Artikel 1 VO (EG) 2001/539
(1) Die Staatsangehörigen der Drittländer, die in der Liste in Anhang I aufgeführt sind, müssen beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein.
Unbeschadet der Verpflichtungen aus dem am 20. April 1959 in Straßburg unterzeichneten Europäischen Übereinkommen über die Aufhebung des Sichtvermerkzwangs für Flüchtlinge müssen Personen mit Flüchtlingsstatus und Staatenlose beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein, wenn das Drittland, in dem sie ihren Wohnsitz haben und das ihnen ihr Reisedokument ausgestellt hat, in der Liste in Anhang I dieser Verordnung aufgeführt ist.
(2) Die Staatsangehörigen der in der Liste in Anhang II aufgeführten Drittländer sind von der Visumpflicht nach Absatz 1 für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.
Von der Visumpflicht befreit sind außerdem:
- —
Staatsangehörige eines in der Liste in Anhang I dieser Verordnung aufgeführten Drittlands, die Inhaber einer von den Mitgliedstaaten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1931/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 zur Festlegung von Vorschriften über den kleinen Grenzverkehr an den Landaußengrenzen der Mitgliedstaaten sowie zur Änderung der Bestimmungen des Schengener Durchführungsübereinkommens(*) ausgestellten Grenzübertrittsgenehmigung zum Zwecke des kleinen Grenzverkehrs sind, wenn diese Personen ihr Recht im Rahmen der Regelung für den kleinen Grenzverkehr wahrnehmen;
- —
Schüler, die Staatsangehörige eines in der Liste in Anhang I aufgeführten Drittlands sind und ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat haben, der den Beschluss 94/795/EG des Rates vom 30. November 1994 über die vom Rat beschlossene gemeinsame Maßnahme über Reiseerleichterungen für Schüler von Drittstaaten mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat(**) anwendet, wenn sie als Mitglied einer Schülergruppe in Begleitung einer Lehrkraft der betreffenden Einrichtung an einer Reise teilnehmen;
- —
Personen mit Flüchtlingsstatus und Staatenlose sowie andere Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Landes besitzen, mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, die Inhaber eines von diesem Mitgliedstaat ausgestellten Reisedokuments sind.
(3) Staatsangehörige neuer Drittländer, die aus den in den Listen in den Anhängen I und II aufgeführten Ländern hervorgegangen sind, unterliegen Absatz 1 beziehungsweise Absatz 2, bis der Rat nach dem Verfahren der einschlägigen Vertragsvorschrift etwas anderes beschließt.
(4) Falls ein in der Liste in Anhang II aufgeführtes Drittland Staatsangehörigen mindestens eines Mitgliedstaats eine Visumpflicht auferlegt, finden folgende Bestimmungen Anwendung:
- a)
-
Der betroffene Mitgliedstaat macht dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission binnen 30 Tagen nach Anwendung der Visumpflicht durch das Drittland oder, sofern die am 9. Januar 2014 bestehende Visumpflicht beibehalten wird, binnen 30 Tagen nach diesem Zeitpunkt darüber schriftlich Mitteilung.
Diese Mitteilung
- i)
- enthält Angaben zum Zeitpunkt der Anwendung der Visumpflicht sowie zur Art der betroffenen Reisedokumente und Visa;
- ii)
- enthält eine ausführliche Erläuterung der vorläufigen Maßnahmen, die der betreffende Mitgliedstaat im Hinblick auf die Gewährleistung des visumfreien Reiseverkehrs mit dem betreffenden Drittland getroffen hat, sowie alle einschlägigen Informationen.
Informationen zu dieser Mitteilung werden von der Kommission unter Angabe des Zeitpunkts der Anwendung der Visumpflicht sowie der Art der betroffenen Reisedokumente und Visa unverzüglich im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Beschließt das Drittland noch vor Ablauf der in Unterabsatz 1 dieses Buchstabens genannten Frist die Aufhebung der Visumpflicht, so unterbleibt die Mitteilung oder sie wird zurückgezogen und die Informationen werden nicht veröffentlicht.
- b)
- Unmittelbar nach der in Buchstabe a Unterabsatz 3 genannten Veröffentlichung unternimmt die Kommission im Benehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat bei den Behörden des betreffenden Drittlands Schritte, insbesondere in den Bereichen Politik, Wirtschaft oder Handel, zur Wiedereinführung oder Einführung des visumfreien Reiseverkehrs und unterrichtet davon unverzüglich das Europäische Parlament und den Rat.
- c)
- Hat das Drittland die Visumpflicht nicht binnen 90 Tagen ab der in Buchstabe a Unterabsatz 3 genannten Veröffentlichung aufgehoben, obwohl sämtliche Schritte gemäß Buchstabe b unternommen wurden, so kann der betroffene Mitgliedstaat die Kommission ersuchen, die Befreiung von der Visumpflicht für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen dieses Drittlandes auszusetzen. Stellt ein Mitgliedstaat ein solches Ersuchen, so unterrichtet er das Europäische Parlament und den Rat davon.
- d)
- Die Kommission berücksichtigt bei der Prüfung weiterer Schritte gemäß Buchstaben e, f oder h das Ergebnis der von dem betroffenen Mitgliedstaat getroffenen Maßnahmen zur Gewährleistung des visumfreien Reiseverkehrs mit dem betreffenden Drittland, die gemäß Buchstabe b unternommenen Schritte sowie die Auswirkungen einer Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht auf die Außenbeziehungen der Union und ihrer Mitgliedstaaten zu dem betreffenden Drittland.
- e)
-
Hat das betreffende Drittland die Visumpflicht nicht aufgehoben, so ergreift die Kommission spätestens sechs Monate nach der in Buchstabe a Unterabsatz 3 genannten Veröffentlichung und danach in Abständen von höchstens sechs Monaten, jedoch längstens bis zu dem Tag, an dem der in Buchstabe f genannte delegierte Rechtsakt wirksam wird oder ein Einwand gegen ihn erhoben wird, folgende Maßnahmen:
- i)
-
Sie erlässt auf Ersuchen des betroffenen Mitgliedstaats oder auf eigene Initiative einen Durchführungsrechtsakt, mit dem die Befreiung von der Visumpflicht für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des betreffenden Drittlands für die Dauer von bis zu sechs Monaten vorübergehend ausgesetzt wird. In diesem Durchführungsrechtsakt wird festgelegt, zu welchem Zeitpunkt innerhalb von 90 Tagen nach seinem Inkrafttreten die Aussetzung der Befreiung von der Visumpflicht wirksam werden soll, wobei den Ressourcen, die den Konsulaten der Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, Rechnung getragen wird. Beim folgenden Erlass weiterer Durchführungsrechtsakte kann die Kommission den Zeitraum der Aussetzung mehrmals um jeweils bis zu sechs Monate verlängern und Änderungen hinsichtlich der Gruppen von Staatsangehörigen des betreffenden Drittlands, für die die Befreiung von der Visumpflicht ausgesetzt wird, vornehmen.
Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 4a Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. Unbeschadet der Anwendung des Artikels 4 müssen alle in dem Durchführungsrechtsakt genannten Gruppen von Staatsangehörigen des Drittlands während der Dauer der Aussetzung beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein; oder
- ii)
-
sie unterbreitet dem in Artikel 4a Absatz 1 genannten Ausschuss einen Bericht, in dem sie die Lage bewertet und begründet, weshalb sie beschlossen hat, die Befreiung von der Visumpflicht nicht auszusetzen, und unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat hiervon.
Dieser Bericht trägt allen wichtigen Faktoren, beispielsweise den in Buchstabe d genannten Faktoren, Rechnung. Das Europäische Parlament und der Rat können eine politische Aussprache auf der Grundlage dieses Berichts führen.
- f)
-
Hat das betreffende Drittland die Visumpflicht nicht binnen 24 Monaten ab der in Buchstabe a Unterabsatz 3 genannten Veröffentlichung aufgehoben, so erlässt die Kommission einen delegierten Rechtsakt gemäß Artikel 4b, mit dem die Anwendung des Anhangs II in Bezug auf die Staatsangehörigen dieses Drittlands für einen Zeitraum von 12 Monaten vorübergehend ausgesetzt wird. In dem delegierten Rechtsakt wird festgelegt, zu welchem Zeitpunkt innerhalb von 90 Tagen nach seinem Inkrafttreten die Aussetzung der Anwendung des Anhangs II wirksam werden soll, wobei den Ressourcen, die den Konsulaten der Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, Rechnung getragen wird, und er ändert Anhang II entsprechend. Diese Änderung erfolgt, indem neben dem Namen des betreffenden Drittlands eine Fußnote eingefügt wird, in der darauf hingewiesen wird, dass die Befreiung von der Visumpflicht für dieses Land ausgesetzt ist und für welchen Zeitraum diese Aussetzung gilt.
An dem Tag, an dem die Aussetzung der Anwendung des Anhangs II für die Staatsangehörigen des betreffenden Drittlands wirksam wird oder an dem gemäß Artikel 4b Absatz 5 ein Einwand gegen den delegierten Rechtsakt erhoben wird, treten alle gemäß Buchstabe e erlassenen Durchführungsrechtsakte, die dieses Drittland betreffen, außer Kraft.
Unterbreitet die Kommission einen Gesetzgebungsvorschlag nach Buchstabe h, wird der in Unterabsatz 1 dieses Buchstabens genannte Zeitraum der Aussetzung um sechs Monate verlängert. Die in jenem Unterabsatz genannte Fußnote wird entsprechend abgeändert.
Unbeschadet der Anwendung des Artikels 4 müssen die Staatsangehörigen des von dem delegierten Rechtsakt betroffenen Drittlands während dieser Aussetzung beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein.
- g)
- Alle späteren Mitteilungen, die ein anderer Mitgliedstaat gemäß Buchstabe a während des Zeitraums der Anwendung der gemäß Buchstaben e oder f erlassenen Maßnahmen auf ein Drittland zu demselben Drittland übermittelt, werden in die laufenden Verfahren einbezogen, ohne dass die in diesen Buchstaben festgelegten Fristen oder Zeiträume verlängert werden.
- h)
- Hat das betreffende Drittland die Visumpflicht nicht innerhalb von sechs Monaten ab dem Inkrafttreten des delegierten Rechtsakts nach Buchstabe f aufgehoben, so kann die Kommission einen Gesetzgebungsvorschlag für eine Änderung dieser Verordnung vorlegen, mit der die Bezugnahme auf das Drittland von Anhang II in Anhang I überführt wird.
- i)
- Die in den Buchstaben e, f und h genannten Verfahren berühren nicht das Recht der Kommission, jederzeit einen Gesetzgebungsvorschlag für eine Änderung dieser Verordnung vorzulegen, mit der die Bezugnahme auf das Drittland von Anhang II in Anhang I überführt wird.
- j)
-
Hebt das betreffende Drittland die Visumpflicht auf, so teilt der betroffene Mitgliedstaat dies dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission sofort mit. Die Mitteilung wird von der Kommission unverzüglich im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Alle gemäß Buchstaben e oder f erlassenen Durchführungsrechtsakte oder delegierten Rechtsakte, die das betreffende Drittland betreffen, treten sieben Tage nach der in Unterabsatz 1 dieses Buchstabens genannten Veröffentlichung außer Kraft. Hat das betreffende Drittland die Visumpflicht für die Staatsangehörigen zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten eingeführt, so tritt der dieses Drittland betreffende Durchführungsrechtsakt oder delegierte Rechtsakt sieben Tage nach Veröffentlichung der Mitteilung für den letzten Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörige durch dieses Drittland einer Visumpflicht unterworfen wurden, außer Kraft. Die in Buchstabe f Unterabsatz 1 genannte Fußnote wird bei Außerkrafttreten des betreffenden delegierten Rechtsakts gestrichen. Der Hinweis auf das Außerkrafttreten wird von der Kommission unverzüglich im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Hebt das betreffende Drittland die Visumpflicht auf, ohne dass der betroffene Mitgliedstaat dies gemäß Unterabsatz 1 dieses Buchstabens mitteilt, so nimmt die Kommission auf eigene Initiative unverzüglich die in jenem Unterabsatz genannte Veröffentlichung vor und Unterabsatz 2 dieses Buchstabens findet Anwendung.
(5) Solange weiterhin keine Gegenseitigkeit bei der Befreiung von der Visumpflicht zwischen einem Drittland, das in Anhang II aufgeführt ist, und einem der Mitgliedstaaten besteht, erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat vor dem 1. Juli eines jeden geraden Jahres Bericht über die nicht bestehende Gegenseitigkeit und legt erforderlichenfalls geeignete Vorschläge vor.
Fußnote(n):
- (*)
ABl. L 405 vom 30.12.2006, S. 1.
- (**)
ABl. L 327 vom 19.12.1994, S. 1.
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