Präambel RL 76/308/EWG

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100,

gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 729/70 des Rates vom 21. April 1970 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik(1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 2788/72(2), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 3,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(3),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(4),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Gegenwärtig kann eine Forderung, für die von den Behörden eines Mitgliedstaats ein Titel ausgestellt worden ist, in einem anderen Mitgliedstaat nicht beigetrieben werden.

Die einzelstaatlichen Bestimmungen auf dem Gebiet der Beitreibung stellen schon wegen ihres auf das jeweilige Hoheitsgebiet begrenzten Anwendungsbereich ein Hindernis für die Errichtung sowie eine Beeinträchtigung des Funktionierens des Gemeinsamen Marktes dar. Dies bedeutet, daß die Gemeinschaftsvorschriften insbesondere für den Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik nicht vollständig und gleichmäßig angewandt werden können, wodurch betrügerischen Praktiken Vorschub geleistet wird.

Es erscheint infolgedessen erforderlich, gemeinschaftliche Regeln zur gegenseitigen Unterstützung bei der Beitreibung zu erlassen.

Diese Regeln müssen sich auf die Beitreibung sowohl von Forderungen aus den verschiedenen Maßnahmen im Rahmen des Systems der vollständigen oder teilweisen Finanzierung des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft als auch von Abschöpfungen und Zöllen im Sinne von Artikel 2 des Beschlusses 70/243/EGKS, EWG, Euratom vom 21. April 1970 über die Ersetzung der Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel der Gemeinschaften(5) und von Artikel 128 der Beitrittsakte erstrecken. Ebenso müssen sie für die Beitreibung der mit diesen Forderungen verbundenen Zinsen und Kosten gelten.

Die gegenseitige Unterstützung muß für die ersuchte Behörde darin bestehen, daß sie der ersuchenden Behörde die Auskünfte erteilt, die diese für die Beitreibung der in dem Mitgliedsstaat, in welchem sie ihren Sitz hat, entstandenen Forderungen von Nutzen sind, und daß sie einem Schuldner alle mit solchen Forderungen zusammenhängenden Rechtsakte dieses Mitgliedstaats zustellt sowie auf Antrag der ersuchenden Behörde die Beitreibung der in dem Mitgliedstaat, in welchem letztere ihren Sitz hat, entstandenen Forderungen vornimmt.

Diese verschiedenen Formen der Unterstützung sind von der ersuchten Behörde unter Wahrung der einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz hat, anzuwenden.

Es sind die Bedingungen festzulegen, unter denen die Unterstützungsersuchen von den ersuchenden Behörden gestellt werden müssen, und es ist abschließend zu definieren, unter welchen besonderen Umständen die ersuchte Behörde in einem bestimmten Fall einem Unterstützungsersuchen nicht stattzugeben braucht.

Die ersuchte Behörde, die eine Forderung für Rechnung der ersuchenden Behörde beitreibt, muß, sofern die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in welchem sie ihren Sitz hat, dies gestatten, dem Schuldner im Einvernehmen mit der ersuchenden Behörde eine Zahlungsfrist einräumen oder eine Ratenzahlung gewähren können; etwaige Zinsen für diese Zahlungserleichterungen müssen dem Mitgliedstaat, in welchem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, überwiesen werden.

Ferner muß die ersuchte Behörde auf begründeten Antrag der ersuchenden Behörde, soweit die eigenen Rechtsvorschriften dies zulassen, Sicherungsmaßnahmen treffen können, um die Beitreibung der in dem ersuchenden Mitgliedstaat entstandenen Forderungen sicherzustellen. Diese Forderungen sollen jedoch in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, keinerlei Vorrechte genießen.

Für den Fall, daß im Verlauf des Beitreibungsverfahrens in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, die Forderung oder der in dem Mitgliedstaat, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, ausgestellte Vollstreckungstitel von dem Betroffenen angefochten wird, ist vorzusehen, daß der betreffende Rechtsbehelf von diesem bei der zuständigen Instanz des Mitgliedstaats, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat, eingelegt wird und die ersuchte Behörde das von ihr eingeleitete Beitreibungsverfahren aussetzt, bis die zuständige Instanz eine Entscheidung getroffen hat.

Es ist vorzusehen, daß Schriftstücke und Auskünfte, die im Rahmen der gegenseitigen Unterstützung bei der Beitreibung übermittelt werden, nicht zu anderen Zwecken verwendet werden dürfen.

Diese Richtlinie darf nicht dazu führen, daß die gegenseitige Unterstützung, die sich einige Mitgliedstaaten auf Grund bilateraler oder multilateraler Abkommen oder Vereinbarungen gewähren, eingeschränkt wird.

Es muß sichergestellt werden, daß die gegenseitige Unterstützung harmonisch funktioniert, und es muß hierfür ein Gemeinschaftsverfahren vorgesehen werden, das es ermöglicht, die entsprechenden Durchführungsbestimmungen innerhalb angemessener Fristen festzulegen. Es muß ein Ausschuß eingesetzt werden, um auf diesem Gebiet eine enge und wirksame Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission herbeizuführen —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. Nr. L 94 vom 28. 4. 1970, S. 13.

(2)

ABl. Nr. L 295 vom 30. 12. 1972, S. 1.

(3)

ABl. Nr. C 19 vom 12. 4. 1973, S. 38.

(4)

ABl. Nr. C 69 vom 28. 8. 1973, S. 3.

(5)

ABl. Nr. L 94 vom 28. 4. 1970, S. 19.

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