Präambel VO (EG) 2003/1568

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 179,

auf Vorschlag der Kommission(1),

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Das Recht jedes Menschen auf das erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit gehört zu den Grundrechten im Sinne von Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Dieses Recht wird mehr als einem Fünftel der Weltbevölkerung vorenthalten.
(2)
Nach Artikel 35 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union muss bei der Festlegung und Durchführung aller Politiken und Maßnahmen der Union ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt sein.
(3)
Mehr als fünfeinhalb Millionen Menschen sterben jährlich an HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria, die sich am gravierendsten auf die Sterblichkeit und Lebenserwartung in den Entwicklungsländern auswirken. Darüber hinaus machen diese Krankheiten jahrelange Bemühungen und Erfolge im Bereich der Entwicklung zunichte und geben langfristig aufgrund ihrer destabilisierenden Wirkung auf die Gesellschaft Anlass zu großer Sorge.
(4)
Es gilt inzwischen als weithin anerkannt, dass Prävention, Betreuung und Behandlung ein Ganzes bilden und synergistisch wirken.
(5)
Da diese Krankheiten nicht eingedämmt werden konnten und ihre Auswirkungen nachweislich zunehmen, sind sie in den Mittelpunkt der Entwicklungsdebatte gerückt — so wie dies die auf der Sondertagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Verpflichtungserklärung vom Juni 2001, in der HIV/Aids als eine die Entwicklung gefährdende Notstandslage anerkannt wurde, und die von der Weltgesundheitsversammlung der WHO abgegebene Erklärung, wonach Tuberkulose und Malaria globale Notlagen darstellen, belegen — und haben Forderungen nach Sofortmaßnahmen und eine Reihe nationaler, regionaler und internationaler Initiativen ausgelöst, die alle auf die Erreichung der Entwicklungsziele der Millenniums-Erklärung abzielen, die klare Vorgaben für die Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria umfassen und zu deren Einhaltung sich die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet haben.
(6)
In der genannten Verpflichtungserklärung der Vereinten Nationen haben sich die Teilnehmer verpflichtet, allein für HIV/Aids bis zum Jahr 2005 durch die schrittweise Aufstockung der Mittel das Gesamtziel jährlicher Ausgaben für die Epidemie in der Höhe von 7 bis 10 Milliarden US-Dollar in den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sowie in den Ländern, in denen sich HIV/Aids rasch ausbreitet oder eine rasche Ausbreitung droht, zur Prävention, Betreuung, Behandlung, Unterstützung und Folgenminderung von HIV/Aids zu erreichen und Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die benötigten Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, insbesondere von den Geberländern und auch von den einzelstaatlichen Haushalten, eingedenk der Tatsache, dass die Mittel der am stärksten betroffenen Länder äußerst begrenzt sind.
(7)
Die Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria erfordert ein geeignetes strukturelles, sowohl umfassendes als auch kohärentes Konzept, das die finanziellen und personellen Mittel der meisten Entwicklungsländer übersteigt. Aufgrund ihres Ausmaßes und ihres grenzüberschreitenden Charakters sind die armutsbedingten Krankheiten ein Beispiel für Probleme, die ein systematisches, aufeinander abgestimmtes Vorgehen der Völkergemeinschaft erfordern. Die einzuleitenden Maßnahmen liegen im Interesse aller und sollten deshalb nicht ausschließlich als eine Frage der Entwicklungshilfe gesehen werden.
(8)
In der Erklärung von Doha über das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS-Übereinkommen) und die öffentliche Gesundheit wurde festgehalten, dass das TRIPS-Übereinkommen Mitglieder nicht daran hindert und nicht daran hindern sollte, Maßnahmen zu ergreifen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen, und dass das Abkommen so interpretiert und angewandt werden kann und sollte, dass es das Recht der WTO-Mitglieder, die öffentliche Gesundheit zu schützen, fördert, und insbesondere das Recht, den Zugang zu Medikamenten für alle zu sichern, und es wurde bekräftigt, dass die WTO-Mitglieder das Recht haben, die Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens, die für diesen Fall Flexibilität erlauben, voll auszuschöpfen.
(9)
Die Effizienz von Programmen zur Unterstützung nationaler Strategien zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria hängt teilweise von der verbesserten Koordination der Hilfe sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene, und zwar insbesondere mit den Organisationen, Fonds und Programmen der Vereinten Nationen unter Einbeziehung der Partnerschaften zwischen dem Privatsektor, dem öffentlichen Sektor und dem Vereinssektor, sowie von einer genauen Abstimmung der Verfahren auf die jeweiligen Strategien und beteiligten Partner ab.
(10)
Die öffentliche Gesundheit fällt in den Aufgabenbereich des Staates. Eine unzureichende staatliche Politik hat das Unvermögen des Marktes, im Bereich der vernachlässigten Krankheiten die erforderliche Forschungs- und Entwicklungstätigkeit zu leisten, noch verstärkt. Im Jahre 2000 betrafen nur 10 % der gesamten Forschung und Entwicklung Krankheiten, die für 90 % der Erkrankungen in der Welt verantwortlich sind. Grad und Form der Vernachlässigung variieren je nach Krankheit, und unterschiedliche Strategien sind nötig, um dieses Ungleichgewicht zu beheben. Es müssen umfassende Maßnahmen eingeleitet werden, um das Versagen des Marktes im Bereich der Entwicklung von Arzneimitteln auszugleichen, und zwar durch die verstärkte Bereitstellung von öffentlichen Mitteln, auch durch die Unterstützung der Erforschung und Entwicklung spezieller globaler öffentlicher Güter und wirksamer Präventions- und Behandlungsmethoden zur Bekämpfung dieser Krankheiten in den Entwicklungsländern sowie die Schaffung angemessener Anreize für den Privatsektor im Hinblick auf eine entsprechende Investitionstätigkeit.
(11)
Speziell auf die Bekämpfung der armutsbedingten Krankheiten ausgerichtete Maßnahmen müssen in geeigneter Weise in den weiteren Kontext einer allgemeinen Verbesserung und höheren Wirksamkeit der Gesundheitssysteme und Gesundheitsdienste in den Entwicklungsländern eingefügt werden. Erhebliche Verbesserungen dieser Systeme sind von entscheidender Bedeutung, wenn HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria wirksam bekämpft werden sollen. Es müssen besondere Anstrengungen unternommen werden, um Maßnahmen zur Bekämpfung der armutsbedingten Krankheiten und Maßnahmen im Bereich der reproduktiven und sexuellen Gesundheit und Rechte miteinander zu verbinden.
(12)
Die Verbesserung der gesundheitlichen Situation ist eine unerlässliche Voraussetzung und ein wesentlicher Faktor der nachhaltigen Entwicklung. Da die in dieser Verordnung vorgesehene Art der Hilfe für die betroffenen Partnerländer und Bevölkerungsgruppen somit direkt und konkret die Entwicklung fördert, leistet sie einen wichtigen Beitrag zur Entwicklungspolitik der Gemeinschaft.
(13)
Im Sinne der Kohärenz sollten alle Gemeinschaftspolitiken dem Ziel der Verbesserung der gesundheitlichen Situation und der Armutslinderung Rechnung tragen.
(14)
In ihren Mitteilungen an den Rat und das Europäische Parlament vom 20. September 2000 und vom 21. Februar 2001 über die Aktion zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten im Rahmen der Armutslinderung hat die Kommission dargelegt, welche politischen Grundsätze und vorrangigen Strategien verwirklicht werden müssen, um die Effizienz der Interventionen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten in diesem Bereich zu steigern.
(15)
In seinen Entschließungen vom 10. November 2000 und vom 14. Mai 2001 hat der Rat auf die schwerwiegenden Auswirkungen der Epidemien HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria verwiesen und hervorgehoben, dass die Bemühungen um eine stärkere Unterstützung auf nationaler, regionaler und globaler Ebene intensiviert werden müssen.
(16)
Der Rat in seiner Entschließung vom 14. Mai 2001 und das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom 4. Oktober 2001(3) haben das gemeinschaftliche Aktionsprogramm: Beschleunigte Aktion zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria im Rahmen der Armutslinderung befürwortet und betont, dass angemessene personelle und finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden müssen, um eine wirksame Umsetzung des Programms zu ermöglichen.
(17)
In der Gemeinsamen Erklärung des Rates und der Kommission vom 31. Mai 2001, in der genannten Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. Oktober 2001 und in der Entschließung der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU vom 1. November 2001 wurde der Vorschlag des Generalsekretärs der Vereinten Nationen zur Einrichtung eines Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria, der am 29. Januar 2002 seine Tätigkeit aufgenommen hat, begrüßt und betont, dass die Beiträge zu diesem Fonds bereits bestehende Ressourcen ergänzen sollten.
(18)
In der genannten Verpflichtungserklärung der Vereinten Nationen und insbesondere in der auf der Monterrey-Konferenz abgegebenen Erklärung heißt es, dass eine Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) und Schuldenerleichterungsprogramme zu einer Verbesserung der Gesundheits- und Bildungssysteme beitragen sollen. Der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten kommt eine wichtige Rolle zu, wenn es darum geht zu untersuchen, wie eine Anhebung der öffentlichen Entwicklungshilfe, einschließlich Schuldenerleichterungsregelungen, wirksamer im Kampf gegen HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria eingesetzt werden kann.
(19)
In ihren Entschließungen vom September 1998, Oktober 2000 und März 2002 hat die Paritätische Parlamentarische Versammlung AKP-EU unterstrichen, dass HIV/Aids sämtliche Entwicklungsanstrengungen gefährdet und somit ein rasches Handeln erforderlich ist.
(20)
Die Verordnung (EG) Nr. 550/97 des Rates vom 24. März 1997 über die Aktionen zur HIV/Aids-Bekämpfung in den Entwicklungsländern(4) wird mit der vorliegenden Verordnung hinfällig und sollte deshalb aufgehoben werden.
(21)
Mit dieser Verordnung wird für die gesamte Laufzeit des Programms ein Finanzrahmen festgesetzt, der für die Haushaltsbehörde im Rahmen des jährlichen Haushaltsverfahrens den vorrangigen Bezugsrahmen im Sinne von Nummer 33 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 6. Mai 1999 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des Haushaltsverfahrens(5) bildet.
(22)
Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(6) erlassen werden.
(23)
Da das Ziel der beabsichtigten Maßnahme, nämlich die Bekämpfung der drei wichtigsten übertragbaren Krankheiten im Rahmen der Armutslinderung unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklungsländer, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der beabsichtigten Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 151 E vom 25.6.2002, S. 202.

(2)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 30. Januar 2003 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 16. Juni 2003.

(3)

ABl. C 87 E vom 11.4.2002, S. 244.

(4)

ABl. L 85 vom 27.3.1997, S. 1.

(5)

ABl. C 172 vom 18.6.1999, S. 1.

(6)

ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

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