Präambel VO (EG) 2003/782

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 80 Absatz 2,

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses(2),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Die Gemeinschaft ist über die umweltschädigenden Auswirkungen zinnorganischer Verbindungen, die als Bewuchsschutzsysteme von Schiffen verwendet werden, besonders von Tributylzinn (TBT)-Anstrichen, ernsthaft besorgt.
(2)
Ein Internationales Übereinkommen über Verbots- und Beschränkungsmaßnahmen für schädliche Bewuchsschutzssysteme von Schiffen (AFS-Übereinkommen) wurde am 5. Oktober 2001 auf einer diplomatischen Konferenz (AFS-Konferenz) unter der Schirmherrschaft der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) mit Beteiligung von Mitgliedstaaten der Gemeinschaft angenommen.
(3)
Das AFS-Übereinkommen ist ein Rahmenübereinkommen, das das Verbot schädlicher Bewuchsschutzsysteme von Schiffen gemäß genau festgelegter Verfahren und unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips, wie es in der Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung dargelegt wurde, ermöglicht.
(4)
Das AFS-Übereinkommen verbietet zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur die Verwendung zinnorganischer Verbindungen auf Schiffen.
(5)
Im AFS-Übereinkommen wurden der 1. Januar 2003 als Zeitpunkt, ab dem zinnorganische Verbindungen auf Schiffe nicht mehr aufgetragen werden dürfen, und der 1. Januar 2008 als Zeitpunkt, ab dem Schiffe nicht mehr über zinnorganische Verbindungen verfügen dürfen, festgelegt.
(6)
Das AFS-Übereinkommen tritt erst zwölf Monate nach seiner Ratifizierung durch mindestens 25 Staaten, auf die mindestens 25 % der Welttonnage entfallen, in Kraft.
(7)
Die Mitgliedstaaten sollten das AFS-Übereinkommen zum frühestmöglichen Zeitpunkt ratifizieren.
(8)
Die Mitgliedstaaten sollten in die bestmögliche Ausgangslage für eine rasche Ratifizierung des AFS-Übereinkommens versetzt werden. Mögliche Hindernisse, die einer solchen Ratifizierung entgegenstehen könnten, sollten ausgeräumt werden.
(9)
In dem Bewusstsein, dass die bis zum 1. Januar 2003 verbleibende Zeit möglicherweise nicht ausreicht, um das Inkrafttreten des AFS-Übereinkommens bis dahin zu ermöglichen, und in dem Wunsch, ein Ende der Verwendung zinnorganischer Verbindungen in der Schifffahrt ab dem 1. Januar 2003 herbeizuführen, hat die AFS-Konferenz in der Entschließung Nr. 1 die IMO-Mitgliedstaaten aufgerufen, ihr Möglichstes zu tun, damit das AFS-Übereinkommen schnellstmöglich durchgeführt werden kann, und die Branche aufgefordert, Vermarktung, Verkauf und Verwendung zinnorganischer Verbindungen zu diesem Zeitpunkt einzustellen.
(10)
Unmittelbar im Nachgang zu der AFS-Konferenz hat die Kommission die Richtlinie 2002/62/EG vom 9. Juli 2002 zur neunten Anpassung von Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen an den technischen Fortschritt (zinnorganische Verbindungen)(4) erlassen, um ab dem 1. Januar 2003 das Inverkehrbringen und die Verwendung zinnorganischer Verbindungen in Bewuchsschutzsystemen für alle Schiffe, ungeachtet deren Länge, zu verbieten.
(11)
In Anbetracht der Entschließung Nr. 1 der AFS-Konferenz sind zusätzliche Schritte zur Durchführung von Maßnahmen bezüglich zinnorganischer Verbindungen erforderlich, damit ein allgemeines Verbot der Verwendung von TBT-Anstrichen auf Schiffen in der gesamten Gemeinschaft und den angrenzenden Seegebieten zu den im AFS-Übereinkommen vorgesehenen Zeitpunkten erreicht wird.
(12)
Eine Verordnung stellt das angemessene rechtliche Mittel dar, da sie Schiffseignern und Mitgliedstaaten unmittelbar und kurzfristig genaue Anforderungen auferlegt, die zu einem einheitlichen Zeitpunkt und auf einheitliche Weise in der gesamten Gemeinschaft zu erfüllen sind. Diese Verordnung, die nur das Verbot zinnorganischer Verbindungen betreffen sollte, sollte nicht zu einer Überschneidung mit dem AFS-Übereinkommen führen.
(13)
Die gemäß der Richtlinie 76/769/EWG(5) geltenden Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (zinnorganische Verbindungen) sollten von dieser Verordnung nicht berührt werden.
(14)
Auf Gemeinschaftsebene sollte Unsicherheit über das vollständige Verbot aktiver TBT-Anstriche nicht hingenommen werden; der weltweiten Schifffahrtsbranche, die die Instandhaltung ihrer Schiffe planen muss, sollte eindeutig und rechtzeitig bewusst gemacht werden, dass Schiffe mit aktiven TBT-Anstrichen des Schiffsrumpfs ab dem 1. Januar 2008 Häfen der Gemeinschaft nicht mehr anlaufen dürfen.
(15)
Drittländer, insbesondere wenn ihnen nicht der zusätzliche Nutzen einer übernationalen Regelung zugute kommt, könnten rechtstechnische Schwierigkeiten haben, im Rahmen ihrer innerstaatlichen Gesetzgebung das Verbot der Aufbringung von TBT-Anstrichen auf ihren Schiffen ab dem Tag einzuführen, an dem es gemäß dieser Verordnung in Kraft tritt. Das Verbot der Aufbringung von TBT-Anstrichen auf Schiffe, die die Flagge eines Drittstaats führen, sollte daher für einen Übergangszeitraum, der am 1. Juli 2003 beginnt und mit Inkrafttreten des AFS-Übereinkommens endet, ausgesetzt werden.
(16)
Flaggenstaaten, die die Verwendung von TBT-Anstrichen für ihre Schiffe verboten haben, haben ein wirtschaftliches Interesse daran, dass das AFS-Übereinkommen so bald wie möglich in Kraft tritt, damit weltweit gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen. Diese Verordnung, die für alle Schiffe, die die Flagge eines Mitgliedstaats führen, die Aufbringung von TBT-Anstrichen zum frühestmöglichen Zeitpunkt verbietet, sollte einen Anreiz für Flaggenstaaten darstellen, das AFS-Übereinkommen zu ratifizieren.
(17)
Die Begriffsbestimmungen und Anforderungen dieser Verordnung sollten sich so weit wie möglich auf die des AFS-Übereinkommens stützen.
(18)
Diese Verordnung sollte auch für Schiffe gelten, die unter der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaats betrieben werden, um ihre Anwendung auf Offshore-Plattformen zu gewährleisten. Sie sollte nicht für Kriegsschiffe oder andere Staatsschiffe gelten, da diese Schiffe durch das AFS-Übereinkommen ausreichend abgedeckt sind.
(19)
Das Verbot aktiver TBT-Anstriche ab dem 1. Juli 2003 für alle Schiffe, die berechtigt sind, die Flagge eines Mitgliedstaats zu führen, und deren Bewuchsschutzsystem nach diesem Zeitpunkt aufgebracht, geändert oder ersetzt wurde, sollte ein Anreiz für die Schifffahrtsbranche sein, der Empfehlung der Entschließung Nr. 1 der AFS-Konferenz nachzukommen.
(20)
Es ist angebracht, dieselbe Regelung für Besichtigungen und Zeugnisse zu treffen wie das AFS-Übereinkommen. Nach dieser Verordnung sollten alle Schiffe ab einer Bruttoraumzahl von 400 ungeachtet der Fahrten, auf denen sie eingesetzt werden, besichtigt werden, während Schiffe mit einer Länge von 24 Metern oder mehr, aber unter einer Bruttoraumzahl von 400 nur eine Erklärung mitführen sollten, dass sie die Verordnung oder das AFS-Übereinkommen einhalten. Die Gemeinschaft sollte das Recht haben, eine harmonisierte Besichtigungsregelung für diese Schiffe einzuführen, wenn dies zu einem späteren Zeitpunkt erforderlich sein sollte.
(21)
Es ist nicht erforderlich, für Schiffe mit einer Länge von weniger als 24 Metern eine bestimmte Besichtigung oder Erklärung vorzusehen, da diese Schiffe, bei denen es sich überwiegend um Sport- und Fischereifahrzeuge handelt, durch die Richtlinie 76/769/EWG ausreichend abgedeckt werden.
(22)
Zeugnisse und Urkunden, die gemäß dieser Verordnung ausgestellt wurden, sollten ebenso wie AFS-Zeugnisse und AFS-Erklärungen, die von Vertragsstaaten des AFS-Übereinkommens ausgestellt wurden, anerkannt werden.
(23)
Falls das AFS-Übereinkommen nicht bis zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten ist, sollte es der Kommission erlaubt sein, geeignete Bestimmungen zu erlassen, damit Schiffe, die die Flagge eines Drittstaats führen, die Einhaltung dieser Verordnung nachweisen können und die Durchführung dieser Bestimmungen kontrolliert werden kann.
(24)
Die am besten geeignete Regelung zur Kontrolle der Durchführung des Verbots von TBT-Anstrichen auf Schiffen und der Erfordernisse des AFS-Übereinkommens sind die Vorschriften der Richtlinie 95/21/EG des Rates vom 19. Juni 1995 zur Durchsetzung internationaler Normen für die Schiffssicherheit, die Verhütung von Verschmutzung und die Lebens- und Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen, die Gemeinschaftshäfen anlaufen und in Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten fahren (Hafenstaatkontrolle)(6), und Änderungen jener Richtlinie sollten zu gegebener Zeit vorgenommen werden. In Anbetracht des besonderen Anwendungsbereichs jener Richtlinie sollten während des Übergangszeitraums gleichwertige Bestimmungen auf Schiffe angewendet werden, die die Flagge eines Mitgliedstaats führen.
(25)
Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse(7) erlassen werden.
(26)
Die Kommission sollte dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht übermitteln, um eine Bewertung zu ermöglichen, inwieweit das Ziel dieser Verordnung erreicht wurde, und erforderlichenfalls geeignete Anpassungen dieser Verordnung vorschlagen.
(27)
Diese Verordnung sollte so in Kraft treten, dass das Verbot von zinnorganischen Verbindungen auf Schiffen zum frühestmöglichen Zeitpunkt wirksam wird —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. C 262 E vom 29.10.2002, S. 492.

(2)

Stellungnahme vom 11. Dezember 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3)

Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 20. November 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 17. März 2003.

(4)

ABl. L 183 vom 12.7.2002, S. 58.

(5)

ABl. L 262 vom 27.9.1976, S. 201. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2003/3/EG der Kommission (ABl. L 4 vom 9.1.2003, S. 12).

(6)

ABl. L 157 vom 7.7.1995, S. 1. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2002/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 324 vom 29.11.2002, S. 53).

(7)

ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23.

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