Präambel RL 93/6/EWG
DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 57 Absatz 2 Satz 1 und Satz 3,
auf Vorschlag der Kommission(1),
in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament(2),
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
Wichtigstes Ziel der Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen(4) ist es, daß Wertpapierfirmen, die von den zuständigen Behörden ihres Herkunftsmitgliedstaats zugelassen wurden und von diesen beaufsichtigt werden, in anderen Mitgliedstaaten uneingeschränkt Zweigniederlassungen gründen und Dienstleistungen erbringen können. Die genannte Richtlinie sieht daher die Koordinierung der Rechtsvorschriften über die Zulassung und die Ausübung der Tätigkeit von Wertpapierfirmen vor.
In der genannten Richtlinie sind jedoch weder gemeinsame Normen für die Eigenmittel von Wertpapierfirmen vorgesehen, noch wird die Höhe des Anfangskapitals dieser Firmen festgelegt. Es wird kein gemeinsamer Rahmen für die Kontrolle der Risiken, denen diese Firmen ausgesetzt sind, festgelegt; an mehreren Stellen wird auf eine andere Initiative der Gemeinschaft hingewiesen, die dem Ziel dient, in ebendiesen Bereichen koordinierte Maßnahmen zu ergreifen.
Dabei wurde das Konzept zugrunde gelegt, daß eine Harmonisierung nur insoweit angestrebt wird, wie dies zur Gewährleistung der gegenseitigen Anerkennung der Zulassung und der Aufsichtssysteme unbedingt erforderlich und hinreichend ist. Die Verabschiedung von Maßnahmen zur Koordinierung, wie die Definition der Eigenmittel von Wertpapierfirmen, die Festlegung der Höhe des Anfangskapitals und die Festlegung eines gemeinsamen Rahmens für die Kontrolle der Risiken, denen Wertpapierfirmen ausgesetzt sind, stellt einen wesentlichen Aspekt der Harmonisierung dar, die für die gegenseitige Anerkennung im Rahmen des Binnenmarkts im Finanzsektor erforderlich ist.
Für das Anfangskapital sollte je nach der Bandbreite der den Wertpapierfirmen gestatteten Tätigkeiten eine unterschiedliche Höhe festgesetzt werden.
Bereits bestehende Wertpapierfirmen sollten ihre Geschäftstätigkeit unter bestimmten Voraussetzungen fortsetzen können, auch wenn sie nicht den Mindestbetrag nachweisen können, der für neugegründete Firmen vorgeschrieben ist.
Die Mitgliedstaaten können darüber hinaus strengere Vorschriften als in dieser Richtlinie vorgesehen erlassen.
Diese Richtlinie ist Teil der allgemeinen internationalen Anstrengungen zur Angleichung der geltenden Vorschriften hinsichtlich der Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (im folgenden mit dem Sammelbegriff „Institute” bezeichnet).
Gemeinsame grundlegende Normen für die Eigenmittel von Instituten sind ein Schlüsselelement des gemeinsamen Binnenmarktes für Wertpapierdienstleistungen, da die Eigenmittel dazu dienen, den Fortbestand der Institute zu sichern und die Anleger zu schützen.
In einem gemeinsamen Binnenmarkt im Finanzsektor treten Institute, ob sie nun Wertpapierfirmen oder Kreditinstitute sind, in direkten Wettbewerb miteinander.
Es ist daher wünschenswert, die Gleichbehandlung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen zu erreichen.
Gemeinsame Regeln für die Beaufsichtigung und Kontrolle der Kreditrisiken von Kreditinstituten wurden bereits in der Richtlinie 89/647/EWG des Rates vom 18. Dezember 1989 über einen Solvabilitätskoeffizienten für Kreditinstitute(5) festgelegt.
Es ist erforderlich, gemeinsame Regeln für die Marktrisiken von Kreditinstituten zu entwickeln und einen ergänzenden Rahmen für die Beaufsichtigung der Risiken zu schaffen, denen Institute ausgesetzt sind, und zwar insbesondere der Marktrisiken einschließlich der Positionsrisiken, der Abwicklungs- und Lieferrisiken und der Fremdwährungsrisiken.
Es ist erforderlich, den Begriff Wertpapierhandel einzuführen, der Wertpapierpositionen und Positionen in anderen Finanzinstrumenten umfaßt, die zum Zweck des Wiederverkaufs gehalten werden und bei denen in erster Linie Marktrisiken und Risiken im Zusammenhang mit bestimmten Finanzdienstleistungen für Kunden bestehen.
Es ist wünschenswert, daß Institute, bei denen der Wertpapierhandel sowohl absolut als auch relativ nur einen geringen Umfang hat, statt der Anforderungen der Anhänge I und II dieser Richtlinie die Richtlinie 89/647/EWG anwenden können.
Es ist wichtig, daß bei der Kontrolle des Abwicklungs- und Lieferrisikos die bestehenden Systeme berücksichtigt werden, die einen angemessenen Schutz und damit eine Minderung dieses Risikos bieten.
In jedem Fall müssen die Institute die Bestimmungen dieser Richtlinie hinsichtlich der Deckung des Fremdwährungsrisikos aller ihrer Umsätze erfüllen. Für die Deckung von Positionen in engverbundenen Währungen sollten niedrigere Kapitalanforderungen gelten, wobei die enge Verbundenheit entweder statistisch erwiesen sein oder sich aus bindenden zwischenstaatlichen Vereinbarungen, insbesondere im Hinblick auf die Schaffung der Europäischen Währungsunion, ergeben muß.
Die Tatsache, daß alle Institute interne Systeme zur Überwachung und Kontrolle der Zinsrisiken aller ihrer Umsätze haben, ist besonders wichtig für die Minimierung dieser Risiken. Diese Systeme müssen daher von den zuständigen Behörden überwacht werden.
Die Richtlinie 92/121/EWG des Rates vom 21. Dezember 1992 über die Überwachung und Kontrolle der Großkredite von Kreditinstituten(6) hat nicht die Aufstellung gemeinsamer Regeln für die Überwachung von Großrisiken bei Geschäften zum Ziel, bei denen in erster Linie Marktrisiken bestehen. In der genannten Richtlinie wird auf eine andere Gemeinschaftsinitiative Bezug genommen, mit der die erforderliche Koordinierung der Verfahren auf diesem Gebiet erfolgen soll.
Es müssen gemeinsame Regeln für die Überwachung und Kontrolle der Großrisiken von Wertpapierfirmen aufgestellt werden.
Die Richtlinie 89/299/EWG des Rates vom 17. April 1989 über die Eigenmittel von Kreditinstituten(7) enthält bereits die Definition der Eigenmittel von Kreditinstituten.
Diese Definition sollte die Grundlage für die Definition der Eigenmittel von Instituten sein.
Es gibt jedoch gute Gründe dafür, daß für die Zwecke dieser Richtlinie die Definition der Eigenmittel von Instituten von der der vorgenannten Richtlinie abweichen kann, damit sie den besonderen Merkmalen der Geschäftstätigkeiten der Institute Rechnung trägt, bei denen in erster Linie Marktrisiken bestehen.
In der Richtlinie 92/30/EWG des Rates vom 6. April 1992 über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis(8), in der der Grundsatz der Konsolidierung aufgestellt wird, werden keine gemeinsamen Regeln für die Konsolidierung bei Finanzinstituten festgelegt, bei deren Geschäftstätigkeit in erster Linie Marktrisiken bestehen. In dieser Richtlinie wird auf eine andere Gemeinschaftsinitiative Bezug genommen, mit der die Verabschiedung koordinierter Maßnahmen in diesem Bereich angestrebt wird.
Die Richtlinie 92/30/EWG gilt nicht für Gruppen, die eine Wertpapierfirma/Wertpapierfirmen, jedoch kein Kreditinstitut umfassen. Es wurde jedoch für wünschenswert erachtet, daß für die Einführung der Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen auf konsolidierter Basis ein gemeinsamer Rahmen geschaffen wird.
Technische Anpassungen einzelner Bestimmungen dieser Richtlinie können von Zeit zu Zeit erforderlich sein, um neuen Entwicklungen im Bereich der Wertpapierdienstleistungen Rechnung zu tragen. Die Kommission wird daher erforderlichenfalls diese Anpassungen vorschlagen.
Der Rat sollte zu einem späteren Zeitpunkt Vorschriften für die Anpassung dieser Richtlinie an den technischen Fortschritt gemäß dem Beschluß 87/373/EWG des Rates vom 13. Juli 1987 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(9) erlassen; zwischenzeitlich sollte der Rat derartige Anpassungen auf Vorschlag der Kommission selbst vornehmen.
Es sollte vorgesehen werden, daß diese Richtlinie innerhalb von drei Jahren nach ihrem Inkrafttreten im Licht der Erfahrungen, der Entwicklungen auf den Finanzmärkten und der Arbeit in den internationalen Gremien, in denen die Aufsichtsbehörden mitwirken, überprüft wird. Bei dieser Überprüfung sollte auch die Überarbeitung der Liste der für technische Anpassungen in Frage kommenden Bereiche erwogen werden.
Diese Richtlinie und die Richtlinie 93/22/EWG stehen in so enger Verbindung miteinander, daß sich Wettbewerbsverzerrungen ergeben könnten, wenn sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft trägen —
HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (1)
ABl. Nr. C 152 vom 21. 6. 1990, S. 6, und
ABl. Nr. C 50 vom 25. 2. 1992, S. 5.
- (2)
ABl. Nr. C 326 vom 16. 12. 1991, S. 89, und
ABl. Nr. C 337 vom 21. 12. 1992, S. 114.
- (3)
ABl. Nr. C 69 vom 18. 3. 1991, S. 1.
- (4)
Siehe Seite 27 dieses Amtsblatts.
- (5)
ABl. Nr. L 386 vom 30. 12. 1989, S. 14. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 92/30/EWG (ABl. Nr. L 110 vom 28. 4. 1992, S. 52).
- (6)
ABl. Nr. L 29 vom 5. 2. 1993, S. 1.
- (7)
ABl. Nr. L 124 vom 5. 5. 1989, S. 16. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 92/30/EWG (ABl. Nr. L 110 vom 24. 9. 1992, S. 52).
- (8)
ABl. Nr. L 110 vom 28. 4. 1992, S. 52.
- (9)
ABl. Nr. L 197 vom 18. 7. 1987, S. 33.
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