Präambel VO (EG) 2000/1673

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 36 und 37,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen(4),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Mit dem Funktionieren und der Entwicklung des gemeinsamen Marktes für landwirtschaftliche Erzeugnisse muß die Gestaltung einer gemeinsamen Agrarpolitik einhergehen. Sie muß insbesondere eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte umfassen, die je nach Erzeugnis unterschiedliche Formen annehmen kann.
(2)
Auftrag der Gemeinsamen Agrarpolitik ist es, die Ziele des Artikels 33 des Vertrags zu erreichen. Im Sektor Faserflachs und Faserhanf müssen zusätzlich zu den Bestimmungen über die Flächenzahlungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen(5) Maßnahmen für den Binnenmarkt vorgesehen werden, die Beihilfen an die Erstverarbeiter von Flachs- und Hanfstroh und an Betriebsinhaber, die Stroh für eigene Rechnung verarbeiten lassen, umfassen.
(3)
Um eine tatsächliche Verarbeitung des Flachs- und Hanfstrohs zu gewährleisten, muß die Beihilfegewährung von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht werden, insbesondere der Einführung einer Zulassung der Erstverarbeiter und der Verpflichtung für diese Verarbeiter, einen Kaufvertrag für das Stroh zu schließen. Außerdem wird im Interesse der Mißbrauchsbekämpfung die Verarbeitungsbeihilfe nur in dem Maße gewährt, wie das Stroh verarbeitet oder, im Falle von Betriebsinhabern, die Stroh für eigene Rechnung verarbeiten lassen, vermarktet wurde.
(4)
Um den Mißbrauch der Gemeinschaftsmittel zu verhindern, ist jeder Erstverarbeiter und jeder Landwirt von der Beihilfe auszuschließen, bei dem feststeht, daß er die für den Erhalt dieser Zahlungen erforderlichen Bedingungen künstlich geschaffen hat, um einen den Zielen dieser Stützungsregelung für die Strohverarbeitung zuwiderlaufenden Vorteil zu erwirken.
(5)
Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Marktes für lange Flachsfasern und des Marktes für kurze Flachsfasern und Hanffasern muß die Beihilfe nach Maßgabe jeder der beiden gewonnenen Faserkategorien differenziert werden. Um für ein gesamtes Stützungsniveau zu sorgen, anhand dessen die herkömmliche Erzeugung von langen Flachsfasern unter Bedingungen weiterbestehen kann, die in etwa denjenigen der Verordnung (EWG) Nr. 1308/70 des Rates vom 4. Juli 1970 über die gemeinsame Marktorganisation für Flachs und Hanf(6) entsprechen, sollte der Beihilfebetrag schrittweise angehoben werden, um der schrittweisen Senkung der dem Erzeuger im Rahmen der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 gewährten Hektarbeihilfe und der langfristigen Abschaffung der Beihilfe für kurze Flachsfasern Rechnung zu tragen. Bei kurzen Flachfasern und Hanffasern sollte ein Beihilfebetrag gewährt werden, der ermöglicht, daß sich die während eines bestimmten Zeitraums aus diesen Fasern gewonnenen neuen Erzeugnisse und die sich eröffnenden potentiellen Märkte aufeinander einstellen. Um nur für die Erzeugung von hochwertigen kurzen Flachsfasern und Hanffasern einen Anreiz zu geben, sollten ein Höchstgehalt an Unreinheiten und Schäben sowie Übergangsbestimmungen vorgesehen werden, die den Verarbeitungsbetrieben die Möglichkeit geben, sich auf diese Anforderung einzustellen.
(6)
Um der besonderen Lage bei traditionellem Flachs in bestimmten Gebieten der Niederlande, Belgiens und Frankreichs Rechnung zu tragen, muß für die betreffenden Flächen eine ergänzende Übergangsbeihilfe für die Erstverarbeiter des Strohs gewährt werden.
(7)
Um jegliche betrügerische Erhöhung der beihilfefähigen Mengen zu verhindern, sollten die Mitgliedstaaten diese nach Maßgabe der Flächen begrenzen, für die für das Stroh Verarbeitungsverträge geschlossen oder Verarbeitungsverpflichtungen eingegangen wurden.
(8)
Zur Begrenzung der sich aus dieser Verordnung ergebenden Ausgaben ist ein Stabilisierungsmechanismus je nach Art der gewonnenen Fasern einzuführen, abhängig davon, ob es sich um lange Flachsfasern oder aber um kurze Flachsfasern und Hanffasern andererseits handelt. Um für ein vernünftiges Niveau der betreffenden Erzeugungen in jedem Mitgliedstaat zu sorgen, erweist es sich als erforderlich, eine garantierte Höchstmenge für jede Faserkategorie festzusetzen und sie in Form von garantierten einzelstaatlichen Mengen auf die Mitgliedstaaten aufzuteilen. Die garantierten einzelstaatlichen Mengen für kurze Flachsfasern und Hanffasern sind jedoch auf den Zeitraum begrenzt, der nötig ist, damit die daraus hergestellten neuen Erzeugnisse, ihren Platz auf dem Markt finden. Die garantierten einzelstaatlichen Mengen gelten für die Verarbeitungsbeihilfe und betreffen nicht die in der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 vorgesehene Regelung. Sie werden insbesondere auf der Grundlage der jüngsten durchschnittlichen Anbauflächen von Faserflachs und -hanf festgesetzt, die gegebenenfalls nach Maßgabe ihres tatsächlich produktiven Anteils angepaßt werden und bei denen auch der durchschnittliche Faserertrag berücksichtigt wird. Für die Mitgliedstaaten, deren derzeitige Erzeugung gering ist, sollte eine Gemeinschaftsmenge vorgesehen werden, die für jedes Wirtschaftsjahr neu verteilt wird, um so eine Anpassung an die Entwicklung der Erzeugung in diesen Ländern zu ermöglichen.
(9)
Um jedem Mitgliedstaat einen Ausgleich zwischen den gewonnenen Fasermengen zu ermöglichen, sind Bedingungen für den Austausch zwischen seinen jeweiligen garantierten einzelstaatlichen Mengen festzulegen. Dieser Mengenaustausch erfolgt anhand eines Koeffizienten, der eine Haushaltsäquivalenz gewährleistet.
(10)
Die Erzeugermitgliedstaaten müssen die notwendigen Vorkehrungen treffen, um das ordnungsgemäße Funktionieren der für die Beihilfegewährung vorgesehenen Maßnahmen zu gewährleisten. Aufgrund der erforderlichen Fristen für die Verarbeitung des gesamten Strohs des Wirtschaftsjahres wird außerdem als Kontrollmaßnahme eine Beihilfevorschußregelung eingeführt.
(11)
Alle Maßnahmen im Rahmen der Handelsregelung mit Drittländern müssen die Möglichkeit schaffen, auf die Anwendung mengenmäßiger Beschränkungen und die Erhebung von Abgaben an den Außengrenzen der Gemeinschaft zu verzichten. Dieses Verfahren kann sich jedoch unter außergewöhnlichen Umständen als unzureichend erweisen. Damit in solchen Fällen der Gemeinschaftsmarkt gegen möglicherweise daraus entstehende Störungen nicht ungeschützt bleibt, muß die Gemeinschaft die Möglichkeit haben, rasch alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Diese Maßnahmen müssen mit den Verpflichtungen aus dem Übereinkommen der Welthandelsorganisation über die Landwirtschaft(7) in Einklang stehen.
(12)
Damit das Funktionieren der gemeinsamen Marktorganisation für Faserhanf nicht durch illegale Flächen gestört wird, ist eine Kontrolle der Hanf und Hanfsameneinfuhren vorzusehen, um sicherzustellen, daß die betreffenden Erzeugnisse bestimmte Garantien hinsichtlich ihres Tetrahydrocannabinolgehalts bieten. Außerdem muß für die Einfuhr von nicht zur Aussaat bestimmten Hanfsamen eine Kontrollregelung eingeführt werden, die eine Zulassungsregelung für die betreffenden Importeure vorsieht.
(13)
Es ist erforderlich, daß die Mitgliedstaaten und die Kommission einander unter Berücksichtigung der Entwicklung der Märkte für Faserflachs und -hanf die zur Anwendung dieser Verordnung notwendigen Informationen übermitteln.
(14)
Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluß 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(8) erlassen werden.
(15)
Die Ausgaben der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Verpflichtungen aus der Anwendung dieser Verordnung sollten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik(9) von der Gemeinschaft übernommen werden.
(16)
Die in der Verordnung (EWG) Nr. 1308/70 festgelegte gemeinsame Marktorganisation für Flachs und Hanf entspricht trotz mehrfacher Änderungen nicht mehr dem tiefgreifenden Wandel, der in diesem Sektor stattgefunden hat. Daher sollte die vorgenannte Verordnung (EWG) Nr. 1308/70 aufgehoben werden. Die Verordnung (EWG) Nr. 619/71 des Rates vom 22. März 1971 zur Festlegung der Grundregeln für die Gewährung einer Beihilfe für Flachs und Hanf(10), die Verordnung (EWG) Nr. 620/71 des Rates vom 22. März 1971 zur Festlegung von Rahmenbestimmungen für Kaufverträge über Flachs- und Hanfstroh(11), die Verordnung (EWG) Nr. 1172/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Aufstellung der Grundregeln für die Gewährung der Beihilfen für die private Lagerhaltung von Flachs- und Hanffasern(12) 4, die Verordnung (EWG) Nr. 1430/82 des Rates vom 18. Mai 1982 über einschränkende Maßnahmen bei der Einfuhr von Hanf und Hanfsaaten und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1308/70 hinsichtlich Hanf(13), die Verordnung (EWG) Nr. 2059/84 des Rates vom 16. Juli 1984 zur Festlegung von Grundregeln für einschränkende Maßnahmen bei der Einfuhr von Hanf und Hanfsaaten und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 619/71 hinsichtlich Hanf(14), deren Rechtsgrundlage die Verordnungen (EWG) Nr. 1308/70 und (EWG) Nr. 619/71 waren, werden aufgehoben und durch die neuen Vorschriften der vorliegenden Verordnung ersetzt.
(17)
Die Umstellung von den Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1308/70 auf diejenigen der vorliegenden Verordnung könnte zu Schwierigkeiten führen, die in der vorliegenden Verordnung nicht behandelt sind. Um darauf vorbereitet zu sein, sollte die Kommission die notwendigen Übergangsmaßnahmen treffen. Die Kommission sollte auch ermächtigt werden, bestimmte praktische Probleme zu lösen.
(18)
In Anbetracht des Zeitpunkts des Inkrafttretens dieser Verordnung müssen für das Wirtschaftsjahr 2000/01 Sondermaßnahmen getroffen werden. Die Regelung für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 sollte daher bis zum 30. Juni 2001 in Kraft bleiben. Die Kommission sollte jedoch die Beihilfebeträge entsprechend den verfügbaren Haushaltsmitteln festlegen, sobald die betreffenden Flächen verläßlich geschätzt wurden; der für die Finanzierung der Maßnahmen zur Förderung der Verwendung von Flachsfasern einbehaltene Betrag wird auf 0 festgesetzt.
(19)
Zur Beurteilung der Wirkung der neuen Maßnahmen wird die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat 2003 einen Bericht über die garantierten einzelstaatlichen Mengen und den Höchstgehalt an Unreinheiten und Schäben von kurzen Flachsfasern und Hanffasern sowie 2005 einen Bericht über die Auswirkungen der Verarbeitungsbeihilfe und der ergänzenden Beihilfe für die Erzeuger und die Märkte vorlegen —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 56 E vom 29.2.2000, S. 19.

(2)

Stellungnahme vom 6. Juli 2000 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)

ABl. C 140 vom 18.5.2000, S. 3.

(4)

Stellungnahme vom 14. Juni 2000 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(5)

ABl. L 160 vom 26.6.1999, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1672/2000 (siehe S. 13 dieses Amtsblatts).

(6)

ABl. L 146 vom 4.7.1970, S. 1. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 2702/1999 (ABl. L 327 vom 14.12.1999, S. 7).

(7)

ABl. L 336 vom 23.12.1994, S. 22.

(8)

ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

(9)

ABl. L 160 vom 26.6.1999, S. 103.

(10)

ABl. L 72 vom 26.3.1971, S. 2. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1420/98 (ABl. L 19 vom 4.7.1998, S. 7).

(11)

ABl. L 72 vom 26.3.1971, S. 4. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 713/95 (ABl. L 73 vom 1.4.1995, S. 16).

(12)

ABl. L 123 vom 5.6.1971, S. 7.

(13)

ABl. L 162 vom 12.6.1982, S. 27. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 3290/94 (ABl. L 349 vom 31.12.1994, S. 105).

(14)

ABl. L 191 vom 19.7.1984, S. 6. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 3290/94.

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