Präambel VO (EG) 2006/507

DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur(1), insbesondere auf Artikel 14 Absatz 7,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)
Bevor ein Humanarzneimittel für das Inverkehrbringen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zugelassen werden kann, muss es in der Regel umfangreiche Studien durchlaufen, damit sichergestellt ist, dass es unbedenklich, von hoher Qualität und bei Verwendung in der Zielgruppe wirksam ist. Welche Vorschriften und Verfahren zur Erlangung einer Zulassung einzuhalten sind, ist in der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel(2) sowie in der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 festgelegt.
(2)
Zur Schließung medizinischer Versorgungslücken und im Interesse der öffentlichen Gesundheit kann es bei bestimmten Arzneimittelkategorien erforderlich sein, Zulassungen auf der Grundlage weniger umfangreicher Daten zu erteilen, als dies normalerweise der Fall ist, und sie an bestimmte Auflagen zu knüpfen (nachstehend „bedingte Zulassungen” genannt). Darunter sollten jene Arzneimittel fallen, die zur Behandlung, Vorbeugung oder ärztlichen Diagnose von zu schwerer Invalidität führenden oder lebensbedrohenden Krankheiten bestimmt sind, oder Arzneimittel, die in Krisensituationen gegen eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit eingesetzt werden sollen, welche entweder von der Weltgesundheitsorganisation oder von der Gemeinschaft im Rahmen der Entscheidung Nr. 2119/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. September 1998 über die Schaffung eines Netzes für die epidemiologische Überwachung und die Kontrolle übertragbarer Krankheiten in der Gemeinschaft(3) ordnungsgemäß festgestellt wurde, oder auch als Arzneimittel für seltene Leiden bezeichnete Arzneimittel gemäß der Verordnung (EG) Nr. 141/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden(4).
(3)
Auch wenn eine bedingte Zulassung auf weniger umfangreichen Daten beruhen kann, sollte das in Artikel 1 Nummer 28a der Richtlinie 2001/83/EG definierte Nutzen-Risiko-Verhältnis dennoch positiv sein. Zudem sollte der Nutzen für die öffentliche Gesundheit, den die sofortige Verfügbarkeit des Arzneimittels auf dem Markt mit sich bringt, das Risiko aufgrund noch fehlender zusätzlicher Daten überwiegen.
(4)
Die Erteilung bedingter Zulassungen sollte auf jene Fälle beschränkt bleiben, in denen nur der klinische Teil der Antragsunterlagen weniger umfassend ist als üblich. Unvollständige präklinische oder pharmazeutische Daten sollten nur dann zulässig sein, wenn ein Arzneimittel in Krisensituationen gegen eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit eingesetzt werden soll.
(5)
Damit zwischen dem Schließen von medizinischen Versorgungslücken durch einen leichteren Zugang der Patienten zu Arzneimitteln einerseits und der Verhinderung einer Zulassung von Arzneimitteln mit ungünstigem Nutzen-Risiko-Verhältnis andererseits ein Mittelweg gefunden wird, ist es erforderlich, solche Zulassungen mit bestimmten Auflagen zu verbinden. Der Zulassungsinhaber sollte bestimmte Studien einleiten oder abschließen müssen, um nachzuweisen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis positiv ist, und um offene Fragen zu Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des Arzneimittels zu beantworten.
(6)
Bedingte Zulassungen sind nicht zu verwechseln mit Zulassungen, die in Ausnahmefällen gemäß Artikel 14 Absatz 8 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt werden. Im Fall von bedingten Zulassungen wird die Zulassung erteilt, bevor alle Daten vorliegen. Diese Zulassung soll jedoch nicht auf unbestimmte Dauer als bedingte Zulassung fortbestehen. Vielmehr sollte sie, sobald die fehlenden Daten vorgelegt werden, durch eine Zulassung abgelöst werden, die nicht bedingt ist, das heißt, die nicht mit besonderen Auflagen verbunden ist. Demgegenüber wird es in der Regel nicht möglich sein, vollständige Unterlagen für in Ausnahmefällen erteilte Zulassungen vorzulegen.
(7)
Ferner ist deutlich zu machen, dass bei Anträgen auf Erteilung einer bedingten Zulassung auch ein beschleunigtes Beurteilungsverfahren gemäß Artikel 14 Absatz 9 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 beantragt werden kann.
(8)
Da die Verordnung (EG) Nr. 726/2004 für bedingte Zulassungen gilt, sofern in der vorliegenden Verordnung nichts anderes vorgesehen ist, entspricht das Verfahren für die Beurteilung einer bedingten Zulassung auch dem üblichen in der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 festgelegten Verfahren.
(9)
Bedingte Zulassungen gelten gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 für ein Jahr und können verlängert werden. Die Frist für die Stellung eines Verlängerungsantrags sollte sechs Monate vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der Zulassung enden, und das Gutachten der Europäischen Arzneimittel-Agentur (nachstehend „die Agentur” genannt) zum Antrag sollte binnen 90 Tagen nach dessen Eintreffen abgegeben werden. Um sicherzustellen, dass Arzneimittel lediglich aus Gründen der öffentlichen Gesundheit vom Markt genommen werden, sollte eine bedingte Zulassung, sofern ihre Verlängerung fristgerecht beantragt wurde, solange gültig bleiben, bis die Kommission anhand des Verfahrens zur Beurteilung der Verlängerung zu einer Entscheidung gelangt.
(10)
Die Patienten und im Gesundheitswesen tätigen Fachkräfte sollten deutlich darauf hingewiesen werden, dass die Zulassung nur bedingt erteilt wurde. Daher ist es erforderlich, dass diese Information klar aus der Zusammenfassung der Merkmale des betreffenden Arzneimittels sowie aus seiner Packungsbeilage hervorgeht.
(11)
Bei Arzneimitteln mit bedingter Zulassung ist eine verstärkte Pharmakovigilanz sehr wichtig und in der Richtlinie 2001/83/EG wie auch in der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 bereits vorgesehen. Der Zeitplan für die Vorlage der regelmäßigen aktualisierten Berichte über die Sicherheit sollte jedoch angepasst werden, um die jährlich fällige Verlängerung bedingter Zulassungen zu berücksichtigen.
(12)
Die Studien und die Stellung eines Zulassungsantrags werden bereits in einem frühen Stadium der Arzneimittelentwicklung vorausgeplant. Diese Planung hängt entscheidend davon ab, ob eine bedingte Zulassung möglich ist. Daher ist es erforderlich, die Agentur mit einem Mechanismus auszustatten, der es ihr erlaubt, Unternehmen in der Frage zu beraten, ob ein Arzneimittel in den Geltungsbereich dieser Verordnung fällt. Eine solche Beratung sollte eine zusätzliche Dienstleistung neben der bestehenden wissenschaftlichen Beratungsfunktion der Agentur darstellen.
(13)
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen entsprechen der Stellungnahme des Ausschusses für Humanarzneimittel —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Fußnote(n):

(1)

ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1.

(2)

ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67. Zuletzt geändert durch die Richtlinie 2004/27/EG (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 34).

(3)

ABl. L 268 vom 3.10.1998, S. 1. Entscheidung zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(4)

ABl. L 18 vom 22.1.2000, S. 1.

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