Präambel RL 90/387/EWG
DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a,
auf Vorschlag der Kommission(1),
in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament(2),
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
Artikel 8 a des Vertrages bestimmt, daß der Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen umfaßt, in dem der freie Verkehr von Dienstleistungen gemäß den Bestimmungen des Vertrages gewährleistet ist.
Mit Datum vom 30. Juni 1987 hat die Kommission ein Grünbuch über die Entwicklung des gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienstleistungen und Telekommunikationsgeräte und mit Datum vom 9. Februar 1988 eine Mitteilung zur Verwirklichung des Grünbuchs bis zum Jahr 1992 vorgelegt.
Am 30. Juni 1988 hat der Rat eine Entschließung über die Entwicklung des gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienste und -geräte bis 1992 angenommen(4).
Die vollständige Verwirklichung des gemeinsamen Marktes für Telekommunikationsdienste wird durch die rasche Einführung harmonisierter Grundsätze und Bedingungen für den offenen Netzzugang (Open Network Provision — ONP) begünstigt.
Wegen der unterschiedlichen Lage in den einzelnen Mitgliedstaaten und der bestehenden technischen und verwaltungsmäßigen Zwänge sollte dieses Ziel in Stufen verwirklicht werden.
Die Bedingungen für den offenen Netzzugang müssen mit bestimmten Grundsätzen übereinstimmen und dürfen den Zugang zu Netzen und Diensten nicht einschränken, es sei denn aus Gründen, die im allgemeinen öffentlichen Interesse liegen und im folgenden als „grundlegende Anforderungen” bezeichnet werden.
Bei der Festlegung und Anwendung dieser Grundsätze und grundlegenden Anforderungen ist zu bedenken, daß alle Einschränkungen des Rechts, innerhalb von und zwischen den Mitgliedstaaten Dienstleistungen zu erbringen, objektiv gerechtfertigt sein müssen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten haben, d. h. im Verhältnis zu dem verfolgten Ziel angemessen sein müssen.
Die Bedingungen für den offenen Netzzugang dürfen außer den Einschränkungen, die sich aus der Ausübung besonderer oder ausschließlicher Rechte ergeben, die die Mitgliedstaaten gewährt haben, und die mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, keine weiteren Einschränkungen bei der Nutzung des öffentlichen Telekommunikationsnetzes und/oder der öffentlichen Telekommunikationsdienste beinhalten.
Die Tarifgrundsätze müssen klar definiert werden, damit für alle Benutzer faire und transparente Bedingungen gewährleistet sind.
Die gesamte Richtlinie ist vor dem Hintergrund von Anhang 3 zu sehen, in dem ein Arbeitsprogramm für die ersten drei Jahre festgelegt wird.
Die Ausarbeitung harmonisierter Bedingungen für den offenen Netzzugang muß schrittweise erfolgen und mit Unterstützung eines Ausschusses, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und der die Vertreter der Fernmeldeorganisationen, der Benutzer, der Verbraucher, der Hersteller und der Diensteanbieter zu Rate zieht, vorbereitet werden. An dieser Ausarbeitung müssen sich alle Betroffenen beteiligen können; daher ist ihnen angemessene Zeit zur öffentlichen Stellungnahme einzuräumen.
Die gemeinschaftsweite Festlegung harmonisierter technischer Schnittstellen und Zugangsbedingungen muß auf der Grundlage gemeinsamer technischer Spezifikationen erfolgen, denen wiederum internationale Normen und Spezifikationen zugrunde liegen müssen.
Bei den Arbeiten in diesem Bereich ist unter anderem der Rahmen zu berücksichtigen, der durch die Richtlinie 83/189/EWG des Rates vom 28. März 1983 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften(5), zuletzt geändert durch die Richtlinie 88/182/EWG(6), die Richtlinie 86/361/EWG des Rates vom 24. Juli 1986 über die erste Phase der gegenseitigen Anerkennung der Allgemeinzulassungen von Telekommunikations-Endgeräten(7) und den Beschluß 87/95/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Normung auf dem Gebiet der Informationstechnik und der Telekommunikation(8) gegeben ist.
Mit der formellen Annahme der Statuten des Europäischen Instituts für Telekommunikationsstandards (ETSI) am 12. Februar 1988 und der entsprechenden internen Regeln wurde eine neue Einrichtung zur Ausarbeitung europäischer Telekommunikationsnormen geschaffen.
In seiner Entschließung vom 27. April 1989 über die Normung auf dem Gebiet der Informationstechnik und der Telekommunikation(9)hat der Rat die Arbeit von ETSI befürwortet und die Kommission ersucht, zu einer kohärenten Entwicklung von ETSI beizutragen und es zu unterstützen.
Die gemeinschaftsweite Festlegung und Verwirklichung harmonisierter Netzabschlußpunkte, die die konkrete Schnittstelle zwischen der Netzinfrastruktur und dem Gerät des Benutzers oder des Diensteanbieters darstellen, ist ein wesentlicher Bestandteil des ONP-Gesamtkonzepts.
Gemäß der Richtlinie 88/301/EWG der Kommission vom 16. Mai 1988 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikations-Endgeräte(10)haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, daß die Benutzer auf Wunsch innerhalb einer angemessenen Zeit Zugang zu den Netzabschlußpunkten erhalten.
Ein Hauptziel bei der Verwirklichung eines Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste ist die Schaffung günstiger Bedingungen für die Entwicklung europaweiter Dienstleistungsnetze.
In der vorgenannten Entschließung vom 30. Juni 1988 hat der Rat die volle Berücksichtigung der externen Aspekte der im Telekommunikationsbereich getroffenen Gemeinschaftsmaßnahmen als ein wichtiges politisches Ziel eingestuft.
Die Gemeinschaft legt besonderen Wert darauf, daß die grenzüberschreitenden Telekommunikationsdienste kontinuierlich wachsen, daß die Telekommunikationsdienste, die durch in einem Mitgliedstaat ansässige Gesellschaften oder natürliche Personen angeboten werden, zum Wachstum des Gemeinschaftsmarktes beitragen und daß Diensteanbieter der Gemeinschaft an den Märkten von Drittländern verstärkt teilnehmen. Es ist daher sicherzustellen, daß diese Zielsetzungen bei der Ausarbeitung von Einzelrichtlinien berücksichtigt werden, um zu erreichen, daß mit der schrittweisen Verwirklichung eines Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste gegebenenfalls eine entsprechende Öffnung der Märkte anderer Länder einhergeht.
Dieses Ergebnis sollte vorzugsweise durch multilaterale Verhandlungen im Rahmen des GATT erreicht werden, wobei bilaterale Gespräche zwischen der Gemeinschaft und Drittländern ebenfalls einen Beitrag zu diesem Prozeß leisten können.
Diese Richtlinie betrifft nicht die Probleme der Massenmedien, d. h. der Übertragung und Verteilung von Fernsehprogrammen über Fernmeldeeinrichtungen, insbesondere Fernsehkabelnetze, die besonderer Erwägungen bedürfen.
Diese Richtlinie betrifft auch nicht die Frage der Satellitenkommunikation, für die gemäß der vorgenannten Entschließung des Rates vom 30. Juni 1988 ein gemeinsamer Standpunkt erarbeitet werden soll.
Im Laufe des Jahres 1992 wird der Rat anhand eines Berichtes, den die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat vorlegen wird, und in Übereinstimmung mit Artikel 100 b des Vertrages prüfen, welche Bedingungen für den Zugang zu öffentlichen Telekommunikationsdiensten noch nicht harmonisiert sind, wie sich diese Bedingungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes für Telekommunikationsdienste auswirken und in welchem Ausmaß dieser Markt weiter geöffnet werden soll —
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. Nr. C 39 vom 16. 2. 1989, S. 8.
- (2)
ABl. Nr. C 158 vom 26. 6. 1989, S. 300, und
ABl. Nr. C 149 vom 18. 6. 1990.
- (3)
ABl. Nr. C 159 vom 26. 6. 1989, S. 37.
- (4)
ABl. Nr. C 257 vom 4. 10. 1988, S. 1.
- (5)
ABl. Nr. L 109 vom 26. 4. 1983, S. 8.
- (6)
ABl. Nr. L 81 vom 26. 3. 1988, S. 75.
- (7)
ABl. Nr. L 217 vom 5. 8. 1986, S. 21.
- (8)
ABl. Nr. L 36 vom 7. 2. 1987, S. 31.
- (9)
ABl. Nr. C 117 vom 11. 5. 1989, S. 1.
- (10)
ABl. Nr. L 131 vom 27. 5. 1988, S. 73.
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