Artikel 9 RL 98/83/EG

Abweichungen

(1) Die Mitgliedstaaten können bis zu einem von ihnen festzusetzenden Höchstwert Abweichungen von den in Anhang I Teil B genannten oder gemäß Artikel 5 Absatz 3 festgesetzten Parameterwerten zulassen, sofern die Abweichungen keine potentielle Gefährdung der menschlichen Gesundheit darstellen und die Trinkwasserversorgung in dem betroffenen Gebiet nicht auf andere zumutbare Weise aufrechterhalten werden kann. Zulassungen von Abweichungen sollen so kurz wie möglich befristet sein und dürfen drei Jahre nicht überschreiten; gegen Ende des Zulassungszeitraums ist eine Überprüfung vorzunehmen, um festzustellen, ob ausreichende Fortschritte erzielt wurden. Beabsichtigt ein Mitgliedstaat, eine Abweichung nochmals zuzulassen, so unterrichtet er die Kommission von der Überprüfung sowie über die Gründe für seine Entscheidung betreffend die zweite Zulassung. Diese zweite Zulassung einer Abweichung darf drei Jahre nicht überschreiten.

(2) Unter außergewöhnlichen Umständen kann ein Mitgliedstaat einen Antrag auf eine dritte Zulassung einer Abweichung für einen Zeitraum von höchstens drei Jahren an die Kommission richten. Die Kommission entscheidet über diesen Antrag innerhalb von drei Monaten.

(3) Zulassungen von Abweichungen nach Absatz 1 oder 2 müssen Angaben zu folgenden Punkten enthalten:

a)
Grund für die Abweichung;
b)
betreffender Parameter, frühere einschlägige Überwachungsergebnisse und für die Abweichung vorgesehener höchstzulässiger Wert;
c)
geographisches Gebiet, gelieferte Wassermenge pro Tag, betroffene Bevölkerung und die Angabe, ob relevante Lebensmittelbetriebe betroffen wären oder nicht;
d)
geeignetes Überwachungsprogramm, erforderlichenfalls mit einer erhöhten Überwachungshäufigkeit;
e)
Zusammenfassung des Plans für die notwendigen Abhilfemaßnahmen mit einem Zeitplan für die Arbeiten, einer Vorausschätzung der Kosten und Bestimmungen zur Überprüfung;
f)
erforderliche Dauer der Abweichung.

(4) Sind die zuständigen Behörden der Auffassung, daß die Nichteinhaltung eines Parameterwertes unerheblich ist und das Problem mittels Abhilfemaßnahmen gemäß Artikel 8 Absatz 2 innerhalb von 30 Tagen behoben werden kann, so braucht Absatz 3 nicht angewandt zu werden.

In diesem Fall legen die zuständigen Behörden oder sonstigen maßgeblichen Stellen lediglich den höchstzulässigen Wert für den betreffenden Parameter sowie die zur Beseitigung des Problems eingeräumte Frist fest.

(5) Die Inanspruchnahme von Absatz 4 ist nicht mehr möglich, wenn ein Parameterwert für eine bestimmte Wasserversorgung während der vorangegangenen 12 Monate über insgesamt mehr als 30 Tage nicht eingehalten worden ist.

(6) Die Mitgliedstaaten, die die in diesem Artikel genannten Abweichungen in Anspruch nehmen, stellen sicher, daß die von der Abweichung betroffene Bevölkerung unverzüglich und angemessen über die Abweichung und die damit verbundenen Bedingungen in Kenntnis gesetzt wird. Außerdem stellen die Mitgliedstaaten sicher, daß erforderlichenfalls bestimmte Bevölkerungsgruppen, für die die Abweichung ein besonderes Risiko bedeuten könnte, Ratschläge erhalten.

Diese Verpflichtungen gelten nicht für den in Absatz 4 genannten Fall, es sei denn, die zuständigen Behörden treffen eine anderweitige Entscheidung.

(7) Außer bei Abweichungen nach Absatz 4 unterrichten die Mitgliedstaaten die Kommission binnen zwei Monaten über die Abweichungen, die eine Wasserversorgung von mehr als 1000 m3 pro Tag im Durchschnitt oder mehr als 5000 Personen betreffen, und fügen die in Absatz 3 geforderten Angaben bei.

(8) Dieser Artikel gilt nicht für Wasser für den menschlichen Gebrauch, das in Flaschen oder anderen Behältnissen zum Verkauf angeboten wird.

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