ANHANG I RL 91/271/EWG

ANFORDERUNGEN AN KOMMUNALE ABWÄSSER

A.
Kanalisation (1)

Kanalisationen sollen den Anforderungen an die Abwasserbehandlung Rechnung tragen. Bei Entwurf, Bau und Unterhaltung der Kanalisation sind die optimalen technischen Kenntnisse zugrunde zu legen, die keine unverhältnismäßig hohen Kosten verursachen; dies betrifft insbesondere:

Menge und Zusammensetzung der kommunalen Abwässer,

Verhinderung von Leckagen,

Begrenzung einer Verschmutzung der aufnehmenden Gewässer durch Regenüberläufe.

B.
Einleitungen aus kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen in Gewässer(1)

1.
Abwasserbehandlungen müssen so ausgelegt oder umgerüstet werden, daß vor dem Einleiten in Gewässer repräsentative Proben des zugeleiteten Abwassers und des behandelten Abwassers entnommen werden können.
2.
Einleitungen aus kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen, die einer Behandlung nach den Artikeln 4 und 5 der Richtlinie unterliegen, müssen den Anforderungen in Tabelle 1 entsprechen.
3.
Einleitungen aus kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen in empfindliche Gebiete, in denen es im Sinne des Anhangs II Abschnitt A Buchstabe a) zur Eutrophierung kommt, müssen zusätzlich den Anforderungen in Tabelle 2 des vorliegenden Anhangs entsprechen.
4.
Falls erforderlich, sind strengere Anforderungen als die in den Tabellen 1 und/oder 2 genannten anzuwenden, um sicherzustellen, daß die Gewässer den Bestimmungen anderer einschlägiger Richtlinien entsprechen.
5.
Die Stelle, an der kommunales Abwasser eingeleitet wird, ist möglichst so zu wählen, daß die Auswirkungen auf das aufnehmende Gewässer auf ein Minimum beschränkt werden.

C.
Industrielles Abwasser

Industrielles Abwasser, das in Kanalisationen und kommunale Abwasserbehandlungsanlagen eingeleitet wird, muß so vorbehandelt werden, daß es folgende Anforderungen erfüllt:

Die Gesundheit des Personals, das in Kanalisationen und Behandlungsanlagen tätig ist, darf nicht gefährdet werden.

Kanalisation, Abwasserbehandlungsanlagen und die zugehörige Ausrüstung dürfen nicht beschädigt werden.

Der Betrieb der Abwasserbehandlungsanlage und die Behandlung des Klärschlamms dürfen nicht beeinträchtigt werden.

Ableitungen aus den Abwasserbehandlungsanlagen dürfen die Umwelt nicht schädigen oder dazu führen, daß die aufnehmenden Gewässer nicht mehr den Bestimmungen anderer Gemeinschaftsrichtlinien entsprechen.

Es muß sichergestellt sein, daß der Klärschlamm in umweltverträglicher Weise sicher beseitigt werden kann.

D.
Referenzmethoden für die Überwachung und Auswertung der Ergebnisse

1. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß eine Überwachungsmethode angewandt wird, die zumindest dem nachfolgend beschriebenen Anforderungsniveau entspricht. Es können auch andere als die in den Nummern 2, 3 und 4 genannten Verfahren angewandt werden, sofern mit ihnen nachweislich gleichwertige Ergebnisse erzielt werden. Die Mitgliedstaaten leiten der Kommission alle einschlägigen Informationen über das angewandte Verfahren zu. Ist die Kommission der Auffassung, daß die Anforderungen nach den Nummern 2, 3 und 4 nicht erfüllt sind, so unterbreitet sie dem Rat einen entsprechenden Vorschlag.

2. Am Ablauf und erforderlichenfalls am Zulauf der Abwasserbehandlungsanlage sind an jeweils denselben genau festgelegten Stellen abflußproportionale oder zeitproportionale 24-Stunden-Proben zu entnehmen, um zu überprüfen, ob das eingeleitete Abwasser den Anforderungen dieser Richtlinie entspricht. Dabei sind international anerkannte Laborpraktiken anzuwenden, mit denen die Veränderung des Zustands der Proben zwischen ihrer Entnahme und der Analyse so gering wie möglich gehalten wird.

3. Die Mindestzahl jährlicher Probenahmen soll entsprechend der Größe der Abwasserbehandlungsanlage festgesetzt werden, wobei die Proben in regelmäßigen zeitlichen Abständen zu entnehmen sind:
2000 — 9999 EW:

zwölf Proben im ersten Jahr

vier Proben in den darauffolgenden Jahren, wenn nachgewiesen werden kann, daß das Abwasser im ersten Jahr den Vorschriften der Richtlinie entspricht. Wenn eine der vier Proben den Grenzwert überschreitet, sind im folgenden Jahr zwölf Proben zu entnehmen

10000 — 49999 EW:zwölf Proben
50000 EW oder mehr24 Proben.

4. Für das behandelte Abwasser gelten die einschlägigen Werte als eingehalten, wenn für jeden einzelnen untersuchten Parameter die Wasserproben dem betreffenden Wert wie folgt entsprechen:
a)
Für die in Tabelle 1 und Artikel 2 Nummer 7 genannten Parameter ist in Tabelle 3 die höchstzulässige Anzahl von Proben angegeben, bei denen die als Konzentrationswerte und/oder prozentuale Verringerung ausgedrückten Anforderungen nach Tabelle 1 und Artikel 2 Nummer 7 nicht erfüllt sein müssen.
b)
Für die Tabelle 1 genannten und in Konzentrationswerten ausgedrückten Parameter darf die Abweichung von den Parameterwerten bei normalen Betriebsbedingungen nicht mehr als 100 % betragen. Für die Konzentrationswerte für die suspendierten Stoffe insgesamt sind Abweichungen bis zu 150 % zulässig.
c)
Für die in Tabelle 2 aufgeführten Parameter darf der Jahresmittelwert der Proben für jeden Parameter den maßgeblichen Wert nicht überschreiten.

5. Extremwerte der Abwasserbelastung bleiben unberücksichtigt, soweit sie auf Ausnahmesituationen wie starke Niederschläge zurückzuführen sind.

Tabelle 1:
Anforderungen an Einleitungen aus kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen, die den Bestimmungen der Artikel 4 und 5 unterliegen. Anzuwenden ist der Konzentrationswert oder die prozentuale Verringerung.
ParameterKonzentrationProzentuale Mindestverringerung(2)Referenzmeßverfahren
Biochemischer Sauerstoffbedarf (BSB5 bei 20 °C) ohne Nitrifikation(3)25 mg/l O2

70-90

40 gemäß Artikel 4 Absatz 2

Homogenisierte, ungefilterte, nicht dekantierte Probe. Bestimmung des gelösten Sauerstoffs vor und nach fünftägiger Bebrütung bei 20 °C ± 1 °C in völliger Dunkelheit. Zugabe eines Nitrifikationshemmstoffs
Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB)125 mg/l O275Homogenisierte, ungefilterte, nicht dekantierte Probe. Kalium-Dichromat
Suspendierte Schwebstoffe insgesamt

35 mg/l(4)

35 gemäß Artikel 4 Absatz 2 (mehr als 10000 EW)

60 gemäß Artikel 4 Absatz 2 (2000-10000 EW)

90(4)

90 gemäß Artikel 4 Absatz 2 (mehr als 10000 EW)

70 gemäß Artikel 4 Absatz 2 (2000-10000 EW)

Filtern einer repräsentativen Probe durch eine Filtermembran von 0,45 μm. Trocknen bei 105 °C und Wiegen

Zentrifugieren einer repräsentativen Probe (mindestens 5 Min. bei einer durchschnittlichen Beschleunigung von 2800 bis 3200 g), Trocknen bei 105 °C und Wiegen.

Die Analysen von Einleitungen aus Abwasserteichen sind an gefilterten Proben auszuführen; die Gesamtkonzentration an suspendierten Schwebstoffen in ungefilterten Wasserproben darf jedoch nicht mehr als 150 mg/l betragen.

Tabelle 2:

Anforderungen an Einleitungen aus kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen in empfindlichen Gebieten, in denen es zur Eutrophierung kommt. Je nach den Gegebenheiten vor Ort können ein oder beide Parameter verwendet werden. Anzuwenden ist der Konzentrationswert oder die prozentuale Verringerung.

ParameterKonzentrationProzentuale Mindestverringerung(5)Referenzmeßverfahren
Phosphor insgesamt2 mg/l (10000—100000 EW)80Molekulare Absorptions-Spektrophotometrie
1 mg/l (mehr als 100000 EW)
Stickstoff insgesamt(6)15 mg/l (10000—100000 EW)(7)70—80Molekulare Absorptions-Spektrophotometrie
10 mg/l (mehr als 100000 EW)(7)

Tabelle 3

Anzahl der Probenahmen innerhalb eines JahresHöchstzulässige Anzahl von Proben, bei denen Abweichungen zulässig sind
4-71
8-162
17-283
29-404
41-535
54-676
68-817
82-958
96-1109
111-12510
126-14011
141-15512
156-17113
172-18714
188-20315
204-21916
220-23517
236-25118
252-26819
269-28420
285-30021
301-31722
318-33423
335-35024
351-36525

Fußnote(n):

(1)

Da es in der Praxis nicht möglich ist, Kanalisationen und Behandlungsanlagen so zu dimensionieren, daß in Extremsituationen, wie z.B. bei ungewöhnlich starken Niederschlägen, das gesamte Abwasser behandelt werden kann, beschließen die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Begrenzung der Verschmutzung aus Regenüberläufen. Solche Maßnahmen könnten vom Mischungsverhältnis, von der Leistungsfähigkeit bezogen auf den Trockenwetterabfluß oder von einer bestimmten tragbaren jährlichen Überlaufhäufigkeit ausgehen.

(2)

Verringerung bezogen auf die Belastung des Zulaufs.

(3)

Dieser Parameter kann durch einen anderen ersetzt werden: gesamter organischer Kohlenstoff (TOC) oder gesamter Bedarf an Sauerstoff (TOD), wenn eine Beziehung zwischen BSB5 und dem Substitutionsparameter hergestellt werden kann.

(4)

Diese Anforderung ist fakultativ.

(5)

Verringerung bezogen auf die Belastung des Zulaufs.

(6)

Stickstoff insgesamt bedeutet die Summe von Kjeldahl-Stickstoff (organischer N + NH3), Nitrat-Stickstoff und Nitrit-Stickstoff.

(7)

Bei diesen Konzentrationswerten handelt es sich um jährliche Durchschnittswerte gemäß Anhang I Punkt D.4.c). Die Erfüllung der Anforderungen für Stickstoff kann jedoch anhand von täglichen Durchschnittswerten überprüft werden, wenn gemäß Anhang I Punkt D.1 das gleiche Umweltschutzniveau nachgewiesen werden kann. In diesem Fall darf der tägliche Durchschnittswert für Stickstoff bei allen Proben 20 mg/l insgesamt nicht überschreiten; dies gilt bei einer Abwassertemperatur im biologischen Reaktor von mindestens 12 °C. Anstatt der Temperatur kann auch eine begrenzte Betriebszeit vorgegeben werden, die den regionalen klimatischen Verhältnissen Rechnung trägt.

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