Artikel 2 VO (EG) 2000/847

Kriterien der Ausweisung

1.

Prävalenz eines Leidens in der Gemeinschaft

Für den Nachweis gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 141/2000, daß ein Arzneimittel für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung eines Leidens bestimmt ist, das lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht und von dem in der Gemeinschaft nicht mehr als fünf von zehntausend Personen betroffen sind, gelten folgende spezielle Regelungen und sind die im folgenden aufgelisteten Unterlagen im Einklang mit den Leitlinien gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 vorzulegen:
a)
Den Unterlagen sind, sofern vorhanden, gesicherte Belege beizufügen, mit denen nachgewiesen wird, daß die von der Krankheit oder dem Leiden, für die das Arzneimittel verabreicht werden würde, zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Ausweisung als Arzneimittel für seltene Leiden nicht mehr als fünf von zehntausend Personen in der Gemeinschaft betroffen sind.
b)
Die Angaben sollen geeignete Einzelheiten über das zu behandelnde Leiden enthalten und anhand von wissenschaftlichen oder medizinischen Verweisen den Nachweis erbringen, daß das Leiden lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht.
c)
Die vom Investor vorgelegten Unterlagen sollen einen Überblick über die einschlägige wissenschaftliche Fachliteratur oder einen Verweis hierauf enthalten und Informationen aus einschlägigen Datenbasen in der Gemeinschaft umfassen, sofern diese vorliegen. Stehen in der Gemeinschaft keine Datenbasen zur Verfügung, so kann auf Datenbasen in Drittländern verwiesen werden, wenn angemessene Extrapolationen vorgenommen werden.
d)
Werden eine Krankheit oder ein Leiden im Rahmen anderer Gemeinschaftsaktionen über seltene Krankheiten berücksichtigt, ist dies anzugeben. Bei Krankheiten oder Leiden, die in von der Gemeinschaft finanziell unterstützten Vorhaben berücksichtigt werden, um die Informationen über seltene Krankheiten zu verbessern, sind diese Informationen auszugsweise, insbesondere mit Einzelheiten über die Prävalenz der betreffenden Krankheit oder des betreffenden Leidens, vorzulegen.

2.

Mögliche Erträge von Investitionen

Für den Nachweis gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a) zweiter Unterabsatz der Verordnung (EG) Nr. 141/2000, daß ein Arzneimittel für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung eines lebensbedrohenden, zu schwerer Invalidität führenden oder schweren chronischen Leidens in der Gemeinschaft bestimmt ist, und daß das Inverkehrbringen des Arzneimittels in der Gemeinschaft ohne Anreize vermutlich nicht genügend Gewinn bringen würde, um die notwendigen Investitionen zu rechtfertigen, gelten folgende Regelungen und sind folgende Unterlagen im Einklang mit dem Leitfaden gemäß Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 vorzulegen:
a)
Die Angaben sollen geeignete Einzelheiten über das zu behandelnde Leiden enthalten und anhand von wissenschaftlichen oder medizinischen Verweisen den Nachweis erbringen, daß das Leiden lebensbedrohend ist oder eine schwerwiegende Invalidität nach sich zieht oder aber schwerwiegend und chronischer Art ist.
b)
Die vom Investor vorgelegten Unterlagen sollen Angaben über alle Kosten enthalten, die dem Investor im Laufe der Entwicklung des Arzneimittels entstanden sind.
c)
Die vorgelegten Unterlagen sollen Einzelheiten über etwaige in der Gemeinschaft oder in Drittländern gewährte Zuschüsse, steuerliche Anreize oder sonstige Kostendeckungsklauseln enthalten.
d)
Wurde das Arzneimittel bereits für ein Anwendungsgebiet zugelassen oder ist es bereits Gegenstand einer Prüfung für ein oder mehrere weitere therapeutische Anwendungsgebiete, ist die zur anteilmäßigen Aufteilung der Entwicklungskosten auf die verschiedenen Anwendungsgebiete angewandte Methode genau zu erläutern und zu begründen.
e)
Alle Entwicklungskosten, mit denen der Investor nach Vorlage des Antrags auf Ausweisung zu rechnen hat, sind anzugeben und zu begründen.
f)
Alle Kosten im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Inverkehrbringen, die dem Investor bisher entstanden sind und mit denen er in den ersten zehn Jahren nach Zulassung des Arzneimittels zu rechnen hat, sind anzugeben und zu begründen.
g)
Die zu erwartenden Einnahmen vom Umsatz des Arzneimittels in der Gemeinschaft in den ersten zehn Jahren nach seiner Zulassung sind zu veranschlagen und zu begründen.
h)
Sämtliche Angaben über Kosten und Einnahmen sind im Einklang mit der allgemein anerkannten Praxis des Rechnungswesens festzulegen und von einem in der Gemeinschaft eingetragenen Rechnungsprüfer zu bescheinigen.
i)
Die vorgelegten Unterlagen sollen Informationen über Prävalenz und Inzidenz des Leidens in der Gemeinschaft enthalten, für das das Arzneimittel zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Ausweisung verabreicht würde.

3.

Sonstige bestehende Diagnose, Verhütungs- oder Behandlungsmethoden

Ein Antrag auf Ausweisung eines Arzeimittels als Arzneimittel für seltene Leiden kann entweder gemäß Absatz 1 oder Absatz 2 dieses Artikels vorgelegt werden. Ungeachtet dessen, ob ein Antrag auf Ausweisung gemäß Absatz 1 oder Absatz 2 vorgelegt wird, muß der Investor ferner nachweisen, daß keine zufriedenstellende Diagnose-, Verhütungs-, oder Behandlungsmethode für das betreffende Leiden besteht oder, sofern eine solche Methode besteht, daß das Arzneimittel dem von dem Leiden Betroffenen erheblichen Nutzen bringen kann.Für den Nachweis gemäß Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 141/2000, daß es keine zufriedenstellende Diagnose-, Verhütungs- und Behandlungsmethode für das betreffende Leiden gibt, oder, sofern eine solche Methode besteht, daß das Arzneimittel dem von dem Leiden Betroffenen erheblichen Nutzen bringen kann, gilt folgende Regelung:
a)
Einzelheiten über alle bestehenden und in der Gemeinschaft zugelassenen Diagnose-, Verhütungs- oder Behandlungsmethoden für das betreffende Leiden sind unter Verweis auf die wissenschaftliche und medizinische Fachliteratur oder andere einschlägige Informationen vorzulegen. Diese Methoden können in der Gemeinschaft zugelassenen Arzneimittel, Medizinprodukte oder sonstige in der Gemeinschaft gängige Diagnose-, Verhütungs- oder Behandlungsmethoden umfassen;
b)
entweder eine Begründung, weshalb die in Buchstabe a) genannten Methoden als nicht zufriedenstellend gelten,

oder

c)
eine Begründung für die Annahme, daß das Arzneimittel, für das eine Ausweisung beantragt wird, den von diesem Leiden Betroffenen erheblichen Nutzen bringen kann.

4.

Allgemeine Bestimmungen

a)
Ein Investor, der einen Antrag auf Ausweisung eines Arzneimittels als Arzneimittel für seltene Leiden stellen möchte, muß diese Ausweisung in welchem Stadium der Entwicklung sich das Arzneimittel auch befindet, beantragen, bevor er den Antrag auf Zulassung des Arzneimittels stellt. Ein Antrag auf Ausweisung kann jedoch für ein neues therapeutisches Anwendungsgebiet eines bereits zugelassenen Arzneimittel gestellt werden. In diesem Fall muß der Zulassungsinhaber eine getrennte Zulassung beantragen, die sich lediglich auf das (die) Anwendungsgebiet(e) des Arzneimittels für seltene Krankheiten bezieht.
b)
Die Ausweisung als Arzneimittel für seltene Leiden kann mehr als einem Investor für dasselbe Arzneimittel zur Verhütung, Behandlung oder Diagnose derselben Krankheit oder desselben Leidens gewährt werden, sofern in jedem einzelnen Fall ein vollständiger Antrag auf Ausweisung gemäß den in Artikel 5 Absatz 3 genannten Leitlinien gestellt wird.
c)
Wird ein Arzneimittel vom Ausschuß für Arzneimittel für seltene Leiden als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesen, so wird entweder auf die Ausweisungskriterien gemäß dem ersten oder zweiten Absatz Bezug genommen.

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