Präambel VO (EG) 2002/2371

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zu Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 37,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Mit der Verordnung (EWG) Nr. 3760/92(3) wurde eine gemeinschaftliche Regelung für die Fischerei und die Aquakultur eingeführt. Nach jener Verordnung muss der Rat bis spätestens 31. Dezember 2002 über erforderliche Anpassungen befinden.
(2)
Der Geltungsbereich der Gemeinsamen Fischereipolitik erstreckt sich unter Berücksichtigung von Artikel 117 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen auf die Erhaltung, Bewirtschaftung und Nutzung lebender aquatischer Ressourcen und die Aquakultur sowie auf die Verarbeitung und Vermarktung von Erzeugnissen der Fischerei und der Aquakultur, soweit diese Tätigkeiten im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder in Gemeinschaftsgewässern oder durch Fischereifahrzeuge der Gemeinschaft oder — unbeschadet der Tatsache, dass in erster Linie der Flaggenstaat zuständig ist — von Staatsbürgern der Mitgliedstaaten ausgeübt werden.
(3)
Angesichts der weiter zurückgehenden Bestände sollte die Gemeinsame Fischereipolitik verbessert werden, damit die Lebensfähigkeit des Fischereisektors über eine nachhaltige Nutzung der lebenden aquatischen Ressourcen auf der Grundlage solider wissenschaftlicher Gutachten und unter Anwendung des Vorsorgeansatzes, der auf den gleichen Erwägungen beruht wie das Vorsorgeprinzip nach Artikel 174 des Vertrags, langfristig gewährleistet ist.
(4)
Ziel der Gemeinsamen Fischereipolitik sollte es daher sein, im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung unter ausgewogener Berücksichtigung ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Aspekte für eine nachhaltige Nutzung der lebenden aquatischen Ressourcen und eine nachhaltige Aquakultur zu sorgen.
(5)
Es ist wichtig, dass die Bestandsbewirtschaftung im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik vom Grundsatz der verantwortungsvollen Verwaltung geleitet wird und die ergriffenen Maßnahmen untereinander vereinbar und auf die übrigen Gemeinschaftspolitiken abgestimmt sind.
(6)
Das Ziel der nachhaltigen Nutzung lässt sich effektiver erreichen, wenn bei der Bewirtschaftung von Beständen an der Schwelle oder innerhalb sicherer biologischer Grenzen ein mehrjähriger Ansatz mit mehrjährigen Bewirtschaftungsplänen gewählt wird. Für Bestände, die sich außerhalb sicherer biologischer Grenzen befinden, ist die Verabschiedung mehrjähriger Wiederauffüllungspläne absolut vorrangig. Ausgehend von wissenschaftlichen Gutachten kann für diese Bestände eine erhebliche Reduzierung des Fischereiaufwandes notwendig werden.
(7)
Diese mehrjährigen Pläne sollten Zielvorgaben für die nachhaltige Nutzung der betreffenden Bestände enthalten, Regeln für die Berechnung der jährlichen Fang- und/oder Aufwandsbeschränkungen aufstellen und weitere gezielte Bewirtschaftungsmaßnahmen vorsehen, wobei auch den Auswirkungen auf andere Arten Rechnung zu tragen ist.
(8)
Der Inhalt der mehrjährigen Pläne sollte dem Zustand der Bestände, der Dringlichkeit ihrer Wiederauffüllung und den Merkmalen dieser Bestände und der Fischereien, die diese befischen, angemessen sein.
(9)
Die nachhaltige Nutzung von Beständen, für die keine mehrjährigen Pläne erstellt wurden, ist über eine Beschränkung der Fangmengen und/oder des Fischereiaufwands zu sichern.
(10)
Die Mitgliedstaaten oder die Kommission sollten Sofortmaßnahmen erlassen können, wenn die Erhaltung eines Bestands oder des marinen Ökosystems aufgrund von Fischereitätigkeiten ernsthaft gefährdet ist und unverzüglich gehandelt werden muss.
(11)
Die Mitgliedstaaten sollten innerhalb ihrer 12-Seemeilen-Zonen für alle Fischereifahrzeuge Bestandserhaltungs- und -bewirtschaftungsmaßnahmen erlassen können, wobei sichergestellt sein muss, dass solche Maßnahmen, wenn sie für Fischereifahrzeuge aus anderen Mitgliedstaaten gelten, nicht diskriminierend sind und vorherige Konsultationen stattgefunden haben, und dass die Gemeinschaft keine spezifischen Bestandserhaltungs- oder -bewirtschaftungsmaßnahmen für diese Zone erlassen hat.
(12)
Zur Anpassung der Kapazitäten an die verfügbaren Ressourcen sollte die Gemeinschaftsflotte abgebaut werden; zur Erreichung dieses Ziels sind spezifische Maßnahmen vorzusehen, unter anderem die Festsetzung von Referenzgrößen für die Fangkapazität, die nicht überschritten werden dürfen, die Bereitstellung zusätzlicher Gemeinschaftsmittel, um das Abwracken von Fischereifahrzeugen zu fördern, sowie nationale Zu- und Abgangsregelungen.
(13)
Jeder Mitgliedstaat sollte ein nationales Fischereifahrzeugregister führen, das der Kommission zugänglich gemacht wird, damit die Größe der einzelstaatlichen Flotten überwacht werden kann.
(14)
Die Regelungen, die den Zugang zu den Ressourcen innerhalb der 12-Seemeilen-Zonen der Mitgliedstaaten beschränken, haben bisher zufrieden stellend funktioniert; sie haben durch die Beschränkung des Fischereiaufwands in den empfindlichsten Gebieten der Gemeinschaftsgewässer der Bestandserhaltung gedient und traditionelle Fischereitätigkeiten, von denen die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Küstenbevölkerung in bestimmten Gebieten in hohem Maße abhängt, erhalten. Sie sollten daher bis zum 31. Dezember 2012 weiter angewandt werden.
(15)
Auch wenn andere Zugangsbeschränkungen im Gemeinschaftsrecht zunächst noch beibehalten werden sollten, ist zu überprüfen, ob sie für die Sicherstellung einer nachhaltigen Fischerei erforderlich sind.
(16)
In Anbetracht der prekären wirtschaftlichen Lage des Fischereisektors und der Abhängigkeit bestimmter Küstenbevölkerungen vom Fischfang muss eine relative Stabilität der Fangtätigkeiten gesichert werden, indem die Fangmöglichkeiten auf der Grundlage eines vorhersehbaren Anteils eines jeden Mitgliedstaats an den Beständen unter den Mitgliedstaaten aufgeteilt werden.
(17)
Ferner sollte diese Stabilität — so wie es der Rat in der Entschließung vom 3. November 1976 über bestimmte externe Aspekte der Schaffung einer 200-Meilen-Fischereizone in der Gemeinschaft mit Wirkung ab 1. Januar 1977(4), insbesondere in Anhang VII, beschlossen hat — unter Berücksichtigung der derzeitigen biologischen Situation der Bestände den besonderen Bedürfnissen der Gebiete gerecht werden, deren Bevölkerung in besonderem Maße von der Fischerei und den mit ihr verbundenen Wirtschaftszweigen abhängt.
(18)
Der Begriff der angestrebten relativen Stabilität ist deshalb in diesem Sinne zu verstehen.
(19)
Im Interesse einer wirksamen Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik sollte die Kontroll- und Sanktionsregelung der Gemeinschaft für die Fischerei gestärkt und die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Behörden der Mitgliedstaaten und der Kommission noch klarer geregelt werden. Zu diesem Zweck ist es angezeigt, in diese Verordnung die wichtigsten Bestimmungen über die Fischereiüberwachung, Kontrollen und die Durchsetzung der Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik aufzunehmen, die zum Teil bereits in der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 des Rates vom 12. Oktober 1993 zur Einführung einer Kontrollregelung für die Gemeinsame Fischereipolitik(5) enthalten sind. Jene Verordnung muss in Kraft bleiben, bis alle erforderlichen Durchführungsbestimmungen erlassen sind.
(20)
Die Überwachungs-, Kontroll- und Durchsetzungsvorschriften regeln einerseits die Verpflichtungen der Schiffskapitäne und der Unternehmen in der Vermarktungskette und andererseits die jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Kommission.
(21)
Hat ein Mitgliedstaat die ihm zugeteilten Fangmöglichkeiten überschritten, so sollte die Gemeinschaft eine Reduzierung der Fangmöglichkeiten vornehmen können. Ist einem Mitgliedstaat dadurch, dass ein anderer Mitgliedstaat seine Fangmöglichkeiten überschritten hat, erwiesenermaßen ein Schaden entstanden, so sollte ihm die abgezogene Menge ganz oder teilweise zugeteilt werden.
(22)
Es ist vorzusehen, dass die Mitgliedstaaten unverzüglich Maßnahmen ergreifen müssen, um die Fortsetzung schwerer Verstöße im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1447/1999 des Rates vom 24. Juni 1999 zur Aufstellung einer Liste von Verhaltensweisen, die einen schweren Verstoß gegen die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik darstellen,(6) zu verhindern.
(23)
Die Kommission sollte die Möglichkeit haben, präventive Sofortmaßnahmen zu ergreifen, wenn nachweislich die Gefahr besteht, dass der Erhalt der Bestände durch Fischereitätigkeiten ernsthaft gefährdet werden könnte.
(24)
Damit sie ihrer Verpflichtung nachkommen kann, die Durchführung der Gemeinsamen Fischereipolitik durch die Mitgliedstaaten zu überwachen und zu beurteilen, muss die Kommission mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet werden.
(25)
Um zu erreichen, dass die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik eingehalten werden, müssen Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen allen einschlägigen Behörden intensiviert werden, insbesondere durch den Austausch nationaler Fischereiinspektoren und durch die Regelung, dass die Mitgliedstaaten die Inspektionsberichte von Gemeinschaftsinspektoren, Inspektoren eines anderen Mitgliedstaats oder Kommissionsinspektoren hinsichtlich der Feststellung des Sachverhalts genauso behandeln wie die eigenen Inspektionsberichte.
(26)
Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(7) erlassen werden.
(27)
Zur erfolgreichen Umsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik sollten regionale Beratungsgremien eingesetzt werden, die dazu beitragen, das Wissen und die Erfahrung der betroffenen Fischer und sonstiger Beteiligter für die Gemeinsame Fischereipolitik zu nutzen und den unterschiedlichen Gegebenheiten in den verschiedenen Gemeinschaftsgewässern Rechnung zu tragen.
(28)
Damit die Gemeinsame Fischereipolitik auf die besten wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen Gutachten zurückgreifen kann, sollte die Kommission durch einen entsprechenden Ausschuss unterstützt werden.
(29)
Es ist notwendig und angezeigt, zur Verwirklichung des grundlegenden Ziels einer nachhaltigen Nutzung der lebenden aquatischen Ressourcen Regeln für die Erhaltung und Nutzung dieser Ressourcen festzulegen. Entsprechend dem in Artikel 5 des Vertrags genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
(30)
In Anbetracht des Umfangs und der Bedeutung der vorzunehmenden Änderungen ist die Verordnung (EWG) Nr. 3760/92 aufzuheben. Die Verordnung (EWG) Nr. 101/76 des Rates vom 19. Januar 1976 über die Einführung einer gemeinsamen Strukturpolitik für die Fischwirtschaft(8) hat ihren wesentlichen Regelungsgehalt verloren und ist deshalb ebenfalls aufzuheben —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 203 E vom 27.8.2002, S. 284.

(2)

Stellungnahme vom 5. Dezember 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)

ABl. L 389 vom 31.12.1992, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1181/98 (ABl. L 164 vom 9.6.1998, S. 1).

(4)

ABl. C 105 vom 7.5.1981, S. 1.

(5)

ABl. L 261 vom 20.10.1993, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1965/2001 der Kommission (ABl. L 268 vom 9.10.2001, S. 23).

(6)

ABl. L 167 vom 2.7.1999, S. 5.

(7)

ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

(8)

ABl. L 20 vom 28.1.1976, S. 19.

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