unter den Bedingungen der Prüfung Typ 0 mit ausgekuppeltem Motor (und insbesondere mit einer gleichförmigen Betätigungskraft, die nicht größer als die tatsächlich benutzte mittlere Kraft ist) die Heißbremswirkung der Betriebsbremsanlage ermittelt (dabei können jedoch andere Temperaturbedingungen auftreten). Bei Kraftfahrzeugen darf diese Heißbremswirkung nicht unter 80 % der für die betreffende Klasse vorgeschriebenen Bremswirkung und nicht unter 60 % des bei der Bremsprüfung Typ 0 mit ausgekuppeltem Motor ermittelten Werts liegen. Bei Anhängern darf jedoch die Heißbremswirkung bei einer Prüfgeschwindigkeit von 40 km/h am Umfang der Räder nicht unter 36 % der Kraft liegen, die der von den Rädern unter statischen Bedingungen getragenen Gesamtmasse entspricht, und nicht unter 60 % des bei der Bremsprüfung Typ 0 mit derselben Geschwindigkeit ermittelten Wertes liegen.

1.3.3.2 Bei einem Kraftfahrzeug, das die geforderten 60 % nach Punkt 1.3.3.1 erfüllt, aber nicht die geforderten 80 % nach Punkt 1.3.3.1 erfüllen kann, darf eine weitere Prüfung der Heißbremswirkung mit einer Betätigungskraft durchgeführt werden, die nicht höher als die in Punkt 2.1.1.1 dieses Anhangs angegebene ist. Die Ergebnisse beider Prüfungen sind in das Prüfprotokoll aufzunehmen.

1.4 Bremsprüfung Typ II (Prüfung des Fahrzeugverhaltens auf langen Gefällestrecken)

1.4.1 Die beladenen Kraftfahrzeuge werden in der Weise geprüft, daß die Energieaufnahme derjenigen entspricht, die während des gleichen Zeitraums bei einem beladenen Fahrzeug entsteht, das mit einer mittleren Geschwindigkeit von 30 km/h auf einem 6%igen Gefälle über eine Strecke von 6 km fährt, wobei der entsprechende Getriebegang eingelegt und die gegebenenfalls vorhandene Dauerbremse benutzt wird. Das Getriebe ist so zu schalten, daß die Motordrehzahl den vom Hersteller vorgeschriebenen Höchstwert nicht überschreitet.

1.4.2 Bei Fahrzeugen, bei denen die Energie allein durch die Motorbremse aufgenommen wird, ist eine Toleranz von ± 5 km/h für die mittlere Geschwindigkeit zugelassen; dabei ist der Gang einzuschalten, der eine gleichbleibende Geschwindigkeit möglichst nahe an 30 km/h auf 6%igem Gefälle ergibt. Wenn die Bestimmung der Motorbremswirkung durch eine Verzögerungsmessung erfolgt, genügt es, wenn diese mittlere Verzögerung mindestens 0,5 m/s2 beträgt.

1.4.3 Am Schluß dieser Prüfung wird unter den Bedingungen der Bremsprüfung Typ 0 mit ausgekuppeltem Motor (wobei jedoch andere Temperaturbedingungen auftreten können) die Heißbremswirkung der Betriebsbremsanlage ermittelt. Diese Heißbremswirkung muß einen Bremsweg ergeben, der nicht über den nachstehend angegebenen Werten liegt, wenn eine Betätigungskraft von nicht mehr als 700 N aufgebracht wird: Klasse M3: (Der zweite Ausdruck entspricht einer mittleren Vollverzögerung von 3,75 m/s2); Klasse N3: (Der zweite Ausdruck entspricht einer mittleren Vollverzögerung von 3,3 m/s2).

1.5 Bremsprüfung Typ IIA

1.5.1 Die beladenen Fahrzeuge müssen so geprüft werden, daß die Energieaufnahme derjenigen entspricht, die in der gleichen Zeit bei einem beladenen Fahrzeug erfolgt, wenn es mit einer mittleren Geschwindigkeit von 30 km/h ein Gefälle von 7 % und eine Länge von 6 km befährt. Während der Prüfung dürfen die Betriebs-, die Hilfs- und die Feststellbremsanlage nicht benutzt werden. Es muß die Getriebestufe eingeschaltet sein, bei der die Motordrehzahl den vom Hersteller vorgeschriebenen Höchstwert nicht übersteigt. Es darf eine integrierte Dauerbremsanlage verwendet werden, falls sie in geeigneter Weise so abgestimmt ist, daß bei dieser Prüfung die Betriebsbremsanlage nicht mitbetätigt wird; durch Prüfung, ob diese Bremsen gemäß Punkt 1.2.1.1 dieses Anhangs kalt bleiben, kann dies kontrolliert werden.

1.5.2 Bei Fahrzeugen, bei denen die Energie allein durch die Motorbremse aufgenommen wird, ist für die mittlere Geschwindigkeit eine Toleranz von + 5 km/h zugelassen, dabei ist der Gang einzuschalten, der auf einem Gefälle von 7 % die Einhaltung einer gleichbleibenden Geschwindigkeit zuläßt, die möglichst nahe bei 30 km/h liegt. Wird die Wirkung der Motorbremse durch die Messung der Verzögerung festgestellt, so genügt es, wenn eine mittlere Verzögerung von mindestens 0,6 m/s2 gemessen wird.

1.6 Bremsprüfung Typ III (Prüfung des Absinkens der Bremswirkung für Fahrzeuge der Klasse O4

1.6.1 Bremsprüfung auf der Straße Für die Prüfung auf der Straße müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein:
Anzahl der Bremsbetätigungen:20
Dauer eines Bremszyklus:60 s
Anfangsgeschwindigkeit zu Beginn des Bremsvorgangs:60 km/h
Bremsbetätigungen:entsprechend einer Anhängerverzögerung von 3 m/s2.
Die Abbremsung eines Anhängers wird nach Punkt 1.2.4.3 dieses Anhangs berechnet: Die Geschwindigkeit am Ende des Bremsvorgangs wird nach folgender Formel berechnet (Anhang VII Anlage 1 Punkt 3.1.5): Hierbei bedeutet:
zR=
Abbremsung des Anhängers
zR+M=
Abbremsung der Fahrzeugkombination (Zugfahrzeug und Anhänger)
R=
Rollwiderstandswert = 0,01
PM=
gesamte statische Normalkraft zwischen der Fahrbahn und den Rädern des Zugfahrzeugs für Anhänger (kg)
PR=
gesamte statische Normalkraft zwischen der Fahrbahn und den Rädern des Anhängers (kg)
P1=
Teil der Anhängermasse auf der/den ungebremsten Achse(n) (kg)
P2=
Teil der Anhängermasse auf der/den gebremsten Achse(n) (kg)
v1=
Anfangsgeschwindigkeit (km/h)
v2=
Endgeschwindigkeit (km/h)

1.6.2 Heißbremswirkung Am Ende der Prüfung nach 1.6.1 muß die Heißbremswirkung der Betriebsbremsanlage unter den gleichen Bedingungen geprüft werden wie bei der Bremsprüfung Typ 0, allerdings mit unterschiedlichen Temperaturbedingungen und einer Anfangsgeschwindigkeit von 60 km/h. Die Heißbremskraft an den Rädern darf nicht weniger als 40 % der von den Rädern unter statischen Bedingungen getragenen Gesamtmasse und nicht weniger als 60 % des bei der gleichen Geschwindigkeit bei der Prüfung Typ 0 aufgezeichneten Wertes betragen.

2
WIRKSAMKEIT DER BREMSANLAGEN

2.1 Fahrzeuge der Klassen M und N

2.1.1 Betriebsbremsanlagen

2.1.1.1 Prüfvorschriften

2.1.1.1.1 Die Betriebsbremsanlagen der Fahrzeuge der Klassen M und N werden nach den in folgender Tabelle angegebenen Bedingungen geprüft:
Prüftyp

M1

0-I

M2

0-I

M3

0-I-II/IIA

N1

0-I

N2

0-I

N3

0-I-II/IIA

Typ 0 mit ausgekuppeltem MotorVorgeschriebene Geschwindigkeit80 km/h60 km/h60 km/h80 km/h60 km/h60 km/h
s ≤
dm5,8 ms25 ms2
Typ 0 mit eingekuppeltem Motorv = 80 % vmax aber ≤:160 km/h100 km/h90 km/h120 km/h100 km/h90 km/h
s ≤
dm5 ms24 ms2
F ≤500 N700 N
v=
Prüfgeschwindigkeit in km/h
s=
Bremsweg in m
dm=
mittlere Vollverzögerung bei normaler Motordrehzahl
F=
Betätigungskraft am Pedal
vmax=
Höchstgeschwindigkeit des Fahrzeugs
2.1.1.1.2 Bei einem Fahrzeug, das zum Ziehen eines ungebremsten Anhängers zugelassen ist, muß die für die entsprechende Fahrzeugklasse vorgeschriebene Mindestbremswirkung (bei der Bremsprüfung Typ 0 mit ausgekuppeltem Motor) bei mit dem Fahrzeug verbundenem ungebremsten Anhänger, der mit der vom Fahrzeughersteller angegebenen Höchstmasse beladen ist, erreicht werden. Bei Fahrzeugen der Klasse M1 muß die Bremswirkung der Kombination mindestens 5,4 m/s2 in beladenem wie in unbeladenem Zustand betragen. Die Bremswirkung der Kombination wird überprüft durch Berechnungen unter Bezugnahme auf die maximale Bremswirkung des beladenen (und bei Klasse M1 auch des unbeladenen) Fahrzeugs allein bei der Bremsprüfung Typ 0 mit ausgekuppeltem Motor, und zwar nach folgender Formel (es sind keine praktischen Prüfungen mit einem angekuppelten ungebremsten Anhänger erforderlich): wobei die Zeichen bedeuten:
dM+R=
berechnete mittlere Vollverzögerung des an einem ungebremsten Anhänger angekuppelten Kraftfahrzeugs in m/s2
dM=
maximale mittlere Vollverzögerung des Kraftfahrzeugs allein bei der Bremsprüfung Typ 0 mit ausgekuppeltem Motor in m/s2
PM=
Masse des beladenen (bzw. bei Klasse M1 auch des unbeladenen) Kraftfahrzeugs
PR=
Höchstmasse des ungebremsten Anhängers, der gemäß den Angaben des Kraftfahrzeugherstellers angekuppelt werden kann

2.1.2 Hilfsbremsanlagen

2.1.2.1 Mit der Hilfsbremsanlage müssen, selbst wenn ihre Betätigungseinrichtung auch noch für andere Bremsfunktionen eingesetzt wird, ein die nachstehenden Werte nicht übersteigender Bremsweg und eine mittlere Vollverzögerung, die nachstehende Werte nicht unterschreiten darf, erreicht werden: Klasse M1: (Der zweite Ausdruck entspricht einer mittleren Vollverzögerung von 2,9 m/s2.) Klassen M2, M3: (Der zweite Ausdruck entspricht einer mittleren Vollverzögerung von 2,5 m/s2.) Klasse N: (Der zweite Ausdruck entspricht einer mittleren Vollverzögerung von 2,2 m/s2.)

2.1.2.2 Wird die Hilfsbremsanlage von Hand betätigt, so muß die vorgeschriebene Bremswirkung mit einer Betätigungskraft von nicht mehr als 400 N bei Fahrzeugen der Klasse M1 und 600 N bei den anderen Fahrzeugen erreicht werden; die Betätigungseinrichtung muß so angeordnet sein, daß sie vom Fahrer leicht und schnell erreicht werden kann.

2.1.2.3 Wird die Hilfsbremsanlage mit dem Fuß betätigt, so muß die vorgeschriebene Bremswirkung mit einer Betätigungskraft von nicht mehr als 500 N bei Fahrzeugen der Klasse M1 und 700 N bei den anderen Fahrzeugen erreicht werden; die Betätigungseinrichtung muß so angeordnet sein, daß sie vom Fahrer leicht und schnell erreicht werden kann.

2.1.2.4 Die Bremswirkung der Hilfsbremsanlage wird durch die Prüfung Typ 0 mit ausgekuppeltem Motor und mit folgenden Anfangsgeschwindigkeiten ermittelt:
M1 = 80 km/hM2 = 60 km/hM3 = 60 km/h
N1 = 70 km/hN2 = 50 km/hN3 = 40 km/h

2.1.2.5 Die Prüfung der Wirkung der Hilfsbremsanlage ist so durchzuführen, daß die tatsächlichen Ausfallbedingungen in der Betriebsbremsanlage simuliert werden.

2.1.3 Feststellbremsanlagen

2.1.3.1 Die Feststellbremsanlage muß, auch wenn sie mit einer der anderen Bremsanlagen kombiniert ist, das beladene Fahrzeug auf einer Steigung oder einem Gefälle von 18 % im Stillstand halten können.

2.1.3.2 Bei Fahrzeugen, hinter denen ein Anhänger mitgeführt werden darf, muß die Feststellbremsanlage des Zugfahrzeugs die miteinander verbundenen Fahrzeuge auf einer Neigung von 12 % im Stillstand halten können.

2.1.3.3 Bei Handbetätigung darf die Betätigungskraft 400 N bei den Fahrzeugen der Klasse M1 und 600 N bei allen anderen Fahrzeugen nicht übersteigen.

2.1.3.4 Bei Fußbetätigung darf die Betätigungskraft 500 N bei den Fahrzeugen der Klasse M1 und 700 N bei allen anderen Fahrzeugen nicht übersteigen.

2.1.3.5 Eine Feststellbremsanlage, die mehrmals betätigt werden muß, bevor sie die vorgeschriebene Bremswirkung erreicht, ist zulässig.

2.1.3.6 Zur Überprüfung der Übereinstimmung mit den Vorschriften von 2.2.1.2.4 des Anhangs I ist eine Prüfung nach Typ 0 mit ausgekuppeltem Motor und bei einer Anfangsgeschwindigkeit von 30 km/h durchzuführen. Die mittlere Vollverzögerung, die durch das Betätigen der Feststellbremsanlage erreicht wird, und die Verzögerung unmittelbar vor Stillstand der Fahrzeuge dürfen nicht kleiner als 1,5 m/s2 sein. Die Prüfung ist mit beladenem Fahrzeug durchzuführen. Die auf die Betätigungseinrichtung wirkende Kraft darf die vorgeschriebenen Werte nicht überschreiten.

2.1.4 Restbremswirkung der Betriebsbremsanlage nach Ausfall der Übertragungseinrichtung

2.1.4.1 Die Restbremswirkung der Betriebsbremsanlage muß bei Ausfall eines Teils ihrer Übertragungseinrichtung einen die nachstehenden Werte nicht überschreitenden Bremsweg sowie eine mittlere Vollverzögerung mit mindestens den nachstehenden Werten erreichen, wenn bei der Bremsprüfung Typ 0 mit ausgekuppeltem Motor und nachstehenden Anfangsgeschwindigkeiten für die entsprechenden Fahrzeugklassen eine Betätigungskraft von höchstens 700 N aufgewendet wird: Bremsweg (m) und mittlere Vollverzögerung (m/s2)
Klassekm/hBeladenm/s2Unbeladenm/s2
M1801,71,5
M2601,51,3
M3601,51,5
N1701,31,1
N2501,31,1
N3401,31,3

2.1.4.2 Die Prüfung der Restbremswirkung ist so durchzuführen, daß die tatsächlichen Ausfallbedingungen in der Betriebsbremsanlage simuliert werden.

2.2 Fahrzeuge der Klasse O

2.2.1 Betriebsbremsanlagen

2.2.1.1 Prüfvorschrift für Fahrzeuge der Klasse O1:

2.2.1.1.1 Ist eine Betriebsbremsanlage vorgeschrieben, so muß deren Bremswirkung die Vorschriften für die Fahrzeugklasse O2 erfüllen.

2.2.1.2 Prüfvorschrift für Fahrzeuge der Klasse O2:

2.2.1.2.1 Ist die Betriebsbremsanlage durchgehend oder halbdurchgehend, so muß die Summe der am Umfang der gebremsten Räder ausgeübten Kräfte mindestens X % der Kraft betragen, die der von den Rädern unter statischen Bedingungen getragenen Gesamtmasse entspricht, wobei für X folgende Werte gelten:
Anhänger mit Drehschemellenkung, beladen und unbeladen:50
Sattelanhänger, beladen und unbeladen:45
Zentralachsanhäger, beladen und unbeladen:50
Ist der Anhänger mit einer Druckluftbremsanlage ausgerüstet, darf der Druck während der Bremsprüfung in der Bremsleitung nicht mehr als 6,5 bar(1) und in der Vorratsleitung nicht mehr als 7,0 bar(2) betragen. Die Prüfgeschwindigkeit beträgt 60 km/h. Zum Vergleich mit den Ergebnissen der Prüfung Typ I ist zusätzlich eine Prüfung bei 40 km/h mit beladenem Fahrzeug durchzuführen.
2.2.1.2.2 Handelt es sich bei der Bremsanlage um eine Auflaufbremsanlage, so muß diese die Vorschriften nach Anhang VIII erfüllen.
2.2.1.2.3 Außerdem sind diese Fahrzeuge der Prüfung Typ I zu unterziehen.
2.2.1.2.4 Bei der Prüfung Typ I eines Sattelanhängers muß die von seinen Achsen abgebremste Masse der höchstzulässigen Achslast (ohne Last auf der Sattelkupplung) entsprechen.

2.2.1.3 Prüfvorschriften für Fahrzeuge der Klasse O3.

2.2.1.3.1 Es gelten die gleichen Vorschriften wie für Fahrzeuge der Klasse O2.

2.2.1.4 Prüfvorschriften für Fahrzeuge der Klasse O4.

2.2.1.4.1 Ist die Betriebsbremsanlage durchgehend oder halbdurchgehend, so muß die Summe der am Umfang der gebremsten Räder ausgeübten Kräfte mindestens X % der Kraft betragen, die der von den Rädern unter statischen Bedingungen getragenen Gesamtmasse entspricht, wobei für X folgende Werte gelten:
Anhänger mit Drehschemellenkung, beladen und unbeladen:50
Sattelanhänger, beladen und unbeladen:45
Zentralachsanhänger, beladen und unbeladen:50
Ist der Anhänger mit einer Druckluftbremsanlage ausgerüstet, darf der Druck während der Bremsprüfung in der Bremsleitung nicht mehr als 6,5 bar(3) und in der Vorratsleitung nicht mehr als 7,0 bar(3) betragen. Die Prüfgeschwindigkeit beträgt 60 km/h.
2.2.1.4.2 Außerdem sind die Fahrzeuge der Prüfung Typ III zu unterziehen.
2.2.1.4.3 Bei der Prüfung des Typs III eines Sattelanhängers muß die durch dessen Achse(n) gebremste Masse der (den) Höchstachslast(en) entsprechen.

2.2.2 Feststellbremsanlage

2.2.2.1 Die Feststellbremse des Anhängers oder Sattelanhängers muß den beladenen, vom Zugfahrzeug getrennten Anhänger oder Sattelanhänger auf einer Steigung oder einem Gefälle von 18 % im Stillstand halten können. Die auf die Betätigungseinrichtung ausgeübte Kraft darf 600 N nicht übersteigen.

2.2.3 Selbsttätige Bremsanlagen

2.2.3.1 Die Bremswirkung selbsttätiger Bremsanlagen darf im Fall eines vollständigen Druckverlustes in der Vorratsleitung bei der Prüfung des beladenen Fahrzeugs aus einer Geschwindigkeit von 40 km/h nicht weniger als 13,5 % der Kraft betragen, die der unter statischen Bedingungen von den Rädern getragenen Gesamtmasse entspricht. Ein Blockieren der Räder ist bei einer Abbremsung von mehr als 13,5 % zulässig.

2.3 Ansprech- und Schwelldauer Bei allen Fahrzeugen, bei denen die Betriebsbremsanlage vollständig oder teilweise auf eine andere Energiequelle als die Muskelkraft des Fahrers angewiesen ist, müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein:

2.3.1 Bei Schnellbremsung darf die Zeitspanne zwischen dem Beginn der Betätigung der Bremsanlage und dem Augenblick, wo die Bremskraft an der am ungünstigsten gelegenen Achse den für die vorgeschriebene Bremswirkung erforderlichen Wert erreicht, höchstens 0,6 Sekunden betragen.

2.3.2 Bei Fahrzeugen mit Druckluftbremsanlage gelten die Anforderungen von Punkt 2.3.1 als erfüllt, wenn das Fahrzeug den Vorschriften von Anhang III entspricht.

2.3.3 Bei Fahrzeugen mit einer hydraulischen Bremsanlage gelten die Bedingungen von Punkt 2.3.1 als erfüllt, wenn bei einer Schnellbremsung die Verzögerung des Fahrzeugs oder der Druck in dem am ungünstigsten angeordneten Bremszylinder innerhalb von 0,6 s den für die vorgeschriebene Bremswirkung erforderlichen Wert erreicht.

Fußnote(n):

(1)

Die hier und in den folgenden Anhängen genannten Drücke und Relativdrücke gemessen in bar.

(2)

Die hier und in den folgenden Anhängen genannten Drücke und Relativdrücke gemessen in bar.

(3)

Die hier und in den folgenden Anhängen genannten Drücke und Relativdrücke gemessen in bar.

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