Präambel VO (EG) 2003/1567

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 179,

auf Vorschlag der Kommission(1),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Gemeinschaft ist zutiefst besorgt über die Lage im Bereich der reproduktiven und sexuellen Gesundheit von Frauen und Männern, insbesondere derjenigen im Alter von 15 bis 49 Jahren in den Entwicklungsländern. Die hohe Mortalität und Morbidität von Müttern und das Fehlen eines breit gefächerten Angebots an sicherer und zuverlässiger Fürsorge und Diensten, an Lieferungen und Informationen im Bereich der reproduktiven und sexuellen Gesundheit sowie die Ausbreitung von HIV/Aids untergraben sämtliche Bemühungen um die Beseitigung der Armut, die Verstärkung der nachhaltigen Entwicklung, die Verbesserung der Chancen und die Sicherung der Lebensgrundlagen in den Entwicklungsländern.
(2)
Die freie Entscheidung des Einzelnen — der Frauen, Männer und Jugendlichen — in Fragen der reproduktiven und sexuellen Gesundheit und der damit verbundenen Rechte, die einen angemessenen Zugang zu Informationen, Aufklärung und Diensten voraussetzt, ist ein wichtiger Fortschritts- und Entwicklungsfaktor und erfordert, dass die Regierungen Maßnahmen einleiten und der Einzelne Verantwortung übernimmt.
(3)
Das Recht jedes Menschen auf das erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit gehört zu den Grundrechten im Sinne von Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Dieses Recht wird mehr als einem Fünftel der Weltbevölkerung vorenthalten.
(4)
Nach Artikel 35 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union muss bei der Festlegung und Durchführung aller Politiken und Maßnahmen der Union ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt sein.
(5)
Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten setzen sich für das Recht des Einzelnen ein, frei über die Anzahl seiner Kinder und die Geburtenabstände zu entscheiden; sie verurteilen jegliche Menschenrechtsverletzung wie Abtreibungszwang, Zwangssterilisierung, Kindestötung bzw. Verstoßung, Aussetzung oder Misshandlung ungewollter Kinder als Mittel zur Eindämmung des Bevölkerungswachstums.
(6)
Sowohl das Europäische Parlament als auch der Rat haben größere Anstrengungen der Gemeinschaft auf dem Gebiet der reproduktiven und sexuellen Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in den Entwicklungsländern gefordert.
(7)
Artikel 25 Absatz 1 Buchstaben c) und d) und Artikel 31 Buchstabe b) Ziffer iii) des am 23. Juni 2000 in Cotonou unterzeichneten AKP-EU Partnerschaftsabkommens(3) zielen eindeutig darauf ab, Strategien zur Verbesserung des Zugangs zu grundlegenden sozialen Dienstleistungen einzubeziehen.
(8)
Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten werden weiterhin maßgeblich zu den allgemeinen Anstrengungen für eine Unterstützung der Strategien und Programme für reproduktive und sexuelle Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in den Entwicklungsländern beitragen und verpflichten sich, weiterhin in diesem Bereich eine führende Rolle zu spielen, wobei sie den Gesundheitsaspekten im Rahmen einer globalen Politik der Armutsbekämpfung Vorrang einräumen.
(9)
Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sind entschlossen, einen effektiven Beitrag zur Verwirklichung der in der Millenniums-Erklärung aufgestellten Entwicklungsziele zu leisten, wonach die Müttersterblichkeit um drei Viertel verringert, eine Gleichstellung der Geschlechter erreicht und überall auf der Welt die Fürsorge und Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit sichergestellt werden sollen.
(10)
Auf der Konferenz von Monterrey wurde vereinbart, dass eine verstärkte öffentliche Entwicklungshilfe und Schuldenerleichterungsprogramme zugunsten besserer Ergebnisse in den Bereichen Gesundheit und Bildung genutzt werden sollten; der Europäischen Union fällt eine bedeutende Rolle bei der Prüfung der Frage zu, wie eine verstärkte öffentliche Entwicklungshilfe wirksamer zur Verbesserung der nachhaltigen Entwicklung genutzt werden könnte.
(11)
Auf der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD), die 1994 in Kairo stattfand, sowie auf der ICPD + 5 im Jahr 1999 wurde eine ehrgeizige Agenda aufgestellt. Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten erhalten ihre Verpflichtung im Hinblick auf das spezifische Ziel der reproduktiven Gesundheit aufrecht, das anlässlich der ICPD vereinbart wurde, nämlich durch das primäre System der Gesundheitsfürsorge die Fürsorge im Bereich der reproduktiven Gesundheit für alle Personen geeigneten Alters so bald wie möglich und spätestens im Jahr 2015 zugänglich zu machen (ICPD-Aktionsprogramm, Absatz 7.6).
(12)
Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Grundsätze aufrechtzuerhalten, die anlässlich der ICPD und der ICPD + 5 vereinbart wurden, und fordert die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Industrieländer, auf, gemeinsam den angemessenen Anteil an der finanziellen Belastung gemäß der Definition im ICPD-Aktionsprogramm zu tragen.
(13)
Obwohl seit der ICPD Fortschritte erzielt wurden, bleibt noch viel zu tun, bis jede Frau die Möglichkeit zu einer gesunden Schwangerschaft und risikofreien Geburt erhält, dem Bedarf junger Menschen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit entsprochen ist und der Misshandlung und Ausbeutung von Frauen ein Ende gesetzt wird, und zwar auch in Flüchtlings- und Konfliktsituationen.
(14)
Die dauerhafte Bereitstellung, Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit wirksamerer und annehmbarer Methoden zur Empfängnisverhütung und zum Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten, einschließlich HIV/Aids, ist von entscheidender Bedeutung für die Verwirklichung der ICPD-Ziele. Dies erfordert eine angemessene Bereitstellung und Auswahl an qualitativ hochwertigen Versorgungsleistungen im Bereich der reproduktiven Gesundheit für alle, die sie benötigen. Diese Art der Sicherheit setzt nicht nur die Güter selbst voraus, sondern die Fähigkeit, den entsprechenden Bedarf vorherzusehen, sie zu finanzieren, zu beschaffen und zu der Zeit, zu der sie benötigt werden, an die Orte zu liefern, an denen sie benötigt werden.
(15)
Anlässlich der UN-Frauenkonferenz von Peking im Jahr 1995 und der Konferenz Peking + 5 wurden die Ziele des ICPD-Aktionsprogramms bekräftigt, und es wurde anerkannt, dass unsachgemäß vorgenommene Abtreibungen das Leben zahlreicher Frauen gefährden und dass Tod und Verletzung durch sichere und effektive Maßnahmen im Bereich der reproduktiven Gesundheit verhindert werden könnten.
(16)
Im Rahmen dieser Verordnung werden weder Anreize zu Sterilisierung und Schwangerschaftsabbruch noch fragwürdige Tests von Empfängnisverhütungsmethoden in den Entwicklungsländern unterstützt. Wenn Kooperationsmaßnahmen durchgeführt werden, sollten die anlässlich der ICPD angenommenen Beschlüsse, insbesondere Absatz 8.25 des ICPD-Aktionsprogramms, denen zufolge unter anderem Abtreibung keinesfalls als Mittel der Familienplanung gefördert werden sollte, strikt eingehalten werden. Dienstleistungen im Bereich der Beratung, Aufklärung und Familienplanung nach Abtreibungen sollten unverzüglich angeboten werden, was auch zur Vermeidung wiederholter Abtreibungen beitragen wird.
(17)
Die Erfahrung hat gelehrt, dass Bevölkerungs- und Entwicklungsprogramme am effektivsten sind, wenn Schritte unternommen wurden, um den Status der Frauen zu verbessern (ICPD-Aktionsprogramm, Absatz 4.1). Die Gleichstellung der Geschlechter ist eine Voraussetzung für eine verbesserte reproduktive Gesundheit, und Männer sollten die volle Verantwortung für ihr sexuelles und reproduktives Verhalten übernehmen (ICPD-Aktionsprogramm, Absatz 4.25).
(18)
Die Effizienz von Programmen zur Unterstützung nationaler Strategien zur Verbesserung der reproduktiven und sexuellen Gesundheit in Entwicklungsländern hängt teilweise von der verbesserten Koordination der Hilfe sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene ab, und zwar insbesondere mit den Organisationen, Fonds und Programmen der Vereinten Nationen, vor allem dem UN-Bevölkerungsfonds.
(19)
Denjenigen, die für die reproduktive Gesundheit Sorge tragen, fällt eine bedeutende Rolle bei der Vorbeugung gegen HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten zu.
(20)
Die Verordnung (EG) Nr. 1484/97 des Rates vom 22. Juli 1997 über die Unterstützung der Bevölkerungspolitiken und -programme in den Entwicklungsländern(4), deren Geltungsdauer zum 31. Dezember 2002 befristet war, wird mit der vorliegenden Verordnung hinfällig und sollte deshalb aufgehoben werden. Die während ihrer Anwendung gewonnenen Erfahrungen sollten sich in der Anwendung der vorliegenden Verordnung widerspiegeln.
(21)
Mit dieser Verordnung wird für die gesamte Laufzeit des Programms ein Finanzrahmen festgelegt, der für die Haushaltsbehörde im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens den vorrangigen Bezugsrahmen im Sinne von Nummer 33 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des Haushaltsverfahrens(5) bildet.
(22)
Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(6) erlassen werden.
(23)
Da die Ziele der beabsichtigten Maßnahme, nämlich die Verbesserung der reproduktiven und sexuellen Gesundheit und die Gewährleistung des Schutzes der damit verbundenen Rechte unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der beabsichtigten Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 151 E vom 25.6.2002, S. 260.

(2)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 13. Februar 2003 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 16. Juni 2003.

(3)

ABl. L 317 vom 15.12.2000, S. 3.

(4)

ABl. L 202 vom 30.7.1997, S. 1.

(5)

ABl. C 172 vom 18.6.1999, S. 1.

(6)

ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

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