Präambel VO (EG) 2004/1860

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 994/98 des Rates vom 7. Mai 1998 über die Anwendung der Artikel 92 und 93 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf bestimmte Gruppen horizontaler Beihilfen(1), insbesondere auf Artikel 2,

nach Veröffentlichung des Entwurfs dieser Verordnung(2),

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für staatliche Beihilfen,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Durch die Verordnung (EG) Nr. 994/98 wird die Kommission ermächtigt, mittels Verordnung einen Schwellenwert festzusetzen, bis zu dem Beihilfen als Maßnahmen angesehen werden, die nicht alle Tatbestandsmerkmale von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag erfüllen und daher auch nicht dem Meldeverfahren nach Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag unterliegen.
(2)
Die Kommission hat die Artikel 87 und 88 EG-Vertrag in zahlreichen Entscheidungen angewandt und dabei insbesondere den Begriff der Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag näher ausgeführt. Sie hat ferner, zuletzt in der Verordnung (EG) Nr. 69/2001(3), ihre Politik im Hinblick auf den Höchstbetrag festgelegt, bis zu dem Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag als nicht anwendbar angesehen werden kann. Da im Agrar- und Fischereisektor besondere Vorschriften gelten und selbst geringfügige Beihilfebeträge die Tatbestandsmerkmale von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag erfüllen können, wurden diese Sektoren vom Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 ausgenommen.
(3)
Die Erfahrung der Kommission, insbesondere seit Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL)(4) und der Anwendung des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen im Agrarsektor(5) hat gezeigt, dass Agrarbeihilfen mit geringfügigen Beträgen unter bestimmten Bedingungen nicht unter die Tatbestandsmerkmale von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen. Diese Bedingungen sind erfüllt, wenn der Beihilfebetrag je Erzeuger niedrig gehalten und die Gesamtzuwendungen an die Landwirtschaft auf einen geringen Prozentsatz ihres Produktionswerts begrenzt werden. In der Gemeinschaft wird ein Agrarerzeugnis normalerweise von einer großen Zahl sehr kleiner Betriebe erzeugt, die im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisationen weitgehend austauschbare Waren produzieren. Daher muss die Summe der an die einzelnen Erzeuger gezahlten geringfügigen Beihilfebeträge am Wert der Agrarerzeugung des jeweiligen Sektors in einem gegebenen Zeitraum gemessen werden. Die Festsetzung einer einzelstaatlichen Höchstgrenze nach dem Produktionswert des Agrarsektors bietet ein kohärentes Verfahren auf Basis eines objektiven wirtschaftlichen Bezugswerts in allen Mitgliedstaaten.
(4)
Die Erfahrung der Kommission bei der Beurteilung staatlicher Beihilfen im Fischereisektor, insbesondere seit der Anwendung der Leitlinien für die Prüfung der einzelstaatlichen Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor(6) und des Inkrafttretens der Verordnung (EG) Nr. 2792/1999 des Rates von 17. Dezember 1999 zur Festlegung der Modalitäten und Bedingungen für die gemeinschaftlichen Strukturmaßnahmen im Fischereisektor(7), hat ebenfalls gezeigt, dass Fischereibeihilfen mit geringfügigen Beträgen unter bestimmten Bedingungen nicht unter die Tatbestandsmerkmale von Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen. Aufgrund der ähnlichen Produktionsstruktur im Fischerei- und Agrarsektor sind diese Bedingungen gleichfalls erfüllt, wenn der Beihilfebetrag je Fischereibetrieb niedrig gehalten und die Gesamtzuwendungen an die Fischwirtschaft auf einen geringen Prozentsatz ihres Produktionswerts begrenzt werden.
(5)
Im Interesse der Transparenz und der Rechtssicherheit erscheint es angezeigt, eine „De-minimis” -Regelung für den Agrar- und den Fischereisektor in einer Verordnung festzulegen.
(6)
In Übereinstimmung mit dem WTO-Übereinkommen über die Landwirtschaft(8) sind Exportbeihilfen oder Beihilfen, die heimische Erzeugnisse gegenüber Importwaren begünstigen, vom Geltungsbereich dieser Verordnung nicht auszunehmen. Die Mitgliedstaaten dürfen keine Unterstützung gewähren, die gegen die in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verpflichtungen verstößt. Beihilfen, die die Teilnahme an Messen, die Durchführung von Studien oder die Inanspruchnahme von Beratungsdiensten zur Einführung neuer oder bestehender Produkte auf einem neuen Markt ermöglichen sollen, gelten in der Regel nicht als Exportbeihilfen. Nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 19. September 2002(9) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, sobald die Gemeinschaft eine Regelung über die Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für einen bestimmten Agrarsektor erlassen hat, sich aller Maßnahmen zu enthalten, die von dieser Regelung abweichen oder sie verletzen können. Dieser Grundsatz gilt auch im Fischereisektor. Aus diesem Grund sind Beihilfen, deren Höhe sich nach dem Preis oder der Menge vermarkteter Erzeugnisse richtet, vom Geltungsbereich dieser Verordnung auszunehmen.
(7)
Die Erfahrung der Kommission hat gezeigt, dass Beihilfen, die einen Höchstbetrag von 3000 EUR je Empfänger innerhalb von drei Jahren nicht übersteigen, bei gleichzeitiger Begrenzung des Beihilfegesamtvolumens auf etwa 0,3 % des jährlichen Produktionswerts der Landwirtschaft bzw. der Fischwirtschaft den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen und/oder den Wettbewerb nicht verfälschen bzw. zu verfälschen drohen und somit nicht unter Artikel 87 Absatz 1 EG-Vertrag fallen. Der Dreijahreszeitraum sollte gleitend sein, d.h. bei jeder Neubewilligung einer De-minimis-Beihilfe ist die Gesamtsumme der in den vorangegangenen drei Jahren gewährten De-minimis-Beihilfen maßgeblich. Als Bewilligungszeitpunkt sollte der Zeitpunkt gelten, zu dem der Empfänger den Rechtsanspruch auf die Beihilfe erwirbt. Die Möglichkeit, für dasselbe Vorhaben sonstige von der Kommission genehmigte oder unter eine Gruppenfreistellung fallende Beihilfen zu beziehen, bleibt hiervon unberührt.
(8)
Aus Gründen der Transparenz, Gleichbehandlung und korrekten Anwendung der „De-minimis” -Höchstbeträge sollten die Mitgliedstaaten identische Berechnungsmethoden anwenden. Um die Berechnung zu vereinfachen, sollten in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 69/2001 Beihilfen, die nicht in Form einer Barzuwendung gewährt werden, in ihr Bruttosubventionsäquivalent umgerechnet werden. Die Berechnung des Subventionsäquivalents einer in mehreren Tranchen oder in Form eines zinsgünstigen Darlehens gewährten Beihilfe sollte auf der Grundlage der zum Gewährungszeitpunkt geltenden marktüblichen Zinssätze erfolgen. Im Interesse einer einheitlichen, transparenten und unkomplizierten Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen sollten für die Zwecke dieser Verordnung die marktüblichen Zinssätze als Referenzzinssätze herangezogen werden (bei zinsgünstigen Darlehen muss das Darlehen durch übliche Sicherheiten abgesichert und darf nicht mit ungewöhnlich hohen Risiken behaftet sein). Als Referenzzinssätze sollten die von der Kommission in regelmäßigen Abständen anhand objektiver Kriterien ermittelten und im Amtsblatt der Europäischen Union sowie im Internet veröffentlichten Zinssätze gelten.
(9)
Die Kommission hat dafür zu sorgen, dass die Vorschriften über staatliche Beihilfen und insbesondere auch die Bedingungen, unter denen eine „De-minimis” -Beihilfe gewährt wird, eingehalten werden. Nach dem in Artikel 10 EG-Vertrag verankerten Grundsatz der Zusammenarbeit sind die Mitgliedstaaten gehalten, der Kommission diese Aufgabe zu erleichtern, indem sie durch geeignete Mechanismen sicherstellen, dass der im Rahmen der De-minimis-Regelung gewährte Gesamtbeihilfebetrag die Schwelle von 3000 EUR je Empfänger sowie das von der Kommission auf Basis des Produktionswerts der Landwirtschaft bzw. der Fischwirtschaft festgesetzte Gesamtvolumen innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren nicht überschreitet. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten bei Gewährung einer De-minimis-Beihilfe die Unternehmen darauf hinweisen, dass es sich bei der betreffenden Maßnahme um eine De-minimis-Beihilfe handelt, von diesem vollständig über die in den vorangegangenen drei Jahren erhaltenen De-minimis-Beihilfen informiert werden und sodann sorgfältig nachprüfen, dass der De-minimis-Höchstbetrag durch die neue Beihilfe nicht überschritten wird. Stattdessen kann zu diesem Zweck auch ein Zentralregister eingerichtet werden.
(10)
Aufgrund der bisherigen Erfahrungen der Kommission und der Tatsache, dass die Politik im Bereich der staatlichen Beihilfen generell in regelmäßigen Abständen neu überdacht werden muss, sollte die Geltungsdauer dieser Verordnung begrenzt werden. Für den Fall, dass diese Verordnung nach Ablauf dieses Zeitraumes nicht verlängert wird, ist für die unter diese Verordnung fallenden De-minimis-Beihilferegelungen eine sechsmonatige Anpassungsfrist vorzusehen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Anwendbarkeit dieser Verordnung auf vor ihrem Inkrafttreten gewährte Beihilfen zu regeln —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 142 vom 14.5.1998, S. 1.

(2)

ABl. C 93 vom 17.4.2004, S. 9.

(3)

ABl. L 10 vom 13.1.2001, S. 30.

(4)

ABl. L 160 vom 26.6.1999, S. 80. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 583/2004 (ABl. L 91 vom 30.3.2004, S. 1).

(5)

ABl. C 232 vom 12.8.2000, S. 19.

(6)

ABl. C 19 vom 20.1.2001, S. 7.

(7)

ABl. L 337 vom 30.12.1999, S. 10. Verordnung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1421/2004 (ABl. L 260 vom 6.8.2004, S. 1).

(8)

ABl. L 336 vom 23.12.1994, S. 22.

(9)

Rs. C-113/2000, Spanien/Kommission, Slg. 2002, S. I-7601, Rn. 73.

© Europäische Union 1998-2021

Tipp: Verwenden Sie die Pfeiltasten der Tastatur zur Navigation zwischen Normen.