Präambel RL 98/80/EG

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 99,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Nach der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage(4) sind Umsätze von Gold im Prinzip steuerpflichtig; aufgrund der Ausnahmeregelung, die in Artikel 28 Absatz 3 in Verbindung mit Anhang F Nummer 26 der genannten Richtlinie für eine Übergangszeit vorgesehen ist, können die Mitgliedstaaten jedoch Umsätze von Gold, das nicht für industrielle Zwecke bestimmt ist, weiterhin von der Steuer befreien. Durch die Anwendung dieser vorübergehenden Ausnahmeregelung in einigen Mitgliedstaaten treten Wettbewerbsverzerrungen auf.

Gold dient nicht nur als Werkstoff, sondern wird auch zu Anlagezwecken erworben. Die Anwendung der normalen Steuerbestimmungen ist ein wichtiges Hindernis für seine Verwendung als finanzielle Anlage; daher ist die Anwendung einer besonderen Steuerregelung für Anlagegold gerechtfertigt. Eine solche Regelung soll auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit des gemeinschaftlichen Goldmarktes verbessern.

Lieferungen von Gold zu Anlagezwecken sind ihrer Art nach mit anderen Finanzanlagen, die nach den gegenwärtigen Bestimmungen der Sechsten Richtlinie zumeist steuerfrei sind, vergleichbar; deshalb erscheint die Steuerbefreiung die geeignetste steuerliche Behandlung der Umsätze von Anlagegold.

In der Definition von Anlagegold sollen nur auf den Goldmärkten gehandelte Formen und Gewichte von Gold mit hohem Feingehalt sowie Goldmünzen, deren Wert in erster Linie auf ihrem Goldpreis beruht, erfaßt werden. Aus Gründen der Transparenz soll für Goldmünzen jedes Jahr ein Verzeichnis der Münzen erstellt werden, die die Kriterien erfüllen, so daß Sicherheit für den Goldmünzenhandel geschaffen wird. Für die Rechtssicherheit der Händler ist es erforderlich, daß die in diesem Verzeichnis aufgeführten Münzen als Münzen gelten, die während des gesamten Jahres, für das das Verzeichnis gilt, die Kriterien für eine Steuerbefreiung nach dieser Richtlinie erfüllen. Unbeschadet eines solchen Verzeichnisses sind Münzen, einschließlich neu geprägter Münzen, — von Fall zu Fall — steuerbefreit, die in dem Verzeichnis nicht enthalten sind, aber die Kriterien dieser Richtlinie erfüllen.

Eine Steuerbefreiung berechtigt grundsätzlich nicht zum Vorsteuerabzug, während die Steuer auf den Goldwert auf vorangegangene Geschäfte berechnet werden kann; der Vorsteuerabzug sollte daher möglich sein, damit die Vorteile der Sonderregelung gewahrt bleiben und Wettbewerbsverzerrungen im Hinblick auf eingeführtes Anlagegold vermieden werden.

Angesichts der möglichen Verwendung von Gold sowohl zu gewerblichen als auch zu Anlagezwecken ist es erforderlich, für Händler die Möglichkeit vorzusehen, für eine normale Besteuerung zu optieren, wenn ihre Tätigkeit entweder in der Herstellung von Anlagegold oder in der Umwandlung von Gold in Anlagegold oder aber im Großhandel mit solchem Gold besteht und sie im Rahmen ihres üblichen Handels Gold zu gewerblichen Zwecken liefern.

Aufgrund der doppelten Verwendungsmöglichkeit von Gold können neue Steuerhinterziehungs- und Steuerumgehungsmöglichkeiten entstehen, die effiziente Kontrollmaßnahmen der Mitgliedstaaten erforderlich machen. Ein gemeinsamer Mindestkatalog von Auflagen für Aufzeichnungen und die Aufbewahrung von Unterlagen durch die Händler ist daher wünschenswert, jedoch kann ein Mitgliedstaat, wenn diese Informationen bereits gemäß anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft vorhanden sind, diese Erfordernisse als erfüllt betrachten.

Die Erfahrung hat gezeigt, daß ein Mechanismus der Verlagerung der Steuerschuld bei den meisten Lieferungen von Gold ab einem bestimmten Feingehalt zur Vorbeugung von Steuerhinterziehung beitragen kann, während gleichzeitig die Finanzierungsbelastung für das Geschäft verringert wird. Daher ist es gerechtfertigt, den Mitgliedstaaten die Anwendung eines solchen Mechanismus zu gestatten. Artikel 23 der Sechsten Richtlinie sieht in ähnlicher Weise bei der Einfuhr von Gold vor, daß die Steuer nicht zum Zeitpunkt der Einfuhr entrichtet wird, sofern sie in der Erklärung nach Artikel 22 Absatz 4 dieser Richtlinie angegeben wird.

Für Umsätze auf einem durch einen Mitgliedstaat geregelten Goldmarkt sind angesichts ihrer großen Zahl und der Schnelligkeit solcher Geschäfte weitere Vereinfachungen ihrer steuerlichen Behandlung erforderlich. Es steht den Mitgliedstaaten daher frei, von der Anwendung der Sonderregelung abzusehen, die Erhebung der Steuer auszusetzen und auf Aufzeichnungspflichten zu verzichten.

Die neue Steuerregelung ersetzt die bestehenden Bestimmungen des Artikels 12 Absatz 3 Buchstabe e) und des Anhangs F Nummer 26 der Sechsten Richtlinie; diese Bestimmungen sollten daher gestrichen werden —

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 302 vom 19. 11. 1992, S. 9.

(2)

ABl. C 91 vom 28. 3. 1994, S. 239.

(3)

ABl. C 161 vom 14. 6. 1993, S. 25.

(4)

ABl. L 145 vom 13. 5. 1977, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 96/95/EG (ABl. L 338 vom 28. 12. 1996, S. 89).

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