ANHANG RL 93/14/EWG

1.
BEGRIFFSBESTIMMUNGEN

In dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.1.
Fahrzeugtyp hinsichtlich der Bremsanlage

Als „Fahrzeugtyp hinsichtlich der Bremsanlage” werden Fahrzeuge bezeichnet, die untereinander keine wesentlichen Unterschiede aufweisen; solche Unterschiede können insbesondere die folgenden sein:
1.1.1.
Fahrzeugklasse nach Artikel 1 dieser Richtlinie;
1.1.2.
Höchstmasse nach Absatz 1.13;
1.1.3.
Achslastverteilung;
1.1.4.
bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit;
1.1.5.
Bremsanlage anderer Bauart;
1.1.6.
Zahl und Anordnung der Achsen;
1.1.7.
Motortyp;
1.1.8.
Anzahl und Übersetzungen der Getriebegänge insgesamt;
1.1.8.a
Gesamtübersetzungsverhältnis;
1.1.9.
Reifenabmessungen.

1.2.
Bremsanlage

bezeichnet die Gesamtheit der Teile außer dem Motor, deren Aufgabe es ist, die Geschwindigkeit eines fahrenden Fahrzeugs zu verringern oder es zum Stillstand zu bringen oder es im Stillstand zu halten; diese Funktionen sind in Punkt 2.1.2 aufgeführt. Die Bremsanlage besteht aus der Betätigungseinrichtung, der Übertragungseinrichtung und der eigentlichen Bremse.

1.3.
Betätigungseinrichtung

bezeichnet den Teil, den der Fahrer unmittelbar betätigt, um die zur Bremsung erforderliche Energie zu steuern oder auf die Übertragungseinrichtung aufzubringen. Diese Energie kann die Muskelarbeit des Fahrers oder eine andere vom Fahrer gesteuerte Energiequelle oder eine Kombination dieser verschiedenen Energiearten sein.

1.4.
Übertragungseinrichtung

bezeichnet die Gesamtheit der Teile, die zwischen der Betätigungseinrichtung und der Bremse angeordnet sind und diese miteinander verbinden. Wenn die Bremsung durch eine Energiequelle erreicht oder unterstützt wird, die vom Fahrer unabhängig, aber von ihm gesteuert ist, ist der Energievorratsbehälter ein Teil der Übertragungseinrichtung.

1.5.
Bremse

bezeichnet die Einrichtungen der Bremsanlage, in der die sich der Bewegung des Fahrzeugs entgegensetzenden Kräfte erzeugt werden.

1.6.
Verschiedenartige Bremsanlagen

bezeichnet Bremsanlagen, die untereinander grundlegende Unterschiede aufweisen; solche Unterschiede können insbesondere die folgenden sein:
1.6.1.
verschiedenartige Teile;
1.6.2.
Teile aus verschiedenartigen Werkstoffen oder Teile abweichender Form oder Größe;
1.6.3.
verschiedenartiger Zusammenbau von Teilen.

1.7.
Teil einer Bremsanlage

bezeichnet einen oder mehrere der einzelnen Bauteile, die zusammen die vollständige Bremsanlage bilden.

1.8.
Kombinierte Bremsanlage

1.8.1.
bezeichnet im Fall von Kleinkrafträdern und Krafträdern ohne Beiwagen ein System, bei dem mindestens zwei Bremsen, die auf zwei verschiedene Räder einwirken, gleichzeitig betätigt werden können;
1.8.2.
im Fall von dreirädrigen Kleinkrafträdern und Dreiradfahrzeugen eine Bremsanlage, die auf alle Räder einwirkt;
1.8.3.
im Fall der Krafträder mit Beiwagen eine Bremsanlage, die zumindest auf das Vorderrad und auf das Hinterrad einwirkt. Eine Anlage, die gleichzeitig auf das Hinterrad und auf das Rad des Beiwagens einwirkt, wird als Hinterradbremse angesehen.

1.9.
Abstufbare Bremsung

bezeichnet eine Bremsung, während der innerhalb des normalen Betriebsbereichs der Anlage, sei es während des Anziehens oder während der Lösung der Bremsen,
1.9.1.
der Führer jederzeit durch Einwirkung auf die Betätigungseinrichtung die Bremskraft erhöhen oder vermindern kann;
1.9.2.
die Bremskraft sich proportional zur Einwirkung auf die Betätigungseinrichtung ändert (monotone Funktion) und
1.9.3.
die Bremskraft ohne Schwierigkeiten fein genug reguliert werden kann.

1.10.
Bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit

bezeichnet die Geschwindigkeit, die das Fahrzeug auf ebener Strecke und ohne unvorhergesehene äußere Einflüsse unter Berücksichtigung besonderer durch die Auslegung und den Bau des Fahrzeugs bedingter Beschränkungen nicht überschreiten kann.

1.11.
Beladenes Fahrzeug

bezeichnet, wenn nicht anders angegeben, ein bis zu seiner Höchstmasse beladenes Fahrzeug.

1.12.
Unbeladenes Fahrzeug

bezeichnet das bloße Fahrzeug, wie es bei den Prüfungen vorgeführt wird, einschließlich Fahrer und aller für die Prüfversuche notwendiger Materialien und Geräte.

1.13.
Höchstmasse

bezeichnet die vom Hersteller deklarierte technisch zulässige Höchstmasse (diese Masse kann größer sein als die von den nationalen Behörden zugelassene Höchstmasse).

1.14.
Feuchte Bremse(n)

bezeichnet eine Bremse bzw. Bremsen, die der nach Punkt 1.3 der Anlage 1 vorgesehenen Behandlung unterzogen wurde(n).

2.
BAU- UND EINBAUVORSCHRIFTEN

2.1.
Allgemeines

2.1.1.
Bremsanlage

2.1.1.1.
Die Bremsanlage muß so konstruiert, gebaut und eingebaut sein, daß das Fahrzeug bei betriebsüblicher Beanspruchung trotz der auftretenden Erschütterung den Vorschriften dieses Anhangs entspricht.
2.1.1.2.
Insbesondere muß die Bremsanlage so konstruiert, gebaut und eingebaut sein, daß sie den im Betrieb auftretenden Korrosions- und Alterungseinwirkungen standhält.
2.1.1.3.
Die Bremsbeläge dürfen kein Asbest enthalten.

2.1.2.
Anforderungen an die Bremsanlage

Eine Bremsanlage gemäß Punkt 1.2 muß folgende Anforderungen erfüllen:

2.1.2.1.
Betriebsbremse

Die Betriebsbremse muß bei allen Geschwindigkeiten und Belastungszuständen und bei beliebiger Steigung und beliebigem Gefalle die Kontrolle der Fahrzeugbewegung sowie ein sicheres, schnelles und wirksames Anhalten des Fahrzeugs ermöglichen. Ihre Wirkung muß abstufbar sein. Der Fahrer muß die Bremswirkung von seinem Sitz aus erzielen können, ohne die Hände von der Lenkanlage zu nehmen.

2.1.2.2.
Hilfsbremsung (wenn das Fahrzeug entsprechend ausgerüstet ist)

Die Hilfsbremsung muß das Anhalten des Fahrzeugs innerhalb einer angemessenen Entfernung ermöglichen, wenn die Betriebsbremse versagt. Die Wirkung muß abstufbar sein. Der Fahrer muß die Bremswirkung von seinem Sitz aus erzielen können und dabei mindestens mit einer Hand die Kontrolle über die Lenkanlage behalten. Für diese Vorschrift wird angenommen, daß bei der Betriebsbremse nicht mehrere Störungen gleichzeitig auftreten können.

2.1.2.3.
Feststellbremse (wenn das Fahrzeug entsprechend ausgerüstet ist)

Die Feststellbremse muß es ermöglichen, das Fahrzeug auch bei Abwesenheit des Fahrers in der Steigung und im Gefalle im Stillstand zu halten, wobei die bremsenden Teile durch eine Einrichtung mit rein mechanischer Wirkung in Bremsstellung festgehalten werden. Der Fahrer muß die Bremswirkung von seinem Sitz aus erzielen können.

2.2.
Eigenschaften der Bremsanlagen

2.2.1.
Jedes zweirädrige Kleinkraftrad oder Kraftrad ohne Beiwagen muß mit zwei Betriebsbremsanlagen mit unabhängigen Betätigungs- und Übertragungseinrichtungen ausgerüstet sein, wobei mindestens eine auf das Vorderrad und die andere auf das Hinterrad einwirkt.
2.2.1.1.
Die beiden Betriebsbremsanlagen können zusammenwirken, soweit eine Störung bei einer Anlage sich nicht auf die Leistungsfähigkeit der anderen auswirkt. Einige Bauteile, wie die eigentliche Bremse, die Bremszylinder und deren Kolben (mit Ausnahme der Dichtungen), die Bremsgestänge und die Bremswellen werden nicht als störanfällig angesehen, wenn diese Teile ausreichend bemessen, für die Wartung leicht zugänglich sind und hinlängliche Sicherheitsmerkmale aufweisen.
2.2.1.2.
Eine Feststellbremse ist nicht zwingend vorgeschrieben.
2.2.2.
Jedes Kraftrad mit Beiwagen muß mit den Bremsanlagen ausgerüstet sein, die auch ohne Beiwagen erforderlich wären; wird durch diese Anlagen bei den Prüfversuchen mit Beiwagen die erforderliche Wirksamkeit erreicht, ist eine auf das Rad des Beiwagens einwirkende Bremse nicht erforderlich; eine Feststellbremse ist nicht zwingend vorgeschrieben.
2.2.3.
Jedes dreirädrige Kleinkraftrad ist folgendermaßen auszurüsten:
2.2.3.1.
entweder mit zwei unabhängigen Betriebsbremsanlagen, durch die Bremsen auf allen Rädern gleichzeitig betätigt werden;
2.2.3.2.
oder mit einer Betriebsbremsanlage, durch die Bremsen auf allen Rädern betätigt werden, und einer Hilfsbremsanlage, bei der es sich um die Feststellbremse handeln kann.
2.2.3.3.
Ferner muß jedes dreirädrige Kleinkraftrad mit einer Feststellbremsanlage ausgerüstet sein, die auf das Rad (die Räder) mindestens einer Achse einwirkt. Die Feststellbremsanlage, die eine der beiden in Punkt 2.2.3.1 vorgesehenen Anlagen sein kann, muß von der Anlage, die auf die andere(n) Achse(n) einwirkt, unabhängig sein.
2.2.4.
Jedes Dreiradfahrzeug ist folgendermaßen auszurüsten:
2.2.4.1.
mit einer fußbetätigten Betriebsbremsanlage, die auf alle Räder einwirkt, und einer Hilfsbremsanlage, bei der es sich um die Feststellbremse handeln kann, und
2.2.4.2.
mit einer Feststellbremsanlage, die auf die Räder mindestens einer Achse einwirkt. Die Betätigungseinrichtung der Feststellbremsanlage muß von der Betätigungseinrichtung der Betriebsbremsanlage unabhängig sein.
2.2.5.
Die Bremsanlagen müssen auf Bremsflächen einwirken, die fest oder über nicht störanfällige Bauteile ständig mit den Rädern verbunden sind.
2.2.6.
Die Teile aller in die Fahrzeuge eingebauten Bremsanlagen sind so zu befestigen, daß die Bremsanlagen bei normalen Betriebsbedingungen nicht versagen.
2.2.7.
Die Bremsanlagen müssen, wenn sie richtig geschmiert und eingestellt sind, einwandfrei funktionieren.
2.2.7.1.
Die Abnutzung der Bremsen muß durch eine handbetätigte oder durch eine selbsttätige Nachstelleinrichtung leicht ausgeglichen werden können. Eine Nachstellung der Bremsen muß, ohne daß die Bremswirkung beeinträchtigt wird, solange möglich sein, bis die Bremsbeläge ersetzt werden müssen.
2.2.7.2.
Die Betätigungseinrichtung und Teile der Übertragungseinrichtung und der Bremsen müssen eine solche Wegreserve besitzen, daß im Fall einer Überhitzung der Bremsen und einer maximalen Abnutzung der Beläge eine wirksame Bremsung ohne sofortiges Nachstellen möglich ist.
2.2.7.3.
Die Teile der Bremsanlage dürfen, wenn sie richtig eingestellt sind, bei der Betätigung nicht mit anderen als den vorgesehenen Teilen in Berührung kommen.
2.2.8.
Im Fall von Bremsanlagen mit hydraulischer Übertragung muß der Behälter für die Bremsflüssigkeit so ausgelegt und beschaffen sein, daß der Bremsflüssigkeitsstand leicht geprüft werden kann.

Diese Bestimmung gilt nicht für Kleinkrafträder mit einer Höchstgeschwindigkeit bis zu 25 km/h.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.