ANHANG I VO (EG) 2005/2096

ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN BEZÜGLICH DER ERBRINGUNG VON FLUGSICHERUNGSDIENSTEN

1.
TECHNISCHE UND BETRIEBLICHE FÄHIGKEITEN UND EIGNUNG

Die Flugsicherungsorganisation muss in der Lage sein, bezogen auf ein vernünftigerweise anzunehmendes Gesamtnachfrageniveau in einem bestimmten Luftraum, Dienste sicher, effizient, kontinuierlich und nachhaltig zu erbringen. Dazu unterhält sie eine angemessene technische und betriebliche Kapazität und entsprechendes Fachwissen.

2.
ORGANISATIONSSTRUKTUR UND MANAGEMENT

2.1
Organisationsstruktur

Die Flugsicherungsorganisation richtet eine Organisationsstruktur ein, die die sichere, effiziente und kontinuierliche Erbringung der Dienste unterstützt, und verwaltet das Unternehmen gemäß dieser Struktur. In der Organisationsstruktur sind festzulegen:
a)
Befugnisse, Pflichten und Verantwortung der benannten Stelleninhaber, insbesondere des für Funktionen im Zusammenhang mit Sicherheit, Qualität, Gefahrenabwehr, Finanzen und Personal zuständigen Managementpersonals;
b)
Beziehung und Unterstellungsverhältnisse zwischen verschiedenen Teilen und Prozessen der Organisation.

2.2
Organisationsmanagement

Die Flugsicherungsorganisation arbeitet einen Geschäftsplan für einen Mindestzeitraum von fünf Jahren aus. Der Geschäftsplan
a)
legt die Gesamtziele der Flugsicherungsorganisation und ihre Strategie zu deren Erreichung in Einklang mit ihren längerfristigen Plänen und einschlägigen Anforderungen der Europäischen Union für die Entwicklung der Infrastruktur oder sonstiger Technologie fest;
b)
enthält gegebenenfalls geeignete Leistungsziele bezüglich Sicherheit, Kapazität, Umwelt und Kosteneffizienz.
Die in den Buchstaben a und b genannten Informationen müssen gegebenenfalls mit dem in Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 549/2004 genannten Leistungsplan auf nationaler Ebene oder auf Ebene funktionaler Luftraumblöcke in Einklang stehen und, insoweit Sicherheitsdaten betroffen sind, mit dem Sicherheitsprogramm des Staates, das in Standard 2.27.1 von ICAO-Anhang 11, Änderung 47B-A vom 20. Juli 2009 genannt ist, in Einklang stehen. Die Flugsicherungsorganisation liefert auf Sicherheits- und Geschäftsaspekte bezogene Begründungen für größere Investitionsvorhaben, gegebenenfalls einschließlich Schätzungen der Auswirkungen auf die in Abschnitt 2.2 Buchstabe b genannten Leistungsziele, und mit Angabe der Investitionen, die sich aus rechtlichen Erfordernissen im Zusammenhang mit der SESAR-Umsetzung ergeben. Die Flugsicherungsorganisation legt einen Jahresplan für das kommende Jahr vor, in dem die Angaben des Geschäftsplans weiter ausgeführt werden und der Änderungen am Geschäftsplan erläutert. Der Jahresplan umfasst gegebenenfalls folgende Vorgaben bezüglich Dienstleistungsniveau und -qualität, wie etwa das erwartete Niveau in Bezug auf Kapazität, Sicherheit, Umwelt und Kosteneffizienz:
a)
Informationen zur Einrichtung neuer Infrastruktur oder zu anderen Entwicklungen und eine Erklärung dazu, wie diese zur Verbesserung der Leistung der Flugsicherungsorganisation, einschließlich des Niveaus und der Qualität der Dienste, beitragen werden;
b)
Leistungskennzahlen, die mit dem in Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 549/2004 genannten Leistungsplan auf nationaler Ebene oder auf Ebene funktionaler Luftraumblöcke in Einklang stehen und anhand deren das Niveau und die Qualität der Dienste vernünftig beurteilt werden können;
c)
Informationen über vorgesehene Maßnahmen zur Minderung der im Sicherheitsplan der Flugsicherungsorganisation angegebenen Sicherheitsrisiken, einschließlich Sicherheitskennzahlen zur Überwachung des Sicherheitsrisikos und gegebenenfalls geschätzte Kosten von Minderungsmaßnahmen;
d)
die erwartete kurzfristige Finanzlage der Flugsicherungsorganisation sowie etwaige Änderungen des Geschäftsplans oder Auswirkungen auf letzteren.
Gemäß den von der nationalen Aufsichtsbehörde in Übereinstimmung mit nationalem Recht festgelegten Bedingungen hat die Flugsicherungsorganisation den Inhalt des leistungsbezogenen Teils des Geschäftsplans und des Jahresplans der Kommission auf Antrag zur Verfügung zu stellen.

3.
SICHERHEITS- UND QUALITÄTSMANAGEMENT

3.1
Sicherheitsmanagement

Die Flugsicherungsorganisation hat die Sicherheit aller ihrer Dienste zu verantworten. Dabei hat sie formelle Schnittstellen mit allen Beteiligten einzurichten, die unmittelbar Einfluss auf die Sicherheit ihrer Dienste haben können.

3.2
Qualitätsmanagementsystem

Spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung muss die Flugsicherungsorganisation ein Qualitätsmanagementsystem eingerichtet haben, das alle von ihr erbrachten Flugsicherungsdienste abdeckt und den folgenden Grundsätzen entspricht. Sie hat
a)
die Qualitätspolitik so festzulegen, dass die Bedürfnisse der verschiedenen Nutzer so gut wie möglich erfüllt werden;
b)
ein Qualitätssicherungsprogramm mit Verfahren einzurichten, mit denen überprüft werden kann, dass alle Tätigkeiten gemäß den anzuwendenden Anforderungen, Standards und Verfahren durchgeführt werden;
c)
Nachweise für die Funktion des Qualitätssystems durch Handbücher und Überwachungsunterlagen vorzulegen;
d)
Vertreter aus dem Leitungsbereich zu bestimmen, die die Einhaltung von Verfahren, mit denen sichere und effiziente Betriebspraktiken gewährleistet werden, und die Angemessenheit dieser Verfahren überwachen;
e)
Überprüfungen des eingerichteten Qualitätssystems durchzuführen und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen zu treffen.
Ein durch eine offiziell zugelassene Organisation ausgestelltes EN-ISO-9001-Zeugnis, das die Flugsicherungsdienste der Flugsicherungsorganisation abdeckt, ist als ausreichender Nachweis der Einhaltung anzusehen. Auf Anforderung der nationalen Aufsichtsbehörde hat die Flugsicherungsorganisation ihr Einverständnis zur Offenlegung der Dokumentation in Bezug auf die Zertifizierung zu geben.

3.3
Betriebshandbücher

Die Flugsicherungsorganisation hat Betriebshandbücher bereitzustellen und auf dem aktuellen Stand zu halten, die sich auf die Erbringung ihrer Dienste beziehen und zur Nutzung durch das Betriebspersonal und zu dessen Anleitung dienen. Sie hat sicherzustellen, dass
a)
Betriebshandbücher Anweisungen und Informationen enthalten, die das Betriebspersonal zur Durchführung seiner Aufgaben benötigt;
b)
einschlägige Teile der Betriebshandbücher dem betreffenden Personal zugänglich sind;
c)
das Betriebspersonal unverzüglich über Änderungen der Betriebshandbücher, die ihre Aufgaben betreffen, sowie deren Inkrafttreten informiert wird.

4.
SCHUTZ VOR ANGRIFFEN AUF DIE SICHERHEIT DES LUFTVERKEHRS (GEFAHRENABWEHR)

Die Flugsicherungsorganisation richtet ein System zur Gefahrenabwehr ein, um
a)
den Schutz ihrer Einrichtungen und ihres Personals zu gewährleisten, so dass unrechtmäßige Eingriffe in die Erbringung von Diensten verhindert werden;
b)
den Schutz der Betriebsdaten, die sie erhält oder erzeugt oder auf sonstige Weise nutzt, zu gewährleisten, so dass der Zugang dazu auf Befugte beschränkt ist.
Im Gefahrenabwehrsystem sind festzulegen:
a)
Verfahren zur Bewertung des Gefährdungsrisikos und dessen Minderung, Überwachung und Verbesserung der Gefahrenabwehr, Überprüfungen der Gefahrenabwehr und Verbreitung der daraus gezogenen Lehren;
b)
die zur Erkennung von Sicherheitsmängeln und zur Alarmierung des Personals durch geeignete Sicherheitswarnungen vorgesehenen Mittel;
c)
die Mittel zur Eindämmung der Auswirkungen von Sicherheitsmängeln und zur Ermittlung von Abhilfemaßnahmen und Minderungsverfahren, um eine Wiederholung zu verhindern.
Die Flugsicherungsorganisation hat zu gewährleisten, dass ihr Personal gegebenenfalls sicherheitsüberprüft ist, und hat sich mit den zuständigen zivilen und militärischen Behörden abzustimmen, um den Schutz ihrer Einrichtungen, seines Personals und seiner Daten zu gewährleisten.

5.
PERSONAL

Die Flugsicherungsorganisation hat angemessen qualifiziertes Personal einzusetzen, um eine sichere, effiziente, kontinuierliche und nachhaltige Erbringung ihrer Dienste zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang hat sie Richtlinien für die Personaleinstellung und -ausbildung festzulegen.

6.
FINANZKRAFT

6.1
Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit

Die Flugsicherungsorganisation muss in der Lage sein, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, unter anderem die fixen und variablen Betriebskosten sowie die Investitionskosten tragen zu können. Sie hat eine angemessene Buchhaltung zu führen. Sie hat ihre Befähigung durch den Jahresplan (siehe Teil 2.2. dieses Anhangs) sowie durch Bilanzen und Buchhaltung soweit aufgrund ihres Rechtsstatus praktikabel zu belegen.

6.2
Finanzprüfung

Gemäß Artikel 12 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 550/2004 hat die Flugsicherungsorganisation nachzuweisen, dass sie regelmäßig einer unabhängigen Finanzprüfung unterliegt.

7.
HAFTUNGS- UND VERSICHERUNGSDECKUNG

Die Flugsicherungsorganisation hat über Vorkehrungen zur Deckung ihrer gesetzlichen Haftung zu verfügen. Die zur Deckung der Haftung verwendete Methode muss dem in Frage stehenden möglichen Verlust und Schaden angemessen sein, wobei dem rechtlichen Status der Flugsicherungsorganisation und der Höhe der erhältlichen kommerziellen Versicherungsdeckung Rechnung zu tragen ist. Bedient sich die Flugsicherungsorganisation der Dienste einer anderen Flugsicherungsorganisation, hat sie sicherzustellen, dass die Vereinbarungen auch die Aufteilung der Haftung untereinander regeln.

8.
QUALITÄT DER DIENSTE

8.1
Offene und transparente Erbringung von Diensten

Die Flugsicherungsorganisation erbringt ihre Dienste auf offene, transparente und nichtdiskriminierende Weise gemäß dem Gemeinschaftsrecht. Sie veröffentlicht die Zugangsbedingungen zu ihren Diensten. Die Flugsicherungsorganisation richtet ein förmliches Verfahren der regelmäßigen Konsultation der Nutzer ihrer Dienste ein, bei dem die Nutzer entweder einzeln oder zusammen mindestens einmal jährlich konsultiert werden. Die Flugsicherungsorganisation darf keinen Nutzer oder keine Klasse von Nutzern aufgrund von Nationalität oder Identität diskriminieren in Übereinstimmung mit anwendbarem Gemeinschaftsrecht.

8.2
Notfallpläne

Spätestens ein Jahr nach erfolgter Zertifizierung hat die Flugsicherungsorganisation Notfallpläne für alle von ihr erbrachten Dienste erstellt zu haben, für den Fall, dass Ereignisse eintreten, die zu einer wesentlichen Beeinträchtigung oder Unterbrechung ihrer Dienste führen.

9.
BERICHTSPFLICHTEN

Die Flugsicherungsorganisation hat in der Lage zu sein, der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde einen Jahresbericht über ihre Tätigkeiten vorzulegen. Unbeschadet Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 550/2004 sind die Finanzergebnisse Gegenstand des Berichts, ebenso die betriebliche Leistung und sonstige wesentliche Tätigkeiten und Entwicklungen, besonders im Bereich der Sicherheit. Der Jahresbericht umfasst zumindest:

eine Bewertung des Leistungsniveaus der erbrachten Dienste;

die Leistung der Flugsicherungsorganisation im Vergleich zu den im Geschäftsplan festgelegten Leistungszielen, wobei die tatsächliche Leistung anhand der im Jahresplan festgelegten Leistungsindikatoren dem Jahresplan gegenüberzustellen ist;

eine Erläuterung der Abweichungen von den Zielen und die Angabe von Maßnahmen zur Schließung etwaiger Lücken während des in Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 549/2004 genannten Bezugszeitraums;

Entwicklungen bei Betrieb und Infrastruktur;

die Finanzergebnisse, sofern diese nicht gemäß Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 550/2004 getrennt veröffentlicht werden;

Informationen zu förmlichen Konsultationen der Nutzer ihrer Dienste;

Informationen über die Personalpolitik.

Gemäß von der nationalen Aufsichtsbehörde in Übereinstimmung mit nationalem Recht festgelegten Bedingungen hat die Flugsicherungsorganisation den Inhalt des Jahresberichts der Kommission auf Antrag zur Verfügung zu stellen.

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