IFRIC INTERPRETATION 19 VO (EG) 2008/1126

Tilgung finanzieller Verbindlichkeiten durch Eigenkapitalinstrumente

VERWEISE

Rahmenkonzept für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen(1)

IFRS 2 Anteilsbasierte Vergütung

IFRS 3 Unternehmenszusammenschlüsse

IFRS 9 Finanzinstrumente

IFRS 13 Bemessung des beizulegenden Zeitwerts

IAS 1 Darstellung des Abschlusses

IAS 8 Rechnungslegungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler

IAS 32 Finanzinstrumente: Darstellung

IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung

HINTERGRUND

1
Ein Schuldner und ein Gläubiger können die Konditionen einer finanziellen Verbindlichkeit neu aushandeln und vereinbaren, dass der Schuldner die Verbindlichkeit durch Ausgabe von Eigenkapitalinstrumenten an den Gläubiger ganz oder teilweise tilgt. Transaktionen dieser Art werden auch als „Debt-Equity-Swaps” bezeichnet. Das IFRIC wurde um Leitlinien für die Bilanzierung solcher Transaktionen gebeten.

ANWENDUNGSBEREICH

2
In dieser Interpretation geht es darum, wie ein Unternehmen bei der Bilanzierung zu verfahren hat, wenn die Konditionen einer finanziellen Verbindlichkeit neu ausgehandelt werden und dies dazu führt, dass das Unternehmen zur vollständigen oder teilweisen Tilgung dieser Verbindlichkeit Eigenkapitalinstrumente an den Gläubiger ausgibt. Sie gilt nicht für die Bilanzierung des Gläubigers.
3
Ein Unternehmen darf diese Interpretation nicht auf die genannten Transaktionen anwenden, wenn

a)
der Gläubiger gleichzeitig auch ein direkter oder indirekter Anteilseigner ist und in dieser Eigenschaft handelt.
b)
der Gläubiger und das Unternehmen vor und nach der Transaktion von derselben Partei/denselben Parteien beherrscht werden, und die Transaktion bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Kapitalausschüttung des Unternehmens oder eine Kapitaleinlage in das Unternehmen einschließt.
c)
schon die ursprünglichen Konditionen der finanziellen Verbindlichkeit die Möglichkeit einer Tilgung durch Ausgabe von Eigenkapitalinstrumenten vorsehen.

FRAGESTELLUNGEN

4
In dieser Interpretation werden folgende Fragestellungen behandelt:

a)
Sind die von einem Unternehmen zur vollständigen oder teilweisen Tilgung einer finanziellen Verbindlichkeit ausgegebenen Eigenkapitalinstrumente als „gezahltes Entgelt” gemäß Paragraph 3.3.3 von IFRS 9 anzusehen?
b)
Wie sollte ein Unternehmen die zur Tilgung dieser finanziellen Verbindlichkeit ausgegebenen Eigenkapitalinstrumente beim erstmaligen Ansatz bewerten?
c)
Wie sollte ein Unternehmen etwaige Differenzen zwischen dem Buchwert der getilgten finanziellen Verbindlichkeit und dem bei erstmaliger Bewertung der ausgegebenen Eigenkapitalinstrumente angesetzten Betrag erfassen?

BESCHLUSS

5
Gibt ein Unternehmen zur vollständigen oder teilweisen Tilgung einer finanziellen Verbindlichkeit Eigenkapitalinstrumente an einen Gläubiger aus, handelt es sich dabei um ein gezahltes Entgelt gemäß Paragraph 3.3.3 von IFRS 9. Ein Unternehmen darf eine finanzielle Verbindlichkeit (oder einen Teil derselben) nur dann aus seiner Bilanz entfernen, wenn sie gemäß Paragraph 3.3.1 von IFRS 9 getilgt ist.
6
Eigenkapitalinstrumente, die zur vollständigen oder teilweisen Tilgung einer finanziellen Verbindlichkeit an einen Gläubiger ausgegeben werden, sind bei ihrem erstmaligen Ansatz zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten, es sei denn, dieser lässt sich nicht verlässlich ermitteln.
7
Lässt sich der beizulegende Zeitwert der ausgegebenen Eigenkapitalinstrumente nicht verlässlich ermitteln, ist der Bewertung der beizulegende Zeitwert der getilgten finanziellen Verbindlichkeit zugrunde zu legen. Schließt eine getilgte finanzielle Verbindlichkeit ein sofort fälliges Instrument (wie eine Sichteinlage) ein, ist Paragraph 47 von IFRS 13 bei der Bestimmung ihres beizulegenden Zeitwerts nicht anzuwenden.
8
Wird nur ein Teil der finanziellen Verbindlichkeit getilgt, hat das Unternehmen zu beurteilen, ob irgendein Teil des gezahlten Entgelts eine Änderung der Konditionen des noch ausstehenden Teils der Verbindlichkeit bewirkt. Ist dies der Fall, hat das Unternehmen das gezahlte Entgelt zwischen dem getilgten und dem noch ausstehenden Teil der Verbindlichkeit aufzuteilen. Bei dieser Aufteilung hat das Unternehmen alle mit der Transaktion zusammenhängenden relevanten Fakten und Umstände zu berücksichtigen.
9
Die Differenz zwischen dem Buchwert der getilgten finanziellen Verbindlichkeit (bzw. des getilgten Teils einer finanziellen Verbindlichkeit) und dem gezahlten Entgelt ist gemäß Paragraph 3.3.3 von IFRS 9 erfolgswirksam zu berücksichtigen. Die ausgegebenen Eigenkapitalinstrumente sind erstmals an dem Tag anzusetzen und zu bewerten, an dem die finanzielle Verbindlichkeit (oder ein Teil derselben) getilgt wird.
10
Wenn nur ein Teil der finanziellen Verbindlichkeit getilgt wird, ist das Entgelt nach Paragraph 8 aufzuteilen. Der Teil des Entgelts, der der noch ausstehenden Verbindlichkeit zugewiesen wird, ist bei der Beurteilung der Frage, ob die Konditionen der noch ausstehenden Verbindlichkeit wesentlich geändert wurden, zu berücksichtigen. Ist dies der Fall, hat das Unternehmen die Änderung gemäß Paragraph 3.3.2 von IFRS 9 als Tilgung der ursprünglichen Verbindlichkeit und Ansatz einer neuen Verbindlichkeit zu behandeln.
11
Ein gemäß den Paragraphen 9 und 10 angesetzter Gewinn oder Verlust ist vom Unternehmen in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang als gesonderter Posten anzugeben.

ZEITPUNKT DES INKRAFTTRETENS UND ÜBERGANGSVORSCHRIFTEN

12
Diese Interpretation ist erstmals in der ersten Berichtsperiode eines am oder nach dem 1. Juli 2010 beginnenden Geschäftsjahres anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Wendet ein Unternehmen diese Interpretation auf Berichtsperioden an, die vor dem 1. Juli 2010 beginnen, hat es dies anzugeben.
13
Nach IAS 8 hat ein Unternehmen eine Änderung der Rechnungslegungsmethode mit Beginn der frühesten dargestellten Vergleichsperiode anzuwenden.
15
Durch IFRS 13, veröffentlicht im Mai 2011, wurde Paragraph 7 geändert. Ein Unternehmen hat die betreffende Änderung anzuwenden, wenn es IFRS 13 anwendet.
17
Durch IFRS 9 (im Juli 2014 veröffentlicht) wurden die Paragraphen 4, 5, 7, 9 und 10 geändert und die Paragraphen 14 und 16 gestrichen. Ein Unternehmen hat diese Änderungen anzuwenden, wenn es IFRS 9 anwendet.

Fußnote(n):

(1)

Hiermit ist das vom IASB 2001 und damit zum Zeitpunkt der Ausarbeitung dieser Interpretation übernommene IASC-Rahmenkonzept für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen gemeint.

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