Präambel VO (EG) 2006/1931
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 62 Nummer 2 Buchstabe a,
auf Vorschlag der Kommission,
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags(*),
in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1)
- In ihrer Mitteilung „Auf dem Weg zu einem integrierten Grenzschutz an den Außengrenzen der EU-Mitgliedstaaten” hat die Kommission die Notwendigkeit hervorgehoben, zur Konsolidierung des Rechtsrahmens der Gemeinschaft im Bereich der Außengrenzen Vorschriften über den kleinen Grenzverkehr auszuarbeiten. Diese Notwendigkeit hat der Rat am 13. Juni 2002 mit der Annahme des „Plans für den Grenzschutz an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union” bekräftigt, den der Europäische Rat auf seiner Tagung vom 21. und 22. Juni 2002 in Sevilla gebilligt hat.
- (2)
- Es liegt im Interesse der erweiterten Gemeinschaft, sicherzustellen, dass die Grenzen mit ihren Nachbarländern kein Hemmnis für den Handel, den sozialen und kulturellen Austausch oder die regionale Zusammenarbeit sind. Daher sollte ein wirksames System für den kleinen Grenzverkehr entwickelt werden.
- (3)
- Die Regelung für den kleinen Grenzverkehr stellt eine Ausnahmeregelung zu den allgemeinen Regeln für die Grenzkontrollen in Bezug auf die Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union überschreitende Personen dar, die in der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex)(**) festgelegt sind.
- (4)
- Die Gemeinschaft sollte Kriterien und Voraussetzungen festlegen, die zu beachten sind, wenn Grenzbewohnern das Überschreiten einer Landaußengrenze im Rahmen des kleinen Grenzverkehrs erleichtert wird. Diese Kriterien und Voraussetzungen sollten einen Ausgleich gewährleisten zwischen der Erleichterung des Grenzübertritts von Bona-fide-Grenzbewohnern, die berechtigte Gründe haben, eine Landaußengrenze häufig zu überschreiten, einerseits und der Notwendigkeit, illegale Einwanderung und eine mögliche Gefährdung der Sicherheit durch kriminelle Aktivitäten zu verhüten, andererseits.
- (5)
- Allgemein sollte zur Vermeidung von Missbräuchen eine Grenzübertrittsgenehmigung für den kleinen Grenzverkehr nur Personen ausgestellt werden, die seit mindestens einem Jahr rechtmäßig in einem Grenzgebiet ansässig sind. In bilateralen Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und benachbarten Drittstaaten kann eine längere Aufenthaltsdauer vorgesehen werden. In außergewöhnlichen und gebührend begründeten Fällen, wie etwa im Fall von Minderjährigen, im Fall der Änderung des Familienstands oder bei der Erbschaft eines Grundstücks können diese bilateralen Abkommen auch eine kürzere Aufenthaltsdauer vorsehen.
- (6)
- Die Grenzübertrittsgenehmigung für den kleinen Grenzverkehr sollte Grenzbewohnern ausgestellt werden, unabhängig davon, ob für sie eine Visumpflicht nach der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind(***), gilt. Daher sollte die vorliegende Verordnung im Zusammenhang mit der Verordnung (EG) Nr. 1932/2006 des Rates(****) zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 gesehen werden, durch die Grenzbewohner, für die die in der vorliegenden Verordnung enthaltene Regelung für den kleinen Grenzverkehr gilt, von der Visumpflicht befreit werden sollen. Infolgedessen kann die vorliegende Verordnung nur in Verbindung mit der genannten Änderungsverordnung in Kraft treten.
- (7)
- Die Gemeinschaft sollte besondere Kriterien und Voraussetzungen für die Ausstellung von Grenzübertrittsgenehmigungen für den kleinen Grenzverkehr an Grenzbewohner festlegen. Diese Kriterien und Voraussetzungen sollten mit den Einreisevoraussetzungen für Grenzbewohner, die eine Landaußengrenze im Rahmen der Regelung für den kleinen Grenzverkehr überschreiten, im Einklang stehen.
- (8)
- Das Freizügigkeitsrecht von Unionsbürgern und deren Familienangehörigen sowie die gleichwertigen Rechte, die Drittstaatsangehörige und deren Familienangehörigen aufgrund von Abkommen zwischen der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den betreffenden Drittstaaten andererseits genießen, sollten nicht von der Festlegung von Vorschriften über den kleinen Grenzenverkehr auf Gemeinschaftsebene berührt werden. Wenn jedoch die Erleichterung des Grenzübertritts für Grenzbewohner im Rahmen der Regelung für den kleinen Grenzverkehr eine weniger systematische Kontrolle mit sich bringt, sollte diese automatisch für jede Person, die nach dem Gemeinschaftsrecht Freizügigkeit genießt, gelten, die in dem betreffenden Grenzgebiet wohnt.
- (9)
- Zur Durchführung der Regelung für den kleinen Grenzverkehr sollte den Mitgliedstaaten gestattet werden, erforderlichenfalls bilaterale Abkommen mit benachbarten Drittstaaten beizubehalten bzw. zu schließen, sofern diese im Einklang mit den Bestimmungen dieser Verordnung stehen.
- (10)
- Diese Verordnung berührt nicht die für Ceuta und Melilla geltenden Sonderregelungen gemäß der Erklärung des Königreichs Spanien in Bezug auf die Städte Ceuta und Melilla in der Schlussakte zum Übereinkommen über den Beitritt des Königreichs Spanien zu dem am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen(*****).
- (11)
- Im Falle eines Missbrauchs der mit dieser Verordnung festgelegten Regelung für den kleinen Grenzverkehr sollten die Mitgliedstaaten die im innerstaatlichen Recht vorgesehenen Sanktionen gegen die betreffenden Grenzbewohner verhängen.
- (12)
- Die Kommission sollte dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Anwendung dieser Verordnung vorlegen. Diesem Bericht sollten erforderlichenfalls Legislativvorschläge beigefügt sein.
- (13)
- Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und -freiheiten und den Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.
- (14)
- Da das Ziel dieser Verordnung, nämlich die Festlegung von Kriterien und Voraussetzungen zur Schaffung einer Regelung für den kleinen Grenzverkehr an den Landaußengrenzen, unmittelbare Auswirkungen auf den Besitzstand der Gemeinschaft im Bereich Außengrenzen hat und somit auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen dieser Verordnung besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
- (15)
- Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist. Da diese Verordnung den Schengen-Besitzstand nach den Bestimmungen des Dritten Teils Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ergänzt, beschließt Dänemark gemäß Artikel 5 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten nach Erlass dieser Verordnung, ob es sie in innerstaatliches Recht umsetzt.
- (16)
- Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung der beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands(******) dar, die in den in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG des Rates(*******) zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu jenem Übereinkommen genannten Bereich fallen.
- (17)
- Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich das Vereinigte Königreich gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden(********), nicht beteiligt. Das Vereinigte Königreich beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für das Vereinigte Königreich nicht bindend oder anwendbar ist.
- (18)
- Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland(*********) nicht beteiligt. Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Irland nicht bindend oder anwendbar ist.
- (19)
- Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die in den in Artikel 1 Buchstabe A des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 der Beschlüsse 2004/849/EG(**********) und 2004/860/EG(***********) genannten Bereich fallen.
- (20)
- Artikel 4 Buchstabe b und Artikel 9 Buchstabe c dieser Verordnung sind auf dem Schengen-Besitzstand aufbauende oder anderweitig damit zusammenhängende Bestimmungen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2003 —
HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Fußnote(n):
- (*)
Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 14. Februar 2006 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 5. Oktober 2006.
- (**)
ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1.
- (***)
ABl. L 81 vom 21.3.2001, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 851/2005 (ABl. L 141 vom 4.6.2005, S. 3).
- (****)
Siehe Seite 10 dieses Amtsblatts.
- (*****)
ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 69.
- (******)
ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.
- (*******)
ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.
- (********)
ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43. Geändert durch den Beschluss 2004/926/EG (ABl. L 395 vom 31.12.2004, S. 70).
- (*********)
ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20.
- (**********)
Beschluss 2004/849/EG des Rates vom 25. Oktober 2004 über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Union — des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen dieses Abkommens (ABl. L 368 vom 15.12.2004, S. 26).
- (***********)
Beschluss 2004/860/EG des Rates vom 25. Oktober 2004 über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Gemeinschaft — des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen dieses Abkommens (ABl. L 370 vom 17.12.2004, S. 78).
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